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Die Affäre um die Bonus-Meilen

    Meurer: Ich begrüße Herrn Christoph Ellerbeck, Sprecher der deutschen Lufthansa. Guten Tag, Herr Ellerbeck.

    Ellerbeck: Guten Tag, Herr Meurer.

    Meurer: Werden Sie um 14:00 Uhr ein Fax an den Bundestagspräsidenten mit Namenslisten schicken?

    Ellerbeck: Nein, Herr Meurer. Herr Weber, unser Vorstandsvorsitzender hat Herrn Bundestagspräsidenten Thierse bereits gestern schriftlich auf dieses Ansinnen geantwortet. Wir sind natürlich bereit, zur Aufklärung beizutragen, aber wir sind nicht in der Lage, die Daten, die der Bundestagspräsident erbittet, ihm zur Verfügung zu stellen. Das wäre ein Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz und dazu kann uns eigentlich ein Verfassungsorgan nicht auffordern. Das ist nicht im Interesse der Verbraucher und es würde gegen den Datenschutz verstoßen. Wir werden ihn aber nicht behindern oder irgendetwas nicht möglich machen. Wir haben deshalb sehr früh darauf hingewiesen, dass zum einen die Abgeordneten die Möglichkeit haben, anhand ihrer Kontoauszüge nach dienstlichen und privaten Bonusmeilen zu trennen und dies dann dem Bundestagspräsidenten mitzuteilen. Wir haben zusätzlich das Angebot gemacht, eine Aufstellung aller in Anspruch genommenen Prämienflüge verbunden mit dem heutigen Zeitwert dieser Flüge den Abgeordneten zukommen zu lassen, die sie dann dem Bundestagspräsidenten wieder übermitteln können, denn die Abgeordnete sind unsere Geschäftspartner.

    Meurer: Aber werden Sie das jetzt automatisch machen, Herr Ellerbeck, oder warten Sie darauf, dass sich bei Ihnen ein Abgeordneter meldet oder sonst irgendwie eine Vollmacht bei Ihnen eintrifft - bitte schauen Sie in dem Meilenkonto dieses und jenes Abgeordneten nach?

    Ellerbeck: Das ist richtig. Wenn sich der Abgeordnete an uns wendet, werden wir ihm das umgehend zusenden. Wir haben auch die Kapazitäten bereitgestellt, dass das kurzfristig erfolgen kann. Andernfalls, wenn der Bundestagspräsident eine Vollmacht übermittelt, dass er eben vom Abgeordneten bevollmächtigt wird, dass wir ihm Daten zusenden dürfen, dann werden wir dies tun. Also, wir leisten dort wirklich jeden Beitrag, nur wir müssen uns an Recht und Gesetz halten.

    Meurer: Haben Sie bislang wirklich jeden Beitrag dazu geleistet? War es der Lufthansa nicht im Grunde genommen egal, was die Abgeordneten mit Ihrer Senator Card machen?

    Ellerbeck: Die Nutzung der Karte, der Meilen kann man doch nicht der Lufthansa zuschreiben. Das ist doch wirklich eine Angelegenheit, die intern jeder Abgeordnete zu klären hat. Wir können doch auch gar nicht überblicken, inwieweit ein Abgeordneter, wenn er einen Prämienflug einlöst, ihn privat oder dienstlich nutzt? Diese Unterscheidung kann tatsächlich nur der Abgeordnete selbst vornehmen.

    Meurer: Es heißt, die Lufthansa würde den Abgeordneten schon seit langem zwei Senator Karten zur Verfügung stellen. Was heißt das?

    Ellerbeck: Die Abgeordneten haben als einzige Teilnehmergruppe am Programm Miles & More die Möglichkeit zwei Karten zu bekommen, nämlich die Senator Karte, die sie in Ausübung und zur Unterstützung ihres Amtes halten und eine private Miles & More Karte, so dass sie theoretisch unabhängig von der Trennung ihres Kontoauszugs, die ohnehin möglich ist, die Trennung auch vornehmen können, indem sie die dienstlichen Meilen über die Senator Karte, die ihnen für ihr Amt zur Verfügung gestellt wird, aufbuchen lassen und die privaten Meilen über eine zweite Miles & More Karte.

    Meurer: Ist Ihnen bekannt, inwieweit Abgeordnete das gemacht haben - Dienstreisen über die eine, Privatflüge über die andere Karte?

    Ellerbeck: Ich weiß nicht, inwieweit die Zuordnung stattgefunden hat. Das kann ich nicht feststellen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es Abgeordnete gibt, die über zwei Karten verfügen.

    Meurer: Wer hat bei Ihnen, bei der Lufthansa, Herr Ellerbeck, der Bild-Zeitung geheime Daten verraten?

    Ellerbeck: Das ist eine Unterstellung, die wir entschieden zurückweisen müssen. Wir haben dieses Programm seit mehr als zehn Jahren sehr erfolgreich mit diesen Standards, und unsere Mitarbeiter, die Zugriff zu diesen Daten haben, werden entsprechend überprüft. Es gibt ständige Sicherheitsaudits. Der Datenschutzbeauftragte der Lufthansa, der unabhängig vom Konzern tätig und dem Datenschutz verpflichtet ist, überprüft immer wieder die Vorkehrungen. Wir haben umgehend trotzdem noch eine Task-Force eingerichtet. Wir haben keinerlei Erkenntnisse darüber und Andeutungen dafür, dass diese Daten aus der Lufthansa herausgegangen sind. Insofern müssen wir diese Unterstellung wirklich zurückweisen. Wir vertrauen in die Loyalität unserer Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmen.

    Meurer: Was wird denn diese Task-Force bei Ihnen im Haus machen?

    Ellerbeck: Diese Task-Force geht natürlich den Mitteilungen nach, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Sie überprüft aber auch, ob das System insgesamt schlüssig ist, ob dort irgendwo Schwachstellen sind. Natürlich - das muss man immer sagen- hat niemand einen absoluten Schutz vor krimineller Energie. Wenn irgendwo, auf der einen Seite wie auf der anderen Seite, kriminelle Energie im Einsatz ist, dann kann man sich davor nicht automatisch schützen. Man kann sich aber davor schützen, dass man das System auf Lücken hin überprüft. Das wird geschehen und da haben wir keine Erkenntnisse, dass bei uns Lücken bestehen.

    Meurer: Das ist ja offenbar eine interne Untersuchung. Warum erstatten Sie nicht beispielsweise bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gegen unbekannt?

    Ellerbeck: Wir haben interne Untersuchungen zu machen, unser System zu überprüfen. Wir sind zu einem Ergebnis gekommen, dass es dort keine Ansätze gibt und hinsichtlich der Daten können wir gar keine Anzeige erstatten. Das wäre dann eine Sache, die die Bundestagsabgeordnete machen müssten.

    Meurer: Noch kurz die Frage, Herr

    Ellerbeck: Wie groß ist der Imageschaden für die Lufthansa oder für das Miles & More- Programm Ihrer Fluglinie?

    Ellerbeck: Zunächst ist es, glaube ich, wichtig, deutlich zu machen, dass hier Möglichkeiten bestehen, zwischen den verschiedenen Karten zu trennen und dass die Fehler doch nicht bei der Lufthansa aufgetreten sind. Entweder waren die Regelungen oder möglicherweise die Überprüfungsmechanismen im Deutschen Bundestag nicht ausreichend.

    Meurer: Aber Sie wissen ja auch, dass halb Deutschland im Moment schmunzelt und sozusagen über die Meilen-Programme lacht?

    Ellerbeck: Natürlich gibt es Diskussionen und natürlich ist das inzwischen zu einem Sommer-Thema geworden, das sich deutlich ausgeweitet hat. Nichtsdestotrotz muss man die Kirche im Dorf lassen bei den Verantwortlichkeiten. Wir haben auf unserer Seite alle Möglichkeiten ergriffen, dass das System nicht in irgendeiner Form auf normalem Wege angegriffen werden kann. Wie gesagt: Kriminelle Energie kann man auf keiner Seite ausschließen. Davor ist niemand gefeit. Wir haben aber keine Erkenntnis darüber. Nichtsdestotrotz ist das zunächst eine Frage, die im Deutschen Bundestag zu regeln ist, wie es auch in einem anderen Unternehmen zu regeln wäre. Wenn Sie ein Unternehmen haben, ist es auch zunächst eine Frage zwischen dem Arbeitgeber, den Regelungen die er dort erlässt, und dem Mitarbeiter, wie er sie nutzt, aber nicht eine Frage, die jetzt intern die Lufthansa klären könnte. In diesem Fall muss der Deutsche Bundestag intern mit den Abgeordneten feststellen, ob und wie ein Verstoß vorgelegen hat und wie man das verhindern kann.

    Meurer: Der Sprecher der Deutschen Lufthansa, Thomas Ellerbeck. Ich danke Ihnen und auf Wiederhören.

    Link: Interview als RealAudio