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Deutscher Karikaturenpreis 2014
"Eine Menge Zeichnungen zu sichten"

Am kommenden Sonntag wird im Dresdner Schauspielhaus der mit 10.000 Euro dotierte Deutsche Karikaturenpreis vergeben. Im Jahr 2000 ins Leben gerufen, feiert die Auszeichnung nun einen runden Geburtstag. Auch das Netz sei mittlerweile zu einer Präsentationsfläche für viele Karikaturisten geworden, sagte Jurymitglied Adalbert Siniawski im DLF.

Jurymitglied Adalbert Siniawski im Kollegengespräch mit Susanne Luerweg | 07.11.2014
    Logo des Deutschen Karikaturpreises
    Auch in diesem Jahr werden Karikaturen mit dem "Gelügelten Schreibstift" ausgezeichnet. (Deutscher Karikaturpreis )
    Susanne Luerweg: Man könnte den Eindruck haben, dass der Deutsche Karikaturenpreis schon immer da war - so fühlt es sich zumindest an - doch ins Leben gerufen wurde diese Auszeichnung erst im Jahr 2000, und zwar von der Sächsischen Zeitung. Schnell hat sich der „Geflügelte Bleistift" in Gold, Silber und Bronze aber zu einer der bedeutendsten Ehrungen im deutschsprachigen Raum entwickelt. Bei der Vergabe am kommenden Sonntag in Dresden wird nunmehr das 15. Jubiläum gefeiert - und natürlich die Sieger der Plätze eins bis drei für die besten Karikaturen dieses Jahres! Eine Bedingung musste erfüllt sein, und zwar eine passende Zeichnung zu dem diesjährigen Motto - das lautete: "Wie krank ist das denn?!" Der Deutschlandfunk ist seit längerer Zeit Medienpartner des mit 10.000 Euro dotierten Deutschen Karikaturenpreises - und mein Corso-Kollege Adalbert Siniawski, der saß in diesem Jahr in der Jury. Hallo, schönen guten Tag.
    Adalbert Siniawski: Schönen guten Tag.
    Susanne Luerweg: Herr Siniawski - War es eine heftige Diskussion in der Jury, oder wie schwer fiel ist die Auswahl in diesem Jahr?
    Siniawski: Also, ganz leicht war es nicht: allein schon wegen der Zahl der eingereichten Karikaturen! Denn in diesem Jahr wurde nämlich ein Rekord gebrochen. Es wurden insgesamt knapp 1.000 Karikaturen eingereicht - und so viele gab es tatsächlich noch nie! Und mitgemacht haben in diesem Jahr mehr als 210 Zeichner aus dem deutschsprachigen Raum, also auch Österreich und der Schweiz. Für die Jury also eine Menge Zeichnungen zu sichten - wobei es ja durchaus drögere Jury-Aufgaben gibt, als beim Dt. Karikaturenpreis den Job zu machen. Aber: Trotz dieser Rekordzahl hat sich schon nach den ersten geheimen Wahlen der Favoriten eine kleine Gruppe der, sage ich mal, 20 besten Karikaturen herauskristallisiert. Und nach einer, ja, durchaus hitzigen Diskussion in der Jury und einer finalen Abstimmung standen dann doch recht schnell die drei Sieger fest.
    Luerweg: Die dürfen wir nicht nennen vor der offiziellen Bekanntgabe am Sonntag, aber vielleicht können Sie ja mal verraten, was waren denn ihre Favoriten oder, was hat Ihnen am besten gefallen?
    Siniawski: Ja, also da sind mir vor allem zwei Karikaturen in Erinnerung geblieben. Unter den besten zehn war zum Beispiel ein Karikaturist, der schon seit mehreren Jahren Bücher mit seinen Zeichnungen herausgibt, aber allgemein noch nicht so sehr bekannt ist: Denis Metz alias Schnabulak - 2012 hat er schon den Publikumspreis in diesem Wettbewerb bekommen und dieses Jahr hat er eine Arztszene zeichnet. Also, Arzt steht neben dem Patienten, er hat seine Hände gefaltet und nennt die Diagnose: "Lassen Sie es mich mal so ausdrücken: Der Unterschied zwischen uns beiden ist - ich habe einen bösartigen Humor, punkt-punkt-punkt" - also eine Karikatur für die Anhänger des Wortwitzes! Oder unter den Top Ten waren natürlich neben den "alten Hasen der Szene", wie etwa Rudi Hurzlmeier, auch die jungen und schon bekannten Zeichner, wie etwa Elias Hauck und Dominik Bauer - man kennt sie zum Beispiel aus der Reihe „Am Rande der Gesellschaft" in „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", und 2010 haben sie den Deutschen Karikaturenpreis in Silber bekommen. Und in diesem Jahr haben sie eine Zeichnung, und zwar: Ein besorgtes Elternpaar sitzt beim Kinderpsychologen, es wartet auch auf eine Diagnose und der Psychologe sagt: "Nun, ihr Kind ist nicht hochbegabt. Sie sind nur beide sehr, sehr dumm."
    Luerweg: Wie war denninsgesamt die Qualität der Arbeiten, das klingt ja alles schon sehr schön?
    Siniawski: Also eigentlich gab es da keine großen Diskussionen, welche Zeichnung weiterkommen soll, es hat sich dann schnell gezeigt, wer die Favoriten sind. Und was die Kriterien anbelangt, war folgendes wichtig: Das Thema musste sich, wie gesagt, widerspiegeln in dem Bild. Zweitens: Die Idee musste originell sein. Drittens war uns wichtig, dass der Witz verständlich und treffsicher ist - also: Die Pointer muss sitzen. Und natürlich spielt auch die zeichnerische Qualität eine Rolle.
    Luerweg: Und wie steht es generell um die Zukunft der Karikatur? Also es ist vor Kurzem bekannt geworden, dass die „Frankfurter Allgemeine" ihre Karikaturen einstellen wird. Das ist wahrscheinlich nicht die erste und nicht die letzte Zeitung, die diese Maßnahmen treffen wird?
    Siniawski: Ja, leider muss man sagen. Wobei: Es ging in diesem Fall nicht um Karikaturen, sondern um die Comics, die seit 14 Jahren in der Zeitung abgedruckt werden – gestern ist die letzte Folge von Reinhard Kleists Comic "Der Traum von Olympia" erscheinen - aus Kostengründen, wird dann natürlich immer gesagt. Denn: Hintergrund ist die Zeitungskrise. Wobei man sagen muss: Was die Karikaturen angeht, muss man unterscheiden zwischen den unterhaltsamen Cartoons bei den Zeitschriften, die gehen immer noch ganz gut, da ist es nicht so schlimm. Aber bei den politischen Karikaturen in den Tageszeitungen, die haben es wirklich schwerer. Dazu kommt noch, dass Blätter eingestellt, oder Lokalblätter, die immer wieder Karikaturen veröffentlichen, die übernehmen einfach Mantel-Ausgabe der angeschlossenen Blätter und dadurch gibt es halt weniger Spielflächen für die Karikaturisten. Und eine Zahl habe ich gefunden: Im Bereich der politischen Karikatur können in Deutschland eigentlich nur so 20 hauptberufliche Autoren wirklich von ihrer Arbeit leben! - das ist doch weniger, als gedacht.
    Luerweg: Hat die Karikatur eine Zukunft im Netz? Kann die sich woanders hin verlagern, wenn es in den Zeitungen nicht mehr funktioniert?
    Siniawski: Ja, das Netz ist wirklich eine Art von Präsentationsfläche für viele Karikaturisten. Dort erscheinen sie dann allerdings kostenlos, das ist natürlich dann ein Manko. Der Deutschlandfunk hat übrigens als Radiosender in diesem Sommer gegen den Trend gehandelt, hat eine Spielweise im Netz geschaffen, nämlich die "Karikatur der Woche" von Berndt A. Skott und Heiko Sakurai - das war so ein interessanter Testballon. Aber das Internet ist schon, sagen wir mal, zumindest so eine Art Spielwiese.
    Luerweg: Kommen wir zurück zum Deutschen Karikaturenpreis 2014, kurz zum Schluss: Was genau wird uns am Sonntag erwarten?
    Siniawski: Verleihung natürlich, am Sonntag um 11 Uhr im Schauspielhaus in Dresden mit einem unterhaltsamen Programm: Kabarettist Bernd Gieseking ist auf der Bühne, Schauspieler Tom Pauls auch, ein Musikprogramm wird es geben - und am Sonntag wissen wir dann, wer den "Geflügelten Bleistift" in Gold, Silber und Bronze bekommt.
    Luerweg: Und darüber werden wir hier bei Corso am Montag dann berichten - bis hierhin danke, Adalbert Siniawski - für den Deutschlandfunk, da sitzt er in der Jury des Deutschen Karikaturenpreises - oder saß vielmehr, die Entscheidung ist ja längst gefallen. Danke.
    Zur Webseite des deutschen Karikaturenpreises