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"Die CDU wird Kurs halten"

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla wirft der SPD einen Linksschwenk sowie eine Abkehr von Zielen der Großen Koalition vor. "Mit uns wird es eine Abkehr vom Kurs der Mitte, der die Wachstumskräfte in unserem Land stärkt und jedem Einzelnen Chancen eröffnet, nicht geben", versicherte Pofalla.

Moderation: Elke Durak |
    Elke Durak: Worauf bereitet sich die CDU-Führung derzeit vor? Auf den Parteitag Anfang Dezember in Hannover oder eventuell doch und auf die Trennung von der SPD? Die Frage kam mir doch ein wenig in den Sinn, als ich gestern die Beschlussvorlage für die Sitzung des Bundesvorstandes der CDU am 2.12. gelesen habe. Darin ist klar und deutlich aufgeschrieben, was die CDU will und vor allem, was sie nicht will. Da ist einiges dabei, was der Koalitionspartner, die SPD, so gar nicht mag.

    Am Telefon ist also Ronald Pofalla, Generalsekretär der CDU, guten Morgen Herr Pofalla!

    Ronald Pofalla: Guten Morgen, Frau Durak!

    Durak: Habe sie damit die Scheidungspapiere eingereicht?

    Pofalla: Völlig abwegig. Wir machen deutlich, was für uns wichtig ist und das für uns unverzichtbar ist. Und nach unserer Auffassung dürfen wir jetzt den Aufschwung nicht verspielen, sondern müssen ihn stärken. Die SPD hat auf ihrem Bundesparteitag vieles in Frage gestellt. Die CDU wird Kurs halten. Mit uns wird es eine Abkehr vom Kurs der Mitte, der die Wachstumskräfte in unserem Land stärkt und jedem Einzelnen Chancen eröffnet, nicht geben.

    Durak: Mit wem wollen Sie denn Kurs halten, wenn die SPD so vieles nicht will, was Sie wollen?

    Pofalla: Zunächst erst einmal haben wir einen Koalitionsvertrag, und da gibt es immerhin noch einige Punkte, die wir nicht abgearbeitet haben und die sollten wir jetzt gemeinsam in Angriff nehmen. Und darüber hinaus gibt es Beschlüsse der SPD, die darauf hinauslaufen, bereits umgesetzte Reformen der Großen Koalition wieder zurückzunehmen wie beispielsweise bei der Rente mit 67 oder wie beispielsweise die Kindergeldauszahlung, die wir jetzt zurückgenommen haben auf das 25. Lebensjahr des Kindes, die will die SPD wieder erhöhen. Alles das wird es mit uns nicht geben. Ein Zurück ist der falsche Weg.

    Durak: Gleiches Recht für alle, Herr Pofalla. Die SPD hatte ihren Parteitag, Sie haben beschrieben, wie Sie das gesehen haben. Sie werden Ihren haben. Dann wird es am Ende so sein, da stehen Beschlüsse gegen Beschlüsse, und wer zuerst schießt, ist der Sieger oder wie?

    Pofalla: Nein, es geht darum, dass wir jetzt die positive Entwicklung im Bereich des Wachstums und vor allem die sehr gute Entwicklung im Arbeitsmarkt weiter stärken, damit wir in Deutschland die nach wie vor zu hohe Arbeitslosigkeit von 3,4 Millionen Arbeitslosen entscheidend weiter senken können.

    Durak: Der Weg ist aber entscheidend, und da will ja die SPD offenbar andere Wege gehen als Sie. Wie soll das gehen bis 2009?

    Pofalla: Wir haben ja Gemeinsamkeiten, auf deren Basis wir weiterarbeiten können. Nehmen Sie den Investivlohn, hier gibt es eine gemeinsame Koalitionsarbeitsgruppe, die vermutlich spätestens am Beginn des Jahres Eckpunkte gemeinsam vereinbaren wird. Und dann haben wir 2008 die Chance, zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einen Investivlohn für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer umzusetzen und gesetzlich abzusichern. Das würde ja auch noch mal die Einkommen der Arbeitnehmer in Deutschland verbessern.

    Durak: Nehmen wir etwas anderes, die Mindestlöhne, die SPD will mehr, deutlich mehr als Sie, Sie wollen das gar nicht, sondern Mindesteinkommen über staatliche Zuschüsse, das erinnert an das alte Kombilohnmodell. Sie wollen keine Aufweichung der Rente mit 67. Heißt das, alle bis 67? Die SPD sagt nein. Sie sind gegen eine Erhöhung der Einkommenssteuer und gegen eine Verbreiterung der Vermögenssteuer. Die SPD will etwas anderes. Was soll da noch zusammengehen?

    Pofalla: Jetzt nehmen wir mal in Sachen Mindestlöhne die Ausgangslage. Wir sind der Auffassung, wer Unternehmen zwingen will, einen Lohn zu zahlen, der nicht zu erwirtschaften ist, der sorgt dafür, dass viele Menschen gar keinen Lohn mehr bekommen. Und deshalb haben wir uns in der Koalition darauf verständigt, auf der Basis des Entsendegesetzes und des Mindestarbeitsbedingungsgesetzes, dann, wenn beide Tarifvertragsparteien den Antrag stellen, ob eine Allgemeinverbindlichkeit auf einen Mindestlohn, dass wir diese Anträge positiv prüfen und nach Möglichkeit dann auch umsetzen. Hier gibt es genügend Handlungsmöglichkeiten, aber einen einheitlichen, gesetzlichen Mindestlohn, den wird es mit uns nicht geben.

    Durak: Das Beispiel Post haben wir ja noch alle in Erinnerung mit allen möglichen Folgen. Herr Pofalla, ich habe, wenn ich diese Beschlussvorlage richtig gelesen habe, und das habe ich versucht, kein Wort zur Pflegereform gefunden. Habe ich das überlesen?

    Pofalla: Nein, wir haben ja eine Vereinbarung in Sachen Pflege, wo eine Arbeitsgruppe unter Führung der zuständigen Ministerin Eckpunkte vereinbart hat. Diese setzen wir in diesen Tagen um. Und ich gehe davon aus, dass wir eine grundlegende Pflegeversicherungsreform bekommen, die im Wesentlichen ja eine erhebliche Leistungserweiterung bringen wird, indem wir über eine Million Demenzkranke, die bisher in der Pflegeversicherung nicht versichert sind, mitversichern und damit den Familien und den Betroffenen eine zusätzliche soziale Sicherheit geben.

    Durak: Und die Geschichte mit der Kopfpauschale ist dann vom Tisch?

    Pofalla: Wir haben Parteitagsbeschlüsse der CDU, die gelten, die sind zum Teil jetzt mit der SPD nicht umsetzbar. Das sind Fragen, die werden wir nach 2009, wenn wir dafür die Möglichkeit haben, in Angriff nehmen. Jetzt geht es ja darum, die Dinge gemeinsam mit der SPD umzusetzen, wo wir eine gemeinsame Grundlage haben.

    Durak: Das heißt, dieser Parteitag wird für Sie auch zur Eröffnung des Wahlkampfes dienen im Grunde?

    Pofalla: Nein, es geht nicht um Wahlkampf. Wir müssen zwei Jahre noch erfolgreiche Arbeit für Deutschland weiter fortführen. Es geht darum, deutlich zu machen, nach dem SPD-Parteitag, der die SPD ja eindeutig nach links geschwenkt hat und der dazu beigetragen hat, dass die sogenannte Neue Mitte von Schröder im Papierkorb gelandet ist, jetzt geht es darum, deutlich zu machen, wo unsere Position ist, was mit uns geht und was mit uns nicht geht.

    Durak: Da haben Sie auch schon die CSU erschreckt mit dem Papier und dem allen, was da so drin steht. Und man fragt sich, die CSU fragt sich, wohin schwenkt denn meine Schwesterpartei. Der Vorsitzende Huber hat die CDU vor einem Linksrutsch gewarnt, vor der Sozialdemokratisierung der CDU. Schwenken Sie mit der SPD ein bisschen mit?

    Pofalla: Ganz eindeutig nicht. Wir bleiben die einzige, verbleibende Volkspartei in ganz Deutschland, Volkspartei der Mitte. Und das werden wir deutlich machen auf unserem kommenden Bundesparteitag in Hannover. Und ich bin sehr optimistisch, dass die beiden Unionsparteien diesen Kurs gemeinsam als Takt in der Großen Koalition vorgeben.

    Durak: Sie regieren aber nicht allein mit der CSU, Herr Pofalla, sondern mit der SPD. Und da sehe ich so relativ wenig Übereinkommen in den angesprochenen wichtigen Dingen.

    Pofalla: Um ein weiteres Beispiel Ihnen zu nennen, damit der Eindruck, der, glaube ich, fälschlicherweise bei Ihnen entstanden ist, sich nicht verfestig, nehmen Sie die Senkung der Lohnzusatzkosten. Die Große Koalition hat zum ersten Mal seit langer Zeit die Zusatzkosten wieder auf unter 40 Prozent gesenkt. Der Arbeitgeberbeitrag liegt bei etwas 19 Prozent. Diesen Weg können wir weiter fortgehen, gemeinsam fortgehen, indem wir Spielräume, die sich in den kommenden zwölf Monaten beispielsweise durch eine weitere positive Entwicklung im Arbeitsmarkt für die Beitragsentwicklung ergeben, indem wir diese Beitragsentwicklung dann an die Versicherten zurückgeben und zu weiteren Senkungen bei den Lohnzusatzkosten kommen.

    Durak: Wie soll der Parteitag sich orientieren oder die Partei orientieren? Eher am Modell Kirchhof oder eher am Modell Rüttgers, also Leipziger Beschlüsse? Rückt die CDU weiter nach Leipzig sozusagen?

    Pofalla: Wir beraten ja das dritte Grundsatzprogramm der CDU Deutschlands in ihrer über 60-jährigen Geschichte. Wir haben eine neue Architektur entwickelt, und die neue Architektur heißt Freiheit und Sicherheit. Für uns ist Freiheit ohne Sicherheit nicht vorstellbar, aber auch Sicherheit ohne Freiheit nicht. Und ich gehe davon aus, dass diese neue Architektur, die im Grundsatzprogramm der CDU Deutschlands angelegt ist, vom Parteitag nach Beratung dann auch mit großen Mehrheiten besteht.

    Durak: Und was hat das jetzt mit Kirchhof oder Rüttgers zu tun?

    Pofalla: Freiheit bedeutet, wir müssen zu weiteren Steuersenkungen kommen, und Sicherheit heißt, die Menschen, die auf Sicherheit angewiesen sind, weil sie sich selber nicht helfen können, die müssen weiter davon ausgehen können, dass der Staat eingreift, um ihnen zu helfen.

    Durak: Ronald Pofalla, Generalsekretär der CDU. Herzlichen Dank für das Gespräch.

    Pofalla: Dankeschön.