Archiv


"Die deutschen Soldaten sind hier gut aufgestellt"

Vorwürfe des Bundeswehrverbandes, die deutsche Patriot-Mission in der Türkei sei unzureichend ausgerüstet, weist der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte zurück. Das Parlamentsmandat sehe einen rein präventiven und defensiven Einsatz vor, dafür seien die Soldaten gut ausgestattet.

Henning Otte im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann |
    Dirk-Oliver Heckmann: Gestern machten sich die ersten Bundeswehrsoldaten auf den Weg Richtung Türkei. Sie sollen den Einsatz deutscher Patriot-Abwehrraketen vorbereiten, die gestern verschifft worden sind und die dem Schutz der Türkei vor einem möglichen syrischen Angriff dienen sollen. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, hat jetzt bemängelt, dass die Soldaten nicht gegen einen etwaigen Giftgaseinsatz gerüstet seien. Zwar würden die Soldaten über eine entsprechende Schutzausrüstung verfügen, notwendige Spezialisten aber seien nicht vor Ort. – Dazu begrüße ich am Telefon den stellvertretenden verteidigungspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte. Schönen guten Tag, Herr Otte!

    Henning Otte: Schönen guten Tag, Herr Heckmann.

    Heckmann: Herr Otte, schicken Sie also die deutschen Soldaten in ein Himmelfahrtskommando?

    Otte: Nein, keineswegs. Der Deutsche Bundestag hat mit ganz breiter Mehrheit ein klar abgegrenztes Mandat erteilt, ein Schutzsystem Patriot zur Unterstützung der Türkei als NATO-Partner. Dieses Modul umfasst zwei Feuereinheiten, ein Führungs- und ein Versorgungselement, und ist Teil eines Ganzen, und von daher sind unsere Soldaten gut vorbereitet.

    Heckmann: Aber sollte und müsste zu einem solchen Mandat nicht auch gehören, die Bundeswehrsoldaten vor einem möglichen Einsatz von Giftgas zu schützen?

    Otte: Dieses Mandat soll das Ziel haben, dass präventiv agiert wird, defensiv, um von vornherein zu sagen, Angriffe mit Raketen von Syrien auf die Türkei würden zu keinem Ziel, zu keinem Ergebnis führen, und das ist ja auch Aussage des Mandates, rein defensiv, rein präventiv, und von daher sind wir da, denke ich, auf der richtigen Seite.

    Heckmann: Das heißt, Herr Otte, wir halten fest: Herr Kirsch hat Recht, die deutschen Soldaten sind also gegen einen möglichen Giftgaseinsatz nicht ausreichend gerüstet?

    Otte: Nein. Die deutschen Soldaten sind hier gut aufgestellt. Dieser Beitrag der Deutschen ist im Gesamtzusammenhang zu sehen. Dieses Mandat steht unter dem Oberbefehlshaber der alliierten Truppen in Europa, dem "SACEUR", und von daher hat die NATO hier die Befehlskommandogewalt und kann auch entsprechend agieren. Wir sind nur ein Teil des Ganzen und die Anfrage der Türkei für uns war, Schutzsysteme zur Verfügung zu stellen, die die USA, die Niederlande und Deutschland hat, und dazu haben wir ja gesagt.

    Heckmann: Herr Kirsch hat ja auch konzidiert, dass die deutschen Soldaten über entsprechende Schutzausrüstungen verfügen, aber wie erwähnt: die notwendigen Spezialisten, die ABC-Spezialisten, seien nicht vor Ort. Ist das aber nicht fahrlässig, wenn man deutsche Soldaten in eine solche Region schickt, wenn man davon ausgehen muss, dass Syrien möglicherweise Giftwaffen einsetzt?

    Otte: Die Deutschen sind stationiert in Kahramanmaras, das ist im Inland der Türkei, es besteht von daher ausreichend Abstand zum Zielgebiet. Ziel ist es ja nicht, genau über der Stadt abzuwarten, bis Raketen ankommen, sondern Ziel ist es, die bei Eintreffen auf türkischem Hoheitsgebiet schon zu zerstören und damit unschädlich zu machen.

    Heckmann: Das heißt, Sie schließen aus, dass die Soldaten möglicherweise Opfer eines solchen Giftgasangriffes werden können?

    Otte: Das wollen wir natürlich ausschließen. Daher ja auch die Stationierung im Inland und nicht direkt an der Grenze.

    Heckmann: Gibt es denn innerhalb der ganzen Operation, die ja international aufgestellt ist, ABC-Schützen, die Herr Kirsch da ja so vermisst?

    Otte: Der Oberbefehlshaber der alliierten Truppen in Europa, der "SACEUR", hat den Gesamtoperationsplan. Die NATO ist darauf ausgerichtet, dass wir unterschiedliche Fähigkeiten zur Verfügung stellen, und von daher muss der Operationsplan das im Auge haben und davon ist auch auszugehen, dass unsere Soldaten hier keiner Gefährdung ausgesetzt sind.

    Heckmann: Davon ist auszugehen, sagen Sie. Das heißt, Sie wissen das nicht genau, ob die anderen internationalen Truppen über solche Spezialisten verfügen?

    Otte: Herr Heckmann, wissen Sie, die Anfrage der Türkei war klar darauf ausgerichtet, dass wir ein Mandat erteilen für die Entsendung eines Patriot-Systems, stationiert im Inland der Türkei, und das gesamte Operationsfeld soll dazu dienen, dass wir gegebenenfalls, im Rahmen der Abschreckung allerdings, vorbereitet werden. Dies ist eine präventive Maßnahme, dies ist defensiv ausgerichtet, und von daher, denke ich, zeigt die breite Mehrheit des Mandates im Deutschen Bundestag auch, dass wir hier unsere Soldaten vorbereitet in den Einsatz entsenden.

    Heckmann: Das sieht aber der Chef des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, offenbar anders. Hat er da irgendwas falsch verstanden?

    Otte: Herr Kirsch hat die Aufgabe, die Interessen des Bundesverbandes zu vertreten. Wir sind hier in einem sehr engen Austausch miteinander. Aber Herr Kirsch darf eben nicht nur die isolierte Rolle des Mandates sehen, sondern dieses Mandat ist eingebunden in ein Gesamtkonzept.

    Heckmann: Und Sie sehen auch nicht die Notwendigkeit, dieses Mandat möglicherweise noch einmal um diese ABC-Schützen auszuweiten?

    Otte: Das Mandat, das dem Deutschen Bundestag vorgelegt worden ist, umfasst die Entsendung eben der Patriot-Systeme. Alles weitere war jetzt nicht angefordert und von daher sehe ich da auch nicht die Notwendigkeit.

    Heckmann: Der stellvertretende verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte, war das live hier im Deutschlandfunk. Herr Otte, danke Ihnen für das Interview.

    Otte: Auf Wiedersehen!


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.