Mittwoch, 01. Mai 2024

Archiv


"Der letzte König von Schottland"

Der amerikanische Schauspieler Forrest Whitaker hat den "Oscar" für seine Darstellung des afrikanischen Diktators Idi Amin zuerkannt bekommen. Amin hatte sich 1971 in Uganda an die Macht geputscht und wurde zur Verkörperung des brutalen afrikanischen Gewaltherrschers - bis er sich 1979 mit dem Überfall auf Tansania überhob und ins saudi-arabische Exil fliehen musste. Ihn also spielt Forrest Whitaker nun - in einem Film, der diese Woche in die deutschen Kinos kommt.

Von Josef Schnelle | 14.03.2007
    In der Rede Idi Amins zu seinem Amtsantritt 1971 scheint es noch um Politik zu gehen. Taten werden wirklich folgen, grausame Taten: Lebendbegräbnisse, Kopfabhacken und In Stücke reißen. Der fast zehnjährigen Schreckensherrschaft des monströsen afrikanischen Diktators fielen rund 400 000 Menschen zum Opfer. Gleichzeitig war er einer der beliebtesten Politiker des schwarzen Kontinents, zeitweise sogar Präsident der Organisation für Afrikanische Einheit. Er war ein mitreißender Redner und Spaßvogel und ein charmanter Gastgeber. Und er schmückte sich mit bizarren Titeln wie "Herr aller Tiere der erde und aller Fische des Meeres" und er bezeichnete sich gern als "König von Schottland" um die ihm verhassten Briten zu ärgern. Dabei war er bei den "Kings African Rifles" in der britischen Kolonialarmee zu Monster herangezüchtet worden und sein Militärputsch fand mit Unterstützung der Briten statt. Der grausige Massenmörder, der sich selbst gern als jovialen Clown sah, ist noch heute Kult. Das berichtet Hauptdarsteller Forest Whitaker - für den die Rolle des Idi Amin spätesten durch den Oskar, den er dafür bekommen hat, zur Rolle seines Lebens geworden ist.

    " Das erste Mal, als ich als Idi Amin vorgestellt wurde, waren die Leute vollkommen aus dem Häuschen. Sie müssen wissen, dass ist alles zu ihren und meinen Lebzeiten passiert. 1979 verlor Idi Amin seine Macht. Die Kinder kennen Legenden über ihn. Für sie ist er eine mythische Figur in Uganda und vielleicht in ganz Afrika."

    Der Film des Dokumentarfilmregisseurs Kevin Macdonald beruht auf einer fiktiven Romanbiografie des britischen Schriftstellers Giles Foden, der 1998 Furore machte. Da lebte der Ex-Diktator noch in seinem Exil in Saudi-Arabien, bevor er 2003 friedlich in seinem Bett starb. Foden erzählt seine Geschichte aus der Sicht eines jungen schottischen Arztes, der durch Zufall in den Inneren Kreis der Macht Idi Amins gerät und den er aus einer Laune heraus zu seinem Berater macht. Ein reales Vorbild dieser Figur hat es nie gegeben. Sie ist eine dramaturgische Konstruktion und der entscheidende Kunstgriff, der den Film erst erlebbar macht und Forest Whitaker Raum gibt für seine darstellerischen Kabinettstückchen. Mit den Augen des Arztes können wir ganz nah an der wilden Diktatorbestie sein ohne uns mit ihr identifizieren zu müssen. Drehbuchautor Peter Morgan, zuletzt sahen wir im Kino seinen Film "The Queen" unter der Regie von Stephen Frears, hat diese Geschichte aus dem Herzen der Finsternis mit brillanten Dialogen perfekt orchestriert. Ihm gelingt es immer wieder, die Zuschauer in den Widerspruch zwischen schleichender Faszination und schriller Angst zu treiben. Denn die Wahrheit über den paranoiden Gewaltmenschen enthüllt sich stets im Wutanfall.
    Obwohl die Hintergrundfakten einigermaßen korrekt dargestellt werden, ist "Der letzte König von Schottland" kein politisch korrekter Historienschinken, wie sie zu afrikanischen Themen so häufig zu sehen waren. Dieser Idi Amin ist eine überzeichnete Kunstfigur - ein König Ubu wie aus dem surrealistischen Theaterstück von Alfred Jarry, das 1896 entstand. Was wahrscheinlich der einzige Weg ist, um einer solchen Figur nahe zu kommen, und zu verstehen, warum Idi Amin bei vielen seiner Landsleute immer noch populär ist. So siegt am Ende doch immer die Legende über die historische Wahrheit. Jedenfalls im Kino.