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Die Drei von der SPD

Die SPD hat eine neue Troika: Parteichef Sigmar Gabriel, Fraktionsvorsitzender Frank-Walter Steinmeier und der frühere Finanzminister Peer Steinbrück beflügeln Spekulationen um die Kanzlerkandidatur. Der mit den besten Chancen soll Merkel 2013 herausfordern.

Von Frank Capellan | 12.09.2011
    "Ich habe ja noch nix gesagt, da klatschen, die schon!" "Genieß es!"

    Sigmar Gabriel grinst bis über beide Ohren. "Kneif mich mal", scheint der oberste Genosse manchmal zu denken. Vor nicht einmal zwei Jahren übernahm der gewichtige Niedersachse eine Partei, die bei der Bundestagswahl mit 23 Prozent nahezu k.o. geschlagen war, jetzt steht er im Atrium des Willy-Brandt-Hauses, um jene knapp 36 Prozent zu kommentieren, die seine Freunde in Mecklenburg-Vorpommern gerade eingefahren haben. Gabriel kommt kaum zu Wort, genießt es, weiß, dass mit jedem Erfolg im Land auch seine Position als Bundesvorsitzender gestärkt wird.

    Gabriel auf einen Zuruf: "Was sagst Du? Zugabe?" - "Ja, was meint Ihr, warum Klaus hier ist!"

    Gabriel umgibt sich gern mit Gewinner-Typen. Klaus Wowereit, Berlins Stadtoberhaupt, das in der Bundespartei nach wie vor nicht den besten Ruf hat, zählt dazu, erst recht so kurz vor der Wahl in der Hauptstadt, die den nächsten Erfolg bringen dürfte. Kaum jemand außerhalb der SPD bemerkt es: Wowereit ist zudem einer von Gabriels Stellvertretern.

    So wie Manuela Schwesig, das junge, sympathische Gesicht aus dem Osten. Am Morgen nach der Wahl ist es die 37-Jährige aus Schwerin, die neben Gabriel strahlt. Und die Botschaft der Sozialministerin aus Mecklenburg-Vorpommern ist auch die des Parteivorsitzenden: "Wir können regieren, auch im Bund!"

    "Wir haben die Themen, über die wir oft in diesem Haus debattieren, die wir gemeinsam voranbringen wollen, gute Arbeit, soziale Gerechtigkeit und Ökologie, solide Finanzen, zusammengebracht, wir versuchen das tagtäglich dort in Regierungsverantwortung zu leben und sind dafür gestern Abend belohnt worden!"

    Doch Gabriel weiß, dass es nicht reicht, gewonnene Wahlen zu feiern. Um die nächsten zu gewinnen, muss er raus auf die Straße, ran an den Mann, ran an die Frau.

    Gabriel im Gespräch mit einer Bürgerin:

    "Sie sehen aus wie der Gabriel!"
    "Das bin ich auch!"
    "Ich sehe sie öfter im Fernsehen!"
    "Jo, und nu mal live, was ist schlimmer?"
    "Nee, ist alles gut!"
    "Danke!"

    Wenn Sigmar Gabriel in Fußgängerzonen mit roten Rosen um neue Wähler wirbt, dann wird er zumindest immer häufiger erkannt. Seine Beliebtheitswerte in der Bevölkerung können ihn nicht zufriedenstellen, doch mancher, der ihn persönlich erlebt, ist überrascht. Gabriel kann zuhören, er ist ernsthaft interessiert, er fragt nach, er versucht zu überzeugen:

    "Nein, es gibt in der SPD kein Grünen-Bekämpfungskommando."
    Es läuft in letzter Zeit besser für Sigmar Gabriel. Seine Kritiker sind leiser geworden. Noch Ende vergangenen Jahres hatten ihm die konservativen Seeheimer angelastet, es gebe unter seiner Führung zu viel "Hü und hott", der Wähler wisse überhaupt nicht mehr, wofür die SPD stehe. Populismus wird Gabriel, bei manchem Genossen als Choleriker verschrien, immer wieder vorgeworfen. "Er ist einer, der Politik aus dem Bauch heraus macht", meint einer aus dem Fraktionsvorstand.

    Sein Umgang mit dem ungeliebten Parteifreund Thilo Sarrazin gilt als exemplarisch. Er war es, der den ehemaligen Berliner Senator wegen seiner umstrittenen Thesen zur Vererbbarkeit von Intelligenz aus der Partei schmeißen wollte. Seine Generalsekretärin sollte es umsetzen. Als sie scheitert, lässt Gabriel sie im Regen stehen.

    Wenn etwas schief läuft, muss Andrea Nahles dafür gerade stehen, wenn es Positives zu vermelden gibt, ist dafür der Vorsitzende zuständig. Und Sigmar Gabriel lässt keine Gelegenheit aus, zu betonen, dass es seit dem 23-Prozent-Debakel im Herbst 2009 stetig bergauf geht:

    "Wir hatten jetzt sieben Wahlen, wir sind siebenmal in der Regierung. Immer, wenn ein Sozialdemokrat angetreten ist, der im Amt war, ist er wiedergewählt worden!"

    Zwar liegen die Umfragewerte meist weiterhin knapp unter 30 Prozent, "aber man darf ja nicht vergessen, von wo die Partei kommt", meint Professor Oskar Niedermayer, Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin. Die langsame Erholung habe die Partei auch Sigmar Gabriel zu verdanken:

    "Er hat der SPD erst mal eine Nachdenk-Pause verordnet von einem guten Jahr, wo die SPD sich in verschiedenen Werkstatt-Gesprächen mit verschiedensten Themen befasst hat, neue eigene Gedanken und Konzepte entwickelt hat. Was jetzt noch ein bisschen fehlt, ist, dass die SPD mit diesen eigenen Konzepten auch wirklich wieder sichtbar wird beim Wähler. Denn sie ist im letzten halben Jahr in den meisten der Debatten eher nicht vorgekommen."

    Zum Teil lag das daran, dass im Grunde nur die Grünen von der Reaktorkatastrophe in Japan und der Diskussion über die Atompolitik profitieren konnten. Im Zusammenhang mit der Euro-Rettung soll sich das nun ändern. In Zeiten tiefster Verunsicherung vieler Bürger und offensichtlicher Uneinigkeit der eigenen Reihen über Merkels Kurs setzt die SPD auf Ehrlichkeit und Verlässlichkeit.

    Anders als die Koalition streitet sie nicht über Milliarden-Hilfspakete. Gabriel signalisiert staatsmännisch seine Zustimmung. Und während Union und FDP trotz Euro-Krise weiter von denkbaren Steuersenkungen reden, wagen die Sozialdemokraten nun selbstbewusst das Gegenteil: Ausgerechnet zu Beginn der von der Euro-Krise überschatteten Haushaltswoche legen sie ein Steuerkonzept vor, das eine deutlich stärkere Belastung der Besserverdienenden vorsieht. Der Spitzensteuersatz soll wieder angehoben werden, auf 49 Prozent ab einem jährlichen Einkommen von 100.000 Euro. Die Vermögenssteuer steht, wenn es nach der SPD geht, kurz vor der Wiedereinführung.

    "Das ist auch ein Aufruf zu sozialem Patriotismus in Deutschland. Das ist nicht Sozialneid. Höhere Spitzensteuersätze sind ein Beitrag derjenigen, die nicht nur durch eigene Leistung reich geworden sind, sondern bei denen ja auch das ganze Land die Rahmenbedingungen für ihren Wohlstand mitgeliefert hat!"

    Doch kann die SPD mit der alten Leier der Umverteilung von oben nach unten eine Bundestagswahl gewinnen oder riskiert sie damit, die gutbürgerliche Mitte zu vernachlässigen, mit deren Hilfe Gerhard Schröder ins Kanzleramt zog? Er wurde einst als Genosse der Bosse tituliert, er hatte dafür gesorgt, dass der Spitzensteuersatz von 53 auf 42 Prozent gesenkt wurde. Rückt die SPD nun unter Gabriel zu sehr nach links? Parteienforscher Niedermayer sieht diese Gefahr nicht:

    "Ich denke schon , dass es die richtige Strategie ist, zwar jetzt nicht nach linksaußen zu gehen und zu versuchen, die Linkspartei zu überholen in den Inhalten, aber eben nicht so sehr auf die Besserverdienenden zu schielen, sondern wenn, dann auf die mittleren Einkommen und die unteren Einkommen. Das ist das Wählersegment, das die SPD hat. Nun kann man natürlich sagen, denen müsste man jetzt Wahlgeschenke machen. Andererseits sehen wir ja, dass diese Schuldenkrise den Leuten extrem auf den Nägeln brennt, und dass sie durchaus sagen, Steuersenkungen sind uns in dieser Lage gar nicht so wichtig, wichtiger sind uns solide Finanzen, weil wir Angst haben um die Zukunft, um unser Erspartes."

    In der Partei allerdings dürfte das Steuerkonzept noch für erheblichen Zündstoff sorgen. Mancher fürchtet, dass die SPD als reine Steuererhöhungspartei dastehen könnte. Dass auf die zunächst geplante Senkung der Steuer- und Abgabenlast erst einmal verzichtet wird, ist äußerst umstritten.

    Immerhin: Inzwischen trägt selbst Peer Steinbrück das neue Steuerkonzept mit, obwohl ihm ein wichtiger Punkt fehlt: Der Abbau der Progression für die mittleren Einkommen, das auch von den Sozialdemokraten angekündigte Abspecken des sogenannten Mittelstandsbauches.

    Doch Steinbrück ist wieder da. In der Finanzkrise wird der 64-Jährige jetzt als ruhender Pol gebraucht - alle Umfragen belegen seine Popularität. Nach der Bundestagswahl noch verneinte Steinbrück jede Ambition aufs Kanzleramt, jetzt aber attackiert er seine frühere Chefin und erinnert dabei ganz unbescheiden an eigene Verdienste. Unvergessen ist vielen Wählern, wie er sich im Jahr 2008 als Finanzminister in der Großen Koalition gemeinsam mit der Kanzlerin vor die Kameras stellte und den Menschen erklärte: "Euer Erspartes ist sicher!"

    So wie wir das auf dem Höhepunkt der Bankenkrise gemacht haben, hätte es Merkel auch am Anfang der Griechenland-Rettung tun müssen, lautet seine Botschaft:

    "Wenn es damals zu einer ähnlichen Aufstellung gekommen wäre, des EZB-Präsidenten, des Kommissionspräsidenten, vielleicht flankiert durch den französischen Staatspräsidenten, durch die deutsche Bundeskanzlerin, die sehr deutlich den Märkten signalisiert, dass auch die Anleihen der in Schwierigkeiten kommenden Länder garantiert werden, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass wir nicht in den selben Kalamitäten stecken würden wie heute!"

    Spätestens seit dem gelungenen PR-Coup der Genossen am 18. Juli, als Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück zum Auftakt der Sommerpause gemeinsam vor die Hauptstadtpresse treten und die Rettung des Euro anmahnen, ist klar: Die SPD hat eine neue Troika. Sofort werden damit auch ungute Erinnerungen geweckt, an Willy Brandt, Herbert Wehner und Helmut Schmidt, die sich zuletzt mit Misstrauen begegneten, vor allem aber an das Wahljahr 1994.

    Das Ende ist nicht vergessen. Scharping verliert die Wahl, Lafontaine putscht ihn aus dem Parteivorsitz, und unterliegt später gegen Schröder. Wie stark ist diesmal das Team? Das neue Triumvirat beflügelt die Spekulationen. Der mit den besten Chancen soll Merkel 2013 herausfordern, so haben es die drei vereinbart, er gehöre dazu, das hatte Steinbrück schon im April ausgeplaudert.

    "Der Zeitpunkt wird kommen, wo ich mich in Absprache jedenfalls mit zwei oder drei Führungspersönlichkeiten der SPD darüber zusammensetze."

    Derzeit scheint alles auf ihn hinauszulaufen. Aber wird sich der in den Beliebtheitswerten weit abgeschlagene Machtmensch Gabriel wirklich mit dem Fraktionsvorsitz zufriedengeben, wie es bereits kolportiert wird? Frank-Walter Steinmeier hat als SPD-Kanzlerkandidat 2009 ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren, ist er deshalb aus dem Rennen?

    Mag die SPD-Spitze die Medien auch gebetsmühlenartig dafür schelten, die K-Frage immer wieder zu stellen, insgeheim findet sie längst Gefallen daran. Nicht nur Fraktionschef Steinmeier genießt es hörbar, dass seiner SPD zwei Jahre nach dem historischen Debakel bereits wieder die Kanzlerschaft zugetraut wird:

    "Wenn die ganze Republik darüber diskutiert, welcher Sozialdemokrat der nächste Bundeskanzler in Deutschland wird, dann habe ich gegen diese Debatte überhaupt nichts einzuwenden, das ist jedenfalls die im Kern richtige Debatte!"

    Peer Steinbrück allerdings ist nach wie vor umstritten. So populär der Mann mit dem feinsinnigen Humor in der Wählerschaft auch sein mag: In der Partei ist er immer noch unbeliebt. Dass er die eigenen Freunde einst als Heulsusen beschimpfte, die sich für Schröders Agenda-Politik schämten und der Kanzlerin keinerlei Erfolg gönnten, das tragen ihm vor allem die vom linken Flügel der SPD bis heute nach.

    Steinbrück weiß um seinen Ruf: "Die SPD, die mich zum Kanzlerkandidaten macht, die muss noch erfunden werden", hat er mal gescherzt. Offensiv kokettiert er mit seinem Image, etwa im Gespräch mit jungen Schülern:

    "Sind Sie berühmt?"
    "Einige würden sagen, ich bin berüchtigt!"
    (Steinbrück lacht schallend)

    Vorsichtig bringt die SPD ihren heimlichen Star wieder in die Pole Position. Im März durfte der gebürtige Hanseat mehr als 20 Minuten auf die Regierungserklärung der Kanzlerin zum Euro antworten: Es war seine erste Rede im Parlament. Erst seit September 2009 nämlich ist der frühere Minister auch Abgeordneter.

    Letzte Woche in der Euro- und Haushaltsdebatte durfte er nicht reden. Parteichef Gabriel geht behutsam vor. Es ist eben noch einige Überzeugungsarbeit nötig um zu erreichen, dass die Partei "wie ein Mann" hinter einem Kanzlerkandidaten Steinbrück steht, glaubt Parteienforscher Niedermayer:

    "Man darf nicht vergessen, Peer Steinbrück ist von seinem Charakter her jemand, der nicht so hundertprozentig berechenbar ist und das ist in einem Wahlkampf nicht immer ganz ungefährlich. Und zweitens ist er natürlich jemand, der nicht jedem in der SPD passt von seiner inhaltlichen Ausrichtung her, und der linke Flügel hat ja vor kurzem mal wieder Klaus Wowereit ins Spiel gebracht als möglichen Kanzlerkandidaten, wenn er natürlich jetzt seine Wahl gewinnt in Berlin."

    Auf dem Parteitag im Dezember soll Steinbrück einen großen Auftritt haben, wie auch Alt-Kanzler Helmut Schmidt, mit dem er gerade ein Buch geschrieben hat. Ende nächsten Jahres will die SPD ihren Kandidaten küren, und das dürfte genau so geschehen, wie es in der Tradition der Partei immer war: Der Vorsitzende macht einen Vorschlag. Denn über eine Urwahl über drei oder vier mögliche Kandidaten zu befinden, wie zwischenzeitlich in Erwägung gezogen, dieses Risiko dürfte Sigmar Gabriel wohl kaum noch eingehen.

    Strasburg in der Uckermark, eine 6000 Seelen-Stadt in Mecklenburg-Vorpommern, die Sozial und Jugendministerin ist zu Besuch im Jugendzentrum der Arbeiterwohlfahrt. Manuela Schwesig macht Basisarbeit, versucht, junge Leute auch für Politik zu interessieren.

    "Guten Tag, ich bin Eure Jugendministerin."

    Hier trifft sie auf die Menschen, für die sie Anfang des Jahres medienwirksam mit der Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen gestritten und sich als stellvertretende SPD-Vorsitzende einen Namen gemacht hat: Die meisten der Jugendlichen stammen aus Hartz IV-Familien.

    "Für mich sind die Termine vor Ort wichtig, weil ich mit den Menschen sprechen will, für die ich Politik mache. Kinder, Jugendliche, aber auch die vielen Leute, die im sozialen Bereich engagiert sind."

    Die Arbeitslosigkeit in der Region liegt bei über 17 Prozent, wie sehr die NPD nach wie vor davon profitieren kann, haben gerade die Landtagswahlen gezeigt. Sorge bereitet aber auch die geringe Wahlbeteiligung. Trotz des SPD-Erfolges in Schwerin: Hier im Nordosten der Republik wird deutlich, wie sehr die Sozialdemokraten ihre Verankerung in der Gesellschaft verlieren.

    Von einst einer Million Mitgliedern ist der SPD bundesweit heute nur noch deutlich weniger als die Hälfte geblieben, zudem überaltert die Partei. Sigmar Gabriel weiß, dass die Zeit der klassischen Mitgliederparteien vorbei ist. Die Reform, die er angestoßen hat, die auch Nicht-Mitglieder ansprechen soll, etwa bei der Kür von Mandatsträgern, stößt bei den Parteifreunden allerdings auf wenig Gegenliebe:

    "Bei der stärkeren Einbeziehung von Nicht-Mitgliedern muss ich ehrlich sagen, dass ich da sehr skeptisch bin, denn da stellt sich ja die Frage, warum ich eigentlich noch einer Partei angehören soll, wenn ich die Rechte, die ein Mitglied hat, auch als Nicht-Mitglied habe. Ich möchte hier vor Schnellschüssen warnen."

    So wie der Landtagsabgeordnete Heinz Müller denken viele SPD-Anhänger. Sie lassen sich auch nicht damit beruhigen, dass nach den Vorstellungen der Parteireform das Votum von Bürgern ohne SPD-Parteibuch nur empfehlenden Charakter haben soll und letztlich die Delegierten der Parteitage entscheiden. "Wir dürfen uns sowieso nicht in erster Linie auf Personalentscheidungen konzentrieren", meint Manuela Schwesig. Schon gar nicht auf die ganz große.

    "Eine Abstimmung über den Kanzlerkandidaten mit Nicht-Mitgliedern, ob es soweit kommen wird, da mache ich mal ein Fragezeichen. Ich würde diesen Punkt gar nicht so stark in den Focus der Reform rücken. Ich finde es wichtig, dass wir Möglichkeiten anbieten für Nicht-Mitglieder an Themen mitzuarbeiten, die Leute über die Themen abholen, sei es die Bekämpfung von Rechtsextremismus, sei es, mehr zu tun für Bildung, das ist das, was die Menschen interessiert, und da ein Angebot zu machen, mitzumachen, ist doch völlig gut."

    Dass es auf diesem Weg gelingen kann, neue Anhänger für sozialdemokratische Ideen zu begeistern, beurteilen viele skeptisch. Die Parteireform dürfte zur neuen Bewährungsprobe auch für Andrea Nahles werden. Für die innere Neuaufstellung ist die Generalsekretärin zuständig, sollte es schiefgehen, dürfte es wiederum ihr angelastet werden.

    Denn die Mitglieder von heute sorgen sich darum, dass die Musik künftig ohnehin nur noch bei einigen wenigen im Willy-Brandt-Haus in Berlin spielen könnte. Gabriels Vorhaben, den Parteirat, die Vertretung von Sozialdemokraten aus Landesverbänden und Bezirken, ganz abzuschaffen und Präsidium und Vorstand in einem deutlich verkleinerten Spitzengremium zu fusionieren, stößt auf erheblichen Widerstand.

    Es bleiben also noch einige Baustellen für den Vorsitzenden. Immerhin aber erkennen inzwischen auch seine Kritiker an, dass er offensichtlich auf dem richtigen Weg ist. Dass manch einer im Herbst 2009 die SPD als große Volkspartei bereits totgesagt hat, darüber kann der Mann aus Goslar heute ganz entspannt lachen. Für Siegmar Gabriel hat eine neue sozialdemokratische Zukunft längst begonnen:

    "Für Angela Merkel hat auch etwas begonnen, nämlich die Kanzlerdämmerung!"