"Guten Tag – heute geht es in unserer Diskussion um unseren Geldbeutel."
Der Haushalt 2012 und die längst überfällige Steuer- und Abgabenreform: In der TV-Debatte des öffentlich-rechtlichen Senders STV soll es um die großen Themen der slowakischen Innenpolitik gehen. Doch schon nach wenigen Minuten kippt die Stimmung. Der liberale Parteichef Richard Sulik und Finanzminister Miklos streiten über die Schuld für den Sturz der Regierung.
Rund vier Wochen nach den Turbulenzen um den Euro-Rettungsschirm ist die Slowakei innenpolitisch gelähmt. Der Bruch der Vier-Parteien-Koalition hat eine Trümmerlandschaft in Bratislava hinterlassen. Die Mitte-Rechts-Parteien stehen noch immer unter Schock. Mitte März kommenden Jahres gibt es vorgezogene Neuwahlen. Bis zu diesem Datum ist eine Übergangsregierung mit sehr eingeschränkten Kompetenzen für die Geschicke des Landes verantwortlich. Der geschäftsführenden Ministerpräsidentin Radicova sind in den meisten Fragen die Hände gebunden, meint der politische Kommentator Marian Lesko:
"Wir befinden uns in einer wirklich kritischen und heiklen Zeit. Die Löcher im Haushalt müssen gestopft werden. Unser Land braucht deshalb jetzt eine handlungsfähige Regierung. Stattdessen haben wir über vier Monate Wahlkampf. Das ist eine Katastrophe."
Auf der Strecke bleiben also die notwendigen Reformen, um die Slowakei wetterfest für die Turbulenzen auf den Weltmärkten zu machen. Die Wachstumsprognosen für das kommende Jahr sind bereits deutlich gefallen. Auch an anderen Fronten droht Unruhe. Ärzte und Lehrer haben mit Streiks und Massenkündigungen gedroht sollten ihre Lohnforderungen nicht erfüllt werden. Doch die Parteien sind derzeit vor allem mit sich selbst beschäftigt.
"Wir brauchen einen politischen Konsens, wir brauchen Stabilität und Entschlossenheit. Aber die Politik vergnügt sich mit Neuwahlen. Das ist ein fröhlicher Tanz in Zeiten der Pest. Das ist ein Luxus denn sich das Land nicht erlauben kann."
Mit diesem Urteil ist der Politikwissenschaftler Lesko nicht allein. Eine Mehrheit der Wähler hat vom Parteienstreit gründlich die Nase voll. Laut Umfragen will nicht einmal die Hälfte der Bürger im kommenden Jahr über das neue Parlament mitentscheiden. Dieser Rentner in Bratislava hat sich angewidert von der Politik verabschiedet:
"Soll ich ihnen das ganz offen sagen? Ich habe die Schnauze voll von denen da ob. Die können mir alle gestohlen bleiben."
Doch die Aussichten auf ein Ende des Parteienstreits sind vorerst nicht in Sicht. Im Gegenteil. Der Wahlkampf hat bereits begonnen. Die ersten Plakate kleben in den Straßen der Hauptstadt. Neben den wirtschafts- und sozialpolitischen Themen hat das Thema Europa Hochkonjunktur in den Debatten, so der Analytiker Grigorij Meseznikov:
"Es hat sich etwas in unserer Gesellschaft verändert. Die Regierung ist zum ersten Mal nicht wegen innenpolitischen Streitereien gekippt, sondern wegen eines wichtigen europäischen Themas. Das heißt – Europa ist sehr präsent in den politischen Debatten unseres Landes. Das wird auch in Zukunft so bleiben."
Wem die Wähler vor diesem Hintergrund im kommenden Jahr das Vertrauen schenken werden, ist vollkommen offen. Das taktische Kalkül der sozialdemokratischen Opposition in der Euro-Rettungschirmfrage könnte scheitern. Zwar liegt die Partei des Linkspopulisten Fico in den Umfragen vorne – doch zu einer absoluten Mehrheit wird es wohl nicht reichen. Gute Chancen auf einen Wahlerfolg hat die liberale Partei des Euro-Skeptikers Richard Sulik. Sollten diese Prognosen eintreffen, wird die Bildung einer stabilen Regierung nach den Wahlen eine Herkulesaufgabe für die slowakischen Parteien.
Mehr zum Thema auf dradio.de:
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Rund vier Wochen nach den Turbulenzen um den Euro-Rettungsschirm ist die Slowakei innenpolitisch gelähmt. Der Bruch der Vier-Parteien-Koalition hat eine Trümmerlandschaft in Bratislava hinterlassen. Die Mitte-Rechts-Parteien stehen noch immer unter Schock. Mitte März kommenden Jahres gibt es vorgezogene Neuwahlen. Bis zu diesem Datum ist eine Übergangsregierung mit sehr eingeschränkten Kompetenzen für die Geschicke des Landes verantwortlich. Der geschäftsführenden Ministerpräsidentin Radicova sind in den meisten Fragen die Hände gebunden, meint der politische Kommentator Marian Lesko:
"Wir befinden uns in einer wirklich kritischen und heiklen Zeit. Die Löcher im Haushalt müssen gestopft werden. Unser Land braucht deshalb jetzt eine handlungsfähige Regierung. Stattdessen haben wir über vier Monate Wahlkampf. Das ist eine Katastrophe."
Auf der Strecke bleiben also die notwendigen Reformen, um die Slowakei wetterfest für die Turbulenzen auf den Weltmärkten zu machen. Die Wachstumsprognosen für das kommende Jahr sind bereits deutlich gefallen. Auch an anderen Fronten droht Unruhe. Ärzte und Lehrer haben mit Streiks und Massenkündigungen gedroht sollten ihre Lohnforderungen nicht erfüllt werden. Doch die Parteien sind derzeit vor allem mit sich selbst beschäftigt.
"Wir brauchen einen politischen Konsens, wir brauchen Stabilität und Entschlossenheit. Aber die Politik vergnügt sich mit Neuwahlen. Das ist ein fröhlicher Tanz in Zeiten der Pest. Das ist ein Luxus denn sich das Land nicht erlauben kann."
Mit diesem Urteil ist der Politikwissenschaftler Lesko nicht allein. Eine Mehrheit der Wähler hat vom Parteienstreit gründlich die Nase voll. Laut Umfragen will nicht einmal die Hälfte der Bürger im kommenden Jahr über das neue Parlament mitentscheiden. Dieser Rentner in Bratislava hat sich angewidert von der Politik verabschiedet:
"Soll ich ihnen das ganz offen sagen? Ich habe die Schnauze voll von denen da ob. Die können mir alle gestohlen bleiben."
Doch die Aussichten auf ein Ende des Parteienstreits sind vorerst nicht in Sicht. Im Gegenteil. Der Wahlkampf hat bereits begonnen. Die ersten Plakate kleben in den Straßen der Hauptstadt. Neben den wirtschafts- und sozialpolitischen Themen hat das Thema Europa Hochkonjunktur in den Debatten, so der Analytiker Grigorij Meseznikov:
"Es hat sich etwas in unserer Gesellschaft verändert. Die Regierung ist zum ersten Mal nicht wegen innenpolitischen Streitereien gekippt, sondern wegen eines wichtigen europäischen Themas. Das heißt – Europa ist sehr präsent in den politischen Debatten unseres Landes. Das wird auch in Zukunft so bleiben."
Wem die Wähler vor diesem Hintergrund im kommenden Jahr das Vertrauen schenken werden, ist vollkommen offen. Das taktische Kalkül der sozialdemokratischen Opposition in der Euro-Rettungschirmfrage könnte scheitern. Zwar liegt die Partei des Linkspopulisten Fico in den Umfragen vorne – doch zu einer absoluten Mehrheit wird es wohl nicht reichen. Gute Chancen auf einen Wahlerfolg hat die liberale Partei des Euro-Skeptikers Richard Sulik. Sollten diese Prognosen eintreffen, wird die Bildung einer stabilen Regierung nach den Wahlen eine Herkulesaufgabe für die slowakischen Parteien.
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