"Es entspricht der konstruktiven, auf Frieden, Sicherheit, Entspannung und Zusammenarbeit gerichteten Politik der Deutschen Demokratischen Republik",
erklärte der DDR-Verhandlungsführer und stellvertretende Außenminister, Kurt Nier, am 14. März 1974 nach der Unterzeichnung des Protokolls über die Einrichtung der Ständigen Vertretungen in der DDR und der Bundesrepublik.
"Wir werten das vorliegende Ergebnis als einen Ausdruck dafür, dass bei beiderseitigem guten Willen Resultate erzielt werden können, die für alle Beteiligten von großer Bedeutung sind."
Der Verhandlungsleiter der Bundesrepublik Deutschland, Günter Gaus, fügte hinzu:
"Wir begrüßen - ebenso wie das Herr Nier tut - die Unterzeichnung dieses Protokolls. Wir haben dazu keine förmliche Erklärung abzugeben, weil dieses nicht der Abschluss eines Abkommens ist, sondern Ausfluss eines Abkommens, das es schon gibt, des Grundlagenvertrages."
"Die praktischen Fragen [,,,] werden zusätzlich geregelt."
In Artikel 8 des Grundlagenvertrages war auch festgelegt worden, dass die "praktischen Fragen", die mit der Einrichtung der Vertretungen zusammenhingen, zusätzlich geregelt würden.
Mit der Bezeichnung "Ständige Vertretung" hatte sich die Bundesregierung durchgesetzt. Damit sollte demonstriert werden, dass es sich nicht um die Aufnahme diplomatischer Beziehungen handelte, denn die DDR sei kein Ausland.
Einige Monate nach der Unterzeichnung nahmen die Leiter der Ständigen Vertretungen ihre Arbeit auf: Günter Gaus mit seinen rund 90 Mitarbeitern in der Ost-Berliner Hannoverschen Straße, Michael Kohl mit seinem etwa gleich großen Mitarbeiterstab in der Godesberger Allee in Bonn.
1:0 für Deutschland
Der erste offizielle Empfang dort fand zu Ehren der DDR-Fußball-Nationalmannschaft statt. Es galt, den Sieg der DDR-Mannschaft über die Nationalmannschaft der Bundesrepublik zu feiern. Michael Kohl auf die Frage des DDR-Reporters über das Zusammentreffen der Ereignisse, einerseits der Fußballsieg, andererseits die Eröffnung der Ständigen Vertretung:
"Auf der einen Seite sieht es aus wie ein Zufall, auf der anderen Seite ist es eigentlich aber auch kein Zufall, denn es ist auf beiden Gebieten das Ergebnis zielstrebiger Aufbauarbeit."
Ein Jahr nach der Eröffnung der beiden Ständigen Vertretungen zählte Günter Gaus eine Reihe von Erfolgen seiner Ständigen Vertretung auf: So sei eine Vereinbarung über die Verbesserung der Verkehrswege zwischen der Bundesrepublik und West-Berlin getroffen worden und in den ersten vier Monaten des Jahres 1975 seien fast eine Million West-Berliner nach Ost-Berlin oder in die DDR gereist. Und:
"Bei der Rechtsschutztätigkeit kann ich Ihnen sagen, dass wir in dem Jahr seit Eröffnung der Kanzlei der Ständigen Vertretung knapp 7.000 Rechtsschutzfälle bearbeitet haben, darunter auch die Betreuung von 300 Westdeutschen und West-Berlinern, die in DDR-Gefängnissen als Untersuchungshäftlinge oder als strafverbüßende Häftlinge einsitzen. Die anderen Rechtsschutztätigkeiten erstrecken sich auf Probleme des Reiseverkehrs. Dann geht es darum, bei Erbschaftsangelegenheiten zwischen den beiden Staaten vermitteln zu helfen, es geht um das Beschaffen von Unterlagen aus der DDR, von Dokumenten, die Leute in Westdeutschland brauchen."
Vorübergehend geschlossen
Über viele Jahre war die Ständige Vertretung in Ost-Berlin auch eine Anlaufstelle für DDR-Bürger, die das Land verlassen wollten. Nicht zuletzt durch die Berichterstattung der West-Medien drängten im Sommer 1984 immer mehr zur Ausreise Entschlossene in die Ständige Vertretung und weigerten sich, das Gebäude wieder zu verlassen. Die Vertretung musste schließen. Kanzleramtsminister Philipp Jenninger in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.
"Wir müssen um Verständnis dafür bitten, dass wir kein Hotel sind, in dem unentwegt Bürger der DDR übernachten können, aber wir wollen sie selbstverständlich nicht mit Zwang auf die Straße setzen, dies ist für uns klar."
Nach wochenlangen Verhandlungen konnte erreicht werden, dass die Besetzer das Haus in der Hannoverschen Straße verließen, um - die meisten an ihren Heimatorten - auf die Genehmigung ihrer Übersiedlungsanträge zu warten.
Ähnliches wiederholte sich im August 1989. Wieder schloss die Ständige Vertretung in Ost-Berlin vorübergehend. Damals ahnte noch niemand, dass rund ein Jahr später, am 2. Oktober 1990, die letzten Leiter der Ständigen Vertretungen in Berlin und Bonn ihre Häuser schließen würden - für immer.