Schäuble: Die deutsche Ratspräsidentschaft hat versagt. Das Ergebnis ist ausgesprochen kläglich. Es war ja der große Auftrag an diese Präsidentschaft die "Agenda 2000", durch Reformen in der Finanz-, der Agrar- und der Regionalpolitik die Europäische Union auf den Beitritt weiterer Länder in Osteuropa vorzubereiten. Davon ist nichts in Berlin erreicht worden. Die Bundesregierung hat bis heute nicht einmal eine Berechnung vorgelegt, wie die finanziellen Auswirkungen der Berliner Beschlüsse sind. In jedem Fall ist die Europäische Union nicht billiger geworden und nicht effizienter. Der Kölner Gipfel, was die Vorbereitungen anbetrifft, sollte ja eigentlich erste Schritte für die Reform der institutionellen Prozesse bringen: also straffere Entscheidungsverfahren, klarere Abgrenzung von Zuständigkeiten, damit sich diese Mißwirtschaft, wie sie zum Rücktritt der Kommission geführt hat, nicht in der Zukunft fortsetzt. Deswegen müssen die Entscheidungsverfahren in der Europäischen Union gestrafft und transparent, aber auch demokratisch besser kontrolliert werden. Auch davon ist nicht mehr die Rede. Statt dessen macht man jetzt einen Grundrechtskatalog. Dagegen ist nichts einzuwenden. Das ist aber nun das, worüber am wenigsten Entscheidungsbedarf in Europa besteht, denn die Grundrechte sind völlig unbestritten. Wir haben auch die europäische Menschenrechts-Charta, und im übrigen schiebt man die Verantwortung für die Beschäftigungspolitik, wo die Bundesregierung national bisher keine Erfolge hat, jetzt in den Augen der Menschen nach Brüssel. Dort aber werden die Arbeitsplatz-Probleme weder in Deutschland noch sonst irgendwo in Europa gelöst. Das geht nur mit einer besseren Steuerpolitik in den Mitgliedsstaaten.
Sanders: Macht es nicht Sinn, daß in die Thematik Beschäftigungspolitik auch auf europäischer Ebene eingegangen wird, daß es dort verpflichtende, verbindliche Ziele gibt, die man nachprüfen kann?
Schäuble: Doch, dagegen ist gar nichts einzuwenden. Nur offensichtlich soll es ja die verpflichtenden und verbindlichen Ziele auf dem Kölner Gipfel gar nicht geben, sondern es soll jetzt wieder eine neue Runde auf europäischer Ebene eingerichtet werden. Auch dagegen ist gar nichts zu sagen, außer daß es immer Alibi-Veranstaltungen sind, Ausreden dafür, daß nichts geschieht. Schauen Sie, in Deutschland ist ein paar Monate immer über ein Bündnis für Arbeit geredet worden und man konnte fast nichts anderes mehr hören. Jetzt erleben wir: die wirtschaftliche Entwicklung ist durch das Steuerchaos und durch falsche Sozialgesetze seit Monaten, Monat für Monat schlechter geworden. Wir haben inzwischen das geringste Wachstum neben Italien unter allen Mitgliedsländern der Europäischen Union. Das Vertrauen in die europäische Währung auf den Finanzmärkten der Welt hat abgenommen, was wir in dem äußeren Wert des Euro zunehmend zur Kenntnis nehmen müssen. Und inzwischen muß der designierte Bundesbankpräsident schon ankündigen, wenn das mit der Euro-Schwäche als Folge des Vertrauensverlustes nicht zuletzt der deutschen Bundesregierung so weitergeht, sind Zinserhöhungen unvermeidlich. Gestern schon hat das Bundesfinanzministerium bekannt gegeben, daß die Rendite für Bundesanleihen nach oben gehoben wird. Das heißt, die Zinserhöhungstendenz ist bereits angelegt.
Sanders: Nun ist das ja im Moment keine einfache Zeit. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ist ganz eindeutig überlagert vom Kosovo-Krieg. Herr Schäuble, was hätte die Union denn anders gemacht an Stelle der Regierung?
Schäuble: Wir hätten zunächst einmal in Deutschland nicht solche Fehler in der Finanz- und Wirtschaftspolitik und der Sozialpolitik gemacht. Das hat auch mit Kosovo gar nichts zu tun. Wir hätten zweitens in der Vorbereitung auf die europäischen Räte in Berlin und in Köln in der Europäischen Union, im Europäischen Rat und in den Mitgliedsländern eine ernsthafte Debatte geführt, welche strukturellen Reformen in Europa notwendig und möglich sind. Statt dessen hat Bundeskanzler Schröder am Anfang des Jahres törichte, unsere Partner nur provozierende Reden gehalten, wo er angekündigt hat, jetzt sei Schluß damit, daß in Brüssel das Geld deutscher Steuerzahler verbraten werde. Das waren die Reden von Herrn Schröder, und mit solchen Erklärungen schafft man sich natürlich nicht die Bereitschaft bei den Partnern, ob die nun Blair oder Chirac heißen, sich auf vernünftige Regelungen zu einigen. Deswegen weniger großspurige Ankündigungen und dafür mehr solide Arbeit in der Sache der strukturellen Reform. Das wäre der Auftrag an die deutsche Präsidentschaft gewesen, und die Enttäuschung über die mangelnden strukturellen Reformen in der deutschen Präsidentschaft ist ja in Europa durchgreifend vorhanden. Sander: Auf der anderen Seite war es ja auch ein Anliegen der Union, einen gerechteren Lastenausgleich herzustellen.
Schäuble: Ja, aber eben nicht dadurch, daß man eine so oberflächliche, törichte Debatte führt. Die Engländer müssen mehr bezahlen, damit die Deutschen weniger bezahlen, so wie Herr Schröder das angefangen hat. Das kann ja nur schief gehen, weil die Ergebnisse nur einstimmig zu erzielen sind. Wenn man dem einen erst mal ins Gesicht kratzt, um dann anschließend zu sagen, er soll jetzt zustimmen, verbessert man die Chancen nicht, sondern um das zu erreichen, hätte man eben die Aufgaben-Erledigung in Europa strukturell in Angriff nehmen müssen. Deswegen haben wir gesagt, in der Agrarpolitik muß ja nicht Europa in der Einkommens- und Sozialpolitik für die Landwirte alles durch Brüssel gemacht werden; nehmt doch die Mitgliedsstaaten, die Regionen, bei uns die Bundesländer stärker in die Verantwortung und gebt ihnen mehr Spielraum. Genauso in der regionalen Strukturpolitik, so wie wir ja sagen, wir brauchen eine stärkere Dezentralisierung, eine bürgernähere Politik in Europa. Damit das in Europa wirklich erreicht wird, brauchen wir auch Regelungen in einem neuen Verfassungsvertrag, und das ist wichtiger, schwieriger als nur ein Grundrechtskatalog, den wir ja in der europäischen Menschenrechts-Charta seit 50 Jahren schon haben.
Sanders: Sie haben es ja gerade eben erwähnt. Es sind einstimmige Beschlüsse notwendig. Kann man vor diesem Hintergrund nicht sagen, daß Deutschland doch eine sehr gute Rolle gespielt hat im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft, gerade was den Sondergipfel in Berlin angeht, gerade was die Agrarreform angeht?
Schäuble: Nein. Man hat ja beispielsweise die Forderung nach Kofinanzierung als einen ersten Schritt auf eine klarere Aufgaben-Zuständigkeitsabschichtung in der Agrarpolitik schon drei Wochen vor Beginn des Berliner Gipfels aufgegeben, obwohl dafür schon eine Mehrheit im Europäischen Rat vorhanden war.
Sanders: Wie sollte denn solch eine Strukturreform der Europäischen Gemeinschaft aussehen?
Schäuble: Indem wir regeln, daß aus Brüssel nur die Dinge gemacht werden, die nur aus Brüssel gemacht werden können: in der Außen- und Sicherheitspolitik, in der inneren Sicherheit, Verbrechensbekämpfung, Wanderungsbewegungen, für den einheitlichen Wirtschaftsmarkt und für die stabile Währung brauchen wir Europa. Aber für viele andere Dinge brauchen wir eher weniger Europa, deswegen mehr Dezentralisierung. Warum muß mit der Gießkanne nach einem festen Schlüssel aus Brüssel überall in Europa Regionalförderung betrieben werden. Es wäre besser, man würde die Förderkulisse zurücknehmen, aber den Mitgliedstaaten oder bei uns den Bundesländern einen größeren Spielraum zu eigenverantwortlicher Regionalpolitik geben. Damit haben wir ja in Deutschland in unserem förderalen System in 50 Jahren die besseren Erfahrungen gemacht, von den Kommunen her, von der kommunalen Selbstverwaltung über die Zuständigkeit der Bundesländer den Bund nur machen zu lassen, was eben die Länder oder die Regionen selbst nicht regeln können.
Sanders: Herr Schäuble, wenn Sie auf der einen Seite sagen, weniger Macht nach Brüssel, mehr wieder in die einzelnen Länder, und damit dann auch weniger Förderung verbinden, glauben Sie wirklich, daß das ein Land mitmachen würde?
Schäuble: Ganz sicher! Wir wollen ein starkes Europa mit effizienteren Entscheidungen. Deswegen auch die institutionellen Reformen, die in Köln nicht zustandegebracht werden, damit wir auch schrittweise vom Einstimmigkeitsprinzip wegkommen. Aber wir wollen eben nicht in Europa unter bürokratischen Regelungen ersticken, wo dann am Ende keiner mehr weiß, wer entscheidet eigentlich was. Wir haben ja die Debatte erlebt, die zum Rücktritt der Europäischen Kommission geführt hat. Der Grund ist doch, die Kommission hat ja selber gesagt, sie habe die Kontrolle über ihre Ausgabenprogramme verloren, sie könne die politische Verantwortung nicht tragen. Das ist ja das allerschlimmste. Wenn zu viel mit Mißzuständigkeiten und mit bürokratischen Regelungen aus Brüssel heraus einheitliche Regelungen in Europa geschaffen werden sollen, dann ist das Ergebnis zu wenig Klarheit, zu wenig demokratische Kontrolle und zu viel Bürokratie. Das ist der falsche Weg, und denn will eigentlich niemand in Europa.
Sanders: Herr Schäuble, am 13. Juni wird ein Europäisches Parlament gewählt. Sie sind viel auf Wahlkampfveranstaltungen. Was haben Sie für ein Gefühl in Deutschland? Sind die Leute an diesem Tag interessiert?
Schäuble: Ich hoffe sehr, aber es ist eine intensive Arbeit. Natürlich ist das Interesse an den Europawahlen nicht bei allen Menschen so groß wie beispielsweise bei den Bundestagswahlen. Trotzdem tun wir, was wir können, und ich hoffe doch auch, daß die meisten unserer Mitbürger begreifen, Europa wird immer wichtiger für jeden von uns. Ob es den Menschen immer gefällt oder nicht, ist eine ganz andere Frage. Wir brauchen aber Europa. Es bestimmt unsere Zukunft. Wir brauchen ein starkes Parlament, und das Parlament wird um so stärker sein, je größer die Wahlbeteiligung ist.
Sanders: Der CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble hier bei uns im Deutschlandfunk in den Informationen am Morgen.
Sanders: Macht es nicht Sinn, daß in die Thematik Beschäftigungspolitik auch auf europäischer Ebene eingegangen wird, daß es dort verpflichtende, verbindliche Ziele gibt, die man nachprüfen kann?
Schäuble: Doch, dagegen ist gar nichts einzuwenden. Nur offensichtlich soll es ja die verpflichtenden und verbindlichen Ziele auf dem Kölner Gipfel gar nicht geben, sondern es soll jetzt wieder eine neue Runde auf europäischer Ebene eingerichtet werden. Auch dagegen ist gar nichts zu sagen, außer daß es immer Alibi-Veranstaltungen sind, Ausreden dafür, daß nichts geschieht. Schauen Sie, in Deutschland ist ein paar Monate immer über ein Bündnis für Arbeit geredet worden und man konnte fast nichts anderes mehr hören. Jetzt erleben wir: die wirtschaftliche Entwicklung ist durch das Steuerchaos und durch falsche Sozialgesetze seit Monaten, Monat für Monat schlechter geworden. Wir haben inzwischen das geringste Wachstum neben Italien unter allen Mitgliedsländern der Europäischen Union. Das Vertrauen in die europäische Währung auf den Finanzmärkten der Welt hat abgenommen, was wir in dem äußeren Wert des Euro zunehmend zur Kenntnis nehmen müssen. Und inzwischen muß der designierte Bundesbankpräsident schon ankündigen, wenn das mit der Euro-Schwäche als Folge des Vertrauensverlustes nicht zuletzt der deutschen Bundesregierung so weitergeht, sind Zinserhöhungen unvermeidlich. Gestern schon hat das Bundesfinanzministerium bekannt gegeben, daß die Rendite für Bundesanleihen nach oben gehoben wird. Das heißt, die Zinserhöhungstendenz ist bereits angelegt.
Sanders: Nun ist das ja im Moment keine einfache Zeit. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ist ganz eindeutig überlagert vom Kosovo-Krieg. Herr Schäuble, was hätte die Union denn anders gemacht an Stelle der Regierung?
Schäuble: Wir hätten zunächst einmal in Deutschland nicht solche Fehler in der Finanz- und Wirtschaftspolitik und der Sozialpolitik gemacht. Das hat auch mit Kosovo gar nichts zu tun. Wir hätten zweitens in der Vorbereitung auf die europäischen Räte in Berlin und in Köln in der Europäischen Union, im Europäischen Rat und in den Mitgliedsländern eine ernsthafte Debatte geführt, welche strukturellen Reformen in Europa notwendig und möglich sind. Statt dessen hat Bundeskanzler Schröder am Anfang des Jahres törichte, unsere Partner nur provozierende Reden gehalten, wo er angekündigt hat, jetzt sei Schluß damit, daß in Brüssel das Geld deutscher Steuerzahler verbraten werde. Das waren die Reden von Herrn Schröder, und mit solchen Erklärungen schafft man sich natürlich nicht die Bereitschaft bei den Partnern, ob die nun Blair oder Chirac heißen, sich auf vernünftige Regelungen zu einigen. Deswegen weniger großspurige Ankündigungen und dafür mehr solide Arbeit in der Sache der strukturellen Reform. Das wäre der Auftrag an die deutsche Präsidentschaft gewesen, und die Enttäuschung über die mangelnden strukturellen Reformen in der deutschen Präsidentschaft ist ja in Europa durchgreifend vorhanden. Sander: Auf der anderen Seite war es ja auch ein Anliegen der Union, einen gerechteren Lastenausgleich herzustellen.
Schäuble: Ja, aber eben nicht dadurch, daß man eine so oberflächliche, törichte Debatte führt. Die Engländer müssen mehr bezahlen, damit die Deutschen weniger bezahlen, so wie Herr Schröder das angefangen hat. Das kann ja nur schief gehen, weil die Ergebnisse nur einstimmig zu erzielen sind. Wenn man dem einen erst mal ins Gesicht kratzt, um dann anschließend zu sagen, er soll jetzt zustimmen, verbessert man die Chancen nicht, sondern um das zu erreichen, hätte man eben die Aufgaben-Erledigung in Europa strukturell in Angriff nehmen müssen. Deswegen haben wir gesagt, in der Agrarpolitik muß ja nicht Europa in der Einkommens- und Sozialpolitik für die Landwirte alles durch Brüssel gemacht werden; nehmt doch die Mitgliedsstaaten, die Regionen, bei uns die Bundesländer stärker in die Verantwortung und gebt ihnen mehr Spielraum. Genauso in der regionalen Strukturpolitik, so wie wir ja sagen, wir brauchen eine stärkere Dezentralisierung, eine bürgernähere Politik in Europa. Damit das in Europa wirklich erreicht wird, brauchen wir auch Regelungen in einem neuen Verfassungsvertrag, und das ist wichtiger, schwieriger als nur ein Grundrechtskatalog, den wir ja in der europäischen Menschenrechts-Charta seit 50 Jahren schon haben.
Sanders: Sie haben es ja gerade eben erwähnt. Es sind einstimmige Beschlüsse notwendig. Kann man vor diesem Hintergrund nicht sagen, daß Deutschland doch eine sehr gute Rolle gespielt hat im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft, gerade was den Sondergipfel in Berlin angeht, gerade was die Agrarreform angeht?
Schäuble: Nein. Man hat ja beispielsweise die Forderung nach Kofinanzierung als einen ersten Schritt auf eine klarere Aufgaben-Zuständigkeitsabschichtung in der Agrarpolitik schon drei Wochen vor Beginn des Berliner Gipfels aufgegeben, obwohl dafür schon eine Mehrheit im Europäischen Rat vorhanden war.
Sanders: Wie sollte denn solch eine Strukturreform der Europäischen Gemeinschaft aussehen?
Schäuble: Indem wir regeln, daß aus Brüssel nur die Dinge gemacht werden, die nur aus Brüssel gemacht werden können: in der Außen- und Sicherheitspolitik, in der inneren Sicherheit, Verbrechensbekämpfung, Wanderungsbewegungen, für den einheitlichen Wirtschaftsmarkt und für die stabile Währung brauchen wir Europa. Aber für viele andere Dinge brauchen wir eher weniger Europa, deswegen mehr Dezentralisierung. Warum muß mit der Gießkanne nach einem festen Schlüssel aus Brüssel überall in Europa Regionalförderung betrieben werden. Es wäre besser, man würde die Förderkulisse zurücknehmen, aber den Mitgliedstaaten oder bei uns den Bundesländern einen größeren Spielraum zu eigenverantwortlicher Regionalpolitik geben. Damit haben wir ja in Deutschland in unserem förderalen System in 50 Jahren die besseren Erfahrungen gemacht, von den Kommunen her, von der kommunalen Selbstverwaltung über die Zuständigkeit der Bundesländer den Bund nur machen zu lassen, was eben die Länder oder die Regionen selbst nicht regeln können.
Sanders: Herr Schäuble, wenn Sie auf der einen Seite sagen, weniger Macht nach Brüssel, mehr wieder in die einzelnen Länder, und damit dann auch weniger Förderung verbinden, glauben Sie wirklich, daß das ein Land mitmachen würde?
Schäuble: Ganz sicher! Wir wollen ein starkes Europa mit effizienteren Entscheidungen. Deswegen auch die institutionellen Reformen, die in Köln nicht zustandegebracht werden, damit wir auch schrittweise vom Einstimmigkeitsprinzip wegkommen. Aber wir wollen eben nicht in Europa unter bürokratischen Regelungen ersticken, wo dann am Ende keiner mehr weiß, wer entscheidet eigentlich was. Wir haben ja die Debatte erlebt, die zum Rücktritt der Europäischen Kommission geführt hat. Der Grund ist doch, die Kommission hat ja selber gesagt, sie habe die Kontrolle über ihre Ausgabenprogramme verloren, sie könne die politische Verantwortung nicht tragen. Das ist ja das allerschlimmste. Wenn zu viel mit Mißzuständigkeiten und mit bürokratischen Regelungen aus Brüssel heraus einheitliche Regelungen in Europa geschaffen werden sollen, dann ist das Ergebnis zu wenig Klarheit, zu wenig demokratische Kontrolle und zu viel Bürokratie. Das ist der falsche Weg, und denn will eigentlich niemand in Europa.
Sanders: Herr Schäuble, am 13. Juni wird ein Europäisches Parlament gewählt. Sie sind viel auf Wahlkampfveranstaltungen. Was haben Sie für ein Gefühl in Deutschland? Sind die Leute an diesem Tag interessiert?
Schäuble: Ich hoffe sehr, aber es ist eine intensive Arbeit. Natürlich ist das Interesse an den Europawahlen nicht bei allen Menschen so groß wie beispielsweise bei den Bundestagswahlen. Trotzdem tun wir, was wir können, und ich hoffe doch auch, daß die meisten unserer Mitbürger begreifen, Europa wird immer wichtiger für jeden von uns. Ob es den Menschen immer gefällt oder nicht, ist eine ganz andere Frage. Wir brauchen aber Europa. Es bestimmt unsere Zukunft. Wir brauchen ein starkes Parlament, und das Parlament wird um so stärker sein, je größer die Wahlbeteiligung ist.
Sanders: Der CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble hier bei uns im Deutschlandfunk in den Informationen am Morgen.