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Deutsche Bank
Vom versprochenen Kulturwandel zur Rücktrittsankündigung

Die beiden Co-Chefs der Deutschen Bank, Anshu Jain und Jürgen Fitschen waren angetreten mit dem Versprechen, einen Neuanfang, einen Kulturwandel bei der Bank umzusetzen. Doch beide Vorstände der Deutschen Bank gingen schon belastet in ihr Amt. Ein Rückblick.

Von Brigitte Scholtes | 08.06.2015
    Jürgen Fitschen (links) und Anshu Jain im Gespräch
    Die beiden Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen (links) und Anshu Jain, haben auf der Hauptversammlung 2015 einen Denkzettel verpasst bekommen. (picture alliance / dpa/ Boris Roessler)
    Der Start des Führungsduos Anshu Jain und Jürgen Fitschen verlief holprig. Denn die Unterstützung ihres Vorgängers Josef Ackermann hatten sie offenkundig nicht. Umso eifriger machten sich die beiden an die Arbeit, im September 2012 kündigten sie an, sie wollten die Bank umkrempeln, Kosten sparen, auf Kapitalerhöhungen verzichten, einen Kulturwandel einleiten. Damals sagte Jürgen Fitschen:
    "Wir weisen darauf hin, dass das nicht ohne Schmerzen geht. Wir werden das in den nächsten drei Jahren so machen, dass es für alle verständlich ist, warum wir es tun."
    Zahlreiche Rechtsstreitigkeiten der Bank
    Doch schon im Dezember 2012 begannen die Schwierigkeiten: Da stürmten bewaffnete Einsatzkräfte der Polizei die Doppeltürme der Deutschen Bank, in einer Razzia suchten sie nach Beweisen wegen möglicher Umsatzsteuervergehen. Das aber war nur der Anfang der Probleme mit der deutschen und internationalen Justiz. In zahlreiche Rechtsstreitigkeiten ist die Bank verwickelt, vor allem in Amerika. Das führte dann auch zu Nachfragen an Co-Chef Anshu Jain, ob er denn noch der Richtige für die Führung der Bank sei. Und zu Beginn des vergangenen Jahres antwortete er noch so:
    "Ganz einfach: weil ich daran glaube. Und ich bin mir sehr bewusst, dass es auf das Vorbild der Spitze ankommt. Dem, was wir anstreben, fühle ich mich sehr verpflichtet. Es gibt keinen Zweifel bei unseren Mitarbeitern oder Kunden, dass ich geeignet bin und die Person, die beispielhaft ist für viele Werte, für die wir jetzt stehen."
    Jain und Fitschen nicht ganz unbescholten
    Jain hatte jahrelang die Sparte Investmentbanking geleitet, der die Hauptschuld für diese vielen Vergehen angelastet wird. Fast neun Milliarden Euro an Strafzahlungen hat sie bisher dafür geleistet, Geld, das die Bank vor allem aus Kapitalerhöhungen schöpfte, die eigentlich zur Stärkung des Eigenkapitals gedacht sein sollten . Die
    Eigenkapitalrendite lag im ersten Quartal dieses Jahres dann auch nur noch bei mickrigen 3,9 Prozent.
    Aber auch Jains Kollege Jürgen Fitschen, der dem Inder 2012 extra als in Deutschland verwurzelter und vernetzter Banker zur Seite gestellt worden war, kam in Schwierigkeiten: Er muss sich zusammen mit anderen früheren Vorständen seit Ende April vor dem Münchner Landgericht wegen versuchten Prozessbetrugs verantworten. Fitschen versichert zwar immer: "Ich habe weder belogen noch betrogen." Aber das muss ihm das Gericht erst einmal abnehmen.
    Operativ versuchte das Führungsduo Ende April mit einer neuen Strategie für das Geldhaus die Öffentlichkeit zu überzeugen. Doch der Versuch überzeugte nicht: Die Postbank soll verkauft werden, das Investmentbanking gewinnt an Gewicht. Nähere Details zur Neuausrichtung wurden nicht bekannt. Und auf der Hauptversammlung vor zweieinhalb Wochen dann entlasteten die Aktionäre den Vorstand nur mit gut 60 Prozent, viel zu wenig. Gestern dann kam die Rücktrittsankündigung beider. Jain geht Ende Juni, Jürgen Fitschen nach der Hauptversammlung im kommenden Jahr. Die Deutsche Bank ist also weiter eine Baustelle, auf der Nachfolger John Cryan viel Arbeit bleibt.