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DGB-Ausbildungsreport
Leidvolle Lehrjahre

Arbeitsdruck, Überstunden, lange Arbeitstage - damit kämpfen offenbar immer noch viele Auszubildende. Das zeigt der Ausbildungsreport 2018, den der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) pünktlich zum Start des Ausbildungsjahrs vorgestellt hat.

Von Dieter Nürnberger |
    Eine Auszubildende zur Hotelfachfrau macht ein Bett in einem Zimmer in einem Hotel.
    Das Hotel- und Gastgewerbe ist eine der Branchen, die im Ausbildungsreport besonders schlecht wegkommen. (dpa/Jens Büttner)
    Seit nunmehr 13 Jahren erhebt der DGB Daten zur Lage der Ausbildung in Deutschland. Und die Zahl derer, die mit ihrer Lehre zufrieden sind, sinkt. Im aktuellen Ausbildungsreport sind es nur noch gut 70 Prozent - der niedrigste Wert seit Jahren. Rund 15.000 Auszubildende wurden befragt. Mehr als ein Drittel beklagt vor allem regelmäßige Überstunden. Wobei diese bei mehr als zehn Prozent nicht bezahlt oder zeitlich ausgeglichen werden, was gesetzlich aber vorgeschrieben ist. Und von mehr als der Hälfte der Azubis wird zudem erwartet, auch außerhalb der Ausbildungszeiten stets und mobil erreichbar zu sein.
    Für Lernerfolge innerhalb der Ausbildung sei dies oft kontraproduktiv, sagt Daniel Gimpel. Der Ausbildungsexperte der Gewerkschaft verweist darauf, dass in bestimmten Branchen die Unzufriedenheit besonders hoch sei: "Es ist zum Beispiel auch so, dass jeder zehnte Auszubildende auch von ausbildungsfremden Tätigkeiten betroffen ist, sie ausführen muss. Die gehören nicht zur Ausbildung, da lernt man nichts. Eine Betroffene hat uns berichtet, dass sie in einem Hotel arbeite - sie ist dort Veranstaltungskauffrau. Sie muss jetzt, kurz vor ihrer Abschlussprüfung, immer noch Gläser spülen und die Minibar auffüllen. Das passt halt überhaupt nicht."
    In kleinen Betrieben und im Handwerk nehmen Probleme zu
    Überdurchschnittlich gut wird hingegen die Ausbildungssituation bei Verwaltungsfachangestellten, Industriemechanikern, Betriebstechnikern und neuerdings auch wieder bei Köchen bewertet. Umgekehrt sei es aber auch so, dass vor allem bei kleineren Betrieben und im Handwerk Ausbildungsprobleme zunähmen.
    Dieser Tage startet das Ausbildungsjahr. Mehr als eine halbe Million junger Menschen werden ihre Lehre beginnen. Allerdings erwartet die Bundesanstalt für Arbeit, dass es 2018 erstmals seit Jahren weniger Bewerber als Ausbildungsplätze geben wird. Unbesetzt werden wohl mindestens rund 30.000 angebotene Stellen bleiben.
    Für den DGB-Ausbildungsexperten geht es vor allem um die Qualität der Ausbildung: "Es sind in erster Linie natürlich die Arbeitgeber aufgefordert, die Qualität der Ausbildung zu erhöhen. Es spielt eben auch eine Rolle, ob ich ständig Überstunden machen muss, ob ich Schichtarbeit machen muss. Es geht auch darum, ob ich betreut werde: Steht mir ein Ausbilder überhaupt zur Verfügung? Diese Fragen interessieren die Auszubildenden, wenn sie sich auf dem Markt umschauen. Und sie entscheiden sich dann für Betriebe, wo die Ausbildung gut läuft."
    Gewerkschaft: Auch die Politik sollte handeln
    Im Zugzwang ist nach Sicht des DGB auch die Bundesregierung. Sie müsse mit der Reform des Berufsbildungsgesetzes, wie schon im Koalitionsvertrag angedacht, nun Dampf machen. Ausbildungsexperte Daniel Gimpel: "Es muss den neuen Ansprüchen an eine Ausbildung auch gerecht werden: Arbeit 4.0, Digitalisierung - das alles muss sich im Gesetz wiederfinden. Wir fordern eine Mindestausbildungsvergütung im ersten Jahr von 635 Euro."
    Zahlen von Arbeitsmarktexperten zeigen, dass in Deutschland weniger als jeder fünfte Betrieb überhaupt ausbildet. Im Koalitionsvertrag steht, dass Betriebe, in denen die Ausbildungsquote zurückgehe, besonders unterstützt werden sollen. Auch eine Mindestausbildungsvergütung für die Azubis wird erwähnt, ohne allerdings konkret zu werden. Mit der Forderung von 635 Euro im ersten Ausbildungsjahr ist der DBG heute vorgeprescht.