Dirk Müller: "Mehr Netto für alle!" Das war und ist immer noch das steuerpolitische Motto der CSU. Das war es vor allem auch im bayerischen Landtagswahlkampf. Nicht ganz so günstig damals allerdings die Signale von der Schwesterpartei. Die Kanzlerin hatte klipp und klar gemacht, mit uns gibt es keine Steuersenkungen. Sie ließ die CSU damit im Regen stehen. Seit dieser Woche nun ist dies alles etwas anders geworden. Ausgerechnet die CDU fordert jetzt "runter mit den Steuern", will damit in den Wahlkampf gehen. In Bayern sorgt dies für mehr als nur Kopfschütteln, auch bei Erwin Huber, vor der Wahlniederlage Ende September CSU-Parteichef und Finanzminister. Guten Morgen, Herr Huber.
Erwin Huber: Guten Morgen!
Müller: Herr Huber, sind Sie menschlich enttäuscht?
Huber: Zunächst einmal bin ich gar nicht enttäuscht, denn ich glaube, ein rechtzeitiges Handeln hätte das Profil der gesamten Union gestärkt, hätte deutlich gemacht, dass wir die Normalverdiener, die Arbeitnehmer unterstützen. Aber es hätte uns natürlich auch im Wahlkampf in Bayern sehr geholfen, denn so hat man uns im Regen stehen lassen.
Müller: Hat Sie das geärgert?
Huber: Natürlich ist damit auch Ärger verbunden, denn die Niederlage in Bayern und unser Stimmenrückgang nutzt ja auch der gesamten Union nichts. Es wäre also ein großer Erfolg für die Gesamtunion, auch für die Bundeskanzlerin gewesen.
Müller: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Angela Merkel das gemacht hat?
Huber: Ich glaube, dass die CDU Mitte des Jahres noch nicht so weit war, weil es ihr insgesamt, wie ich glaube, an strategischer und ordnender Hand in der Steuerpolitik fehlt. Für mich ist die CDU-Spitze viel zu sehr abhängig von Bundesfinanzminister Steinbrück, der allerdings eine Senkung der Steuern und eine Entlastung der Bürger eigentlich nicht will, weil er in sozialdemokratischer Art eher den Staat stärkt. Das heißt also, es wäre eine große Chance gewesen, Profil zu zeigen, Steuern senken, denn immerhin nimmt der Bund in diesem Jahr 50 Milliarden Euro mehr ein als 2005 und da wäre eine Entlastung drin gewesen. Jetzt sollte allerdings die Große Koalition schnell handeln. Jetzt sollte man innerhalb einer Woche in das Jahressteuergesetz entsprechende Regelungen hineinbringen, den Grundfreibetrag auf 8000 erhöhen, die Pendlerpauschale wieder einführen. Das wäre jetzt in der Frühphase der Rezession eine wirksame und schnelle Hilfe, den Konjunkturabschwung abzumildern und insgesamt die wirtschaftliche Situation zu verbessern.
Müller: Herr Huber, das haben Sie ja auch vor Monaten schon gefordert. Aber ich habe Sie schon eben - und auch die Hörer - richtig verstanden, indem Sie sagen, die CDU hat keine Steuerkompetenz?
Huber: Ich sehe auch, dass man in Sachen Erbschaftssteuer beispielsweise viel zu sehr den Einflüsterungen von Herrn Steinbrück gefolgt ist. Es ist das Verdienst der CSU, dass wir jetzt in Sachen Betriebe und eigengenutztes Eigenheim Verbesserungen haben. Ich glaube schon, dass es in der CDU jemand bräuchte, der mit strategischem Weitblick die Steuerpolitik betreibt als ein Hauptelement einer modernen Wirtschafts- und auch Gesellschaftspolitik. Und das zu verschieben nach der Bundestagswahl, das ist aus meiner Sicht politisch und konjunkturell und wirtschaftlich und sozial zu spät.
Müller: Vermissen Sie Friedrich Merz?
Huber: Friedrich Merz war sicherlich ein sehr kluger Kopf, aber es hilft ja nichts, seinem Abgang nachzutrauern. Aber es müsste innerhalb der CDU sich eine Kompetenz herausbilden mit einem Hauptgewicht Steuerpolitik für die Zukunft.
Müller: Das ist aber blöd, wenn die führende Regierungspartei keine Kompetenz hat in der Steuerfrage.
Huber: Das ist aus meiner Sicht zu wenig geordnet. Da gibt es diese Bestrebung und diese. Die Mittelständler fordern ja seit längerer Zeit eine Absenkung der Steuern. Ich möchte auch deutlich machen: Es ist ja nicht zuförderst ein Streit zwischen CDU und CSU. Wir sind ja nun vorgeprescht. Aber es sind ja nun auch viele innerhalb der CDU, der Mittelstandsbereich und auch Ministerpräsidenten, die unserer Position gefolgt sind, aber leider sind sie in den Gremien der CDU nicht durchgedrungen.
Müller: Also ist das auch ein spezifisches, ganz besonderes Problem der Bundeskanzlerin?
Huber: Es ist heute üblich, dass man es immer auf eine Person fokussiert.
Müller: Ist ja immerhin die Chefin!
Huber: Aber insgesamt ist es ein Thema, das ja seit längerer Zeit in der CDU zu wenig beackert wird, zu wenig Aufmerksamkeit findet, und ich empfehle der Kanzlerin, die Steuerpolitik mehr in den Mittelpunkt zu rücken.
Müller: Kommen wir, Herr Huber, noch einmal auf Ihre Enttäuschung zu sprechen. Blicken wir zurück auf den Parteitag der CSU vor einigen Wochen. Da haben Sie auch etwas ganz Kritisches gesagt in Richtung CDU.
O-Ton Huber: Ich möchte aber auch in keiner Weise die zwei Freunde aus der CDU anklagen. Wir freuen uns, dass Volker Kauder und Ronald Pofalla heute da sind. Aber ich kann dennoch die Bemerkung nicht unterlassen, wir hätten uns durchaus etwas mehr Unterstützung der Schwesterpartei vorstellen können.
Müller: Also haben Sie doch ein großes Problem damit gehabt, dass man Sie im Regen hat stehen lassen?
Huber: Es ist doch völlig klar. Wir haben am 5. Mai unseren Steuervorschlag vorgelegt. Das ist ja auch in drei Schritten - 2009, 2010, 2012 - sinnvoll angelegt worden, ist auch finanzierbar, und dazu gab es nicht nur keine Zustimmung, sondern auch sehr viele negative Stimmen aus der CDU. Wenn man seinerzeit die Kräfte gebündelt hätte in Richtung einer solchen Steuerpolitik, dann wäre für die Gesamtunion ein starkes Profil daraus geworden und es wäre mit Sicherheit auch ein wichtiger Baustein gewesen für die Landtagswahl in Bayern.
Müller: Hat die CDU Mitschuld an der Wahlniederlage der CSU?
Huber: Da gibt es immer viele Verantwortliche. Aber jedenfalls stelle ich fest: Die eigentlich notwendige schwesterliche Unterstützung haben wir leider in der notwendigen Form nicht bekommen.
Müller: Hat, Herr Huber, die CDU-Führung ein Interesse daran gehabt, dass die CSU nicht mehr so stark ist wie in der Vergangenheit?
Huber: Das würde ich nicht unterstellen. Es ist die Steuerpolitik der CDU mehr ausgerichtet auf den Bundestagswahlkampf und auf die in der Tat sehr wichtige Bundestagswahl im Jahr 2009 und man hat möglicherweise den Bayern einen eigenen Wahlerfolg schon zugetraut. Das heißt also, ich will da keine Absicht unterstellen.
Müller: Keine Absicht unterstellen, aber ein bisschen Taktik war schon mit im Spiel?
Huber: Dass uns ein klares Signal in Sachen Steuern und vor allem auch Pendlerpauschale gut getan hätte, das ist übereinstimmende Meinung in der CSU. Gerade auch in Zeiten der hohen Benzinpreise haben viele Arbeitnehmer in ganz Deutschland gerade in Sachen Pendlerpauschale auch die Unionsparteien gesehen, weil sie eben auch gemerkt haben, dass von Bundesfinanzminister Steinbrück eine eigene kreative und positive Steuerpolitik nicht zu erwarten ist. Das wäre die große Chance für die Unionsparteien gewesen. Die CSU hat die Vorschläge unterbreitet. Leider sind wir auf taube Ohren gestoßen.
Müller: Der CSU-Landtagsabgeordnete Erwin Huber bei uns im Deutschlandfunk. Vielen Dank, Herr Huber, und auf Wiederhören.
Huber: Bitte sehr. Auf Wiederhören.
Erwin Huber: Guten Morgen!
Müller: Herr Huber, sind Sie menschlich enttäuscht?
Huber: Zunächst einmal bin ich gar nicht enttäuscht, denn ich glaube, ein rechtzeitiges Handeln hätte das Profil der gesamten Union gestärkt, hätte deutlich gemacht, dass wir die Normalverdiener, die Arbeitnehmer unterstützen. Aber es hätte uns natürlich auch im Wahlkampf in Bayern sehr geholfen, denn so hat man uns im Regen stehen lassen.
Müller: Hat Sie das geärgert?
Huber: Natürlich ist damit auch Ärger verbunden, denn die Niederlage in Bayern und unser Stimmenrückgang nutzt ja auch der gesamten Union nichts. Es wäre also ein großer Erfolg für die Gesamtunion, auch für die Bundeskanzlerin gewesen.
Müller: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Angela Merkel das gemacht hat?
Huber: Ich glaube, dass die CDU Mitte des Jahres noch nicht so weit war, weil es ihr insgesamt, wie ich glaube, an strategischer und ordnender Hand in der Steuerpolitik fehlt. Für mich ist die CDU-Spitze viel zu sehr abhängig von Bundesfinanzminister Steinbrück, der allerdings eine Senkung der Steuern und eine Entlastung der Bürger eigentlich nicht will, weil er in sozialdemokratischer Art eher den Staat stärkt. Das heißt also, es wäre eine große Chance gewesen, Profil zu zeigen, Steuern senken, denn immerhin nimmt der Bund in diesem Jahr 50 Milliarden Euro mehr ein als 2005 und da wäre eine Entlastung drin gewesen. Jetzt sollte allerdings die Große Koalition schnell handeln. Jetzt sollte man innerhalb einer Woche in das Jahressteuergesetz entsprechende Regelungen hineinbringen, den Grundfreibetrag auf 8000 erhöhen, die Pendlerpauschale wieder einführen. Das wäre jetzt in der Frühphase der Rezession eine wirksame und schnelle Hilfe, den Konjunkturabschwung abzumildern und insgesamt die wirtschaftliche Situation zu verbessern.
Müller: Herr Huber, das haben Sie ja auch vor Monaten schon gefordert. Aber ich habe Sie schon eben - und auch die Hörer - richtig verstanden, indem Sie sagen, die CDU hat keine Steuerkompetenz?
Huber: Ich sehe auch, dass man in Sachen Erbschaftssteuer beispielsweise viel zu sehr den Einflüsterungen von Herrn Steinbrück gefolgt ist. Es ist das Verdienst der CSU, dass wir jetzt in Sachen Betriebe und eigengenutztes Eigenheim Verbesserungen haben. Ich glaube schon, dass es in der CDU jemand bräuchte, der mit strategischem Weitblick die Steuerpolitik betreibt als ein Hauptelement einer modernen Wirtschafts- und auch Gesellschaftspolitik. Und das zu verschieben nach der Bundestagswahl, das ist aus meiner Sicht politisch und konjunkturell und wirtschaftlich und sozial zu spät.
Müller: Vermissen Sie Friedrich Merz?
Huber: Friedrich Merz war sicherlich ein sehr kluger Kopf, aber es hilft ja nichts, seinem Abgang nachzutrauern. Aber es müsste innerhalb der CDU sich eine Kompetenz herausbilden mit einem Hauptgewicht Steuerpolitik für die Zukunft.
Müller: Das ist aber blöd, wenn die führende Regierungspartei keine Kompetenz hat in der Steuerfrage.
Huber: Das ist aus meiner Sicht zu wenig geordnet. Da gibt es diese Bestrebung und diese. Die Mittelständler fordern ja seit längerer Zeit eine Absenkung der Steuern. Ich möchte auch deutlich machen: Es ist ja nicht zuförderst ein Streit zwischen CDU und CSU. Wir sind ja nun vorgeprescht. Aber es sind ja nun auch viele innerhalb der CDU, der Mittelstandsbereich und auch Ministerpräsidenten, die unserer Position gefolgt sind, aber leider sind sie in den Gremien der CDU nicht durchgedrungen.
Müller: Also ist das auch ein spezifisches, ganz besonderes Problem der Bundeskanzlerin?
Huber: Es ist heute üblich, dass man es immer auf eine Person fokussiert.
Müller: Ist ja immerhin die Chefin!
Huber: Aber insgesamt ist es ein Thema, das ja seit längerer Zeit in der CDU zu wenig beackert wird, zu wenig Aufmerksamkeit findet, und ich empfehle der Kanzlerin, die Steuerpolitik mehr in den Mittelpunkt zu rücken.
Müller: Kommen wir, Herr Huber, noch einmal auf Ihre Enttäuschung zu sprechen. Blicken wir zurück auf den Parteitag der CSU vor einigen Wochen. Da haben Sie auch etwas ganz Kritisches gesagt in Richtung CDU.
O-Ton Huber: Ich möchte aber auch in keiner Weise die zwei Freunde aus der CDU anklagen. Wir freuen uns, dass Volker Kauder und Ronald Pofalla heute da sind. Aber ich kann dennoch die Bemerkung nicht unterlassen, wir hätten uns durchaus etwas mehr Unterstützung der Schwesterpartei vorstellen können.
Müller: Also haben Sie doch ein großes Problem damit gehabt, dass man Sie im Regen hat stehen lassen?
Huber: Es ist doch völlig klar. Wir haben am 5. Mai unseren Steuervorschlag vorgelegt. Das ist ja auch in drei Schritten - 2009, 2010, 2012 - sinnvoll angelegt worden, ist auch finanzierbar, und dazu gab es nicht nur keine Zustimmung, sondern auch sehr viele negative Stimmen aus der CDU. Wenn man seinerzeit die Kräfte gebündelt hätte in Richtung einer solchen Steuerpolitik, dann wäre für die Gesamtunion ein starkes Profil daraus geworden und es wäre mit Sicherheit auch ein wichtiger Baustein gewesen für die Landtagswahl in Bayern.
Müller: Hat die CDU Mitschuld an der Wahlniederlage der CSU?
Huber: Da gibt es immer viele Verantwortliche. Aber jedenfalls stelle ich fest: Die eigentlich notwendige schwesterliche Unterstützung haben wir leider in der notwendigen Form nicht bekommen.
Müller: Hat, Herr Huber, die CDU-Führung ein Interesse daran gehabt, dass die CSU nicht mehr so stark ist wie in der Vergangenheit?
Huber: Das würde ich nicht unterstellen. Es ist die Steuerpolitik der CDU mehr ausgerichtet auf den Bundestagswahlkampf und auf die in der Tat sehr wichtige Bundestagswahl im Jahr 2009 und man hat möglicherweise den Bayern einen eigenen Wahlerfolg schon zugetraut. Das heißt also, ich will da keine Absicht unterstellen.
Müller: Keine Absicht unterstellen, aber ein bisschen Taktik war schon mit im Spiel?
Huber: Dass uns ein klares Signal in Sachen Steuern und vor allem auch Pendlerpauschale gut getan hätte, das ist übereinstimmende Meinung in der CSU. Gerade auch in Zeiten der hohen Benzinpreise haben viele Arbeitnehmer in ganz Deutschland gerade in Sachen Pendlerpauschale auch die Unionsparteien gesehen, weil sie eben auch gemerkt haben, dass von Bundesfinanzminister Steinbrück eine eigene kreative und positive Steuerpolitik nicht zu erwarten ist. Das wäre die große Chance für die Unionsparteien gewesen. Die CSU hat die Vorschläge unterbreitet. Leider sind wir auf taube Ohren gestoßen.
Müller: Der CSU-Landtagsabgeordnete Erwin Huber bei uns im Deutschlandfunk. Vielen Dank, Herr Huber, und auf Wiederhören.
Huber: Bitte sehr. Auf Wiederhören.