Jochen Spengler: In der Affäre um deutsche Steuersünder in der Schweiz geht es angeblich um wesentlich mehr Geld, als bislang bekannt. Bislang hieß es, dass auf der illegalen Daten-CD, die ein Informant für 2,5 Millionen Euro dem Staat angeboten hat, 100 Millionen Euro nachgewiesen würden, die deutsche Bürger dem Staat vorenthalten hätten, und nun meldet die "Süddeutsche Zeitung", dass es weit mehr Steuern seien, die hinterzogen wurden und die der Staat dementsprechend zurückfordern könne.
Soweit Gerhard Irmler, unser Hauptstadtkorrespondent, und er hat gerade schon darauf hingewiesen, dass trotz grundsätzlicher Befürwortung in der Großen Koalition der Streit über die Rechtmäßigkeit eines Ankaufs der gestohlenen Daten anhält.
Schon heute Nachmittag könnte es konkret werden. Der nordrhein-westfälische Finanzminister meldet, die juristische Prüfung des Kaufs sei abgeschlossen, heute Nachmittag wolle er eine Erklärung abgeben und die wird dann wohl besagen, dass er den Steuerfahndern in Wuppertal den Kauf der CD gestattet.
Am Deutschlandfunk-Telefon begrüße ich Thomas Eigenthaler, den stellvertretenden Vorsitzenden der Deutschen Steuergewerkschaft, der Interessenvertretung der deutschen Finanzbeamten. Guten Tag, Herr Eigenthaler.
Thomas Eigenthaler: Guten Tag! Ich grüße Sie auch.
Spengler: Nun also möglicherweise sogar 200 statt 100 Millionen mehr für den Fiskus. Jubeln Sie da?
Eigenthaler: Wir jubeln natürlich, aber wir machen auch darauf aufmerksam, dass wir seit Jahren sagen, das ist immer nur die Spitze eines Eisberges, was da auf einer oder auf zwei oder auf drei CD-Roms ist. Das wahre Problem ist in seinem Ausmaß noch viel größer. Wir schätzen, dass allein in der Schweiz zwischen 300 und 400 Milliarden an Schwarzgeldern liegen.
Spengler: Das wären ja dann wirklich nur Promillepunkte, die wir da jetzt aufdecken. Wie würde man denn sozusagen unter der Wasseroberfläche nachgucken können, was da noch alles ist?
Eigenthaler: Das Problem ist, dass die Verhältnisse im Ausland sind. Damit arbeitet die Schweiz ja auch, damit arbeitet Liechtenstein, und wir hatten eigentlich gehofft, dass durch die Intervention von Steinbrück sich die Dinge etwas zum besseren wenden.
Aber wir stellen fest, dass die Verhandlungen zwischen Deutschland und der Schweiz nur millimeterweit vorankommen, und es ist ja auch angekündigt worden, dass diese gesamte Diskussion möglicherweise Auswirkung auf den weiteren Fortgang der Verhandlungen haben wird.
Spengler: Das heißt konkret, die Verhandlungen werden abgebrochen?
Eigenthaler: So wurden Drohungen laut, dass man zumindest die nächste Verhandlungsrunde, die für März terminiert ist, dass man die aussetzt.
Spengler: Aber Sie wären jetzt nicht dafür, dass der deutsche Staat klein beigibt und sagt, nein, wir kaufen nicht?
Eigenthaler: Auf keinen Fall! Deutschland darf nicht kuschen. Der deutsche Staat hat Anspruch auf diese Steuern und kein ehrlicher Steuerzahler hat aber auch das geringste Verständnis dafür, dass er immer mehr belastet wird, dass immer mehr Beiträge, Steuern und Gebühren erhoben werden und manche, die pokern, sich einfach aus der Verantwortung stehlen können.
Spengler: Herr Eigenthaler, haben Sie denn gar kein Problem damit, dass sich der Staat gewissermaßen als Hehler betätigt?
Eigenthaler: Ich weise den Begriff der Hehlerei zurück. Es ist strafrechtlich keine Hehlerei. Das sagen alle Juristen. Und es ist eine Interessenabwägung vorzunehmen und ich bin überzeugt: Wenn es um andere Kriminalität ginge, um rechtsradikale Straftaten, um Pädophilie oder um Betrug, würden wir ganz anders reden.
Ich weise immer wieder darauf hin: Diese CD-Roms können möglicherweise auch Hinweise auf andere Straftaten noch geben. Bedenken Sie bitte, dass nicht nur seriöse Leute Schwarzkonten in der Schweiz haben, sondern eben auch Leute, wo die Herkunft der Mittel äußerst zweifelhaft ist.
Spengler: Herr Eigenthaler, Sie als stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, machen Sie eigentlich einen Unterschied zwischen kleinen und großen Steuersündern? Das heißt, sollte nur für die großen der Datenschutz nicht gelten?
Eigenthaler: Ich mache da keinen Unterschied. Ich verwahre mich im Übrigen auch gegen den Begriff des Sünders. Das ist so ein harmloser Begriff, der etwas verniedlicht. Die Sünde und der Sünder, das sind Begriffe der Kirche, der Bibel.
Wir reden von Kriminalität und da ist es wie bei Diebstahl und Betrug: Natürlich gibt es kleine Fische und es gibt große Fische. Das muss dann bei der Strafzumessung gewürdigt werden. Sie müssen natürlich jemand, der viel höher kriminell einzustufen ist, eine höhere Strafe zuweisen, aber sie können nicht sagen, unten passiert gar nichts. Bedenken Sie bitte: Wenn sie irgendwo - ich mache es jetzt etwas humorvoll - eine Maultasche klauen, begehen sie auch Diebstahl.
Spengler: Was ja auch, wie wir inzwischen wissen, strafrechtlich bewährt wird.
Eigenthaler: Strafrechtlich bewährt wird und eine fristlose Kündigung nach sich zieht.
Spengler: Ja. Herr Eigenthaler, jetzt kauft ja nicht der Bund, weil Steuerfahndung in der Kompetenz der Länder liegt, sondern möglicherweise kauft Wuppertal, die Steuerfahndung Wuppertal. Wieso Wuppertal?
Eigenthaler: Ich habe der Presse entnommen - das ist nicht unmittelbar, aber ich habe es den Medien entnommen -, dass die CD-Rom dort angeboten wurde. Wuppertal hat einen bestimmten Namen, ich erinnere nur an Liechtenstein und an Zumwinkel. Möglicherweise hat sich der Anbieter der CD-Rom hier einen hohen Erfolgswert seiner Bemühungen versprochen.
Es ist im Übrigen natürlich schon sinnvoll, wenn eine Steuerfahndung die Dinge zunächst in die Hand nimmt. Man muss dann sehen, ob die Kapazitäten dort ausreichen. Jedes Land hat ja eine Steuerfahndung und ich gehe davon aus, dass im weiteren Verfahren die Dinge dann auch etwas dezentraler bearbeitet werden, allein schon aus Kapazitätsgründen.
Spengler: Unter welch großem Zeitdruck steht denn die Steuerfahndung?
Eigenthaler: Ich höre, dass aus der Liechtenstein-Sache knapp 600 Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden. Etwa ein Drittel sind [Anmerk. d. Red.: ist] erst abgearbeitet über einen Zeitraum von zwei Jahren. Sie können daran ersehen, dass die Dinge aufwendig sind, insbesondere wenn Beschuldigte nicht mitwirken. Es müssen natürlich auch rechtsstaatliche Verfahren eingehalten werden.
Spengler: Da droht dann auch Verjährung?
Eigenthaler: Es kann natürlich auch Verjährung drohen. Wir müssen unterscheiden zwischen einer strafrechtlichen Verjährung, die beträgt fünf Jahre, und aber auch der Nachholung der Steuern, die bis zu 13 Jahre zurück nachgeholt werden können, nebst Zinsen.
Spengler: Thomas Eigenthaler, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft. Danke für das Gespräch.
Eigenthaler: Danke schön! Auf Wiederhören!
Soweit Gerhard Irmler, unser Hauptstadtkorrespondent, und er hat gerade schon darauf hingewiesen, dass trotz grundsätzlicher Befürwortung in der Großen Koalition der Streit über die Rechtmäßigkeit eines Ankaufs der gestohlenen Daten anhält.
Schon heute Nachmittag könnte es konkret werden. Der nordrhein-westfälische Finanzminister meldet, die juristische Prüfung des Kaufs sei abgeschlossen, heute Nachmittag wolle er eine Erklärung abgeben und die wird dann wohl besagen, dass er den Steuerfahndern in Wuppertal den Kauf der CD gestattet.
Am Deutschlandfunk-Telefon begrüße ich Thomas Eigenthaler, den stellvertretenden Vorsitzenden der Deutschen Steuergewerkschaft, der Interessenvertretung der deutschen Finanzbeamten. Guten Tag, Herr Eigenthaler.
Thomas Eigenthaler: Guten Tag! Ich grüße Sie auch.
Spengler: Nun also möglicherweise sogar 200 statt 100 Millionen mehr für den Fiskus. Jubeln Sie da?
Eigenthaler: Wir jubeln natürlich, aber wir machen auch darauf aufmerksam, dass wir seit Jahren sagen, das ist immer nur die Spitze eines Eisberges, was da auf einer oder auf zwei oder auf drei CD-Roms ist. Das wahre Problem ist in seinem Ausmaß noch viel größer. Wir schätzen, dass allein in der Schweiz zwischen 300 und 400 Milliarden an Schwarzgeldern liegen.
Spengler: Das wären ja dann wirklich nur Promillepunkte, die wir da jetzt aufdecken. Wie würde man denn sozusagen unter der Wasseroberfläche nachgucken können, was da noch alles ist?
Eigenthaler: Das Problem ist, dass die Verhältnisse im Ausland sind. Damit arbeitet die Schweiz ja auch, damit arbeitet Liechtenstein, und wir hatten eigentlich gehofft, dass durch die Intervention von Steinbrück sich die Dinge etwas zum besseren wenden.
Aber wir stellen fest, dass die Verhandlungen zwischen Deutschland und der Schweiz nur millimeterweit vorankommen, und es ist ja auch angekündigt worden, dass diese gesamte Diskussion möglicherweise Auswirkung auf den weiteren Fortgang der Verhandlungen haben wird.
Spengler: Das heißt konkret, die Verhandlungen werden abgebrochen?
Eigenthaler: So wurden Drohungen laut, dass man zumindest die nächste Verhandlungsrunde, die für März terminiert ist, dass man die aussetzt.
Spengler: Aber Sie wären jetzt nicht dafür, dass der deutsche Staat klein beigibt und sagt, nein, wir kaufen nicht?
Eigenthaler: Auf keinen Fall! Deutschland darf nicht kuschen. Der deutsche Staat hat Anspruch auf diese Steuern und kein ehrlicher Steuerzahler hat aber auch das geringste Verständnis dafür, dass er immer mehr belastet wird, dass immer mehr Beiträge, Steuern und Gebühren erhoben werden und manche, die pokern, sich einfach aus der Verantwortung stehlen können.
Spengler: Herr Eigenthaler, haben Sie denn gar kein Problem damit, dass sich der Staat gewissermaßen als Hehler betätigt?
Eigenthaler: Ich weise den Begriff der Hehlerei zurück. Es ist strafrechtlich keine Hehlerei. Das sagen alle Juristen. Und es ist eine Interessenabwägung vorzunehmen und ich bin überzeugt: Wenn es um andere Kriminalität ginge, um rechtsradikale Straftaten, um Pädophilie oder um Betrug, würden wir ganz anders reden.
Ich weise immer wieder darauf hin: Diese CD-Roms können möglicherweise auch Hinweise auf andere Straftaten noch geben. Bedenken Sie bitte, dass nicht nur seriöse Leute Schwarzkonten in der Schweiz haben, sondern eben auch Leute, wo die Herkunft der Mittel äußerst zweifelhaft ist.
Spengler: Herr Eigenthaler, Sie als stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, machen Sie eigentlich einen Unterschied zwischen kleinen und großen Steuersündern? Das heißt, sollte nur für die großen der Datenschutz nicht gelten?
Eigenthaler: Ich mache da keinen Unterschied. Ich verwahre mich im Übrigen auch gegen den Begriff des Sünders. Das ist so ein harmloser Begriff, der etwas verniedlicht. Die Sünde und der Sünder, das sind Begriffe der Kirche, der Bibel.
Wir reden von Kriminalität und da ist es wie bei Diebstahl und Betrug: Natürlich gibt es kleine Fische und es gibt große Fische. Das muss dann bei der Strafzumessung gewürdigt werden. Sie müssen natürlich jemand, der viel höher kriminell einzustufen ist, eine höhere Strafe zuweisen, aber sie können nicht sagen, unten passiert gar nichts. Bedenken Sie bitte: Wenn sie irgendwo - ich mache es jetzt etwas humorvoll - eine Maultasche klauen, begehen sie auch Diebstahl.
Spengler: Was ja auch, wie wir inzwischen wissen, strafrechtlich bewährt wird.
Eigenthaler: Strafrechtlich bewährt wird und eine fristlose Kündigung nach sich zieht.
Spengler: Ja. Herr Eigenthaler, jetzt kauft ja nicht der Bund, weil Steuerfahndung in der Kompetenz der Länder liegt, sondern möglicherweise kauft Wuppertal, die Steuerfahndung Wuppertal. Wieso Wuppertal?
Eigenthaler: Ich habe der Presse entnommen - das ist nicht unmittelbar, aber ich habe es den Medien entnommen -, dass die CD-Rom dort angeboten wurde. Wuppertal hat einen bestimmten Namen, ich erinnere nur an Liechtenstein und an Zumwinkel. Möglicherweise hat sich der Anbieter der CD-Rom hier einen hohen Erfolgswert seiner Bemühungen versprochen.
Es ist im Übrigen natürlich schon sinnvoll, wenn eine Steuerfahndung die Dinge zunächst in die Hand nimmt. Man muss dann sehen, ob die Kapazitäten dort ausreichen. Jedes Land hat ja eine Steuerfahndung und ich gehe davon aus, dass im weiteren Verfahren die Dinge dann auch etwas dezentraler bearbeitet werden, allein schon aus Kapazitätsgründen.
Spengler: Unter welch großem Zeitdruck steht denn die Steuerfahndung?
Eigenthaler: Ich höre, dass aus der Liechtenstein-Sache knapp 600 Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden. Etwa ein Drittel sind [Anmerk. d. Red.: ist] erst abgearbeitet über einen Zeitraum von zwei Jahren. Sie können daran ersehen, dass die Dinge aufwendig sind, insbesondere wenn Beschuldigte nicht mitwirken. Es müssen natürlich auch rechtsstaatliche Verfahren eingehalten werden.
Spengler: Da droht dann auch Verjährung?
Eigenthaler: Es kann natürlich auch Verjährung drohen. Wir müssen unterscheiden zwischen einer strafrechtlichen Verjährung, die beträgt fünf Jahre, und aber auch der Nachholung der Steuern, die bis zu 13 Jahre zurück nachgeholt werden können, nebst Zinsen.
Spengler: Thomas Eigenthaler, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft. Danke für das Gespräch.
Eigenthaler: Danke schön! Auf Wiederhören!