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Der Klimawandel und die Folgen
Mehr Unwetter, mehr Hitze, mehr Dürre

Die aktuelle Hitzewelle haben britische, niederländische und französische Forscher zum Anlass genommen, um zum ersten Mal eine Art Echtzeit-Analyse vorzunehmen. Eine wichtige Frage war: Welchen Anteil hat der Ausstoß von Treibhausgasen am Klimawandel?

Von Volker Mrasek | 10.07.2015
    Eine Frau steht unter einem Sonnenschirm und trinkt aus einer Wasserflasche
    Die Wahrscheinlichkeit für eine so starke Hitzewelle wie die jüngste ist heute etwa doppelt so hoch wie noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts. (dpa / picture alliance / Karl-Josef Hildenbrand)
    Schnell geht normalerweise gar nichts in der Klimaforschung. Daten auszuwerten dauert Wochen oder Monate. Um so erstaunlicher jetzt die rasche Reaktion auf die jüngste Hitzewelle in Europa. Britische, niederländische und französische Forscher analysierten das Wetterextrem, noch während es anhielt und schon vor dem Start der Konferenz in Paris. Unter ihnen auch Robert Vautard, einer der führenden Klimaforscher Frankreichs:
    "Das war wirklich in Echtzeit! Und eine große Herausforderung für uns. Zum Teil haben wir Daten bearbeitet oder ausgetauscht, als wir in Flugzeugen und Zügen saßen."
    Fünf Modellstädte wählten Vautard und seine Kollegen aus. Die europäischen Metropolen Paris, Madrid und Zürich. Dazu De Bilt in den Niederlanden - und Mannheim. Zunächst besorgten sich die Forscher alte Temperatur-Messreihen der jeweiligen Wetterstationen. Dann verglichen sie das Ausmaß der neuen Hitzewelle mit dem früherer heißer Episoden im 20. Jahrhundert. Das Ergebnis:
    "Die Wahrscheinlichkeit für eine so starke Hitzewelle wie gerade eben ist heute etwa doppelt so hoch wie noch Mitte des 20. Jahrhunderts. In einer der Modellstädte hat sich das Risiko sogar vervierfacht."
    Das gilt für De Bilt, eine Stadt im ländlichen Raum bei Utrecht.
    In Mannheim hätte die jüngste Bullenhitze um das Jahr 1900 herum als Jahrhundert-Ereignis gegolten, so die Studienautoren. Inzwischen sei alle 15 Jahre damit zu rechnen.
    "39 Grad Celsius wie jetzt in Paris hätten auch vor einem Jahrhundert auftreten können. Aber mit einer viel geringeren Wahrscheinlichkeit als heute. Leider können wir nicht sagen, wie die jüngste Hitzewelle zum Beispiel um das Jahr 1900 ausgefallen wäre: Hätten wir dann nur 37 Grad gehabt? Oder 36? Aber was ich sagen kann: 39 Grad in Paris werden auf jeden Fall wieder auftreten - und zwar gehäuft."
    Kein Zweifel am menschlichen Einfluss
    Robert Vautard schreibt das dem Menschen zu. Und dem unverändert hohen Ausstoß von Treibhausgasen durch Kraftwerke, Industrie und Verkehr. Die Klimaforscher sagen das inzwischen viel deutlicher, als sie es noch vor wenigen Jahren getan hätten:
    "Hier kommen unsere englischen Kollegen von der Universität Oxford ins Spiel. Sie haben ein Computermodell entwickelt. Damit kann man ein Wetterereignis in einer Welt mit und ohne zusätzliche Treibhausgase simulieren. Die Hitzewelle, wie wir sie gerade hatten, lässt sich dabei nur nachvollziehen, wenn man die Klimagase mit berücksichtigt. Das alles sagt uns etwas über das künftige Klima. Wir lernen zu begreifen, wie unsere Sommer in Zukunft aussehen werden."
    Vorhersagbarkeit hat sich verbessert
    Mit Hitzewellen beschäftigt sich auch Sarah Perkins bei ihren Studien an der Universität von New South Wales in Sydney. Dass sie zunehmen, sei weltweit zu beobachten, sagt die australische Klimawissenschaftlerin. Am menschlichen Einfluss gebe es keinen Zweifel mehr:
    "Leider sehen wir die stärksten Trends in Europa und im östlichen Teil Asiens. Dort nimmt die Zahl aufeinanderfolgender Hitzetage im Sommer so stark zu wie nirgendwo sonst auf der Welt."
    In Paris kann Robert Vautard jetzt trotzdem auch Positives berichten. Die Vorhersage solcher extremen Wetterlagen habe sich verbessert:
    "Die Hitzewelle war zwar etwas schwächer als angenommen. Aber wir konnten sie schon zwei Wochen im voraus vorhersagen. Das ist ein Erfolg!"
    Die Klimaforscher brechen ihre Zelte in Paris heute ab. Die Hitze aber soll zurückkehren. Das sagen jedenfalls die Vorhersagen für die kommende Woche.