Schulz: Nach den Finanzmärkten gerät nun also auch die Automobilindustrie immer weiter in die Krise, hierzulande wie auch in den Vereinigten Staaten. Mit welchen Konsequenzen für die transatlantischen Beziehungen? - Darüber habe ich vor der Sendung mit Fred Irwin gesprochen, dem Präsidenten der amerikanischen Handelskammer in Deutschland und Vorstand von "Citigroup Global Markets Deutschland" in Frankfurt. Meine erste Frage: Gibt es neue nationale Egoismen?
Irwin: Nein, das würde ich nicht sagen. Die Automobilbranche leidet an Überkapazität. Die Konsumenten, sei es in Deutschland, in Europa und in den USA, sind sehr zögerlich, Geld auszugeben. Das ist sowieso ein Problem in Deutschland und jetzt ein Problem in den USA.
Schulz: Aber es gibt ja ein konkretes Argument, dass jetzt auch im Streit und in der Auseinandersetzung um die Bürgschaft eine große Rolle spielt, nämlich dass klargestellt werden muss, dass von dem Geld, das zur Verfügung gestellt wird, nichts in die Vereinigten Staaten fließt. Ist das nicht ein Signal dafür, dass alle Länder wieder stärker auf ihre Interessen bedacht sind?
Irwin: Das ist nicht verkehrt, finde ich. Wir leben in einer globalen Welt, aber jedes Land muss auf sein eigenes Volk achten. Das ist für mich völlig legitim und völlig normal.
Schulz: Blicken wir auf die Situation bei Opel ganz konkret. General Motors, die Mutter von Opel, hat schon klargestellt, dass Opel nicht zum Verkauf stehe. Ist die Interpretation denn da falsch, dass die Mutter die Tochter möglicherweise in den Abgrund reißt?
Irwin: Nein, natürlich nicht. Opel ist ein hervorragendes Unternehmen. General Motors ist auch ein hervorragendes Unternehmen. Herr Koch hat hier in Deutschland sicherlich einen guten Vorschlag gemacht, Frau Merkel hat das zur Chefsache gemacht und die Bürgschaft vom Staat eingebracht. Zurzeit wird das im Wirtschaftsministerium geprüft, und ich glaube, wir werden bald ein positives Ergebnis sehen.
Schulz: Sie sagen, General Motors sei ein hervorragendes Unternehmen. Es ist ein Unternehmen mit massiven finanziellen Problemen. Stimmt der Satz?
Irwin: Ja, eindeutig. Der Pensionsanspruch ist seit Jahren viel zu hoch. Das waren Zugeständnisse, die den Gewerkschaften seit Jahren gemacht wurden, und das ist zurzeit so eine Belastung für die Firma. Die Gewerkschaft kann natürlich nicht erlauben, dass General Motors in Konkurs geht. Somit glaube ich, wir werden eine sehr starke Zusammenarbeit zwischen der Belegschaft und dem Management sehen.
Schulz: Das heißt aber, der Satz stimmt: amerikanische Arbeitsplätze gehen vor, american Jobs first?
Irwin: Das weiß ich nicht, muss ich ehrlich sagen. Das Hauptziel von einer Firma, sei es mit amerikanischem Kapital oder mit deutschem Kapital, ist, Kunden zu dienen und zweitens Gewinn zu machen. Das ist das A und O. General Motors hat im Moment Probleme, Kunden zu bedienen, weil die Kunden sehr zögerlich sind, Autos zu kaufen. Das ist das Problem.
Schulz: Wie wird sich die Krise auswirken auf das Vertrauen zwischen den USA und Europa?
Irwin: Ich glaube, Europa und die USA sind wirtschaftlich so eng verbunden, dass die Beziehungen eine gute, feste und breite sowie sehr belastbare Grundlage haben. Beide Regionen werden natürlich wirtschaftliche Probleme haben. Das Handelsvolumina wird ein kleines bisschen absinken. Aber die Beziehungen bleiben hervorragend.
Schulz: Warum sollten deutsche Unternehmen überhaupt in der derzeitigen Lage Geschäfte mit Unternehmen in den USA machen?
Irwin: Es gibt 2500 deutsche Unternehmen zurzeit in den USA. Das ist die größte deutsche Investition in irgendeinem Land. Es gibt zum Beispiel mehr deutsche Investitionen in dem Bundesstaat New Jersey als in China, aber die Medien sprechen natürlich immer von China in Indien. Diese Beziehungen werden nicht durch diese Vertrauens- beziehungsweise Kreditkrise gestört.
Schulz: Damit haben Sie mir jetzt aber meine Frage noch nicht beantwortet, warum deutsche Unternehmen Geschäfte mit den USA in der aktuellen Lage machen sollten?
Irwin: 300 Millionen Kunden ist ein guter Grund. Die möchten ihre Produkte an 300 Millionen Konsumenten verkaufen. Das ist ein riesiger Markt in den USA. Die Amerikaner sind im Moment zögerlich, Geld auszugeben, aber wenn sie das Gefühl haben, dass die Krise bald am Ende sei, dann geben die ihr Geld aus.
Schulz: Können sie dieses Gefühl denn haben?
Irwin: Ja, natürlich habe ich das Gefühl. Wir sollten nicht vergessen, dass "Made in Germany" eine hohe Wertschätzung in den USA hat. Deutsche Firmen machen hervorragende Produkte. Jeder hat ein Interesse, ein sehr gutes Produkt mit einem gewissen Preis-Leistungs-Verhältnis zu kaufen.
Schulz: Woher nehmen Sie diese Zuversicht?
Irwin: Ich bin 40 Jahre in Deutschland. Also ich kenne die deutschen Produkte innig und ich kenne meine Landsleute in den USA. Die Volumina gehen im Moment nach unten, aber die Volumina werden bald auch wieder steigen, wenn diese Krise vorbei ist.
Schulz: Die enge Partnerschaft mit den USA könne nur dann erfolgreich sein, wenn beide Seiten aktiv aufeinander zugehen. Das haben Sie jüngst gesagt. Welchen Schritt machen die USA?
Irwin: Die USA erwarten natürlich im Moment von Europa erstens, keine Schuldzuweisungen in dieser Krise zu machen. Natürlich hat alles mit dem Immobilienmarkt angefangen. Anstatt eine Schuldzuweisung zu machen, sagen sie, wir brauchen eine globale Zusammenarbeit. Wir haben das gerade bei dem G-20-Treffen in Washington gesehen. Es gibt weitere Treffen. Und ich muss sagen, wenn die Wirtschaft und die Politik in beiden Regionen zusammenarbeiten, dann werden wir diese Krise schneller hinter uns bringen.
Schulz: Fred Irwin, der Präsident der amerikanischen Handelskammer in Deutschland. Haben Sie vielen Dank!
Irwin: Ich danke Ihnen, Frau Schulz.
Irwin: Nein, das würde ich nicht sagen. Die Automobilbranche leidet an Überkapazität. Die Konsumenten, sei es in Deutschland, in Europa und in den USA, sind sehr zögerlich, Geld auszugeben. Das ist sowieso ein Problem in Deutschland und jetzt ein Problem in den USA.
Schulz: Aber es gibt ja ein konkretes Argument, dass jetzt auch im Streit und in der Auseinandersetzung um die Bürgschaft eine große Rolle spielt, nämlich dass klargestellt werden muss, dass von dem Geld, das zur Verfügung gestellt wird, nichts in die Vereinigten Staaten fließt. Ist das nicht ein Signal dafür, dass alle Länder wieder stärker auf ihre Interessen bedacht sind?
Irwin: Das ist nicht verkehrt, finde ich. Wir leben in einer globalen Welt, aber jedes Land muss auf sein eigenes Volk achten. Das ist für mich völlig legitim und völlig normal.
Schulz: Blicken wir auf die Situation bei Opel ganz konkret. General Motors, die Mutter von Opel, hat schon klargestellt, dass Opel nicht zum Verkauf stehe. Ist die Interpretation denn da falsch, dass die Mutter die Tochter möglicherweise in den Abgrund reißt?
Irwin: Nein, natürlich nicht. Opel ist ein hervorragendes Unternehmen. General Motors ist auch ein hervorragendes Unternehmen. Herr Koch hat hier in Deutschland sicherlich einen guten Vorschlag gemacht, Frau Merkel hat das zur Chefsache gemacht und die Bürgschaft vom Staat eingebracht. Zurzeit wird das im Wirtschaftsministerium geprüft, und ich glaube, wir werden bald ein positives Ergebnis sehen.
Schulz: Sie sagen, General Motors sei ein hervorragendes Unternehmen. Es ist ein Unternehmen mit massiven finanziellen Problemen. Stimmt der Satz?
Irwin: Ja, eindeutig. Der Pensionsanspruch ist seit Jahren viel zu hoch. Das waren Zugeständnisse, die den Gewerkschaften seit Jahren gemacht wurden, und das ist zurzeit so eine Belastung für die Firma. Die Gewerkschaft kann natürlich nicht erlauben, dass General Motors in Konkurs geht. Somit glaube ich, wir werden eine sehr starke Zusammenarbeit zwischen der Belegschaft und dem Management sehen.
Schulz: Das heißt aber, der Satz stimmt: amerikanische Arbeitsplätze gehen vor, american Jobs first?
Irwin: Das weiß ich nicht, muss ich ehrlich sagen. Das Hauptziel von einer Firma, sei es mit amerikanischem Kapital oder mit deutschem Kapital, ist, Kunden zu dienen und zweitens Gewinn zu machen. Das ist das A und O. General Motors hat im Moment Probleme, Kunden zu bedienen, weil die Kunden sehr zögerlich sind, Autos zu kaufen. Das ist das Problem.
Schulz: Wie wird sich die Krise auswirken auf das Vertrauen zwischen den USA und Europa?
Irwin: Ich glaube, Europa und die USA sind wirtschaftlich so eng verbunden, dass die Beziehungen eine gute, feste und breite sowie sehr belastbare Grundlage haben. Beide Regionen werden natürlich wirtschaftliche Probleme haben. Das Handelsvolumina wird ein kleines bisschen absinken. Aber die Beziehungen bleiben hervorragend.
Schulz: Warum sollten deutsche Unternehmen überhaupt in der derzeitigen Lage Geschäfte mit Unternehmen in den USA machen?
Irwin: Es gibt 2500 deutsche Unternehmen zurzeit in den USA. Das ist die größte deutsche Investition in irgendeinem Land. Es gibt zum Beispiel mehr deutsche Investitionen in dem Bundesstaat New Jersey als in China, aber die Medien sprechen natürlich immer von China in Indien. Diese Beziehungen werden nicht durch diese Vertrauens- beziehungsweise Kreditkrise gestört.
Schulz: Damit haben Sie mir jetzt aber meine Frage noch nicht beantwortet, warum deutsche Unternehmen Geschäfte mit den USA in der aktuellen Lage machen sollten?
Irwin: 300 Millionen Kunden ist ein guter Grund. Die möchten ihre Produkte an 300 Millionen Konsumenten verkaufen. Das ist ein riesiger Markt in den USA. Die Amerikaner sind im Moment zögerlich, Geld auszugeben, aber wenn sie das Gefühl haben, dass die Krise bald am Ende sei, dann geben die ihr Geld aus.
Schulz: Können sie dieses Gefühl denn haben?
Irwin: Ja, natürlich habe ich das Gefühl. Wir sollten nicht vergessen, dass "Made in Germany" eine hohe Wertschätzung in den USA hat. Deutsche Firmen machen hervorragende Produkte. Jeder hat ein Interesse, ein sehr gutes Produkt mit einem gewissen Preis-Leistungs-Verhältnis zu kaufen.
Schulz: Woher nehmen Sie diese Zuversicht?
Irwin: Ich bin 40 Jahre in Deutschland. Also ich kenne die deutschen Produkte innig und ich kenne meine Landsleute in den USA. Die Volumina gehen im Moment nach unten, aber die Volumina werden bald auch wieder steigen, wenn diese Krise vorbei ist.
Schulz: Die enge Partnerschaft mit den USA könne nur dann erfolgreich sein, wenn beide Seiten aktiv aufeinander zugehen. Das haben Sie jüngst gesagt. Welchen Schritt machen die USA?
Irwin: Die USA erwarten natürlich im Moment von Europa erstens, keine Schuldzuweisungen in dieser Krise zu machen. Natürlich hat alles mit dem Immobilienmarkt angefangen. Anstatt eine Schuldzuweisung zu machen, sagen sie, wir brauchen eine globale Zusammenarbeit. Wir haben das gerade bei dem G-20-Treffen in Washington gesehen. Es gibt weitere Treffen. Und ich muss sagen, wenn die Wirtschaft und die Politik in beiden Regionen zusammenarbeiten, dann werden wir diese Krise schneller hinter uns bringen.
Schulz: Fred Irwin, der Präsident der amerikanischen Handelskammer in Deutschland. Haben Sie vielen Dank!
Irwin: Ich danke Ihnen, Frau Schulz.