Stefan Heinlein: Ein neuer Präsident, eine neue Politik, seit genau einer Woche ist Barack Obama im Amt und der versprochene Wechsel lässt nicht lange auf sich warten. In atemberaubendem Tempo setzt der neue Mann im Weißen Haus eigene Akzente, ein Wandel im Stil und Inhalt der US-Politik. Staunend betrachtet Europa die Veränderungen. Brüssel hat sichtbar Mühe, das Tempo mitzugehen, und schon eine der ersten Entscheidungen Obamas bringt die Gemeinschaft in Schwierigkeiten. Die Schließung des US-Gefangenenlagers Guantanamo wurde von den 27 EU-Staaten zwar lange gefordert; nun jedoch ringt die Europäische Union um eine gemeinsame Antwort auf die Frage, wohin mit den Häftlingen nach ihrer Freilassung.
Am Telefon begrüße ich jetzt den Vorsitzenden der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament, Markus Ferber. Guten Morgen!
Markus Ferber: Guten Morgen, Herr Heinlein!
Heinlein: Außenminister Steinmeier überlegt, freigelassene Guantanamo-Häftlinge in Deutschland aufzunehmen. Warum ist das pure Heuchelei, wie Sie in einer Pressemitteilung schreiben?
Ferber: Zunächst mal ist es eine amerikanische Aufgabe, das wieder in Ordnung zu bringen, was sie in der Verletzung von Menschenrechten, in der Nichtachtung der Menschenwürde falsch gemacht haben, und zum anderen möchte ich schon in Erinnerung rufen, dass der damalige Leiter des Bundeskanzleramtes und heutige Bundesaußenminister durchaus auch einen Beitrag dazu geleistet hat, in Deutschland lebende Personen nach Guantanamo zu bringen. Ich glaube nicht, dass Herr Steinmeier diesen Fehler dadurch auswetzen kann, dass er jetzt möglichst viele Guantanamo-Häftlinge nach Deutschland lenken will.
Heinlein: Glauben Sie, dass Steinmeier ein schlechtes Gewissen hat wegen des Fall Murad Kurnaz?
Ferber: Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass er versuchen will, das wieder gut zu machen, was er damals falsch gemacht hat. Aber damals hat er zu viel auf Amerika gehört und jetzt will er auch wieder zu gut in Amerika dastehen. Ich glaube, wir Europäer, wir Deutschen sollten eine eigenständige Politik machen. Es war richtig, dass wir von Anfang an Guantanamo kritisiert haben, auch wir im Europäischen Parlament, aber die Amerikaner haben es angefangen und die Amerikaner müssen es auch jetzt ordentlich zu Ende bringen, im Interesse der Betroffenen, im Interesse der Menschen in diesem Gefängnis.
Heinlein: Also schlicht: die Amerikaner müssen ihre Fehler selber ausbügeln, wir haben damit nichts zu schaffen?
Ferber: Es kann doch nicht die Aufgabe der Europäer sein, immer dann, wenn die Amerikaner etwas falsch gemacht haben, hinterher die Scherben zusammenzukehren und die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Diese Arbeitsteilung, die wir seit vielen, vielen Jahren in der Welt haben, die wird dauerhaft nicht funktionieren. Europa muss eine eigenständige Rolle einnehmen, Europa muss seinen eigenen Beitrag zur Sicherung des Friedens, der Freiheit, der Menschenwürde leisten. Wir haben als Europäer ein menschliches Schicksal und große menschliche Schicksale im Mittelmeer-Raum zu bearbeiten und zu bewältigen. Hier ist europäischer Einsatz gefordert. Ich glaube nicht, dass Amerika uns helfen wird, die Probleme vor Lampedusa und vor Malta zu lösen. Das ist unsere Aufgabe, wenn es um Menschenwürde geht, und die Amerikaner haben ihre Aufgabe zu lösen, was Guantanamo-Häftlinge betrifft.
Heinlein: Ist es denn falsch, der neuen US-Administration, dem neuen US-Präsidenten die Hand zu reichen in dieser schwierigen Frage, wenn er auf uns zukommt und die Europäer bittet, Häftlinge aufzunehmen?
Ferber: Ich sage noch mal: Natürlich muss hier Obama etwas aufräumen, was er nicht zu verantworten hat, aber er ist der Rechtsnachfolger des vorherigen amerikanischen Präsidenten. Wir haben in Europa unsere Aufgaben zu lösen. Auch im Mittelmeer geht es um Menschenwürde. Das müssen wir alleine schultern. So hat jeder seine Aufgaben zu lösen. Es ist nicht Aufgabe der Europäer, jetzt eine Hand aus Amerika aufzugreifen, Menschen zu helfen, die durch die Amerikaner in ihrer Menschenwürde, in ihren Menschenrechten beraubt wurden. Wenn es hier Fälle gibt, die auch nicht mehr zurückkehren können, weil ihnen Folter im eigenen Land droht, dann müssen die Amerikaner entsprechend Asyl gewähren.
Heinlein: Also noch einmal: wenn der Anruf aus Washington kommt, wie sollte die Bundesregierung reagieren? Nein sagen?
Ferber: Die Regierung sollte sagen, wir sind froh, dass Guantanamo aufgelöst wird, aber bitte löst euere Probleme selber.
Heinlein: Können Sie sich vorstellen, dass viele unschuldig inhaftierte Guantanamo-Flüchtlinge nach ihrer Freilassung nicht in den USA, im Land ihrer Folterer leben wollen?
Ferber: Dann ist es aber Aufgabe der USA, dafür zu sorgen, dass sie ein menschenwürdiges Leben an anderer Stelle führen können, und es ist nicht Aufgabe der Europäer, zwingend diese Menschen hier aufzunehmen. Es gibt auch andere Plätze auf der Erde, wo man in Menschenwürde leben kann.
Heinlein: Welche Plätze können Sie sich denn da vorstellen?
Ferber: Das ist nicht meine Aufgabe, jetzt hier anderen Ländern vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben. Dieses Schwarze-Peter-Spiel will ich nicht machen. Noch mal: Die Europäer sollten etwas selbstbewusster auftreten und sollten ihre Aufgaben lösen, die Amerikaner müssen ihre Probleme lösen.
Heinlein: Ist Menschlichkeit nicht wichtiger als Politik und Prinzipienreiterei?
Ferber: Ich möchte nicht sagen, dass das Prinzipienreiterei ist, was ich hier mache, sondern es ist ein ganz klarer Auftrag, den wir Europäer zu leisten haben. Die Achtung der Menschenwürde muss gewährleistet sein. Ein Land hat dies verletzt und es ist jetzt Aufgabe dieses Landes, einen Beitrag dazu zu leisten, dass Menschenwürde wieder hergestellt wird.
Heinlein: Ein wichtiges Argument, Herr Ferber, gibt es noch. Die Europäische Union und auch die Bundesregierung haben immer die Schließung von Guantanamo gefordert. Ist man da nicht politisch-moralisch in der Pflicht, jetzt an der Umsetzung dieser Forderung mitzuarbeiten?
Ferber: Ich sehe das überhaupt nicht. Wir haben ja auch nicht die Amerikaner zunächst aufgefordert, dieses Lager einzurichten. Ich darf das schon auch mal so deutlich sagen. Wir haben immer gesagt, das ist ein Fehler. Ein Land, das für Demokratie, für Freiheit, für Menschenrechte sich weltweit einsetzen will, wie die USA, muss das auch nach innen achten. Deswegen war es auch richtig, dass wir von Anfang an die Errichtung dieses Lagers kritisiert haben.
Heinlein: Könnten Sie denn eine Lösung akzeptieren, dass jeder Fall einzeln geprüft wird, ob eine Aufnahme möglich ist oder nicht? So schlagen es ja unter anderem die Franzosen vor.
Ferber: Zunächst mal müssen wir auf europäischer Ebene eine gemeinsame Linie finden, weil wer in die EU kommt, hat in der gesamten Europäischen Union Freizügigkeit. Und diese Lösung, jedes Land soll selber entscheiden, ob es jemanden nimmt, ist natürlich nur eine vorgeschobene Lösung, weil die Menschen, die dann zu uns kommen, selbstverständlich sich frei in der Europäischen Union bewegen können. So ist der Rechtsstatus von solchen Personen. Deswegen brauchen wir einen einheitlichen europäischen Ansatz, und die Diskussion gestern Abend im Außenministerrat hat ja gezeigt, dass es nicht möglich ist, eine gemeinsame Linie zu finden. Dann werden auch Einzelaktionen, auch Einzelfälle durch einzelne Mitgliedsstaaten keine Lösung bringen. Am Ende trägt doch die gesamte Europäische Union die Verantwortung, die daraus entsteht.
Heinlein: Wenn es zu einer europäischen Lösung kommen sollte, dann sind Sie aber auch bereit, als bayerischer Europaabgeordneter diese gemeinsame Lösung zu akzeptieren?
Ferber: Die Verträge sind so, dass die Außenminister dies alleine beschließen können. Ich bedauere das sehr. Wir werden im Europäischen Parlament zwar eine Debatte darüber führen, aber wir beschließen leider nicht. Das ist eines dieser Demokratiedefizite, die wir in Europa immer noch haben. Ich hoffe, dass wir die beseitigen können, und dann muss ich auch als Abgeordneter Verantwortung übernehmen. Im jetzigen Zeitpunkt sind es die Außenminister, und sie müssen sich der Kritik des Parlaments natürlich stellen.
Heinlein: Herr Ferber, eine Entscheidung der europäischen Außenminister gibt es bereits. Die iranischen Volks-Mudschahedin werden von der EU-Terrorliste gestrichen. War dieser Schritt nach den drei Urteilen des EuGH längst überfällig?
Ferber: Die Situation der Formulierung der Terrorliste auf europäischer Ebene ist auch eine sehr fragwürdige. Es dauert manchmal Jahre, bis offensichtliche Fälle auf die Liste kommen. Es dauert auch sehr lange, wieder von der Liste runterzukommen. Hier muss die Prozedur grundsätzlich überprüft werden. Ich denke, dass eine Europäische Union nach außen nur dann glaubwürdig ist, wenn alle Informationen, die nach innen vorhanden sind, über die nationalen Geheimdienste, über nationale Erkenntnisse, in der Erstellung dieser Liste unter Aktualisierung dieser Liste berücksichtigt werden. Das ist auch keine Lehrstunde oder keine Glücksstunde für Europa gewesen, aber es war richtig, jetzt die Konsequenz zu ziehen.
Heinlein: Wird diese Entscheidung die europäischen Beziehungen zu Teheran belasten?
Ferber: Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Iran sind sowieso belastet und Iran leistet ja auch jeden Beitrag dazu. Wenn ich an die Äußerungen des iranischen Staatspräsidenten insbesondere zum Staate Israel erinnern darf, ist das nicht die Linie, die einen vernünftigen Dialog zwischen Europa und dem Iran ermöglicht, und das sollte bei aller Diskussion nicht vergessen werden. Die Beziehungen sind belastet und da hat der iranische Staatspräsident einen großen Beitrag dazu geleistet.
Heinlein: Im Deutschlandfunk heute Morgen der Vorsitzende der CSU-Europagruppe, Markus Ferber. Herr Ferber, ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören.
Ferber: Auf Wiederhören!
Am Telefon begrüße ich jetzt den Vorsitzenden der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament, Markus Ferber. Guten Morgen!
Markus Ferber: Guten Morgen, Herr Heinlein!
Heinlein: Außenminister Steinmeier überlegt, freigelassene Guantanamo-Häftlinge in Deutschland aufzunehmen. Warum ist das pure Heuchelei, wie Sie in einer Pressemitteilung schreiben?
Ferber: Zunächst mal ist es eine amerikanische Aufgabe, das wieder in Ordnung zu bringen, was sie in der Verletzung von Menschenrechten, in der Nichtachtung der Menschenwürde falsch gemacht haben, und zum anderen möchte ich schon in Erinnerung rufen, dass der damalige Leiter des Bundeskanzleramtes und heutige Bundesaußenminister durchaus auch einen Beitrag dazu geleistet hat, in Deutschland lebende Personen nach Guantanamo zu bringen. Ich glaube nicht, dass Herr Steinmeier diesen Fehler dadurch auswetzen kann, dass er jetzt möglichst viele Guantanamo-Häftlinge nach Deutschland lenken will.
Heinlein: Glauben Sie, dass Steinmeier ein schlechtes Gewissen hat wegen des Fall Murad Kurnaz?
Ferber: Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass er versuchen will, das wieder gut zu machen, was er damals falsch gemacht hat. Aber damals hat er zu viel auf Amerika gehört und jetzt will er auch wieder zu gut in Amerika dastehen. Ich glaube, wir Europäer, wir Deutschen sollten eine eigenständige Politik machen. Es war richtig, dass wir von Anfang an Guantanamo kritisiert haben, auch wir im Europäischen Parlament, aber die Amerikaner haben es angefangen und die Amerikaner müssen es auch jetzt ordentlich zu Ende bringen, im Interesse der Betroffenen, im Interesse der Menschen in diesem Gefängnis.
Heinlein: Also schlicht: die Amerikaner müssen ihre Fehler selber ausbügeln, wir haben damit nichts zu schaffen?
Ferber: Es kann doch nicht die Aufgabe der Europäer sein, immer dann, wenn die Amerikaner etwas falsch gemacht haben, hinterher die Scherben zusammenzukehren und die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Diese Arbeitsteilung, die wir seit vielen, vielen Jahren in der Welt haben, die wird dauerhaft nicht funktionieren. Europa muss eine eigenständige Rolle einnehmen, Europa muss seinen eigenen Beitrag zur Sicherung des Friedens, der Freiheit, der Menschenwürde leisten. Wir haben als Europäer ein menschliches Schicksal und große menschliche Schicksale im Mittelmeer-Raum zu bearbeiten und zu bewältigen. Hier ist europäischer Einsatz gefordert. Ich glaube nicht, dass Amerika uns helfen wird, die Probleme vor Lampedusa und vor Malta zu lösen. Das ist unsere Aufgabe, wenn es um Menschenwürde geht, und die Amerikaner haben ihre Aufgabe zu lösen, was Guantanamo-Häftlinge betrifft.
Heinlein: Ist es denn falsch, der neuen US-Administration, dem neuen US-Präsidenten die Hand zu reichen in dieser schwierigen Frage, wenn er auf uns zukommt und die Europäer bittet, Häftlinge aufzunehmen?
Ferber: Ich sage noch mal: Natürlich muss hier Obama etwas aufräumen, was er nicht zu verantworten hat, aber er ist der Rechtsnachfolger des vorherigen amerikanischen Präsidenten. Wir haben in Europa unsere Aufgaben zu lösen. Auch im Mittelmeer geht es um Menschenwürde. Das müssen wir alleine schultern. So hat jeder seine Aufgaben zu lösen. Es ist nicht Aufgabe der Europäer, jetzt eine Hand aus Amerika aufzugreifen, Menschen zu helfen, die durch die Amerikaner in ihrer Menschenwürde, in ihren Menschenrechten beraubt wurden. Wenn es hier Fälle gibt, die auch nicht mehr zurückkehren können, weil ihnen Folter im eigenen Land droht, dann müssen die Amerikaner entsprechend Asyl gewähren.
Heinlein: Also noch einmal: wenn der Anruf aus Washington kommt, wie sollte die Bundesregierung reagieren? Nein sagen?
Ferber: Die Regierung sollte sagen, wir sind froh, dass Guantanamo aufgelöst wird, aber bitte löst euere Probleme selber.
Heinlein: Können Sie sich vorstellen, dass viele unschuldig inhaftierte Guantanamo-Flüchtlinge nach ihrer Freilassung nicht in den USA, im Land ihrer Folterer leben wollen?
Ferber: Dann ist es aber Aufgabe der USA, dafür zu sorgen, dass sie ein menschenwürdiges Leben an anderer Stelle führen können, und es ist nicht Aufgabe der Europäer, zwingend diese Menschen hier aufzunehmen. Es gibt auch andere Plätze auf der Erde, wo man in Menschenwürde leben kann.
Heinlein: Welche Plätze können Sie sich denn da vorstellen?
Ferber: Das ist nicht meine Aufgabe, jetzt hier anderen Ländern vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben. Dieses Schwarze-Peter-Spiel will ich nicht machen. Noch mal: Die Europäer sollten etwas selbstbewusster auftreten und sollten ihre Aufgaben lösen, die Amerikaner müssen ihre Probleme lösen.
Heinlein: Ist Menschlichkeit nicht wichtiger als Politik und Prinzipienreiterei?
Ferber: Ich möchte nicht sagen, dass das Prinzipienreiterei ist, was ich hier mache, sondern es ist ein ganz klarer Auftrag, den wir Europäer zu leisten haben. Die Achtung der Menschenwürde muss gewährleistet sein. Ein Land hat dies verletzt und es ist jetzt Aufgabe dieses Landes, einen Beitrag dazu zu leisten, dass Menschenwürde wieder hergestellt wird.
Heinlein: Ein wichtiges Argument, Herr Ferber, gibt es noch. Die Europäische Union und auch die Bundesregierung haben immer die Schließung von Guantanamo gefordert. Ist man da nicht politisch-moralisch in der Pflicht, jetzt an der Umsetzung dieser Forderung mitzuarbeiten?
Ferber: Ich sehe das überhaupt nicht. Wir haben ja auch nicht die Amerikaner zunächst aufgefordert, dieses Lager einzurichten. Ich darf das schon auch mal so deutlich sagen. Wir haben immer gesagt, das ist ein Fehler. Ein Land, das für Demokratie, für Freiheit, für Menschenrechte sich weltweit einsetzen will, wie die USA, muss das auch nach innen achten. Deswegen war es auch richtig, dass wir von Anfang an die Errichtung dieses Lagers kritisiert haben.
Heinlein: Könnten Sie denn eine Lösung akzeptieren, dass jeder Fall einzeln geprüft wird, ob eine Aufnahme möglich ist oder nicht? So schlagen es ja unter anderem die Franzosen vor.
Ferber: Zunächst mal müssen wir auf europäischer Ebene eine gemeinsame Linie finden, weil wer in die EU kommt, hat in der gesamten Europäischen Union Freizügigkeit. Und diese Lösung, jedes Land soll selber entscheiden, ob es jemanden nimmt, ist natürlich nur eine vorgeschobene Lösung, weil die Menschen, die dann zu uns kommen, selbstverständlich sich frei in der Europäischen Union bewegen können. So ist der Rechtsstatus von solchen Personen. Deswegen brauchen wir einen einheitlichen europäischen Ansatz, und die Diskussion gestern Abend im Außenministerrat hat ja gezeigt, dass es nicht möglich ist, eine gemeinsame Linie zu finden. Dann werden auch Einzelaktionen, auch Einzelfälle durch einzelne Mitgliedsstaaten keine Lösung bringen. Am Ende trägt doch die gesamte Europäische Union die Verantwortung, die daraus entsteht.
Heinlein: Wenn es zu einer europäischen Lösung kommen sollte, dann sind Sie aber auch bereit, als bayerischer Europaabgeordneter diese gemeinsame Lösung zu akzeptieren?
Ferber: Die Verträge sind so, dass die Außenminister dies alleine beschließen können. Ich bedauere das sehr. Wir werden im Europäischen Parlament zwar eine Debatte darüber führen, aber wir beschließen leider nicht. Das ist eines dieser Demokratiedefizite, die wir in Europa immer noch haben. Ich hoffe, dass wir die beseitigen können, und dann muss ich auch als Abgeordneter Verantwortung übernehmen. Im jetzigen Zeitpunkt sind es die Außenminister, und sie müssen sich der Kritik des Parlaments natürlich stellen.
Heinlein: Herr Ferber, eine Entscheidung der europäischen Außenminister gibt es bereits. Die iranischen Volks-Mudschahedin werden von der EU-Terrorliste gestrichen. War dieser Schritt nach den drei Urteilen des EuGH längst überfällig?
Ferber: Die Situation der Formulierung der Terrorliste auf europäischer Ebene ist auch eine sehr fragwürdige. Es dauert manchmal Jahre, bis offensichtliche Fälle auf die Liste kommen. Es dauert auch sehr lange, wieder von der Liste runterzukommen. Hier muss die Prozedur grundsätzlich überprüft werden. Ich denke, dass eine Europäische Union nach außen nur dann glaubwürdig ist, wenn alle Informationen, die nach innen vorhanden sind, über die nationalen Geheimdienste, über nationale Erkenntnisse, in der Erstellung dieser Liste unter Aktualisierung dieser Liste berücksichtigt werden. Das ist auch keine Lehrstunde oder keine Glücksstunde für Europa gewesen, aber es war richtig, jetzt die Konsequenz zu ziehen.
Heinlein: Wird diese Entscheidung die europäischen Beziehungen zu Teheran belasten?
Ferber: Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Iran sind sowieso belastet und Iran leistet ja auch jeden Beitrag dazu. Wenn ich an die Äußerungen des iranischen Staatspräsidenten insbesondere zum Staate Israel erinnern darf, ist das nicht die Linie, die einen vernünftigen Dialog zwischen Europa und dem Iran ermöglicht, und das sollte bei aller Diskussion nicht vergessen werden. Die Beziehungen sind belastet und da hat der iranische Staatspräsident einen großen Beitrag dazu geleistet.
Heinlein: Im Deutschlandfunk heute Morgen der Vorsitzende der CSU-Europagruppe, Markus Ferber. Herr Ferber, ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören.
Ferber: Auf Wiederhören!