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Deutsche Bank greift durch

Die Deutsche Bank hat angeblich mehr als fünf ihrer Händler freigestellt, die in Umsatzsteuer-Betrügereien in großem Stil verwickelt sein sollen. Laut Medienberichten wird ihnen vorgeworfen, den Fiskus beim Handel mit Luftverschmutzungsrechten betrogen zu haben. Beobachter werten die Maßnahme als Ausweis eines neuen Stils beim Banken-Primus.

Von Brigitte Scholtes | 04.10.2012
    Die Geschichte reicht einige Jahre zurück: Betrüger nutzten Emissionszertifikate, um damit Umsatzsteuern zu hinterziehen. Sechs dieser Betrüger sind letztes Jahr vor Weihnachten vom Frankfurter Landgericht zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Aber für die Staatsanwaltschaft in Frankfurt war der Fall damit nicht abgeschlossen. Denn diese Geschäfte waren über die Deutsche Bank abgewickelt worden, die aber nicht angeklagt war. Nun stellt das Geldhaus mutmaßlich kriminelle Mitarbeiter frei, die offenbar in diesen Handel verwickelt waren. Mindestens sieben Händler der Deutschen Bank verdächtigt die Staatsanwaltschaft Frankfurt in diesem Fall. Dazu äußert das Geldhaus sich zwar nicht. Aber die neue Führung der Bank ist mit dem Versprechen eines Kulturwandels angetreten. Co-Chef Anshu Jain hat diese Bereitschaft vor gut drei Wochen bekräftigt:

    "Wir sind in einer Industrie, in der eine kleine Zahl von Menschen irreparablen Schaden anrichten kann – Schaden an unserem Geschäftsmodell, an unserem Institut, an unserem persönlichen Ruf. Das werden wir nicht zulassen. Das sind Verhaltensweisen, die wir herausfinden und wenn nötig, hart sanktionieren werden."

    Die Verdächtigen sollen mit einer internationalen Bande kooperiert haben und dabei den deutschen Fiskus mit einem Umsatzsteuer-Karussell um mehrere hundert Millionen Euro betrogen haben. Den Gesamtsteuerschaden aus dem Fall in Frankfurt allein hatte die Justiz auf etwa 850 Millionen Euro beziffert. Der ist entstanden, weil sich die beteiligten Firmen gegenseitig diese Luftverschmutzungsrechte über die EU-Grenzen hinweg verkauften. Die gesamte Umsatzsteuerlast wurde dabei in Deutschland angesammelt, während die Gewinne bei den ausländischen Scheinfirmen aufliefen. Das letzte Unternehmen ließ sich dabei die Umsatzsteuer erstatten, wenn es die Emissionsrechte ins Ausland weiterverkaufte. Angeblich hat die Deutsche Bank wegen Steuer-Rückzahlungen und Verzicht auf Erstattungen schon Kosten in Höhe von 300 Millionen Euro gehabt, schreibt die "Süddeutsche Zeitung". Und deshalb dürften Investoren eine Verhaltensänderung der Deutschen Bank begrüßen, meint Philipp Häßler, Analyst von equinet:

    "Ein großes Risiko bei der Deutschen Bank sind ja die rechtlichen Risiken, die man vor allem auch sehr schwer abschätzen kann. Und insofern wäre es, denke ich, natürlich positiv für die Deutsche Bank, für den Aktienkurs, wenn halt zukünftig diese Risiken weniger werden und man als Investor sich darauf verlassen kann, dass das Geschäft, das die Deutsche Bank macht, nicht mit einem Verzug von drei, vier, fünf Jahren zu hohen rechtlichen Risiken führt."

    Nicht allein die direkten finanziellen Auswirkungen werden die Deutsche Bank ärgern. Sie dürfte sich auch um ihren Ruf sorgen. Nicht alles was legal sei, sei auch legitim, hatte Jain schon erklärt. Deshalb meint Analyst Häßler:

    "Das öffentliche Bild ist für die Deutsche Bank natürlich auch sehr, sehr wichtig, weil der ein oder andere Kunde letztendlich auch davon abschreckt, mit der Deutschen Bank Geschäft zu machen. Und insofern, denke ich, wird der Druck der Öffentlichkeit mittelfristig zunehmen, weil letztendlich schlechte Presse kann auch die Deutsche Bank nicht brauchen."

    Im April 2010 hatten Polizei und Steuerfahndung die Deutsche Bank im Zusammenhang mit dem Umsatzsteuerkarussell durchsucht. Doch Anhaltspunkte für kriminelle Machenschaften hatte der frühere Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann dementiert.