Sonntag, 05. Mai 2024

Archiv

Deutscher Buchpreis
"Eine PR-Aktion für den deutschen Roman"

Am heutigen Abend wird in Frankfurt der Deutsche Buchpreis verliehen. DLF-Literaturkritiker Hubert Winkels verrät im Kollegengespräch die Favoriten. In diesem Jahr sei die Auswahl der sechs Bücher jedoch nicht besonders gut gelungen.

Hubert Winkels im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann | 17.10.2016
    Das sind die Bücher der Shortlist 2016.
    Das sind die Bücher der Shortlist 2016. (Deutscher Buchpreis)
    Der Deutsche Buchpreis biete eine gute Möglichkeit, deutschsprachiger Literatur im Ausland zu mehr Anerkennung zu verhelfen. Allerdings sei das Auswahlverfahren relativ kompliziert. Allein für die Auswahl der siebenköpfigen Jury habe der Börsenverein des Deutschen Buchhandels eine eigene Akademie gegründet. Dieser Aufwand sei "ein bisschen albern".
    Das Wettbewerbsverfahren sei nicht bei allen Autoren beliebt. "Die klassische Rummel- und Wettbewerbssituation behagt vielen Autoren nicht." Das sei aber eigentlich der Sinn des Deutschen Buchpreises: "Es ist eine PR-Aktion für den deutschen Roman".
    Favoriten: Thomas Melle und Bodo Kirchhoff
    In diesem Jahr sei die Auswahl der sechs Bücher jedoch nicht besonders gut gelungen. Darunter seien die Bücher von Thomas Melle, André Kubiczeck, Bodo Kirchhoff, Reinhard Kaiser-Mühlecker, Eva Schmidt und Philipp Winkler, so Winkels.
    Zu den Favoriten zählten in diesem Jahr die Werke von Thomas Melle und Bodo Kirchhoff. Melles Roman "Die Welt im Rücken" über seine Erfahrungen mit bipolaren Störungen sei der "intensivste und rasanteste Text", sagte Winkels. Man könne sich der Konfrontation mit dem ausbrechenden Wahnsinn kaum entziehen.
    Das genaue Gegenteil davon sei der Roman "Widerfahrnis" von Bodo Kirchhoff. Er verfüge über besondere stilistische Bravour und Gewandtheit. Die nahezu idyllisch erzählte Geschichte über gestrandete Flüchtlinge auf Sizilien bewertet Winkels jedoch kritisch. "Ob man so mit Flüchtlingsschicksalen in Romanen umgeht, ist sicherlich auch eine Diskussion, die die Jury auch geführt haben wird."
    Das vollständige Gespräch können Sie mindestens sechs Monate nachhören.