Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv


Die deutschen Bibliotheken nutzen die digitalen Möglichkeiten nicht genug

Bibliothekare aus aller Welt treffen sich ab morgen in Bonn. Ein wichtiges Thema: Wie können Universitätsbilbiotheken die Möglichkeiten des Internet noch besser nutzen und wie machen sie ihrerseits ihre Nutzer dafür fit?

31.07.2003
    Honecker: Was hat das Internet vor allem für die Universitäts- und Forschungsbibliotheken verändert?



    Rösch: Die Hochschulbibliotheken haben eigentlich sehr früh die Chancen erkannt, die das Internet bietet, indem sie dort ihre Kataloge präsentiert haben und Websites angeboten haben. In der Zwischenzeit ist es allerdings doch geboten, auf den Bedarf und die Informationskultur zu reagieren, die sich bei den Nutzern durch das Internet entwickelt. Es müssen Informationsdienstleistungen entwickelt und angeboten werden, die spezifisch das Medium Internet nutzen.

    Honecker: Sie sprechen den Begriff digital reference an. Hier hinke Deutschland im Vergleich zu den USA hinterher. Was heißt das?

    Rösch: Digital reference heißt eigentlich ''online-Auskunft'' im Internet. Auskunftsdienstleistung von Bibliotheken haben in Deutschland eigentlich eine sehr schwache Position. Besonders im Vergleich zur us-amerikanischen Praxis. Digital reference nutzt insbesondere die Telekommunikationsinfrastruktur des Internet - etwa E-Mail oder auch den Chat - um Nutzern, an dem Punkt, wo sie Hilfe brauchen, unter den Arm zu greifen. Etwa bei Katalogrecherchen. Sie betreiben die Vermittlung von Informationskompetenz.

    Honecker: Ich gehe in die Universitätsbibliothek und suche. Was passiert da in den USA. Welche Möglichkeiten habe ich dort, mit dem Bibliothekar zu kommunizieren?

    Rösch: Sie suchen einen Titel von Gadamer aus dem Jahr 2003 auf Spanisch. Sie kommen mit der Recherche nicht zurecht, weil sie mehrer Suchargumente eintragen müssen. Dann haben sie dort einen Button auf der Suchoberfläche, der heißt: ''Ask a librarian''. Den könne sie anklicken und sie werden innerhalb kurzer Zeit online mit einem Bibliothekar verbunden. Der kann Ihnen dann das korrekt ausgefüllt Suchformular per page pushing auf ihren Monitor schicken, so dass Sie von dort aus weiter recherchieren können.

    Honecker: Wie wird verhindert, dass wir parallel suchen?

    Rösch: In den USA haben sich als Software-Lösung so genannte web-contact-center herausgebildet. Das ist eine Adaptation aus dem e-commerce. Sie bieten etwa die Option, über das Schicken einer Seite oder per co-browsing gemeinsam eine kompliziertere Recherche durchzuführen.

    Honecker: Das klingt alles etwas kompliziert. Sind überhaupt die Nutzer in der Lage, das derzeit zu praktizieren?

    Rösch: In Ländern wie den USA, Großbritannien und Skandinavien hat sich die Informationskultur bei den Nutzern schon frühzeitig weiter entwickelt. Aber auch bei uns wird man diese Informationskultur fördern müssen durch eine aktive Werbung für diese Angebote.

    Links zum Thema:

    IFLA = International Federation of Library Associations and Institutions