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Deutsch-tschechische Grenze
Die Jagd nach Crystal Meth

Weil Crystal Meth in Tschechien günstig und einfach zu haben ist, hat auch der Schmuggel der Droge über die Grenze nach Deutschland immer mehr zugenommen. Die Bekämpfung dieses Schmuggels ist zu einem Schwerpunkt der Arbeit der Zollbeamten geworden. Dabei müssen sie auch immer wieder erleben, wie die Droge Menschen zerstört.

Von Bastian Brandau | 20.09.2017
    Eine Hand mit Handschuh mit Crystal Meth.
    Etwa seit der Jahrtausendwende beschäftigt Crystal Meth die deutschen Zollbehörden (imago / Michael Westermann)
    "Wo ist es? Such!"
    Schäferhündin Pamela sucht den grünen Kunststoff-Ball, den eine Zollbeamtin zwischen ihren Stiefeln versteckt hat. Bei der Ausbildung der Hündin wurde der Ball mit unterschiedlichen Drogen präpariert, Pamela verbindet nun deren Gerüche mit ihrem Spielzeug, erklärt Hunde-Führerin Kerstin Sieber. Bei der Suche nach Drogen verlässt sich der Zoll im deutsch-tschechischen Grenzgebiet auch auf die feine Nase von Spürhunden:
    "Die sind ausgebildet auf sämtliche Rauschgiftarten, die es gibt, die ganze Palette. Drogen natürlichen Ursprungs, künstlichen Ursprungs, also die ganzen Amphetaminarten, die in Laboren erzeugt werden. Amphetamine, Kokain, Heroin, Marihuana, also die ganze Bandbreite, die ganze Bandbreite, die in Deutschland auf dem Markt ist, wird durch unsere Hunde gesucht."
    Technische Hilfsmittel bei der Drogensuche
    Wittert Pamela Drogen, zeigt sie dies durch Kratzen an. Trefferquote: 99 Prozent. Pamela kommt etwa zum Einsatz, wenn Zollbeamte ein Fahrzeug im tschechisch-deutschen Grenzgebiet angehalten haben und sich der Drogenverdacht erhärtet habe, erklärt Thomas Nowak, Zollamtsinspektor in Görlitz. Dies geschehe meist durch einen mechanischen Test auf Kontakt mit Drogen:
    "Da habe ich Drugwipe-Tests, mit dem man also Oberflächenwischtests machen kann, sodass ich da natürlich einen ersten Eindruck bekomme, besteht die Möglichkeit, dass Betäubungsmittel geschmuggelt werden."
    Nowak zeigt technische Hilfsmittel, die er bei der Drogensuche einsetzt. Mit einer Endoskop-Kamera kann er unter die Verkleidungen oder in Zwischenräume eines Autos hineinschauen. Ein Transporter mit eingebauter Röntgenanlage kann in kurzer Zeit das Gepäck eines ganzen Reisebusses durchleuchten. Nowak und seine Kollegen suchen dabei unter anderem nach Crystal Meth, der Droge, die meist aus Tschechien nach Deutschland geschmuggelt wird:
    "Es ist natürlich gerade für die Region hier ein Schwerpunkt, die Bekämpfung des Crystal-Schmuggels, und man kann sicherlich sagen, dass es zugenommen hat, alleine aufgrund der Feststellungen, die auch getroffen wurden."
    Deutsch-tschechische Zusammenarbeit wichtig
    Etwa seit der Jahrtausendwende beschäftige Crystal Meth die deutschen Zollbehörden. Hergestellt in Drogenlaboren in Tschechien, sei es zunächst eine Art Beifang bei Kontrollen gewesen, sagt Heike Wilsdorf vom Hauptzollamt Dresden:
    "Das Crystal ist auf tschechischer Seite jederzeit Tag und Nacht verfügbar. Und halt unheimlich billig im Vergleich zu anderen Drogen. Man kann es als Konsument selber kaufen. Man braucht nicht erst irgendwo einen Dealer, man muss nicht in irgendwelche Kreise reinkommen, um an Drogen zu kommen."
    Die kurze Fahrt nach Tschechien und zurück, um dann mit der Droge das Party-Wochenende anders zu erleben. Um den Stress im Alltag zu vergessen. Schnell hätten die Konsumenten begonnen, über den Eigenbedarf hinaus einzukaufen. Ihre Sucht finanzieren sie durch den Verkauf von Crystal Meth in der Schule, in der Disko, auf der Straße. Bei größere Mengen und dem Verdacht auf organisierte Kriminalität übernimmt die Zollfahndung, eine Art Kriminalpolizei des Zolls. Zoll und Zollfahnder arbeiten bei der Bekämpfung des Drogenschmuggels eng mit den Behörden in Tschechien zusammen, sagt Bianca Richter von der Zollfahndung Dresden:
    "Insofern ist die deutsch-tschechische Zusammenarbeit auch dahingehend sehr wichtig, um nicht nur hier die Abnehmer, Konsumenten und Händler bekannt zu machen, sondern auch in der Tschechischen Republik die Produzenten und dort die Händler strafrechtlich zu verfolgen."
    Zollbeamte kennen oft die Drogenschmuggler
    Für die Herstellung der Droge braucht es wenig Raum und Material. Weshalb der Kampf dagegen einer Sisyphosarbeit gleicht. Wird in eine Drogenküche hochgenommen, entsteht woanders eine neue. Sechs Kilo haben die Zollfahnder durch ihre Ermittlungsarbeiten im vergangenen Jahr sichergestellt - 2015 waren es zehn. Das Crystal habe die tägliche Arbeit der Zollbeamten im Grenzgebiet verändert, sagt Heike Wilsdorf vom Hauptzollamt Dresden.
    "Sie müssen sich vorstellen, unsere Kolleginnen und Kollegen wohnen zu 80 Prozent im Grenzgebiet. Und dann hast Du junge Leute in der Kontrolle, die mit deinen Kindern in die Schule gegangen sind, zum Fußball gegangen sind, oder die du aus der Nachbarschaft kennst. Und erkennst auf einmal, was der Crystal-Konsum in relativ kurzer Zeit aus diesen gesunden, jungen Menschen gemacht hat. "
    Jeder habe seine schockierenden Erlebnisse mit der Droge, sagt Heike Wilsdorf, und der Blick der sonst sehr lebhaften Beamtin wird ernst. Sie habe einmal eine 26-Jährige kontrolliert, die voll unter Drogeneinfluss gestanden habe:
    "Und dann hört man im Zuge der Vernehmung, dass sie zwei kleine Kinder zu Hause hat. Und dass ihr durchaus bewusst ist, dass sie auf dem besten Wege ist, dass Sorgerecht für ihre Kinder zu verlieren. Dann bekommt man auch so eine Ahnung von den Dimensionen, was diese Droge mit den Menschen anstellt, wie schnell ein Leben auch ins Negative rutscht. "