Archiv


Deutsche Sportangler aus Ost und West vor der Vereinigung

Bei der Präsentation der Äsche, dem Fisch des Jahres 2011, haben sie schon einmal geprobt, wie es denn gemeinsam gehen kann. Der Deutsche Anglerverband (DAV) aus der ehemaligen DDR und seine 170.000 Mitglieder mit dem Verband Deutscher Sportfischer (VDSF) aus dem Westen, der mit 650.000 Mitgliedern wesentlich stärker ist. Denn in Deutschland wird auch nach über 21 Jahren Wiedervereinigung immer noch getrennt voneinander geangelt. Und das, obwohl beide Bundesverbände ihre Sportler sowohl im Osten als auch im Westen haben. Warum das immer noch so ist, können selbst altgediente Funktionäre nicht so richtig erklären. Eberhard Weichenhan ist Präsident des Landesverbandes Brandenburg im DAV-Ost:

Von Thorsten Poppe |
    "Es ist zur Wendezeit, ich sage es mal ganz flapsig, auch ein bisschen dumm gelaufen. Da waren die Ängste der DAV-Mitglieder nachvollziehbar. Wir haben ja mit der Wende in der ehemaligen DDR an vielen Stellen nicht die besten Erfahrungen gemacht. Da wurden ja gut laufende Betriebe und Existenzen regelrecht platt gemacht. Und die Ängste und die Enttäuschungen, die da entstanden sind, haben sich natürlich fortgesetzt, bei dem Gedanken eines einheitlichen Verbandes. Jetzt werden wir vereinnahmt, jetzt werden wir über den Tisch gezogen."

    Dieses Gefühl des "Über den Tisch gezogen Werdens" ließ auch die zweiten Fusionsgespräche platzen. Drei Jahre wurde verhandelt, jeweils sechs Vertreter beider Verbände erarbeiteten die neue Satzung. Erste Vereinbarungen wurden beidseits schon unterschrieben. Doch dann stockten plötzlich im Frühjahr 2011 die Verhandlungen. Der Grund dafür waren gezielte Indiskretionen aus den Reihen des DAV, die die bisherigen Ergebnisse torpedieren sollten. Mit Erfolg, wie der Präsident des Verbandes Deutscher Sportfischer Peter Mohnert zu berichten weiß:

    "Dann fingen leider einige Wenige an, die Ergebnisse der Zwölferkommission immer wieder in Zweifel zu ziehen. Zu sagen, ah das war so nicht gemeint, obwohl die Unterschrift drunter steht. Und es gab dann auch Diffamierungen von Einzelpersonen. Das hat mich geärgert. Und da haben wir die Gespräche abgebrochen. Schlicht und ergreifend."

    Peter Mohnert kennt die ganze Geschichte aller Fusionsverhandlungen der zwei Anglerverbände. Er war schon kurz nach der Wende mit dabei, als sie zum ersten Mal scheiterten. Damals noch im Ost-Verband DAV, wo er als Vizepräsident agierte. Nach dem erstmaligen Scheitern damals, wechselte er in den Westen zum VDSF. Er kennt demnach beide Seiten. Und wollte schon vor über 20 Jahren mit seinem Wechsel von Ost nach West zeigen, wie wichtig für ihn die Wiedervereinigung im Angeln ist. Die Angst, dass der Westen den Osten schlucken wird, ist für ihn nur vorgeschoben:

    "Das sitzt todsicher in vielen Köpfen drin, ist aber eigentlich völlig unsinnig. Alles, was die Verbände haben, gehört den Landesverbänden, dem Bundesverband gehört nichts. Er hat weder Gewässer, er hat keine Immobilien, der hat keine Fischereirechte, der hat gar nichts. Der organisiert die Arbeit in Berlin und in Bonn, weil dort noch viel passiert, und in Brüssel, und das ist es. Alles andere passiert in den Landesverbänden. Es kann niemanden etwas weggenommen werden, weil die Landesverbände weiterhin bestehen."

    Die Verhandlungen kurz nach der Wende seien, so sagt er, vor allem aus einem Grund gescheitert. Der VDSF habe damals die Zukunft der hauptamtlichen DAV-Mitarbeiter nicht abgesichert, konsequenterweise brach die Ost-Seite die Gespräche ab. Die alten Ängste kehrten dann 2011 zurück, als die Vereinigung auf Wiedervorlage kam.

    Doch auch auf Initiative des Brandenburgers Eberhard Weichenhan sind vor Wochen wieder alle an den Verhandlungstisch zurückgekehrt, zum dritten Mal. Sein Wort hat Gewicht, schließlich kommt fast die Hälfte der Mitglieder im DAV allein aus Brandenburg.

    Ohne sie wäre der Ost-Verband aufgeschmissen. Somit erzeugt Eberhard Weichenhan erheblichen Druck auf die Fusionsgegner in seinem Verband:

    "Wenn man sieht, dass Fischereipolitik vielmehr in Brüssel gemacht wird als in Deutschland. Wenn man sieht, dass Fangquoten für den Aal und für den Dorsch im Raum stehen, dann wird klar, dass die Angler in Deutschland mit einer Stimme sprechen müssen. Das werden dann knapp eine Millionen sein. Dann wird auch unser Gewicht dort in Brüssel erheblich größer werden."

    Gegenüber der Politik mit einer Stimme sprechen, dies ist auch das Ziel von Peter Mohnert. Dass dabei sein Verband aus dem Westen federführend ist, erscheint nur logisch. Denn der besitzt nicht nur mehr Mitglieder, sondern ist im Gegensatz zum DAV auch als Naturschutz- und Umweltverband anerkannt. Ein nochmaliges Scheitern der Fusion im dritten Anlauf würde den deutschen Angelsport wohl endgültig zerreißen.

    "Man hat viel zu viel auf diese Geschichte verwendet. Wir haben so viele andere Sachthemen. Wir haben zu kämpfen an vier oder fünf Fronten. Da muss man sich mit so etwas abgeben. Nur weil ein paar Leute nicht nachdenken. Das macht mich verrückt."

    Es gibt noch viele Hürden zu meistern. Die erste in knapp einer Woche, wenn der DAV über die neue Satzung abstimmen wird. Eine Niederlage der Befürworter hätte erhebliche Konsequenzen. Dann würde Eberhard Weichenhan wohl mit seinen Brandenburgern und den beiden westlichen Landesverbänden Bayern und Thüringen erst einmal alleine den Deutschen Anglerfischer-Verband gründen. Dann hätte Deutschland statt einem insgesamt drei Angel-Sportverbände.