Christoph Heinemann: Und in Berlin sind wir verbunden mit Ferhad Ahma. Er ist Mitglied des Syrischen Nationalrates der Opposition, des SNC, wurde im Dezember von mutmaßlichen Schergen des Regimes heimgesucht und zusammengeschlagen. Guten Morgen.
Ferhad Ahma: Guten Morgen!
Heinemann: Herr Ahma, war das gestern ein guter Tag für die syrische Opposition?
Ahma: Das hat natürlich auch ein bisschen Bewegung in die diplomatischen Bemühungen gebracht. Man muss aber daran erinnern, dass diese Erklärung unverbindlich ist. Das heißt, sie hat ja kein Gewicht einer Resolution. Die Gewalt geht nach wie vor weiter in Syrien. Wir haben allein gestern 80 Tote aufseiten der Zivilbevölkerung gehabt. Es kam auch so, dass sogar Vororte und Stadtteile von Damaskus unter Beschuss genommen worden sind. Wir hoffen, dass diese Resolution die Mission von Herrn Kofi Annan stärkt und ihm auch eine Rückendeckung gibt und dass das Regime jetzt auch auf Einsetzung von Gewalt vor allem verzichtet.
Heinemann: In der Resolution wird ja ein politischer Dialog zwischen der Führung und der Opposition gefordert. Ist das nicht ein bisschen weltfremd?
Ahma: Dialog kann man sich, glaube ich, kaum vorstellen mit so einem Regime. Das, was eigentlich noch stattfinden kann, ist ein Gespräch beziehungsweise Verhandlungen mit dem Ziel, die Macht zu übergeben. Ein Dialog mit diesem Regime mit dem Ziel, dass das Regime weiterhin das politische Geschehen, das politische Leben in Syrien weiterhin beeinflusst und gestaltet, das wird von keiner Oppositionsseite akzeptiert.
Heinemann: Herr Ahma, kann man Assad ohne ein militärisches Eingreifen von außen stürzen?
Ahma: Kann man, wenn die internationale Staatengemeinschaft es garantiert, dass dieses Regime auf die Bevölkerung nicht mehr schießt, beziehungsweise mindestens das schwere Kriegsgerät in syrischen Städten und Stadtteilen und Vororten nicht mehr einsetzt. Also das heißt, wenn es wirklich zu einer internationalen Beobachtermission kommt und dadurch auch verhindert wird, dass Städte wie Homs und Hama mit Panzern, mit Artillerie und ab und zu auch mit Hubschraubern beschossen werden, dann werden die Menschen es erreichen, auch mit zivilem Ungehorsam, mit einem zivilen Widerstand, den sie auch seit Mitte März 2011 betreiben, das Regime zu stürzen.
Man darf ja auch nicht vergessen, dass die syrische Revolution, der Widerstand nicht nur in Homs und Idlib stattfinden, sondern landesweit. Wir haben an manchen Tagen mehr als 600 Protestaktionen, Demonstrationen und Kundgebungen, die überall stattfinden, und mit diesem Mut und mit dieser Entschlossenheit werden wir es auch erreichen, dass das Regime irgendwann auch stürzt.
Heinemann: Aber, Herr Ahma, Assad weiß doch, dass, wenn er die schweren Waffen abzieht, er gleich die Koffer packen kann.
Ahma: Das ist natürlich auch hier die Aufgabe der internationalen Staatengemeinschaft. Wenn man hier in Syrien einen Krieg verhindern will, dann muss man politisch mehr intervenieren, und hier ist es natürlich weiterhin wichtig, mit Russland, aber auch mit China weiterhin Gespräche zu führen und auf sie einzuwirken, damit sie die zukünftigen diplomatischen Bemühungen nicht mehr verhindern. Also wir brauchen immer noch eine verbindliche Resolution aus dem Sicherheitsrat, wir brauchen auch, dass Russland mit der Unterstützung des Regimes aufhört. Wir haben in den letzten Tagen mitbekommen, dass ein russisches Schiff in Syrien angekommen ist. Die Erklärungen seitens Russlands sind einfach nicht überzeugend, was dieses Schiff - vor allem: das ist ein Militärschiff - in Syrien zu suchen hat. All diese Unterstützungsmaßnahmen sollen aufhören und die syrische Bevölkerung wird dann in der Lage sein, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
Heinemann: Schicksal in die Hand nehmen - wie kann man sicherstellen, dass nach einem Regimewechsel die Aleviten und die Christen in Syrien nicht verfolgt werden, zum Beispiel so wie die Christen im Irak?
Ahma: Im Syrischen Nationalrat sitzen Vertreter aller religiösen und ethnischen Minderheiten, Kurden, Araber, Christen, Muslime, darunter auch Aleviten und Drusen auch, und wir haben selbst auch auf unseren Konferenzen und Generalversammlungen entsprechende Papiere zum Schutz der Minderheiten und zu der zukünftigen Verfassung des zukünftigen Syriens auch verabschiedet. Es kam bis jetzt auch nach einem Jahr, abgesehen von Einzelfällen, zu keinem Bürgerkrieg oder zu keinem Konfessionskrieg in Syrien. Wir weisen auch darauf hin, dass die syrische Bevölkerung eine Tradition der Toleranz und des Miteinanderlebens hat und nicht eine Tradition des Bürgerkriegs und des Konfessionskrieges vor allem, und wir sind sehr, sehr davon überzeugt, dass die Syrer es schaffen werden, ohne das Regime von Baschar al-Assad und das Regime von der Baath-Partei die Zukunft des Landes auch friedlich miteinander zu gestalten.
Heinemann: Der Oppositionspolitiker Ferhad Ahma vom Syrischen Nationalrat. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
Ahma: Ich danke Ihnen auch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Ferhad Ahma: Guten Morgen!
Heinemann: Herr Ahma, war das gestern ein guter Tag für die syrische Opposition?
Ahma: Das hat natürlich auch ein bisschen Bewegung in die diplomatischen Bemühungen gebracht. Man muss aber daran erinnern, dass diese Erklärung unverbindlich ist. Das heißt, sie hat ja kein Gewicht einer Resolution. Die Gewalt geht nach wie vor weiter in Syrien. Wir haben allein gestern 80 Tote aufseiten der Zivilbevölkerung gehabt. Es kam auch so, dass sogar Vororte und Stadtteile von Damaskus unter Beschuss genommen worden sind. Wir hoffen, dass diese Resolution die Mission von Herrn Kofi Annan stärkt und ihm auch eine Rückendeckung gibt und dass das Regime jetzt auch auf Einsetzung von Gewalt vor allem verzichtet.
Heinemann: In der Resolution wird ja ein politischer Dialog zwischen der Führung und der Opposition gefordert. Ist das nicht ein bisschen weltfremd?
Ahma: Dialog kann man sich, glaube ich, kaum vorstellen mit so einem Regime. Das, was eigentlich noch stattfinden kann, ist ein Gespräch beziehungsweise Verhandlungen mit dem Ziel, die Macht zu übergeben. Ein Dialog mit diesem Regime mit dem Ziel, dass das Regime weiterhin das politische Geschehen, das politische Leben in Syrien weiterhin beeinflusst und gestaltet, das wird von keiner Oppositionsseite akzeptiert.
Heinemann: Herr Ahma, kann man Assad ohne ein militärisches Eingreifen von außen stürzen?
Ahma: Kann man, wenn die internationale Staatengemeinschaft es garantiert, dass dieses Regime auf die Bevölkerung nicht mehr schießt, beziehungsweise mindestens das schwere Kriegsgerät in syrischen Städten und Stadtteilen und Vororten nicht mehr einsetzt. Also das heißt, wenn es wirklich zu einer internationalen Beobachtermission kommt und dadurch auch verhindert wird, dass Städte wie Homs und Hama mit Panzern, mit Artillerie und ab und zu auch mit Hubschraubern beschossen werden, dann werden die Menschen es erreichen, auch mit zivilem Ungehorsam, mit einem zivilen Widerstand, den sie auch seit Mitte März 2011 betreiben, das Regime zu stürzen.
Man darf ja auch nicht vergessen, dass die syrische Revolution, der Widerstand nicht nur in Homs und Idlib stattfinden, sondern landesweit. Wir haben an manchen Tagen mehr als 600 Protestaktionen, Demonstrationen und Kundgebungen, die überall stattfinden, und mit diesem Mut und mit dieser Entschlossenheit werden wir es auch erreichen, dass das Regime irgendwann auch stürzt.
Heinemann: Aber, Herr Ahma, Assad weiß doch, dass, wenn er die schweren Waffen abzieht, er gleich die Koffer packen kann.
Ahma: Das ist natürlich auch hier die Aufgabe der internationalen Staatengemeinschaft. Wenn man hier in Syrien einen Krieg verhindern will, dann muss man politisch mehr intervenieren, und hier ist es natürlich weiterhin wichtig, mit Russland, aber auch mit China weiterhin Gespräche zu führen und auf sie einzuwirken, damit sie die zukünftigen diplomatischen Bemühungen nicht mehr verhindern. Also wir brauchen immer noch eine verbindliche Resolution aus dem Sicherheitsrat, wir brauchen auch, dass Russland mit der Unterstützung des Regimes aufhört. Wir haben in den letzten Tagen mitbekommen, dass ein russisches Schiff in Syrien angekommen ist. Die Erklärungen seitens Russlands sind einfach nicht überzeugend, was dieses Schiff - vor allem: das ist ein Militärschiff - in Syrien zu suchen hat. All diese Unterstützungsmaßnahmen sollen aufhören und die syrische Bevölkerung wird dann in der Lage sein, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
Heinemann: Schicksal in die Hand nehmen - wie kann man sicherstellen, dass nach einem Regimewechsel die Aleviten und die Christen in Syrien nicht verfolgt werden, zum Beispiel so wie die Christen im Irak?
Ahma: Im Syrischen Nationalrat sitzen Vertreter aller religiösen und ethnischen Minderheiten, Kurden, Araber, Christen, Muslime, darunter auch Aleviten und Drusen auch, und wir haben selbst auch auf unseren Konferenzen und Generalversammlungen entsprechende Papiere zum Schutz der Minderheiten und zu der zukünftigen Verfassung des zukünftigen Syriens auch verabschiedet. Es kam bis jetzt auch nach einem Jahr, abgesehen von Einzelfällen, zu keinem Bürgerkrieg oder zu keinem Konfessionskrieg in Syrien. Wir weisen auch darauf hin, dass die syrische Bevölkerung eine Tradition der Toleranz und des Miteinanderlebens hat und nicht eine Tradition des Bürgerkriegs und des Konfessionskrieges vor allem, und wir sind sehr, sehr davon überzeugt, dass die Syrer es schaffen werden, ohne das Regime von Baschar al-Assad und das Regime von der Baath-Partei die Zukunft des Landes auch friedlich miteinander zu gestalten.
Heinemann: Der Oppositionspolitiker Ferhad Ahma vom Syrischen Nationalrat. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
Ahma: Ich danke Ihnen auch.
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