Kaess: Drei Tage vor Weihnachten sollen sie wegfallen, die Grenzkontrollen zu den ehemaligen Ostblockstaaten Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien sowie auch die für Malte. Ausgeschlossen bleiben vorerst Bulgarien, Rumänien und Zypern, weil sie die technischen Voraussetzungen etwa zur Kontrolle ihrer Außengrenzen noch nicht erfüllen. Das Europaparlament stimmte heute der Ausdehnung des Schengen-Raumes zu.
Am Telefon ist jetzt Konrad Freiberg, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. Guten Tag!
Freiberg: Schönen guten Tag Frau Kaess!
Kaess: Herr Freiberg, "deutlich zu früh" - so haben Sie gewarnt - "kommt dieser Wegfall der Grenzkontrollen". Warum?
Freiberg: Ja. Man muss immer hinzufügen: hier kommen mehrere Entwicklungen zusammen. Dass die Grenzen fallen, ist beschlossen. Das kann man kritisieren oder nicht, dass der Zeitpunkt zu früh ist. Jetzt passiert aber folgendes: Wir haben einerseits eine Bundespolizei, die reformiert werden soll, wo - ich darf das mal formulieren - 800 abgezogen werden sollen von der Grenze, und wir haben drastische Einsparungen bei den Polizeien in Sachsen und in Brandenburg, wo insgesamt auch über 1000 Leute abgebaut werden sollen. Das bedeutet: Wir haben dann 2.000 Polizisten weniger an der Grenze und da sagen wir, damit können die Sicherheitslücken, die natürlich durch Grenzöffnungen entstehen, nicht aufgefangen werden. Im Gegenteil, die verstärken sich.
Kaess: Welche Gefahren befürchten Sie genau?
Freiberg: Man braucht ja die Leute vor Ort nur zu fragen. Wir werden natürlich in gewissem Rahmen grenzüberschreitende Kriminalität haben im Bereich der Eigentumskriminalität, aber ich glaube das wichtigste wird sein der Menschenhandel, die illegale Immigration. Das sind die Themen, die uns am meisten beschäftigen werden, und deswegen warnen wir vor diesem Personalabbau, dass die Kontrollen dort zukünftig überhaupt nicht mehr stattfinden.
Kaess: Nun bleiben ja vorerst Bulgarien, Rumänien und Zypern ausgeschlossen, weil sie die technischen Voraussetzungen zur Kontrolle ihrer Außengrenzen noch nicht erfüllen. Also wird doch auf diese Schwächen Rücksicht genommen?
Freiberg: Ja, aber man muss deutlich sehen. Die Probleme liegen für uns natürlich unmittelbar an der Grenze und das ist Polen, das ist Tschechien. Das sind für uns ja die Grenzen, die uns berühren, und deswegen sagen wir ganz deutlich es kann nicht sein, dass dort 2000 Polizisten, die jetzt dort unter anderem auch für Kontrollen da sind, abgezogen beziehungsweise eingespart werden sollen. Das ist der verkehrte Weg und man braucht die Menschen an der Grenze auch nur zu fragen. Dann spürt man auch die Stimmungslagen. Deswegen darf man aus politischen Gründen nicht etwas überhasten sozusagen, was dann zu Lasten der Sicherheit geht.
Kaess: Was die Grenzkontrollen betrifft, sieht das die EU offensichtlich anders und bewertet die Länder als reif für die Ausdehnung dieses Schengen-Abkommens. Wie erklären Sie sich denn diese unterschiedlichen Einschätzungen?
Freiberg: Weil bei der EU überwiegen die politischen Argumente dafür und wir sehen das natürlich in erster Linie aus Sicherheitsgründen. Wir haben nichts gegen ein größeres Europa, gegen Öffnung von Grenzen, damit das auch immer klar ist, aber das muss einher gehen mit Sicherheit. Sicherheitsverluste sind nicht hinzunehmen und deswegen darf man nicht die Schritte machen schnelle Grenzöffnung und dabei Polizei abbauen, Bundespolizei, Länderpolizeien. Das ist nicht der richtige Weg. Ich glaube auch, dass wir da in Übereinstimmung mit den Menschen vor Ort sind.
Kaess: Sie haben ja gesagt, die Grenzöffnung kommt zu früh. Was würde denn eine Aufschiebung bringen?
Freiberg: Ich habe jetzt ja keine Illusionen. Die Grenzöffnung kommt. Aber wir können auf jeden Fall jetzt noch verhindern, dass zum Beispiel die Bundespolizei dort abgezogen wird. Wir können verhindern, dass dort die Länderpolizeien reduziert werden. Das kann man wirklich noch verhindern und ich glaube das ist der entscheidende Schritt für die Sicherheit dort auch an der Grenze.
Kaess: Das ist die eine Seite. Welche Fahndungsmöglichkeiten bräuchten Sie denn? Welche sind denn notwendig?
Freiberg: Wir brauchen in erster Linie das neue Schengener Informationssystem, das Schengen-Informationssystem II. Das ist bisher leider verzögert worden.
Kaess: Können Sie das konkretisieren, was das genau ist?
Freiberg: Das ist ein Informationssystem, wo Daten über gesuchte Personen enthalten sind, Daten über Zusammenhänge von gewissen Straftaten. Und das ist für uns äußerst wichtig, denn wir müssen ja, wenn wir eine Person antreffen, auch nachfragen können, ob zum Beispiel im Nachbarland über diese Person Erkenntnisse vorliegen, damit wir sie entweder festnehmen können oder sie beobachten können. Von dorther ist das zwingend erforderlich, das Schengener Informationssystem II, damit wir auch effektiver dort arbeiten können.
Kaess: Herr Freiberg, noch kurz zum Schluss. Die Probleme, die Sie angesprochen haben, insbesondere den Menschenhandel, gab es ja bisher auch. Wie sind Sie denn bisher damit umgegangen?
Freiberg: Wir haben ja die Kontrollen an der Grenze gehabt. Es wusste auch jeder, dass bei Grenzübergängen kontrolliert wird, dass dort die Bundespolizei vorrätig ist, dass man das auch sehen konnte. Von dorther gab es einen gewissen Abschreckungscharakter. Wenn dieses wegfällt, dann sind wir der Auffassung, dann wird auch der Menschenhandel zunehmen.
Kaess: Vielen Dank Konrad Freiberg, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, zur Ausdehnung des Schengen-Raums.
Am Telefon ist jetzt Konrad Freiberg, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. Guten Tag!
Freiberg: Schönen guten Tag Frau Kaess!
Kaess: Herr Freiberg, "deutlich zu früh" - so haben Sie gewarnt - "kommt dieser Wegfall der Grenzkontrollen". Warum?
Freiberg: Ja. Man muss immer hinzufügen: hier kommen mehrere Entwicklungen zusammen. Dass die Grenzen fallen, ist beschlossen. Das kann man kritisieren oder nicht, dass der Zeitpunkt zu früh ist. Jetzt passiert aber folgendes: Wir haben einerseits eine Bundespolizei, die reformiert werden soll, wo - ich darf das mal formulieren - 800 abgezogen werden sollen von der Grenze, und wir haben drastische Einsparungen bei den Polizeien in Sachsen und in Brandenburg, wo insgesamt auch über 1000 Leute abgebaut werden sollen. Das bedeutet: Wir haben dann 2.000 Polizisten weniger an der Grenze und da sagen wir, damit können die Sicherheitslücken, die natürlich durch Grenzöffnungen entstehen, nicht aufgefangen werden. Im Gegenteil, die verstärken sich.
Kaess: Welche Gefahren befürchten Sie genau?
Freiberg: Man braucht ja die Leute vor Ort nur zu fragen. Wir werden natürlich in gewissem Rahmen grenzüberschreitende Kriminalität haben im Bereich der Eigentumskriminalität, aber ich glaube das wichtigste wird sein der Menschenhandel, die illegale Immigration. Das sind die Themen, die uns am meisten beschäftigen werden, und deswegen warnen wir vor diesem Personalabbau, dass die Kontrollen dort zukünftig überhaupt nicht mehr stattfinden.
Kaess: Nun bleiben ja vorerst Bulgarien, Rumänien und Zypern ausgeschlossen, weil sie die technischen Voraussetzungen zur Kontrolle ihrer Außengrenzen noch nicht erfüllen. Also wird doch auf diese Schwächen Rücksicht genommen?
Freiberg: Ja, aber man muss deutlich sehen. Die Probleme liegen für uns natürlich unmittelbar an der Grenze und das ist Polen, das ist Tschechien. Das sind für uns ja die Grenzen, die uns berühren, und deswegen sagen wir ganz deutlich es kann nicht sein, dass dort 2000 Polizisten, die jetzt dort unter anderem auch für Kontrollen da sind, abgezogen beziehungsweise eingespart werden sollen. Das ist der verkehrte Weg und man braucht die Menschen an der Grenze auch nur zu fragen. Dann spürt man auch die Stimmungslagen. Deswegen darf man aus politischen Gründen nicht etwas überhasten sozusagen, was dann zu Lasten der Sicherheit geht.
Kaess: Was die Grenzkontrollen betrifft, sieht das die EU offensichtlich anders und bewertet die Länder als reif für die Ausdehnung dieses Schengen-Abkommens. Wie erklären Sie sich denn diese unterschiedlichen Einschätzungen?
Freiberg: Weil bei der EU überwiegen die politischen Argumente dafür und wir sehen das natürlich in erster Linie aus Sicherheitsgründen. Wir haben nichts gegen ein größeres Europa, gegen Öffnung von Grenzen, damit das auch immer klar ist, aber das muss einher gehen mit Sicherheit. Sicherheitsverluste sind nicht hinzunehmen und deswegen darf man nicht die Schritte machen schnelle Grenzöffnung und dabei Polizei abbauen, Bundespolizei, Länderpolizeien. Das ist nicht der richtige Weg. Ich glaube auch, dass wir da in Übereinstimmung mit den Menschen vor Ort sind.
Kaess: Sie haben ja gesagt, die Grenzöffnung kommt zu früh. Was würde denn eine Aufschiebung bringen?
Freiberg: Ich habe jetzt ja keine Illusionen. Die Grenzöffnung kommt. Aber wir können auf jeden Fall jetzt noch verhindern, dass zum Beispiel die Bundespolizei dort abgezogen wird. Wir können verhindern, dass dort die Länderpolizeien reduziert werden. Das kann man wirklich noch verhindern und ich glaube das ist der entscheidende Schritt für die Sicherheit dort auch an der Grenze.
Kaess: Das ist die eine Seite. Welche Fahndungsmöglichkeiten bräuchten Sie denn? Welche sind denn notwendig?
Freiberg: Wir brauchen in erster Linie das neue Schengener Informationssystem, das Schengen-Informationssystem II. Das ist bisher leider verzögert worden.
Kaess: Können Sie das konkretisieren, was das genau ist?
Freiberg: Das ist ein Informationssystem, wo Daten über gesuchte Personen enthalten sind, Daten über Zusammenhänge von gewissen Straftaten. Und das ist für uns äußerst wichtig, denn wir müssen ja, wenn wir eine Person antreffen, auch nachfragen können, ob zum Beispiel im Nachbarland über diese Person Erkenntnisse vorliegen, damit wir sie entweder festnehmen können oder sie beobachten können. Von dorther ist das zwingend erforderlich, das Schengener Informationssystem II, damit wir auch effektiver dort arbeiten können.
Kaess: Herr Freiberg, noch kurz zum Schluss. Die Probleme, die Sie angesprochen haben, insbesondere den Menschenhandel, gab es ja bisher auch. Wie sind Sie denn bisher damit umgegangen?
Freiberg: Wir haben ja die Kontrollen an der Grenze gehabt. Es wusste auch jeder, dass bei Grenzübergängen kontrolliert wird, dass dort die Bundespolizei vorrätig ist, dass man das auch sehen konnte. Von dorther gab es einen gewissen Abschreckungscharakter. Wenn dieses wegfällt, dann sind wir der Auffassung, dann wird auch der Menschenhandel zunehmen.
Kaess: Vielen Dank Konrad Freiberg, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, zur Ausdehnung des Schengen-Raums.
