Durak: Die nationale Lösung scheint eine beschlossene Sache zu sein. Ziel also, Murdoch, den Medienunternehmer, von Deutschland fern zu halten, nicht ganz, aber wohl fast um jeden Preis. Bei einem Geheimtreffen, berichtet der Spiegel, hätte sich der Bundeskanzler mit den Chefs der Deutschen Bank, von Bertelsmann und der Verlags-Gruppe WAZ eben darauf geeinigt, auch wenn der Regierungssprecher dieses Treffen eben noch einmal dementiert hat. Zur möglichen nationalen Lösung dann gleich mehr. Zuvor aber Jürgen Krönig in London. Jürgen Krönig deshalb, weil er sich sehr lange mit Murdoch befasst hat, ihn wie es heißt journalistisch begleitet hat. Wir wollen also über diesen Mann sprechen, Herr Krönig, der der deutschen Politik und den Medienverantwortlichen sehr viel Angst macht: Rupert Murdoch. Was macht Murdoch gefährlich?
Krönig: Es ist ein bisschen amüsant, diese Angst zu sehen. Ich glaube, es ist vor allem die kulturelle Kluft, die besteht fort, obwohl doch auch die Bundesregierung, obwohl doch auch Schröder Globalisierung umarmt und sagt: Das ist die Zukunft. Murdoch ist eigentlich ein globaler Spieler schlechthin, Australier, Amerikaner, Brite, hat die Staatsbürgerschaften gewechselt wie die Hemden, je nachdem, wie es in seine unternehmerischen Pläne passt. Er ist ein globaler Spieler, auch der Medienunternehmer mit dem größten "global reach", wie das so heißt. Das heißt sein Imperium "News Corporation" mit den Tochtergesellschaften erreicht mehr Menschen rund um die Welt als jeder andere Medienkonzert. Er ist ein Prophet der Amerikanisierung. Er hat einmal gesagt: "Globalisierung ist Modernisierung, ist Amerikanisierung der Welt, und die ist gut für mich, für meinen Konzern wie für die Menschheit schlechthin." Und er ist ein Populist, das heißt: Er stellt sich vor als Befreier der Massen, der den Massen das gibt, was sie wollen und was öffentlich-rechtliche Anstalten, die er deshalb verachtet, ihnen oft vorenthalten wollen, weil sie die Zuschauer/Hörer lieber erziehen oder belehren wollen. Das ist Murdoch.
Durak: Was meint Murdoch wollen die Massen?
Krönig: Spiele, Unterhaltung, Seichtes, Sex und Crime und das, was das moderne Fernsehen schlechthin definiert, mehr heute als je zuvor. Und er sagt: "Ich bin Demokrat. Ich gebe den Massen das, wonach sie verlangen, und setze mich nicht aufs hohe Ross der Kultureliten, wo die sich gerne tummeln, und bevormunde sie." Warum Politiker ihn nicht mögen. Er ist ein ruppiger Spieler. Er ist politisch populistisch rechts und konservativ, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Er kann sich genauso mit Labour-Parteien oder links der Mitte angesiedelten Parteien verbünden, wenn sie in seinen Kram passen, wie er das in Australien gemacht hat. Oder hier, wo er in Großbritannien erst die Thatcher-Revolution gestützt hat, um sich dann Blair anzunähern und mit Zuckerbrot und Peitsche politisch zu verfolgen. Also er ist ein ruppiger Mann und vor allem: Er strebt nach der monopolistischen Alleinherrschaft. Das macht ihn natürlich unangenehm für alle anderen Medienmagnaten, auch für jemanden wie Kirch.
Durak: Wie groß ist denn sein Einfluss auf Politik und Politiker wirklich? Zweite Frage dazu: Gefährdet er denn die Demokratie durch sein Monopol aufgrund seiner Einflüsse?
Krönig: Der amerikanischen Historiker Christopher Lasch hat einmal in dem Buch "Revolte der Eliten" gesagt, das Typen wie Murdoch, Kosmopoliten, globale Bürger, Weltbürger sind, die nirgends mehr verankert sind, weder in einer Lokalität noch in einem Nationalstaat. Und insofern sind sie, weil Demokratie immer mit dem Nationalstaat verbunden ist, es gibt keine supranationalen demokratischen Lösungen, wie Sie wissen aus dem Disput um die EU, insofern sieht Lasch in ihnen eine Gefahr für die Demokratie und für die zivile Gesellschaft. Ich denke, dass man Murdoch nicht dämonisieren sollte. Murdoch ist ein ungeheuerlich geschickter, energiereicher Unternehmer. Er hat als erster begriffen, dass man Sport als Rammbock einsetzen muss gegen kommerzielle wie öffentlich-rechtliche Konkurrenz, wenn man Massenprogramme durchsetzen will. Das hat er als erster vorexerziert rund um die Welt. Er ist ein Mann, der technologische Möglichkeiten erkannt hat und der sie früher als andere eingesetzt hat. Allerdings, wenn Sie mich fragen würden: Wenn man das Murdoch-Fernsehen in Großbritannien oder Amerika anschaut und dann auf Deutschland schaut, muss man das fürchten in Deutschland?, dann sage ich: Nein. Denn das deutsche kommerzielle Fernsehen sieht genauso aus wie das Murdoch-Fernsehen heute in Amerika, Australien und Großbritannien. Die gleichen Formate, die gleichen Spielereien, die gleiche Obsession mit Sex und anderen exhibitionistischen Vergnügungen. Also von inhaltlichen her ist diese deutsche Aufregung schon fast ein bisschen komisch.
Durak: Bleibt die Frage: Inwieweit vergleichbar sind die Verbindungen zwischen diesen Medienunternehmen und der Politik? Würde Murdoch in dieser Beziehung hier Fuß fassen können?
Krönig: Murdoch möchte nach Europa, obwohl er Europa verachtet. Europa ist ihm zu reguliert, zu konservativ, immer noch, obwohl es sich ja auch der Globalisierung geöffnet hat. Aber er möchte in den Markt, weil der reiche, der satte Markt ist in Asien, in China, dort kann er noch kein Geld verdienen, das kann er nur in Europa. Deshalb möchte er rein. Er nutzt diesen Hebel, er möchte den Hebel nutzen, seinen 22-prozentigen Anteil an Premiere World, obwohl er heute ja schon wieder sagt: Das ist mir alles viel zu teuer. Ich kann nicht noch mehr Geld hinein schießen. Ich habe schon eine Milliarde Euro abgeschrieben. Aber ich glaube das ist Teil des Pokerspiels. Er versucht die günstigsten Bedingungen auszuhandeln. Er möchte die Kontrolle übernehmen, es sei denn, wie gesagt, die Sperren werden hoch gezogen, politisch, wenn auch unter großen Verlusten der Banken und unter großem Einsatz der Politik, um ein Raubtier wie Murdoch zu verhindern.
Durak: Darüber wird ja noch spekuliert, dementiert und berichtet. Dankeschön Jürgen Krönig bis hierher. Fortsetzen wollen wir unser Gespräch nun mit Hans Hege, dem Vorsitzenden der Landesmedienanstalt Berlin Brandenburg. Herr Hege, Sie haben den Großteil unseres Interviews ja mitgehört und sicherlich auch mitgedacht. Müssen wir uns nun in Deutschland tatsächlich vor einem Mann wie Murdoch fürchten oder würde er nicht "nur" den zweiten Kirch geben?
Hege: Also, ich denke wir haben große Veränderungen vor uns und neben Herrn Murdoch sollten wir auch immer noch Herrn Malone sehen. Murdoch und Malone arbeiten ja in vielen Märkten zusammen und Malone möchte ja noch das Kabelnetz der Deutschen Telekom kaufen und am Liebsten ja auch Premiere von Kirch übernehmen. Wir haben hier große global agierende Unternehmer vor uns. Wir haben auch eine Schwäche im deutschen Markt, das muss man auch umgedreht sehen. Es hat sich kein deutsches Unternehmen mehr gefunden, was die Kabelnetze kaufen wollte. Und wenn die Kirch-Gruppe als weiterer Spieler ausfallen sollte, wäre das ein großer Verlust für den Wettbewerb in Deutschland. Denn bisher haben wir immerhin zwei große Gruppen neben den beiden deutschen öffentlich-rechtlichen Systemen. Das ist nicht viel Wettbewerb, aber immerhin. Und es müsste natürlich unser Interesse sein, dass diese Gruppe erhalten bleibt, was aus meiner Sicht vermutlich aber nicht nur mit nationalen Lösungen geht.
Durak: Die nationale Lösung sprechen Sie an. Sie geben mir das Stichwort. Also, ob das Treffen nun stattgefunden hat oder nicht, die Information, wie eine solche nationale Lösung aussehen könnte, liegt auf dem Tisch. In ganz kurzer Fassung: Die Fernsehgruppe Pro7/Sat1 sollte an verschiedene Anbieter verkauft werden, Murdoch kann durchaus Premiere übernehmen, mehr aber auch nicht. Banken verzichten auf einen Teil ihrer Forderungen an Kirch und, wenn der 40-prozentige Anteil an Springer von Kirch zum Verkauf steht, will die WAZ-Gruppe einsteigen. Herr Hege, ist das eine nationale Lösung?
Hege: Also, ich kenne nur Spekulationen, und ich denke, in der Marktwirtschaft wird das ja auch nicht von der Politik entschieden, sondern von den Unternehmen, um die es geht. Und da glaube ich zum Beispiel nicht, dass es eine Lösung sein wird, dass jetzt die Pro7/Sat1 zerschlagen wird, während auf der anderen Seite eine Fernsehfamilie um Bertelsmann besteht. Das wäre vielleicht auch kein gleichgewichtiger Wettbewerb mehr. Es ist hier sinnvoll, dass mindestens die zwei Gruppen erhalten werden, da haben wir dann kartellrechtliche Grenzen. Wir müssen uns ja auch an die politischen Lösungen der Vergangenheit erinnern. Es gab ja zweimal den Versuch der deutschen Politik, und da war Herr Stoiber so beteiligt wie Herr Clement, Kirch Bertelsmann und die Telekom zusammen zu bringen. Zweimal hat die Kommission in Brüssel nein gesagt. Es ist ein sehr gefährliches Unterfangen, den deutschen Markt absperren zu wollen in Zeiten der Globalisierung, wenn andererseits deutsche Unternehmen - siehe Bertelsmann - auch in den USA sich beteiligen wollen, auch wenn sie da gerade im Fernsehen noch Grenzen haben.
Durak: Weshalb, Herr Hege, ist die Abwehr gegen Murdoch so groß, zum Preis, dass ein Unternehmen gerettet wird wie Kirch, das sich bisher auch nicht gerade von nationalen Interessen hat leiten lassen, sondern von ganz anderen?
Hege: Gut, die Kirch-Gruppe hat wie Malone und Murdoch natürlich vermehrtes Interesse auch selbst Geld zu verdienen. Aber auf der anderen Seite: Die Kirch-Gruppe ist ein Unternehmen, das der deutschen und europäischen Kultur entspringt. Ich denke, deswegen ist es nicht ganz gleichgültig. Das ist übrigens auch bei den Kabelnetzen nicht ganz gleichgültig, wer die Übertragungswege kontrolliert, denn damit kontrolliert man immer auch Inhalte. Das mögen jetzt bei Kirch jetzt mehr kommerzielle Inhalte sein, obwohl er auch sehr viel für kulturelle Produkte getan hat, das muss man vielleicht auch mal sagen. Aber ich denke, es ist natürlich sehr schwierig, wenn jetzt rein Männer wie Murdoch und Malone sich über einen gewissen Grad hinaus hier engagieren. Ich denke, man sollte sie nicht dämonisieren und wir brauchen ja ausländische Investoren, wenn unsere eigenen Investoren nicht stark genug sind. Aber es darf einen gewissen Grad nicht überschreiten, und wir müssen uns natürlich fragen, warum wir so schwach sind, dass unsere Unternehmen nicht global tätig sind.
Durak: Weshalb sind wir denn so schwach?
Hege: Zum Beispiel im Telekommunikationsbereich haben wir nur noch die Deutsche Telekom als deutsches Unternehmen. Bertelsmann hat es geschafft, über die Grenzen hinaus tätig zu sein, andere Unternehmen nicht. Deswegen halte ich es auch nicht unbedingt für sinnvoll, die Kirch-Gruppe jetzt einfach aufzuteilen. Dann ist ja eine Gruppe verschwunden und wir haben nur noch eine, die sich um Bertelsmann gruppiert. Sondern hier zu versuchen, ob es eine Lösung für die Kirch-Gruppe gibt. Vielleicht mit zusätzlichen neuen Partnern, dann hätten wir immerhin zwei Unternehmen, die in Deutschland agieren, die in Europa agieren, vielleicht darüber hinaus.
Durak: Sie haben ja Jürgen Krönig gehört. Würden Sie auch eine Kultur-Kluft zwischen dem sehen, was wir haben, mit Kirch sagen wir mal, und unseren öffentlich-rechtlichen und dem, was Murdoch einbringen will?
Hege: Also sicher ist vielen ähnlich. Nur wir haben einen großen Unterschied, den ich vorhin vermisst habe. Wir haben ein sehr günstiges Fernsehen. Wir kriegen Pro7 und N24 jetzt frei. Wir bezahlen dafür nicht extra. Herr Murdochs Feld und auch Herr Malones Feld ist ein ganz anderes. Eins ist klar: Dann wird das Fernsehen sehr viel teurer. Denn sie wollen damit mehr Geld verdienen, und sie wollen den deutschen Markt verändern. Heute bekommen 90 Prozent der Haushalte über 30 Fernsehprogramme und bezahlen dafür sehr wenig im internationalen Vergleich. Das ist halt in Deutschland deshalb so attraktiv, weil man hier noch mehr Geld verdienen kann, aber der Preis davon ist, dass das freie Fernsehen zurück gedrängt wird.
Durak: Sie haben, Herr Hege, Brüssel schon mal kurz erwähnt. Wenn denn diese nationale Lösung zustande käme, halten Sie Einsprüche aus Brüssel für möglich?
Hege: Also ich glaube mit Sicherheit, dass andere Unternehmen nicht einfach zuschauen werden. Und auch die Kirch-Gruppe wird nicht einfach zuschauen, wie sie aufgeteilt wird, denn nationale Lösungen sind ja manchmal ein bisschen verdreht, wenn ich die Interessen mancher Beteiligter sehe. Die wollen sich ja eher die guten Filetstücke der Kirch-Gruppe sichern, das sind nicht nationale Interessen, sondern ganz verständliche, auch partikulare Interessen bestimmter Unternehmen.
Durak: Dankeschön Hans Hege, Vorsitzender der Landesmedienanstalt in Berlin Brandenburg.
Krönig: Es ist ein bisschen amüsant, diese Angst zu sehen. Ich glaube, es ist vor allem die kulturelle Kluft, die besteht fort, obwohl doch auch die Bundesregierung, obwohl doch auch Schröder Globalisierung umarmt und sagt: Das ist die Zukunft. Murdoch ist eigentlich ein globaler Spieler schlechthin, Australier, Amerikaner, Brite, hat die Staatsbürgerschaften gewechselt wie die Hemden, je nachdem, wie es in seine unternehmerischen Pläne passt. Er ist ein globaler Spieler, auch der Medienunternehmer mit dem größten "global reach", wie das so heißt. Das heißt sein Imperium "News Corporation" mit den Tochtergesellschaften erreicht mehr Menschen rund um die Welt als jeder andere Medienkonzert. Er ist ein Prophet der Amerikanisierung. Er hat einmal gesagt: "Globalisierung ist Modernisierung, ist Amerikanisierung der Welt, und die ist gut für mich, für meinen Konzern wie für die Menschheit schlechthin." Und er ist ein Populist, das heißt: Er stellt sich vor als Befreier der Massen, der den Massen das gibt, was sie wollen und was öffentlich-rechtliche Anstalten, die er deshalb verachtet, ihnen oft vorenthalten wollen, weil sie die Zuschauer/Hörer lieber erziehen oder belehren wollen. Das ist Murdoch.
Durak: Was meint Murdoch wollen die Massen?
Krönig: Spiele, Unterhaltung, Seichtes, Sex und Crime und das, was das moderne Fernsehen schlechthin definiert, mehr heute als je zuvor. Und er sagt: "Ich bin Demokrat. Ich gebe den Massen das, wonach sie verlangen, und setze mich nicht aufs hohe Ross der Kultureliten, wo die sich gerne tummeln, und bevormunde sie." Warum Politiker ihn nicht mögen. Er ist ein ruppiger Spieler. Er ist politisch populistisch rechts und konservativ, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Er kann sich genauso mit Labour-Parteien oder links der Mitte angesiedelten Parteien verbünden, wenn sie in seinen Kram passen, wie er das in Australien gemacht hat. Oder hier, wo er in Großbritannien erst die Thatcher-Revolution gestützt hat, um sich dann Blair anzunähern und mit Zuckerbrot und Peitsche politisch zu verfolgen. Also er ist ein ruppiger Mann und vor allem: Er strebt nach der monopolistischen Alleinherrschaft. Das macht ihn natürlich unangenehm für alle anderen Medienmagnaten, auch für jemanden wie Kirch.
Durak: Wie groß ist denn sein Einfluss auf Politik und Politiker wirklich? Zweite Frage dazu: Gefährdet er denn die Demokratie durch sein Monopol aufgrund seiner Einflüsse?
Krönig: Der amerikanischen Historiker Christopher Lasch hat einmal in dem Buch "Revolte der Eliten" gesagt, das Typen wie Murdoch, Kosmopoliten, globale Bürger, Weltbürger sind, die nirgends mehr verankert sind, weder in einer Lokalität noch in einem Nationalstaat. Und insofern sind sie, weil Demokratie immer mit dem Nationalstaat verbunden ist, es gibt keine supranationalen demokratischen Lösungen, wie Sie wissen aus dem Disput um die EU, insofern sieht Lasch in ihnen eine Gefahr für die Demokratie und für die zivile Gesellschaft. Ich denke, dass man Murdoch nicht dämonisieren sollte. Murdoch ist ein ungeheuerlich geschickter, energiereicher Unternehmer. Er hat als erster begriffen, dass man Sport als Rammbock einsetzen muss gegen kommerzielle wie öffentlich-rechtliche Konkurrenz, wenn man Massenprogramme durchsetzen will. Das hat er als erster vorexerziert rund um die Welt. Er ist ein Mann, der technologische Möglichkeiten erkannt hat und der sie früher als andere eingesetzt hat. Allerdings, wenn Sie mich fragen würden: Wenn man das Murdoch-Fernsehen in Großbritannien oder Amerika anschaut und dann auf Deutschland schaut, muss man das fürchten in Deutschland?, dann sage ich: Nein. Denn das deutsche kommerzielle Fernsehen sieht genauso aus wie das Murdoch-Fernsehen heute in Amerika, Australien und Großbritannien. Die gleichen Formate, die gleichen Spielereien, die gleiche Obsession mit Sex und anderen exhibitionistischen Vergnügungen. Also von inhaltlichen her ist diese deutsche Aufregung schon fast ein bisschen komisch.
Durak: Bleibt die Frage: Inwieweit vergleichbar sind die Verbindungen zwischen diesen Medienunternehmen und der Politik? Würde Murdoch in dieser Beziehung hier Fuß fassen können?
Krönig: Murdoch möchte nach Europa, obwohl er Europa verachtet. Europa ist ihm zu reguliert, zu konservativ, immer noch, obwohl es sich ja auch der Globalisierung geöffnet hat. Aber er möchte in den Markt, weil der reiche, der satte Markt ist in Asien, in China, dort kann er noch kein Geld verdienen, das kann er nur in Europa. Deshalb möchte er rein. Er nutzt diesen Hebel, er möchte den Hebel nutzen, seinen 22-prozentigen Anteil an Premiere World, obwohl er heute ja schon wieder sagt: Das ist mir alles viel zu teuer. Ich kann nicht noch mehr Geld hinein schießen. Ich habe schon eine Milliarde Euro abgeschrieben. Aber ich glaube das ist Teil des Pokerspiels. Er versucht die günstigsten Bedingungen auszuhandeln. Er möchte die Kontrolle übernehmen, es sei denn, wie gesagt, die Sperren werden hoch gezogen, politisch, wenn auch unter großen Verlusten der Banken und unter großem Einsatz der Politik, um ein Raubtier wie Murdoch zu verhindern.
Durak: Darüber wird ja noch spekuliert, dementiert und berichtet. Dankeschön Jürgen Krönig bis hierher. Fortsetzen wollen wir unser Gespräch nun mit Hans Hege, dem Vorsitzenden der Landesmedienanstalt Berlin Brandenburg. Herr Hege, Sie haben den Großteil unseres Interviews ja mitgehört und sicherlich auch mitgedacht. Müssen wir uns nun in Deutschland tatsächlich vor einem Mann wie Murdoch fürchten oder würde er nicht "nur" den zweiten Kirch geben?
Hege: Also, ich denke wir haben große Veränderungen vor uns und neben Herrn Murdoch sollten wir auch immer noch Herrn Malone sehen. Murdoch und Malone arbeiten ja in vielen Märkten zusammen und Malone möchte ja noch das Kabelnetz der Deutschen Telekom kaufen und am Liebsten ja auch Premiere von Kirch übernehmen. Wir haben hier große global agierende Unternehmer vor uns. Wir haben auch eine Schwäche im deutschen Markt, das muss man auch umgedreht sehen. Es hat sich kein deutsches Unternehmen mehr gefunden, was die Kabelnetze kaufen wollte. Und wenn die Kirch-Gruppe als weiterer Spieler ausfallen sollte, wäre das ein großer Verlust für den Wettbewerb in Deutschland. Denn bisher haben wir immerhin zwei große Gruppen neben den beiden deutschen öffentlich-rechtlichen Systemen. Das ist nicht viel Wettbewerb, aber immerhin. Und es müsste natürlich unser Interesse sein, dass diese Gruppe erhalten bleibt, was aus meiner Sicht vermutlich aber nicht nur mit nationalen Lösungen geht.
Durak: Die nationale Lösung sprechen Sie an. Sie geben mir das Stichwort. Also, ob das Treffen nun stattgefunden hat oder nicht, die Information, wie eine solche nationale Lösung aussehen könnte, liegt auf dem Tisch. In ganz kurzer Fassung: Die Fernsehgruppe Pro7/Sat1 sollte an verschiedene Anbieter verkauft werden, Murdoch kann durchaus Premiere übernehmen, mehr aber auch nicht. Banken verzichten auf einen Teil ihrer Forderungen an Kirch und, wenn der 40-prozentige Anteil an Springer von Kirch zum Verkauf steht, will die WAZ-Gruppe einsteigen. Herr Hege, ist das eine nationale Lösung?
Hege: Also, ich kenne nur Spekulationen, und ich denke, in der Marktwirtschaft wird das ja auch nicht von der Politik entschieden, sondern von den Unternehmen, um die es geht. Und da glaube ich zum Beispiel nicht, dass es eine Lösung sein wird, dass jetzt die Pro7/Sat1 zerschlagen wird, während auf der anderen Seite eine Fernsehfamilie um Bertelsmann besteht. Das wäre vielleicht auch kein gleichgewichtiger Wettbewerb mehr. Es ist hier sinnvoll, dass mindestens die zwei Gruppen erhalten werden, da haben wir dann kartellrechtliche Grenzen. Wir müssen uns ja auch an die politischen Lösungen der Vergangenheit erinnern. Es gab ja zweimal den Versuch der deutschen Politik, und da war Herr Stoiber so beteiligt wie Herr Clement, Kirch Bertelsmann und die Telekom zusammen zu bringen. Zweimal hat die Kommission in Brüssel nein gesagt. Es ist ein sehr gefährliches Unterfangen, den deutschen Markt absperren zu wollen in Zeiten der Globalisierung, wenn andererseits deutsche Unternehmen - siehe Bertelsmann - auch in den USA sich beteiligen wollen, auch wenn sie da gerade im Fernsehen noch Grenzen haben.
Durak: Weshalb, Herr Hege, ist die Abwehr gegen Murdoch so groß, zum Preis, dass ein Unternehmen gerettet wird wie Kirch, das sich bisher auch nicht gerade von nationalen Interessen hat leiten lassen, sondern von ganz anderen?
Hege: Gut, die Kirch-Gruppe hat wie Malone und Murdoch natürlich vermehrtes Interesse auch selbst Geld zu verdienen. Aber auf der anderen Seite: Die Kirch-Gruppe ist ein Unternehmen, das der deutschen und europäischen Kultur entspringt. Ich denke, deswegen ist es nicht ganz gleichgültig. Das ist übrigens auch bei den Kabelnetzen nicht ganz gleichgültig, wer die Übertragungswege kontrolliert, denn damit kontrolliert man immer auch Inhalte. Das mögen jetzt bei Kirch jetzt mehr kommerzielle Inhalte sein, obwohl er auch sehr viel für kulturelle Produkte getan hat, das muss man vielleicht auch mal sagen. Aber ich denke, es ist natürlich sehr schwierig, wenn jetzt rein Männer wie Murdoch und Malone sich über einen gewissen Grad hinaus hier engagieren. Ich denke, man sollte sie nicht dämonisieren und wir brauchen ja ausländische Investoren, wenn unsere eigenen Investoren nicht stark genug sind. Aber es darf einen gewissen Grad nicht überschreiten, und wir müssen uns natürlich fragen, warum wir so schwach sind, dass unsere Unternehmen nicht global tätig sind.
Durak: Weshalb sind wir denn so schwach?
Hege: Zum Beispiel im Telekommunikationsbereich haben wir nur noch die Deutsche Telekom als deutsches Unternehmen. Bertelsmann hat es geschafft, über die Grenzen hinaus tätig zu sein, andere Unternehmen nicht. Deswegen halte ich es auch nicht unbedingt für sinnvoll, die Kirch-Gruppe jetzt einfach aufzuteilen. Dann ist ja eine Gruppe verschwunden und wir haben nur noch eine, die sich um Bertelsmann gruppiert. Sondern hier zu versuchen, ob es eine Lösung für die Kirch-Gruppe gibt. Vielleicht mit zusätzlichen neuen Partnern, dann hätten wir immerhin zwei Unternehmen, die in Deutschland agieren, die in Europa agieren, vielleicht darüber hinaus.
Durak: Sie haben ja Jürgen Krönig gehört. Würden Sie auch eine Kultur-Kluft zwischen dem sehen, was wir haben, mit Kirch sagen wir mal, und unseren öffentlich-rechtlichen und dem, was Murdoch einbringen will?
Hege: Also sicher ist vielen ähnlich. Nur wir haben einen großen Unterschied, den ich vorhin vermisst habe. Wir haben ein sehr günstiges Fernsehen. Wir kriegen Pro7 und N24 jetzt frei. Wir bezahlen dafür nicht extra. Herr Murdochs Feld und auch Herr Malones Feld ist ein ganz anderes. Eins ist klar: Dann wird das Fernsehen sehr viel teurer. Denn sie wollen damit mehr Geld verdienen, und sie wollen den deutschen Markt verändern. Heute bekommen 90 Prozent der Haushalte über 30 Fernsehprogramme und bezahlen dafür sehr wenig im internationalen Vergleich. Das ist halt in Deutschland deshalb so attraktiv, weil man hier noch mehr Geld verdienen kann, aber der Preis davon ist, dass das freie Fernsehen zurück gedrängt wird.
Durak: Sie haben, Herr Hege, Brüssel schon mal kurz erwähnt. Wenn denn diese nationale Lösung zustande käme, halten Sie Einsprüche aus Brüssel für möglich?
Hege: Also ich glaube mit Sicherheit, dass andere Unternehmen nicht einfach zuschauen werden. Und auch die Kirch-Gruppe wird nicht einfach zuschauen, wie sie aufgeteilt wird, denn nationale Lösungen sind ja manchmal ein bisschen verdreht, wenn ich die Interessen mancher Beteiligter sehe. Die wollen sich ja eher die guten Filetstücke der Kirch-Gruppe sichern, das sind nicht nationale Interessen, sondern ganz verständliche, auch partikulare Interessen bestimmter Unternehmen.
Durak: Dankeschön Hans Hege, Vorsitzender der Landesmedienanstalt in Berlin Brandenburg.