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Der nächste "Super Tuesday"
US-Vorwahlen im Zeichen der Coronakrise

Beim kleinen "Super Tuesday" finden in sechs US-Bundesstaaten Vorwahlen statt. Es geht um 352 der insgesamt 3.979 Delegierten auf dem Nominierungsparteitag im Juli. Allerdings könnte die Coronakrise den beiden demokratischen Kandidaten Bernie Sanders und Joe Biden einen Strich durch die Rechnung machen.

Von Thilo Kößler | 10.03.2020
    Senator Bernie Sanders (links) und der ehemalige Vizepräsident Joe Biden vor der TV-Debatte am 25.02.2020 in Charleston South Carolina.
    Fraglich ist, wie viele US-Bürger trotz des sich ausbreitenden Coronavirus wählen gehen (imago images / UPI Photo)
    Die Hoffnungen der Demokraten ruhen auf zwei weißen End-Siebzigern: Beide, Joe Biden und Bernie Sanders, liefern sich ein Duell unter politischen Senioren, nachdem - bis auf die absolut chancenlose Tulsi Gabbard - alle Kandidaten im Rennen um die Nominierung zum Spitzenkandidaten ausgeschieden sind. Es geht an diesem "Super Tuesday mini" in sechs Bundesstaaten um 352 der insgesamt 3.979 Delegierten auf dem Nominierungsparteitag im Juli in Milwaukee. Und es geht um die Frage, ob Joe Biden seinen Vorsprung vom "Super Tuesday" ausbauen oder ob Bernie Sanders aufholen kann.
    Bernie Sanders setzt noch immer auf eine breite multiethnische, multireligiöse, linksgerichtete und kämpferische Wählerkoalition, mit deren Hilfe er Donald Trump besiegen könne, wie Sanders in seinem Wahlkampf stets betont.
    US-Wahl 2020
    Der mit 78 Jahren älteste Kandidat weiß die mit Abstand jüngsten Anhänger hinter sich – wie die 22-jährige Ashley Madison aus South Carolina, die auf den Wahlkampfslogan ihres politischen Idols anspielt: Feel the Bern – ein Wortspiel, das man mit "Brennen für Bernie" übersetzen könnte.
    Indes haben sich die Hoffnungen auf eine geschlossene Unterstützung durch Jungwähler für Bernie Sanders vergangene Woche nicht erfüllt – nur in Californien war das anders. Nun bleibt abzuwarten, wie die Wähler in Idaho, Missouri, Mississippi und North Dakota abstimmen – vor allem aber im bevölkerungsreichen Washington State ganz im Westen des Landes und im umkämpften Bundesstaat Michigan im Rostgürtel des Mittleren Westens. Hier geht es um die gewerkschaftlich gut organisierte Industriearbeiterschaft, die Hillary Clinton vor vier Jahren den Rücken kehrte und Donald Trump wählte. Joe Biden gilt hier jetzt als Favorit – seit seinem überraschenden Comeback vor einer Woche liegt er in den Umfragen deutlich vorn. Seinen Wählern versprach Biden in einer kämpferischen Siegesrede: Dies ist Eure Wahlkampagne.
    Coronavirus
    Alle Beiträge zum Coronavirus (imago / Science Photo Library)
    Coronakrise könnte Vorwahlen beeifnlussen
    Allerdings ist zu befürchten, dass die Coronakrise Wähler davon abschreckt, an die Urnen zu gehen. Besonders in Washington State, wo landesweit die meisten Corona-Todesopfer zu beklagen sind, wird beispielsweise eindringlich an die Wähler appelliert, beim Verschließen der Briefumschläge einen nassen Schwamm statt die Zunge zu benutzen. Je mehr sich die Infektionen ausweiten, desto eindringlicher wird auch in den USA vor großen Menschenansammlungen gewarnt. Donald Trump will jedoch an seinen Massenkundgebungen festhalten.
    Der Präsident gerät wegen seiner bestenfalls widersprüchlichen, tatsächlich aber verharmlosenden Äußerungen über das Ausmaß dieser Krise immer mehr in die Kritik. Nun will er mit einem Wirtschaftsprogramm gegensteuern, das unter anderem die Senkung der Einkommenssteuer und die Einführung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall vorsieht. Das würde vor allem den Millionen von Arbeitern zugutekommen, die nach Stundenlohn bezahlt werden und keinen Cent sehen, wenn sie sich krank melden. Trump will diesen Plänen zufolge, die er am Abend Ostküstenzeit vorstellen wird, auch den Fluggesellschaften, der Kreuzfahrt-Industrie und dem Hotelgewerbe zu Hilfe kommen.