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Deutscher Musik-Export
Indie-Band Gurr testet den US-Markt

Viele Amerikaner verbinden mit Musik aus Deutschland immer noch Kraftwerk, die Scorpions und Rammstein. Viel mehr nicht. Dabei ist gerade der amerikanische Markt interessant für junge Bands. Denn es ist der größte und damit auch wichtigste Markt. Wie kriegt man also einen Fuß rein in die USA?

Von Christoph Reimann | 29.06.2019
Zwei Frauen stehen vor einer weißen Wand. Die linke Frau ist hell gekleidet. Die rechte Frau ist dunkel gekleidet.
Andreya Casablanca und Laura Lee . Der Bandname bezieht sich auf die große Angst vor Tauben. (snowhiter promotion)
Ihre Musik ist sonnig. Aber heute haben sie wenig Glück: Den ganzen Tag hat es in New York geregnet. Die T-Shirts kleben am Körper, auch, weil es ja trotzdem heiß ist. Das Konzert im Rough Trade Plattenladen, in Brooklyn, ist jedenfalls nicht gut besucht. Aber Laura Lee und Andreya Casablanca von Gurr haben gute Laune.
Kein typisch deutscher Grübelpop
Andreya Casablanca: "Ich glaube, für uns ist das immer ein cooles Gefühl, so nah an vielen Bands zu sein, die uns eben beeinflussen und dann eben auch so Sessions zu spielen oder Orte zu spielen, die die auch spielen."
Gurr Liveauftritt bei der A2IM Indie Week in New York 2019
Gurr Liveauftritt bei der A2IM Indie Week in New York 2019 (Jen Maler)
Gurr schaffen etwas, das nur wenige Bands aus Deutschland hinkriegen: Sie klingen gar nicht nach der Grübelpop-Nation. Ihr Sound hat etwas sehr Leichtes, Abgehangenes. Kurz gesagt: etwas Amerikanisches. Sind sie deshalb hier hergereist? Zur Indie Week nach New York?
Andreya Casablanca: "Wir sind jetzt nicht hergekommen, weil wir dachten, wir schütteln jetzt die Industry auf. Sondern wir sind hergekommen, weil wir dachten: Krass, wir können endlich mal für Fans spielen, die wir in New York haben. Oder neue Fans erspielen, die wir noch nicht in New York haben."
Konzentration auf den US-Markt
Am Tag vor dem Konzert sitzt Amande Dagot vor einer Bar in Tribeca, im Süden Manhattans. Die Französin ist die Managerin von Gurr. Wie die Band ist sie aus Berlin angereist. Natürlich hat sie noch mehr als die beiden Musikerinnen das Geschäft im Blick – und damit auch den wichtigsten Musikmarkt der Welt.
Amanade Dagot: "Wir haben beschlossen, uns mehr auf den US-Markt zu konzentrieren, jetzt, mit der neuen EP. Die Band ist dieses Jahr schon auf dem South-By-Southwest-Festival in Austin, Texas, aufgetreten. Im April waren Gurr dann als Opening Act für Priests an der Ostküste der USA und in Kanada unterwegs. Dann hat uns das Reeperbahn-Festival angeboten, in New York während der Indie Week aufzutreten."
Reeperbahn Festival A2IM in NYC June 18-19. Panel at NY Law School, performances at Rockwood.
Gurr Liveauftritt bei der A2IM Indie Week in New York 2019 (Jen Maler)
Das Reeperbahn-Festival will auf der New Yorker Indie Week den professionellen Musikaustausch zwischen Deutschland und den USA fördern. Unterstützt durch öffentliche Gelder. Amande Dagot versucht, hier Businesskontakte zu knüpfen, mit One-off-Konzerten das Wasser zu testen. Ein Booking-Partner, der Konzerte bucht, eine PR-Agentur – das fehlt der Band noch in den USA. Es ist ein langer Weg, aber die ersten Schritte sind gemacht. Und das liegt nicht zuletzt am internationalen Sound der Band – und speziell an diesem Song:"Moby Dick" aus dem Jahr 2016. Das amerikanische Musik-Magazin "Stereogum" postet damals den Song auf seiner Website – ein früher viraler Erfolg.
Der Musikmarkt wird transkontinental
Manchmal singen Gurr auch auf Deutsch. Aber dahinter stecke kein Schielen auf eine bestimmte Zielgruppe, sagt Andreya Casablanca, und auch im Ausland komme das nicht schlechter an: "Die Entscheidung hat wahrscheinlich schon etwas damit zu tun, dass Deutsch unsere Muttersprache ist, weil wir uns darin gerne ausdrücken. Aber eigentlich überhaupt nicht – das war keine strategische Entscheidung."
Das Gleiche gilt für die Künstlernamen: Andreya Casablanca und Laura Lee, so heißen die beiden natürlich nicht in Wirklichkeit. Es klinge nur schöner. Vielleicht hilft es trotzdem ein bisschen.
Deutschland ist Exportweltmeister. Aber Popmusik aus der Bundesrepublik war bisher selten erfolgreich in den USA. Mit dem Internet tut sich seit ein paar Jahren etwas: Die Welt ist kleiner geworden, Musikszenen nähern sich an, sind offener für Neues. Das macht es jetzt für junge Künstlerinnen und Künstler leichter, ein Publikum zu finden, der Musikmarkt wird transkontinental. Bands wir Gurr profitieren davon.
"Irgendwie hat man so eine Community, fast global über verschiedene Kontinente hinweg, die halt so eine Musik hört. Irgendwie setzt sich dann hoffentlich gute Musik vielleicht einfach durch."