Friedbert Meurer: Eine Umfrage der ARD sieht die CSU eine Woche vor den Landtagswahlen in Bayern nur noch bei 47 Prozent. Letztes Mal waren es über 60 Prozent. Das bedeutet, die CSU muss hart um ihren Nimbus kämpfen, die Partei Bayerns zu sein. Einer, der das Binnenleben der CSU ziemlich gut kennt, ist der Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter von der Akademie für Politische Bildung in Tutzing. Wir erreichen ihn am Flughafen in München. Guten Tag, Herr Oberreuter.
Heinrich Oberreuter: : Guten Tag nach Köln.
Meurer: Sie haben sich das Fernsehduell gestern Abend angeschaut. Wie fanden Sie es?
Oberreuter: : Nüchtern über weite Strecken, natürlich gelegentlich polemisch, aber doch eigentlich so, dass es keinen Sieger zwischen den beiden gab. Sieger war vielleicht der Wähler, der sich doch eine Reihe von Informationen zur Landespolitik holen konnte, der sich auch ein Bild von den Persönlichkeiten machen konnte. Aber wahlentscheidend wird dieses Fernsehduell bestimmt nicht sein.
Meurer: Die Geschichte mit den zwei Maß Bier, die in den letzten Tagen durch die Presse ging, ist das vergessen, oder könnte das Beckstein noch schaden?
Oberreuter: : Humoristisch ausgesprochen könnte man ja sagen, dass die Maßkrug-Liebe des Ministerpräsidenten, die Dirndl-Abstinenz seiner Ehefrau aufhebt.
Meurer: Das müssen wir kurz erklären. Die Ehefrau ist Fränkin. Das ist der Punkt.
Oberreuter: : Ja. Die Ehefrau hat sich Boulevard-Zeitungen gegenüber geäußert, dass sie zum Oktoberfest kein Dirndl anziehen mag. Verstehen Sie, es ist insofern ganz interessant, dass wir darauf zu sprechen kommen, weil wir allmählich uns die Frage vorlegen müssen, ob wir noch die Rationalität aufbringen, eine vernünftige Demokratie zu steuern, wenn wir über solche Themen uns so erregen, dass wir schon glauben, sie seien in Wahlkämpfen wichtig und sie seien wichtig für die Zukunftsentscheidungen, die in der Politik auf Landes- oder Bundesebene getroffen werden müssen. Dass das gestern nur so eine Randrolle gespielt hat, war eigentlich schon okay. Das beste wäre gewesen, es hätte keine Rolle gespielt und man wäre bei den Themen geblieben, um die es wirklich geht.
Meurer: 47 Prozent nur noch für die CSU in den Umfragen. Jetzt wird die Partei vielleicht öffentlich sagen, das sind nur Umfragen. Trotzdem nimmt man das sehr genau zur Kenntnis. Kommt Panik auf bei der CSU?
Oberreuter: : Noch mehr Panik als ohnehin schon in den letzten Wochen wäre ja kaum mehr erträglich. Man kann der Partei im Grunde nur die Gelassenheit anraten, die gestern Herr Maget in dem Fernsehduell zum Ausdruck gebracht hat. Man hat ja auch Beckstein angesehen, dass er ein bisschen verkrampft ist, und das ist der Gesamtsituation geschuldet, dass halt alles wie das Kaninchen auf die Schlange, auf diese 50-Prozent-Grenze starrt und diesmal klarer ist als in der Vergangenheit schon, dass diese Hürde nicht einfach zu überspringen ist, und dass es nicht mehr Wählerschaften gibt, ganze Milieus gibt, die der Partei zufallen und ihr diese Grenze zu nehmen als ein leichtes erscheinen lässt, sondern dass diese 50 Prozent - auch Stoiber hatte in der Regel nicht mehr als 52 -, dass diese Ergebnisse hart erarbeitet werden müssen durch ganz solide modernisierende, den Freistaat voranbringende politische Leistungen. Das ist der Partei in der Vergangenheit gelungen. Was sie jetzt tun muss in den nächsten Tagen ist - Beckstein hat es gestern endlich mal versucht -, diese Leistung ins Zentrum zu stellen und damit die Zukunftsperspektive zu verbinden: Was machen wir für Bayern.
Meurer: Dafür ist noch eine Woche Zeit, Herr Oberreuter. Ab wann wird es dann richtig eng für Beckstein und Huber, ab 49 Prozent, oder können die sich mit 48, 49 in ihren Ämtern halten?
Oberreuter: : Schauen Sie, das Hauptsächliche für die CSU und ihre Führung müsste ehrlicherweise sein, die eigenständige Gestaltungskraft im Freistaat zu verteidigen. Das heißt im Klartext, keinen Koalitionspartner zu brauchen. Dafür könnten 48 Prozent ziemlich gut reichen, vor allen Dingen dann, wenn die Linke nicht hinein kommt. Wird das geschehen, glaube ich, wird es keine größeren Veränderungen geben. Wird der Koalitionspartner gebraucht, wird es nicht nur Diskussionen geben, denke ich, sondern auch Handeln. Dann wird man über die Position des Parteivorsitzenden reden, vielleicht auch über die des Ministerpräsidenten. Aber ich glaube, der Gefährdetere von beiden wäre dann im Augenblick Erwin Huber.
Meurer: Wie erklären Sie sich eigentlich diesen Absturz der CSU von 60 Prozent um 10 Prozent nach unten und möglicherweise mehr?
Oberreuter: : Na ja, gut. Von Absturz würde ich gar nicht reden, weil die 60 Prozent das letzte Mal waren ein ziemlich irreales Wahlergebnis - bei einer Wahlbeteiligung von 57,1 Prozent, bei absoluten Stimmenverlusten der CSU von 250.000. Das ganze war im Schatten der Kanzlerkandidatur. Edmund Stoiber ist noch mal hochgejubelt worden von den Wählern. Dass er bei dieser Wahl 6, 7, 8 Prozent verlieren würde und das übliche 52,x Prozent wieder einfahren würde, war für mich eigentlich immer klar. Insofern ist es völlig falsch, sich an diesem Ergebnis von 60,7 zu orientieren. Die Orientierungs- und Messlatte für die aktuelle Führung ist das Ergebnis zwischen 52 und 53 Prozent. Und wenn nach den Turbulenzen der letzten Monate ein Ergebnis jenseits der 50 erreicht wird, dass es die Mehrheit verteidigt, ist das eigentlich für dieses Duo gar nicht so schlecht.
Meurer: Wir werden uns noch eine Woche gedulden müssen. - Danke schön an den Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter.
Heinrich Oberreuter: : Guten Tag nach Köln.
Meurer: Sie haben sich das Fernsehduell gestern Abend angeschaut. Wie fanden Sie es?
Oberreuter: : Nüchtern über weite Strecken, natürlich gelegentlich polemisch, aber doch eigentlich so, dass es keinen Sieger zwischen den beiden gab. Sieger war vielleicht der Wähler, der sich doch eine Reihe von Informationen zur Landespolitik holen konnte, der sich auch ein Bild von den Persönlichkeiten machen konnte. Aber wahlentscheidend wird dieses Fernsehduell bestimmt nicht sein.
Meurer: Die Geschichte mit den zwei Maß Bier, die in den letzten Tagen durch die Presse ging, ist das vergessen, oder könnte das Beckstein noch schaden?
Oberreuter: : Humoristisch ausgesprochen könnte man ja sagen, dass die Maßkrug-Liebe des Ministerpräsidenten, die Dirndl-Abstinenz seiner Ehefrau aufhebt.
Meurer: Das müssen wir kurz erklären. Die Ehefrau ist Fränkin. Das ist der Punkt.
Oberreuter: : Ja. Die Ehefrau hat sich Boulevard-Zeitungen gegenüber geäußert, dass sie zum Oktoberfest kein Dirndl anziehen mag. Verstehen Sie, es ist insofern ganz interessant, dass wir darauf zu sprechen kommen, weil wir allmählich uns die Frage vorlegen müssen, ob wir noch die Rationalität aufbringen, eine vernünftige Demokratie zu steuern, wenn wir über solche Themen uns so erregen, dass wir schon glauben, sie seien in Wahlkämpfen wichtig und sie seien wichtig für die Zukunftsentscheidungen, die in der Politik auf Landes- oder Bundesebene getroffen werden müssen. Dass das gestern nur so eine Randrolle gespielt hat, war eigentlich schon okay. Das beste wäre gewesen, es hätte keine Rolle gespielt und man wäre bei den Themen geblieben, um die es wirklich geht.
Meurer: 47 Prozent nur noch für die CSU in den Umfragen. Jetzt wird die Partei vielleicht öffentlich sagen, das sind nur Umfragen. Trotzdem nimmt man das sehr genau zur Kenntnis. Kommt Panik auf bei der CSU?
Oberreuter: : Noch mehr Panik als ohnehin schon in den letzten Wochen wäre ja kaum mehr erträglich. Man kann der Partei im Grunde nur die Gelassenheit anraten, die gestern Herr Maget in dem Fernsehduell zum Ausdruck gebracht hat. Man hat ja auch Beckstein angesehen, dass er ein bisschen verkrampft ist, und das ist der Gesamtsituation geschuldet, dass halt alles wie das Kaninchen auf die Schlange, auf diese 50-Prozent-Grenze starrt und diesmal klarer ist als in der Vergangenheit schon, dass diese Hürde nicht einfach zu überspringen ist, und dass es nicht mehr Wählerschaften gibt, ganze Milieus gibt, die der Partei zufallen und ihr diese Grenze zu nehmen als ein leichtes erscheinen lässt, sondern dass diese 50 Prozent - auch Stoiber hatte in der Regel nicht mehr als 52 -, dass diese Ergebnisse hart erarbeitet werden müssen durch ganz solide modernisierende, den Freistaat voranbringende politische Leistungen. Das ist der Partei in der Vergangenheit gelungen. Was sie jetzt tun muss in den nächsten Tagen ist - Beckstein hat es gestern endlich mal versucht -, diese Leistung ins Zentrum zu stellen und damit die Zukunftsperspektive zu verbinden: Was machen wir für Bayern.
Meurer: Dafür ist noch eine Woche Zeit, Herr Oberreuter. Ab wann wird es dann richtig eng für Beckstein und Huber, ab 49 Prozent, oder können die sich mit 48, 49 in ihren Ämtern halten?
Oberreuter: : Schauen Sie, das Hauptsächliche für die CSU und ihre Führung müsste ehrlicherweise sein, die eigenständige Gestaltungskraft im Freistaat zu verteidigen. Das heißt im Klartext, keinen Koalitionspartner zu brauchen. Dafür könnten 48 Prozent ziemlich gut reichen, vor allen Dingen dann, wenn die Linke nicht hinein kommt. Wird das geschehen, glaube ich, wird es keine größeren Veränderungen geben. Wird der Koalitionspartner gebraucht, wird es nicht nur Diskussionen geben, denke ich, sondern auch Handeln. Dann wird man über die Position des Parteivorsitzenden reden, vielleicht auch über die des Ministerpräsidenten. Aber ich glaube, der Gefährdetere von beiden wäre dann im Augenblick Erwin Huber.
Meurer: Wie erklären Sie sich eigentlich diesen Absturz der CSU von 60 Prozent um 10 Prozent nach unten und möglicherweise mehr?
Oberreuter: : Na ja, gut. Von Absturz würde ich gar nicht reden, weil die 60 Prozent das letzte Mal waren ein ziemlich irreales Wahlergebnis - bei einer Wahlbeteiligung von 57,1 Prozent, bei absoluten Stimmenverlusten der CSU von 250.000. Das ganze war im Schatten der Kanzlerkandidatur. Edmund Stoiber ist noch mal hochgejubelt worden von den Wählern. Dass er bei dieser Wahl 6, 7, 8 Prozent verlieren würde und das übliche 52,x Prozent wieder einfahren würde, war für mich eigentlich immer klar. Insofern ist es völlig falsch, sich an diesem Ergebnis von 60,7 zu orientieren. Die Orientierungs- und Messlatte für die aktuelle Führung ist das Ergebnis zwischen 52 und 53 Prozent. Und wenn nach den Turbulenzen der letzten Monate ein Ergebnis jenseits der 50 erreicht wird, dass es die Mehrheit verteidigt, ist das eigentlich für dieses Duo gar nicht so schlecht.
Meurer: Wir werden uns noch eine Woche gedulden müssen. - Danke schön an den Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter.