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Die Causa Facebook

Internet.- Das größte Soziale Netzwerk der Welt, Facebook, wird schon wieder verklagt. Paul Ceglia, ein Teilzeit-Webdesigner und Holzhändler aus New York, will die Hälfte des Unternehmens haben. Und seine Chancen, so krude sich das auch anhören mag, stehen gar nicht einmal so schlecht.

Wissenschaftsjournalist Marcus Schuler im Gespräch mit Manfred Kloiber | 16.04.2011
    Manfred Kloiber: . Marcus Schuler, sie haben sich den Fall näher angesehen. Weshalb hat denn dieser Paul Ceglia tatsächlich Chancen auf die Hälfte von Facebook? Das wären umgerechnet mehr als 35 Milliarden Euro?

    Marcus Schuler: Genauso so ist es. Seine Chancen sollen deshalb nicht so schlecht stehen, so vermuten Branchenexperten – weil er eine große renommierte Anwaltskanzlei im Rücken hat. Die dürfte sich der in bescheidenen Verhältnissen lebende Paul Ceglia normalerweise gar nicht leisten können. Das heißt: DLA Piper, die Kanzlei mit mehr als 3500 Anwälten weltweit, möchte nämlich bei erfolgreicher Klage am Gewinn profitieren. Und das wiederum kann als sicheres Indiz gewertet werden, dass an den Ansprüchen, die Ceglia angemeldet hat, womöglich doch etwas dran ist.

    Kloiber: Um welche Ansprüche geht es denn konkret?

    Schuler: Paul Ceglia, der in New York lebt, sagt, er habe 2003 den heutigen Facebook-Gründer Mark Zuckerberg als freiberuflichen Web-Designer angeheuert. Zuckerberg habe ihm damals von einem Projekt namens "The Face Book" erzählt. Ceglia soll Zuckerberg, der damals noch Student an der Harvard Universität in Boston war, 1000 Dollar gegeben haben sowie weitere 1000 Dollar für ein eigenes Programmierprojekt namens Streetfax. Jedenfalls sollen die beiden einen schriftlichen Vertrag gemacht haben, der in einem Hotel in Boston in Anwesenheit einer Zeugin unterschrieben worden sein soll. Angeblich enthält dieser Vertrag eine Klausel, die Ceglia 50 Prozent von Facebook zusichert.

    Kloiber: Verträge kann man ja im Notfall auch fälschen, welche Beweise legen denn die Anwälte Ceglias noch vor?

    Schuler: Es handelt sich wohl um 15 bis 20 E-Mails, die die beiden in den Jahren 2003 und 2004 ausgetauscht haben sollen. Bemerkenswert scheint eine E-Mail vom 6. April 2004 zu sein, so sie denn echt ist. Seinerzeit soll Zuckerberg an Ceglia geschrieben habe, er wolle die Arbeit an "The Face Book" einstellen, das Projekt nehme zu viel seiner Zeit in Anspruch. In Wahrheit begann zu diesem Zeitpunkt die Idee von Facebook nämlich aufzugehen, der Dienst gewann an der Harvard Universität schnell an Popularität und dies könnte ein kleiner Beweis dafür sein, dass Zuckerberg sozusagen Ceglia ablenken wollt und von diesem Projekt abbringen wollte, weil er merkte, dass es dann doch funktionierte.

    Kloiber: Aber dieser Mailverkehr ist sechs Jahre her. Warum meldet sich Ceglia jetzt erst zu Wort?

    Schuler: Diese Frage muss unbeantwortet bleiben. Laut Facebook habe er sich in all den Jahren nicht an das Unternehmen gewandt.

    Kloiber: Was sagen denn Marc Zuckerberg und sein Unternehmen auf diese Klage, Herr Schuler?

    Schuler: Tja, die Abwehr-Strategie von Facebook soll sich auf zwei Hauptpunkte stützen: Einmal die Glaubwürdigkeit Ceglias. Er soll wegen Drogenbesitzes verurteilt worden sein. Außerdem soll er gemeinsam mit seiner Frau Käufer in einem Holzhandel-Betrieb um 200.000 Dollar geprellt haben. Der zweite Punkt in der Abwehrstrategie von Facebook könnte – wir haben es schon angesprochen - die zeitliche Distanz sein. Genauer, die Frage, weshalb sich Ceglia erst nach so vielen Jahren zu Wort meldet. Dies könnte ein Ansatzpunkt sein, mit dem ein Gericht die Ansprüche zurückweisen könnte.