Müller: Inwieweit es lediglich die Nachwehen der Korruptionsaffäre sind, das ist nur sehr schwer zu beurteilen. Nach Heinrich von Pierer hat nun auch Siemens-Chef Klaus Kleinfeld das Handtuch geworfen. Der Druck aus den Reihen des Aufsichtsrates war dann doch wohl zu groß. Der Rücktritt gestern Abend kam dennoch unerwartet für viele, denn der Vorstandsvorsitzende legt heute eine überaus gute Bilanz für das Unternehmen vor mit stattlichen Milliarden-Gewinnen. Siemens dennoch in der Führungskrise? - Darüber reden wollen wir nun mit der Unternehmensberaterin Gertrud Höhler. Guten Morgen!
Höhler: Guten Morgen!
Müller: War der Kleinfeld-Rücktritt notwendig für Siemens?
Höhler: Für Siemens, das möchte ich bezweifeln. Für ihn selbst natürlich sehr wohl, denn er hat ja noch die Hälfte seiner Karriere vor sich und er musste sich darum kümmern, dass er da nicht in einen lähmenden Wartestand gesetzt wurde.
Müller: Ist das so schlimm, das persönliche Schicksal eines Einzelnen, wenn man denn schon Vorstandsvorsitzender ist? Könnte man so etwas dann nicht aushalten, ein paar Wochen Kritik?
Höhler: Nein, das ist nicht richtig, denn das ganze lief ja spürbar darauf hinaus, dass man ihm wahrscheinlich nach den drei Monaten den Vertrag nicht verlängert hätte. Dazu war er wohl informiert genug und es war deutlich, dass es bedeutende Mitglieder des Aufsichtsrates gibt, die sich dieses Ziel gesetzt hatten.
Müller: Das heißt das Selbstwertgefühl von Klaus Kleinfeld stand im Vordergrund dieser Entscheidung?
Höhler: Nein, das würde ich nicht so ausdrücken, sondern ich muss Ihnen mal sagen: dass ein Mann wie Cromme, der ja der Corporate Governance Papst der Republik ist oder sogar über die Republik hinaus, und dass ein Mann wie Ackermann, Leute, die ja doch im Feuer dieser Fragen eigentlich gehärtet sind, welcher Stil akzeptabel ist im Management, dass solche Leute ohne offene Gespräche mit den Betroffenen eine Ablösung oder man kann auch sagen eine Demontage betreiben, das ist einfach nicht in Ordnung. Das ist für das gesamte Publikum, das da zuschaut, nicht in Ordnung. Da brauchen wir gar nicht erst von den großartigen Ergebnissen zu sprechen, die Kleinfeld präsentiert hat, aber wir können auch danach fragen, ob man eigentlich neuerdings unabhängig von der Leistung, die man bringt, ein Spielball von Interessenmischungen ist, die wir ja im Fall Siemens noch gar nicht zu Ende überschauen.
Müller: Frau Höhler, aber in diesem Zusammenhang: der Rücktritt, der mehr oder weniger freiwillig war, selbst eingeleitet war. Das heißt in dieser Konsequenz haben doch diejenigen, die Öl ins Feuer gegossen haben, hinterher gesiegt?
Höhler: Ich weiß nicht, ob man das so sehen sollte. Ich habe ja doch daran erinnert, dass wir auch sehen müssen, welche Proportion so eine Lebenslaufbahn hat, und ob derjenige, den es nun trifft, da entscheidet für einen Zeitpunkt, der für ihn günstiger ist als für die anderen, das finde ich nun legitim.
Müller: Frau Höhler, kann man als Kunde oder auch als Aktionär noch Vertrauen in einen Konzern haben, der seit Monaten diese Schwierigkeiten hat, trotz der guten Zahlen?
Höhler: Es geht um etwas anderes. Die Behauptung, dass durch neue Gesichter und immerhin dann ja offenbar Gesichter von Leuten, die Siemens nicht besonders gut kennen, die Sache schneller gebessert würde, diese Behauptung darf angezweifelt werden. Wie ich sehe, dass wie in der Politik jetzt auch im Business immer stärker symbolische Handlungen dominieren, nicht die Frage wie hoch ist der Sachverstand für diese Firma und die braucht jetzt auch einen Sachverstand, der ein Siemens-Sachverstand ist. Da kann man nicht immer sagen wer bei Siemens ist, der ist auf jeden Fall verstrickt und der muss weg, den wollen wir nicht mehr sehen, weil wir ihn gesehen haben mit den schlechten Gefühlen im Kopf. Das sind Verhaltensweisen, die auch angesichts solcher langen, durch Sachkompetenz erreichten Lebensläufe, die da einfach gekappt werden, doch erstaunlich sind.
Müller: Warum ist die Symbolik, wie Sie sagen, so wichtig und entscheidend geworden?
Höhler: Was meinen Sie?
Müller: Warum ist die Symbolik so wichtig geworden?
Höhler: Ja, man fragt sich das. Ich sehe das überwiegend von symbolischen Handlungen immer dann, wenn man in der Sache nicht mehr ethisch fest auf seinen Füßen steht. Das ist wirklich auch eine Frage der Business-Ethik, über die wir so häufig reden, wie man mit jemandem umgeht. Ich frage ja nur nach dem "wie". Wenn wir eines Tages verstehen, das hätte sein müssen, ist es ja okay. Ich kann es von heute aus nicht sehen, dass es hätte sein müssen, aber der Stil ist in jedem Falle verwerflich, in dem das gemacht worden ist.
Müller: Die Unternehmensberaterin Gertrud Höhler war das. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Höhler: Auf Wiederhören.
Höhler: Guten Morgen!
Müller: War der Kleinfeld-Rücktritt notwendig für Siemens?
Höhler: Für Siemens, das möchte ich bezweifeln. Für ihn selbst natürlich sehr wohl, denn er hat ja noch die Hälfte seiner Karriere vor sich und er musste sich darum kümmern, dass er da nicht in einen lähmenden Wartestand gesetzt wurde.
Müller: Ist das so schlimm, das persönliche Schicksal eines Einzelnen, wenn man denn schon Vorstandsvorsitzender ist? Könnte man so etwas dann nicht aushalten, ein paar Wochen Kritik?
Höhler: Nein, das ist nicht richtig, denn das ganze lief ja spürbar darauf hinaus, dass man ihm wahrscheinlich nach den drei Monaten den Vertrag nicht verlängert hätte. Dazu war er wohl informiert genug und es war deutlich, dass es bedeutende Mitglieder des Aufsichtsrates gibt, die sich dieses Ziel gesetzt hatten.
Müller: Das heißt das Selbstwertgefühl von Klaus Kleinfeld stand im Vordergrund dieser Entscheidung?
Höhler: Nein, das würde ich nicht so ausdrücken, sondern ich muss Ihnen mal sagen: dass ein Mann wie Cromme, der ja der Corporate Governance Papst der Republik ist oder sogar über die Republik hinaus, und dass ein Mann wie Ackermann, Leute, die ja doch im Feuer dieser Fragen eigentlich gehärtet sind, welcher Stil akzeptabel ist im Management, dass solche Leute ohne offene Gespräche mit den Betroffenen eine Ablösung oder man kann auch sagen eine Demontage betreiben, das ist einfach nicht in Ordnung. Das ist für das gesamte Publikum, das da zuschaut, nicht in Ordnung. Da brauchen wir gar nicht erst von den großartigen Ergebnissen zu sprechen, die Kleinfeld präsentiert hat, aber wir können auch danach fragen, ob man eigentlich neuerdings unabhängig von der Leistung, die man bringt, ein Spielball von Interessenmischungen ist, die wir ja im Fall Siemens noch gar nicht zu Ende überschauen.
Müller: Frau Höhler, aber in diesem Zusammenhang: der Rücktritt, der mehr oder weniger freiwillig war, selbst eingeleitet war. Das heißt in dieser Konsequenz haben doch diejenigen, die Öl ins Feuer gegossen haben, hinterher gesiegt?
Höhler: Ich weiß nicht, ob man das so sehen sollte. Ich habe ja doch daran erinnert, dass wir auch sehen müssen, welche Proportion so eine Lebenslaufbahn hat, und ob derjenige, den es nun trifft, da entscheidet für einen Zeitpunkt, der für ihn günstiger ist als für die anderen, das finde ich nun legitim.
Müller: Frau Höhler, kann man als Kunde oder auch als Aktionär noch Vertrauen in einen Konzern haben, der seit Monaten diese Schwierigkeiten hat, trotz der guten Zahlen?
Höhler: Es geht um etwas anderes. Die Behauptung, dass durch neue Gesichter und immerhin dann ja offenbar Gesichter von Leuten, die Siemens nicht besonders gut kennen, die Sache schneller gebessert würde, diese Behauptung darf angezweifelt werden. Wie ich sehe, dass wie in der Politik jetzt auch im Business immer stärker symbolische Handlungen dominieren, nicht die Frage wie hoch ist der Sachverstand für diese Firma und die braucht jetzt auch einen Sachverstand, der ein Siemens-Sachverstand ist. Da kann man nicht immer sagen wer bei Siemens ist, der ist auf jeden Fall verstrickt und der muss weg, den wollen wir nicht mehr sehen, weil wir ihn gesehen haben mit den schlechten Gefühlen im Kopf. Das sind Verhaltensweisen, die auch angesichts solcher langen, durch Sachkompetenz erreichten Lebensläufe, die da einfach gekappt werden, doch erstaunlich sind.
Müller: Warum ist die Symbolik, wie Sie sagen, so wichtig und entscheidend geworden?
Höhler: Was meinen Sie?
Müller: Warum ist die Symbolik so wichtig geworden?
Höhler: Ja, man fragt sich das. Ich sehe das überwiegend von symbolischen Handlungen immer dann, wenn man in der Sache nicht mehr ethisch fest auf seinen Füßen steht. Das ist wirklich auch eine Frage der Business-Ethik, über die wir so häufig reden, wie man mit jemandem umgeht. Ich frage ja nur nach dem "wie". Wenn wir eines Tages verstehen, das hätte sein müssen, ist es ja okay. Ich kann es von heute aus nicht sehen, dass es hätte sein müssen, aber der Stil ist in jedem Falle verwerflich, in dem das gemacht worden ist.
Müller: Die Unternehmensberaterin Gertrud Höhler war das. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Höhler: Auf Wiederhören.