Dienstag, 21. Mai 2024

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Diakonie-Helfer plädiert für bessere Koordination des Einsatzes auf Java

Die Koordination der Erdbebenhilfe auf der Insel Java muss nach Einschätzung von Bernd Baucks, Projektkoordinator der Diakonie-Katastrophenhilfe, dringend verbessert werden. In erster Linie gelte es, eine zentrale Stelle zu schaffen, die die Einsätze der internationalen Helfer abstimmt, sagte Baucks. Vorwürfe an die indonesische Regierung hält er nicht für gerechtfertigt, zunächst sei nach dem Beben "Überlebenshilfe" gefragt gewesen, nun gehe es um koordinierte Hilfe.

Moderation: Bettina Klein | 31.05.2006
    Bettina Klein: Wir schauen noch einmal nach Indonesien. Mehr als 5700 Tote, das ist die bisherige Bilanz. Dazu Sorgen um einen möglichen Ausbruch des Vulkanes Merapi. Direkt in Indonesien, in Bantul, begrüße ich jetzt am Telefon Bernd Baucks. Er ist Projektkoordinator der Diakonie-Katastrophenhilfe. Schönen guten Tag, Herr Baucks!

    Bernd Baucks: Guten Morgen, Frau Klein!

    Klein: Was können Sie im Moment zu den Hilfsleistungen sagen, die Sie dort vor Ort organisieren?

    Baucks: Was wir momentan, tun ist schwerpunktmäßig medizinische Hilfe. Eine Partnerorganisation der Diakonie-Katastrophenhilfe betreibt direkt in Yogyakarta ein Krankenhaus. Da sind 2000 Patienten behandelt worden bereits. Die meisten davon sind noch im Krankenhaus. Dementsprechend ist das Krankenhaus ziemlich überfüllt. Die Patienten liegen auf den Fluren, und das Personal ist einigermaßen am Ende der Kräfte, weil der Austausch des Personals einfach noch nicht funktioniert. Darüber hinaus verteilen Partnerorganisationen der Diakonie-Katastrophenhilfe die essenziellen Nothilfegüter. Es werden Lebensmittel verteilt. Es wird Wasser in Portionen verteilt und vor allen Dingen auch Hygieneartikel, soweit schon vorhanden, Decken und Zelte. Allerdings haben wir bei letzterem noch keinen Nachschub. Das heißt, die Menschen leben im Wesentlichen noch unter Plastikplanen.

    Klein: Herr Baucks, Sie bestätigen es auch gerade, und man sieht in allen Berichten und hört in vielen Meldungen von den Schwierigkeiten bei den Hilfsleistungen. Der indonesische Präsident sagt, es hätten 29 Länder Hilfe angeboten, aber die Einsätze müssten besser koordiniert werden. Woran hapert es denn?

    Baucks: Das ist schwer zu sagen. In der Tat gibt es noch keine richtige zentrale Koordination. An der Stelle sind wir noch nicht. Das heißt, die Organisationen wissen zum großen Teil nicht, was die andere tut. Es wird viel Flickenteppicharbeit gemacht, aber in der Tat noch nicht richtig koordiniert. Wo es vorangeht, ist bei der Wasserversorgung, aber auch das ist erst noch im Aufbau begriffen. Das heißt, es fehlt tatsächlich noch an der zentralen Koordinationsleistung. Das liegt vielleicht auch daran, dass viele Organisationen erst jetzt eintreffen, dass im Grunde genommen noch gar nicht richtig klar ist, wer ist jetzt eigentlich vor Ort, und bisher wirklich der Löwenanteil der Hilfe von den lokalen Organisationen in Indonesien geleistet wurde mit Unterstützung von außen.

    Klein: Mehrere Tage sind seit dem Beben vergangen. Wie groß ist noch der Rückstand? Wie viele Menschen warten noch auf Hilfe und Versorgung im Moment?

    Baucks:! Ich denke, es sind jetzt die meisten Orte weitgehend erreicht, das heißt aber noch nicht gut versorgt. Das heißt, man ist immer noch in den Randgebieten dabei zu sehen, wer braucht eigentlich noch Hilfe, und da gibt es einfach noch sehr viele Familien, die tatsächlich bis jetzt noch nicht viel Hilfe bekommen haben, während in der Nähe von Yogyakarta die Versorgung eigentlich gut ist. Das heißt, da sieht man bei den Familien, auch bei denen, die unter Plastikplanen leben, dass da doch Vorräte vorhanden sind, Lebensmittel vorhanden sind und auch Wasser da ist. Aber es gibt in der Tat immer noch Randgebiete, die noch nicht richtig erschlossen sind.

    Klein: Wenn Sie sagen, Herr Baucks, die Koordination klappt nicht - und das ist ja dann vermutlich ein Versagen der indonesischen Behörden -, welche Möglichkeiten haben sie als Hilfsorganisation, das auszugleichen und sich untereinander zu verständigen?

    Baucks: Ich denke, es gilt sicherlich, ein Koordinationsgremium in Yogyakarta zu schaffen. Die Bedingungen dafür sind im Grunde genommen recht gut, weil Yogyakarta in der Tat zwar zerstört ist, aber im Grunde genommen die Stadt im Wesentlichen noch funktioniert. Auch die Kommunikation funktioniert. Das heißt, man kann sicherlich ein Gremium schaffen. Zweckmäßigerweise ist das durch die Regierung zu leisten, dass die Regierung eben die zentrale Koordinationsstelle ist.

    Ich zögere etwas, jetzt nur den schwarzen Peter der Regierung zuzuschieben. Man sieht schon auch, dass Regierungsleistungen erbracht werden. Es wird Wasser verteilt. Das Militär verteile Lebensmittel. Wenn man jetzt von Defiziten bei der Koordination spricht, denke ich, ist es schwer zu sagen, das ist jetzt die Schuld nur der Regierung oder nur der Organisationen. Es ist eben auch erst sechs Tage her, und insofern muss man einfach auch ein bisschen sehen, dass jetzt Überlebenshilfe geleistet wird. Diese Überlebenshilfe ist unter Kontrolle, und jetzt kann wirklich an die koordinierte Hilfe gegangen werden.

    Klein: Vielen Dank. Das war Bernd Baucks, Projektkoordinator der Diakonie-Katastrophenhilfe, den wir direkt am Mobiltelefon in Indonesien erreicht haben. Wir bitten die technische Qualität der Verbindung zu entschuldigen.