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Deutsche Wirtschaft verliert an Schwung

Das Wachstum in Deutschland verlangsamt sich. Im dritten Quartal hat die Wirtschaft nur noch um 0,3 Prozent zugelegt. Auch der vielfach kritisierte Export steht wackeliger da. Stark gebremst ist auch die Konjunktur in Frankreich.

Von Brigitte Scholtes |
    Die deutsche Wirtschaft ist zwischen Juli und September etwas langsamer gewachsen. Sie legte nur noch um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal zu, während im zweiten Vierteljahr das Bruttoinlandsprodukt noch um 0,7 Prozent gestiegen war. Im Frühjahr aber hatte das an Nachholeffekten gelegen. Die Impulse kamen im Sommer weniger vom Export, sondern vor allem von den Investitionen und vom Konsum im Inland. Andreas Scheuerle, Volkswirt der Dekabank, meint:

    "Ich glaube, dass der öffentliche Konsum merklich dazu beigetragen haben dürfte - wenn man Schelm ist, dann fällt einem ein, dass Bundestagswahlen waren; dder private Konsum dürfte nicht allzu viel dazu beigesteuert haben. Denn bislang jedenfalls sind die Umsätze der Einzelhändler, aber auch Pkw-Zulassungen schwach gewesen in Deutschland. Bei den Investitionen wird weniger stark als im zweiten Quartal investiert, zumindest bei Ausrüstungen, aber der Bau kann kräftig auch weiter zulegen."

    Die Exporte aber hätten wenig Dynamik gezeigt, meint das Statistische Bundesamt in seiner vorläufigen Schätzung der Wirtschaftsleistung im dritten Quartal. Denn die Einfuhren legten stärker zu als die Ausfuhren. Eigentlich verwunderlich, hatte es doch erst im September einen Rekord beim Leistungsbilanzüberschuss gegeben. Und Deutschland steht international in der Kritik, weil es angeblich mit seiner Exportstärke die Krisenländer Europas schwäche. Das aber sei nicht so, verteidigte gestern noch Bundesbankpräsident Jens Weidmann das deutsche Modell:

    "Die steigende Nachfrage nach deutschen Produkten kommt vor allem aus Drittstaaten. Und diese Exporte stabilisieren die Partnerländer auch aus dem Euroraum über eine höhere deutsche Importnachfrage."

    Diese Wirkung zeigt sich schon bei den meisten Krisenländern im Euroraum, sie erholten sich leicht - bis auf Italien, dessen Wirtschaft um 0,1 Prozent schrumpfte, genauso wie die von Frankreich. Damit aber hatten die Auguren nach dem Plus um 0,5 Prozent im Frühjahr nicht gerechnet. Andreas Scheuerle von der Dekabank:

    "Im dritten Quartal zumindest, muss man sagen, hat Frankreich wirklich enttäuscht, nicht nur von der Wachstumshöhe - oder genauer gesagt es ging zurück mit der Wirtschaftsleistung in Frankreich – sondern auch von der Zusammensetzung her. Es waren nur Konsum und Lagerinvestitionen, die das Wachstum beflügelten, während Investitionen und auch der Außenbeitrag das Wachstum bremsten."

    In Deutschland aber dürfte es in den nächsten Monaten weiter aufwärts gehen, glaubt Volkswirt Scheuerle:

    "Deutschland kann auf eine robuste Binnennachfrage bauen. Der Konsum wird stark bleiben, die Investitionen werden anziehen, und zwar umso stärker, je mehr die Unsicherheit, die von der Schuldenkrise ausgeht, abklingt. Und auch die Exporte haben das Zeug, wieder stärker zu wachsen und damit ein paar Wachstumsimpulse zu setzen."

    Und dann dürfte auch wieder über die Exportüberschüsse gestritten werden. Dass die EU-Kommission nun ein Verfahren eingeleitet hat, liegt einfach daran, dass es bestimmte Schwellenwerte im Stabilitäts- und Wachstumspakt gibt, bei deren Überschreiten sie aktiv werden muss.