Dienstag, 16. April 2024

Archiv


Die Gefahren des Hydrofrackings

Ökologie.- Die Schiefergasproduktion in Pennsylvania ist wegen ihrer Umweltfolgen sehr umstritten. So wird befürchtet, dass die zur Gesteinslockerung eingesetzten Chemikalien ins Trinkwasser gelangen könnten. Doch das sind längst nicht die einzigen Gefahren, wie eine aktuelle Studie in der Fachzeitschrift "PNAS" nun zeigt.

Von Dagmar Röhrlich | 10.07.2012
    Um die 390 Millionen Jahre sind die schwarzen Schiefer der Marcellus Formation in Pennsylvania alt. In ihnen steckt Erdgas. Allerdings nicht in einer konventionellen Lagerstätte, aus der unter Druck stehendes Gas bereitwillig aus einer Bohrung strömt. Vielmehr ringen es die Arbeiter dem Schiefer mühsam durch Hydrofracking ab. Dabei wird in einer tiefen Bohrung mit Chemikalien versetzte Flüssigkeit in das Gestein gepresst, damit Risse entstehen, durch die das Schiefergas ausströmen kann. Um die Umweltfolgen dieser umstrittenen Methode besser einschätzen zu können, erforscht eine Arbeitsgruppe an der Duke University, was bei der Produktion eigentlich passiert. Avner Vengosh:

    "In dieser neuen Studie konnten wir zeigen, dass Grundwasser aus den tiefen, Schiefergas führenden Schichten in einen flachen Grundwasserleiter aufsteigt, aus dem Trinkwasser gewonnen wird. Denn geochemische Untersuchungen zeigten im Trinkwasser sozusagen den Fingerabdruck der Lauge, die wir aus der Marcellus-Formation kennen. Störungszonen im Untergrund verbinden also den tiefen mit dem flachen Grundwasserleiter."

    Die aus dem tiefen Untergrund stammende Lauge ist sehr salzreich, mit Metallen und radioaktiven Elementen belastet. Grundwasseruntersuchungen aus der Zeit vor der Erschließung des Schiefergasfeldes zeigten eine ganz ähnliche chemische Zusammensetzung. Damit handele es sich nicht um eine Kontamination durch die Förderung, sondern um ein natürliches geologisches Phänomen:

    "Diese Verbindungswege zwischen den geologischen Stockwerken zu kennen, ist jedoch wichtig, weil sie das Kontaminationsrisiko durch die Schiefergasförderung erhöhen. Das ist die schlechte Nachricht: Über die Risse, die sich durch das Hydrofracking öffnen, könnte die Lauge verstärkt zu den natürlichen Störungszonen gelangen und damit die flachen Grundwasserleiter kontaminieren. Das Risiko könnte also durch das Fracking steigen."

    Vor allem Trinkwasserbrunnen in Tälern seien durch die Schiefergasproduktion gefährdet:

    "Wir haben herausgefunden, dass vor allem sie den geochemischen Fingerabdruck der Lauge tragen. Deshalb klären wir die Leute, die diese Brunnen nutzen, darüber auf, dass bei ihnen die Gefahr am höchsten ist, dass diese Laugen in ihr Trinkwasser gelangen."

    Die Laugen sind nicht das einzige Problem, das an den Grundwasserbrunnen auftritt, betont Duke-Forscher Avner Vengosh mit Blick auf eine ältere Untersuchung:

    "Darin konnten wir nachweisen, dass in Trinkwasserbrunnen, die im Umkreis von einem Kilometer um Schiefergasproduktionsbohrungen liegen, die Methangehalte sehr hoch werden können. Nun wissen wir, dass das Gas über Bruchzonen in den flachen Trinkwasserleiter und damit zu den Brunnen gelangt."

    Ihre Studie sei nicht nur für die direkt betroffenen Gebiete in Pennsylvania wichtig, schließlich werde international nach förderfähigen Schiefergasvorkommen gesucht: in Deutschland ebenso wie in Polen, China, Australien oder Neuseeland:

    "Wir möchten deshalb raten, vor Beginn des Frackings erst einmal den Untergrund und die Wasserchemie genauestens zu untersuchen. So können hydrologische Verbindungen zwischen den verschiedenen Grundwasserstockwerken entdeckt werden. Diese können einfach das Risiko durch die Produktion erhöhen, und bessere Kenntnisse ermöglichen eine bessere Risikoabschätzung. Außerdem kann man später Veränderungen in der Wasserchemie erkennen."

    Sollte es Veränderungen geben, könnten die Förderfirmen dann nicht einfach behaupten, diese Kontaminationen hätten schon vor dem Fracking bestanden, erklärt Avner Vengosh.