"Hallo, hier ist Lars Harms.”"
Am Telefon meldet sich Lars Harms, Chef der Landtagsgruppe des SSW, meist auf Dänisch – eine Selbstverständlichkeit für den gebürtigen Nordfriesen. In seinem Büro im Landtag an der Kieler Förde erwartet er die beiden anderen Abgeordneten der Partei zur Fraktionssitzung. Ein paar Minuten Zeit sind noch für eine kurze Zwischenbilanz. Ein Jahr mit der Koalition aus SPD, Grünen und SSW – ein gutes Jahr, vor allem für die Minderheiten, meint Lars Harms.
""Wir haben gerade neu in der letzten Woche mit dem dänischen Schulverein und dem Bildungsministerium eine Vereinbarung hinbekommen, wie denn die dänischen Schulen in Zukunft gefördert werden sollen – das ist ein riesiger Fortschritt, dafür haben wir 30 Jahre gekämpft. Es gibt verbesserte Förderung für die dänische Kulturarbeit, aber auch für die friesische Kulturarbeit, wir tun etwas für das nordfriesische Institut – also nach einem Jahr haben wir eine tolle Bilanz, aber das wird nach fünf Jahren noch toller sein."
Optimismus pur – und eine nahezu perfekte Steilvorlage für den Parteivorsitzenden Flemming Meyer. Ein bisschen muss er schon grinsen – gefühlt zum tausendsten Mal soll er die Frage beantworten: Was hat sich geändert in den vergangenen zwölf Monaten, ist der SSW noch die Partei der dänischen Minderheit oder vielleicht doch irgendeine beliebige Regionalpartei? Seine Antwort kommt – na klar, auf Dänisch:
"Ich gehe davon aus, das hat nicht jeder verstanden – und deshalb sage ich das noch einmal ganz deutlich: Ganz klar sind wir, der SSW, Partei der dänischen Minderheit und der friesischen Minderheit. Daran hat sich gar nix geändert"
Genau das sieht allerdings Nicolas Sölter ganz anders. Der Jurastudent ist Mitglied der Jungen Union – und einer der Beschwerdeführer vor dem Landesverfassungsgericht. Weil der SSW bei der Landtagswahl 2012 im ganzen Land angetreten ist – und nicht mehr nur in seinem "Kerngebiet" südlich der dänischen Grenze – sei er eben nicht mehr Partei der dänischen Minderheit, sondern eine ganz gewöhnliche Partei, meint der 24-Jährige. Und fordert als Konsequenz: Weg mit dem SSW-Privileg, nämlich der Befreiung von der Fünf-Prozent-Hürde.
"Es ist ein Privileg, weil eine Stimme für den SSW natürlich mehr wert ist als eine Stimme für jede andere Partei. Jede andere Partei muss die Fünf-Prozent-Hürde überwinden, einige andere Parteien sind ja auch daran gescheitert, zum Beispiel die Linkspartei, und selbstverständlich steht der SSW gerade im Wettbewerb der kleinen Parteien deutlich besser da als andere Parteien."
Das sei ein gravierender Verstoß gegen das Gebot der Wahlrechtsgleichheit – zugunsten des SSW. Falsch, hält Lars Harms dagegen. Ein genauer Blick auf das Wahlergebnis vom 6. Mai 2012 zeige ganz klar: Der SSW musste über zehn Prozent mehr Stimmen aufbringen als andere Parteien, um seine drei Mandate zu erlangen. Die CDU habe nur etwas über 18.000 Stimmen für jedes einzelne ihrer 22 Mandate gebraucht, erläutert er.
"Bei uns braucht man 20.000 Stimmen für ein Mandat – also insofern gibt es keine Wahlrechtsgleichheit, sondern wenn, dann müsste der SSW noch gleicher gemacht werden. Aber – da steckt natürlich etwas anderes dahinter: Die Junge Union möchte gerne, dass das Mandat oder ein Mandat des SSW zur CDU wandert, damit man eben die Mehrheit hier brechen kann. Und das ist auch deutlich auf einer Podiumsdiskussion von einem, der geklagt hat, gesagt worden auf die Frage: Was hättest du getan, wenn der SSW mit CDU und FDP eine Regierung gebildet hätte, hat er ganz klart gesagt: Dann hätten wir auch nicht geklagt."
Hätte, wenn und aber – davon will Nicolas Sölter nichts hören. Er und seine Mitstreiter sind vor das Landesverfassungsgericht gezogen, um eine juristische Frage zu klären, betont er. Nicht um das Wahlergebnis nachträglich zu verändern. Über irgendwelche Mehrheitsverhältnisse mache er sich keine Gedanken.
"Das ist nur eine Gedankenspielerei – wir sind Bürger, und wir haben gewisse Rechte, und die machen wir vor Gericht geltend. Dass wir uns natürlich auch darüber freuen, wenn infolge dessen eine andere Regierung an die Macht kommt – das ist eine andere Frage, die hat aber mit dem Rechtsstreit erst einmal nichts zu tun."
Nachtigall – ick hör dir trapsen, meint dazu der Landesvorsitzende der SPD, Ralf Stegner. Da seien doch ganz klar schlechte Wahlverlierer am Werk, unkt er. Viel deutlicher kann man seiner Ansicht nach ja gar nicht machen, was der eigentliche Sinn und Zweck der Wahlprüfungsbeschwerden sei.
"Es ist eine Anti-SSW-Klage, das hat nichts mit Überprüfung von Wahlergebnissen zu tun. Hier haben wir es damit zu tun, dass zum x-ten Male in Frage gestellt wird die verfassungsmäßigen Rechte für die Minderheit, und ich bin sicher, die Antwort wird auch zum x-ten Male lauten: Das ist so in Ordnung. Und deswegen betrachten wir das mit großer Gelassenheit, was da in Schleswig passiert."
2000 Seiten stark ist die Stellungnahme, die der SSW den Richtern am Landesverfassungsgericht in Schleswig zugestellt hat – eigentlich schade um die Zeit, die dafür aufgewendet werden musste, findet Parteichef Meyer. Schließlich sind schon zweimal Klagen mit dem Ziel, den Sonderstatus des SSW zu kippen, am Ende sogar vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert
"Ich habe keine schlaflosen Nächte gehabt wegen dieser Sache – ich sehe das gelassen. Aber, klar kann ich mich ein bisschen ärgern, weil – es kostet unheimlich viel Manpower bei uns, wir müssen uns ja wieder mal damit auseinandersetzen, und diese Zeit könnte ich ja auch für andere Sachen gut gebrauchen."
Am Mittwoch kommender Woche ist also Showdown vor dem Landesverfassungsgericht – angesetzt ist nur ein Verhandlungstag, eine Entscheidung aber will das höchste Gericht Schleswig-Holsteins erst nach der Sommerpause – vermutlich im August – verkünden.
Am Telefon meldet sich Lars Harms, Chef der Landtagsgruppe des SSW, meist auf Dänisch – eine Selbstverständlichkeit für den gebürtigen Nordfriesen. In seinem Büro im Landtag an der Kieler Förde erwartet er die beiden anderen Abgeordneten der Partei zur Fraktionssitzung. Ein paar Minuten Zeit sind noch für eine kurze Zwischenbilanz. Ein Jahr mit der Koalition aus SPD, Grünen und SSW – ein gutes Jahr, vor allem für die Minderheiten, meint Lars Harms.
""Wir haben gerade neu in der letzten Woche mit dem dänischen Schulverein und dem Bildungsministerium eine Vereinbarung hinbekommen, wie denn die dänischen Schulen in Zukunft gefördert werden sollen – das ist ein riesiger Fortschritt, dafür haben wir 30 Jahre gekämpft. Es gibt verbesserte Förderung für die dänische Kulturarbeit, aber auch für die friesische Kulturarbeit, wir tun etwas für das nordfriesische Institut – also nach einem Jahr haben wir eine tolle Bilanz, aber das wird nach fünf Jahren noch toller sein."
Optimismus pur – und eine nahezu perfekte Steilvorlage für den Parteivorsitzenden Flemming Meyer. Ein bisschen muss er schon grinsen – gefühlt zum tausendsten Mal soll er die Frage beantworten: Was hat sich geändert in den vergangenen zwölf Monaten, ist der SSW noch die Partei der dänischen Minderheit oder vielleicht doch irgendeine beliebige Regionalpartei? Seine Antwort kommt – na klar, auf Dänisch:
"Ich gehe davon aus, das hat nicht jeder verstanden – und deshalb sage ich das noch einmal ganz deutlich: Ganz klar sind wir, der SSW, Partei der dänischen Minderheit und der friesischen Minderheit. Daran hat sich gar nix geändert"
Genau das sieht allerdings Nicolas Sölter ganz anders. Der Jurastudent ist Mitglied der Jungen Union – und einer der Beschwerdeführer vor dem Landesverfassungsgericht. Weil der SSW bei der Landtagswahl 2012 im ganzen Land angetreten ist – und nicht mehr nur in seinem "Kerngebiet" südlich der dänischen Grenze – sei er eben nicht mehr Partei der dänischen Minderheit, sondern eine ganz gewöhnliche Partei, meint der 24-Jährige. Und fordert als Konsequenz: Weg mit dem SSW-Privileg, nämlich der Befreiung von der Fünf-Prozent-Hürde.
"Es ist ein Privileg, weil eine Stimme für den SSW natürlich mehr wert ist als eine Stimme für jede andere Partei. Jede andere Partei muss die Fünf-Prozent-Hürde überwinden, einige andere Parteien sind ja auch daran gescheitert, zum Beispiel die Linkspartei, und selbstverständlich steht der SSW gerade im Wettbewerb der kleinen Parteien deutlich besser da als andere Parteien."
Das sei ein gravierender Verstoß gegen das Gebot der Wahlrechtsgleichheit – zugunsten des SSW. Falsch, hält Lars Harms dagegen. Ein genauer Blick auf das Wahlergebnis vom 6. Mai 2012 zeige ganz klar: Der SSW musste über zehn Prozent mehr Stimmen aufbringen als andere Parteien, um seine drei Mandate zu erlangen. Die CDU habe nur etwas über 18.000 Stimmen für jedes einzelne ihrer 22 Mandate gebraucht, erläutert er.
"Bei uns braucht man 20.000 Stimmen für ein Mandat – also insofern gibt es keine Wahlrechtsgleichheit, sondern wenn, dann müsste der SSW noch gleicher gemacht werden. Aber – da steckt natürlich etwas anderes dahinter: Die Junge Union möchte gerne, dass das Mandat oder ein Mandat des SSW zur CDU wandert, damit man eben die Mehrheit hier brechen kann. Und das ist auch deutlich auf einer Podiumsdiskussion von einem, der geklagt hat, gesagt worden auf die Frage: Was hättest du getan, wenn der SSW mit CDU und FDP eine Regierung gebildet hätte, hat er ganz klart gesagt: Dann hätten wir auch nicht geklagt."
Hätte, wenn und aber – davon will Nicolas Sölter nichts hören. Er und seine Mitstreiter sind vor das Landesverfassungsgericht gezogen, um eine juristische Frage zu klären, betont er. Nicht um das Wahlergebnis nachträglich zu verändern. Über irgendwelche Mehrheitsverhältnisse mache er sich keine Gedanken.
"Das ist nur eine Gedankenspielerei – wir sind Bürger, und wir haben gewisse Rechte, und die machen wir vor Gericht geltend. Dass wir uns natürlich auch darüber freuen, wenn infolge dessen eine andere Regierung an die Macht kommt – das ist eine andere Frage, die hat aber mit dem Rechtsstreit erst einmal nichts zu tun."
Nachtigall – ick hör dir trapsen, meint dazu der Landesvorsitzende der SPD, Ralf Stegner. Da seien doch ganz klar schlechte Wahlverlierer am Werk, unkt er. Viel deutlicher kann man seiner Ansicht nach ja gar nicht machen, was der eigentliche Sinn und Zweck der Wahlprüfungsbeschwerden sei.
"Es ist eine Anti-SSW-Klage, das hat nichts mit Überprüfung von Wahlergebnissen zu tun. Hier haben wir es damit zu tun, dass zum x-ten Male in Frage gestellt wird die verfassungsmäßigen Rechte für die Minderheit, und ich bin sicher, die Antwort wird auch zum x-ten Male lauten: Das ist so in Ordnung. Und deswegen betrachten wir das mit großer Gelassenheit, was da in Schleswig passiert."
2000 Seiten stark ist die Stellungnahme, die der SSW den Richtern am Landesverfassungsgericht in Schleswig zugestellt hat – eigentlich schade um die Zeit, die dafür aufgewendet werden musste, findet Parteichef Meyer. Schließlich sind schon zweimal Klagen mit dem Ziel, den Sonderstatus des SSW zu kippen, am Ende sogar vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert
"Ich habe keine schlaflosen Nächte gehabt wegen dieser Sache – ich sehe das gelassen. Aber, klar kann ich mich ein bisschen ärgern, weil – es kostet unheimlich viel Manpower bei uns, wir müssen uns ja wieder mal damit auseinandersetzen, und diese Zeit könnte ich ja auch für andere Sachen gut gebrauchen."
Am Mittwoch kommender Woche ist also Showdown vor dem Landesverfassungsgericht – angesetzt ist nur ein Verhandlungstag, eine Entscheidung aber will das höchste Gericht Schleswig-Holsteins erst nach der Sommerpause – vermutlich im August – verkünden.