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Deutschlandradio wertet Gebühren-Urteil als richtungsweisend

Deutschlandradio-Verwaltungsdirektorin Karin Brieden sieht im Rundfunkgebühren-Urteil des Verfassungsgerichts ein wichtige Zukunftsentscheidung für die öffentlichen-rechtlichen Medien. "Das jetzt Neue und wirklich sehr Positive" sei, dass die noch einmal bestätigte Entwicklungsgarantie für die öffentlich-rechtlichen Anstalten auch in der digitalen Welt Bestand haben soll, sagte Brieden.

Moderation: Jochen Spengler |
    Jochen Spengler: Formell ging es nur um 21 Cent im Monat. Die unabhängige Sachverständigen-Kommission KEF hatte empfohlen, zum 1. April 2005 die Rundfunkgebühren um 1,09 Euro pro Monat anzuheben, doch die Ministerpräsidenten der Bundesländer erklärten, diese Belastung sei für den Bürger zu hoch. Sie genehmigten nur eine Erhöhung von 88 Cent, also von 21 Cent weniger als beantragt. Dagegen haben ARD, ZDF und das Deutschlandradio, das Unternehmen des Deutschlandfunk und des Deutschlandradio Kultur, vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, weil es eben nicht nur um 21 Cent ging, sondern prinzipiell um die Frage, ob die Politiker dermaßen in die Rundfunkfreiheit eingreifen dürfen.

    Sie dürfen nicht. Gestern hat das Verfassungsgericht in Karlsruhe entschieden zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. In unserem Berliner Studio bin ich mit der Verwaltungsdirektorin des Deutschlandradio verbunden, mit Karin Brieden. Guten Morgen, Frau Brieden!

    Karin Brieden: Guten Morgen, Herr Spengler!

    Spengler: Ist das ein Urteil, das Anlass gibt zum Jubilieren?

    Brieden: Wir triumphieren nicht, dazu besteht auch kein Anlass. Aber wir freuen uns natürlich sehr, dass wir in einer für uns so wichtigen Frage gestern Recht bekommen haben.

    Spengler: Das Verfassungsgericht hat ja ein eindeutiges Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk abgegeben, hat ihm auch im Hinblick auf die Privatsender eine Bestands- und Entwicklungsgarantie gegeben. Inwieweit ist das Gericht eigentlich den Argumenten des Deutschlandradio gefolgt?

    Brieden: In diesem Punkt ist es auch den Argumenten des Deutschlandradios gefolgt. Dort hatten wir keine Sondersituation. Entwicklungsgarantie heißt ja, dass wir im Wettbewerb mit den Privaten uns behaupten können. Dafür brauchen wir eine entsprechende finanzielle Ausstattung. Diese Entwicklungsgarantie mit einer entsprechenden finanziellen Ausstattung war uns auch schon in der Vergangenheit, auch vom Bundesverfassungsgericht, zugebilligt worden. Das jetzt Neue und wirklich sehr Positive ist, dass die Entwicklungsgarantie auch in der neuen digitalen Welt Bestand haben soll, das heißt im Zeitalter von Internet und Podcast, und da hat es natürlich eine ganz immense Bedeutung.

    Spengler: Nun haben sich aber auch die Bundesländer nach dem Urteil als Sieger gefeiert. Zu Recht?

    Brieden: In einem Punkt ist das Gericht tatsächlich auch dem Vortrag der Länder gefolgt. Es hat gesagt, dass die gesamtwirtschaftliche Lage in Zukunft bei der Gebührenentscheidung, die ja letztendlich die Ministerpräsidenten und dann die Landesparlamente treffen, dass die gesamtwirtschaftliche Lage bei der Gebührenentscheidung einbezogen werden kann. Die Frage ist, was das dann wirklich bedeutet.

    Spengler: Das heißt also, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dürfen nicht einfach so hohe Gebühren nehmen, wie sie wollen?

    Brieden: Also Herr Spengler, es dürfte ja eigentlich bekannt sein, dass die Höhe der Rundfunkgebühren noch nie von den Rundfunkanstalten selbst festgelegt werden konnte. Dafür gibt es eine unabhängige Sachverständigen-Kommission, die berühmte KEF, die spricht alle vier Jahre eine Gebührenempfehlung aus an die Länder, an die Ministerpräsidenten.

    Spengler: Ist das ein Urteil zulasten der Hörer? Die müssen ja vermutlich demnächst mehr bezahlen. Und viele sagen, wir zahlen doch jetzt schon genug.

    Brieden: Nein, das Bundesverfassungsgericht hat ganz ausdrücklich erklärt, dass es keine rückwirkende Erhöhung geben wird. Das heißt, bis Ende der Gebührenperiode, bis Ende 2008 bleibt es bei 17,03 Euro.

    Spengler: Und dann, wird es dann nur plus 21 Cent geben, oder langt man dann sozusagen, oder nimmt man dann einen größeren Schluck aus der Pulle?

    Brieden: Zunächst mal, wie gesagt bis Ende 2008, bleibt alles, wie es ist. Was dann passiert, kann von uns niemand vorhersagen. Die KEF wird ihre Empfehlung abgeben für die neue Gebührenperiode und das jetzt völlig unabhängig zunächst mal von der gestrigen Entscheidung. In Bezug auf die gestrige Entscheidung kann man auch überhaupt nicht von einem Schluck aus der Pulle sprechen. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings gesagt, dass der Schaden, der durch die Fehlentscheidung der Ministerpräsidenten der Länder entstanden ist, dass der wettgemacht werden soll. Und dort ist auch wiederum die KEF aufgefordert, diesen Schaden zu ermitteln und bei ihrer nächsten Gebührenempfehlung zu berücksichtigen.

    Spengler: Wie viel von den 17 Euro bekommen eigentlich Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur?

    Brieden: Ja, das wird vielleicht auch viele unserer Hörer wundern, es sind nämlich nur 37 Cent, 37 Cent pro Monat, für zwei Qualitätsprogramme. Und wenn man dort im Vergleich mal sieht, eine überregionale Tageszeitung kostet etwa 1,50 Euro und das pro Tag. Bei uns sind es 37 Cent pro Monat.

    Spengler: Karin Brieden, Verwaltungsdirektorin des Deutschlandradio. Danke für das Gespräch.