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"Die Hamburger haben uns völlig recht gegeben"

Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, zählt seine Partei zu den Gewinnern der Hamburger Bürgerschaftswahl. Die Ergebnisse zeigten, dass die Beendigung der gemeinsamen Koalition mit der CDU die richtige Entscheidung gewesen sei.

Volker Beck im Gespräch mit Dirk Müller | 21.02.2011
    Dirk Müller: Für die Grünen ist das alles nicht so gut gelaufen gestern und heute Morgen. Das Ergebnis in Hamburg liegt weit hinter dem Bundestrend zurück, elf Prozent gab es, und bei den Hartz IV-Verhandlungen sind sie ausgestiegen, die Grünen. Begründung: nicht verfassungskonform. – Bei uns am Telefon ist nun Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion. Guten Morgen!

    Volker Beck: Guten Morgen.

    Müller: Herr Beck, wir haben Sie eben erst geweckt, aber dennoch muss ich mit der ersten Frage gleich loslegen. Hat sich Ihre Partei gleich zweimal verzockt?

    Beck: Nein. Da ging es ja nicht ums Verzocken, sondern das Hamburger Wahlergebnis zeigt erstens, wir haben zugelegt, zweitens, die CDU, unser ehemaliger Koalitionspartner, hat das Vertrauen der Hamburger verspielt. Also die Hamburger haben uns völlig recht gegeben, dahin, dass wir da gesagt haben, diese Landesregierung hat keine Akzeptanz mehr in der Stadt, die CDU ist nicht stabil, weiß nicht, wo sie hin will, und deshalb war es gut, diese Veranstaltung zu beenden.

    Müller: Und das Ganze zu beenden hat nicht geschadet?

    Beck: Ich denke, es hat nicht geschadet, aber viele Leute sind eben von der CDU dann zur SPD gegangen, weil sie eine SPD-geführte Landesregierung wollten und auch sicher sein wollten, dass es keine Wiederholung mit einer CDU in der Landesregierung gibt. Davon konnten wir nicht so profitieren, wie es der Bundestrend gibt, aber Trends sind auch keine Wahlergebnisse und ich denke, die Hamburger haben Zuspruch bei den Bürgern bekommen, konnten ihr Ergebnis ausbauen, und das zeigt ja erst mal, dass sie Gewinner trotzdem dieser Wahl sind.

    Müller: Reden wir noch mal über den Trend. Da ist von 18, 19, 20 Prozent die Rede bundesweit. In Hamburg jetzt elf. Warum ist die Differenz so groß?

    Beck: Das hat spezifische Hamburger Gründe. Das liegt daran, dass die Leute die CDU aus der Regierung rauswählen wollten, und davon konnten wir nicht so profitieren wie die SPD. Und trotzdem ist das für uns erst mal ein gutes Ergebnis und bestätigt die Arbeit der Hamburger Grünen.

    Müller: Also das ist kein Dämpfer für Sie?

    Beck: Nein, ich sehe das als keinen Dämpfer an, und wir waren ja anders als die Presse nie diejenigen, die auch die Meinungsumfragen immer für eins zu eins genommen haben, denn wir haben immer gesagt, wir bleiben auf dem Teppich, notfalls nageln wir auch an, wenn er fortfliegen will. Deshalb ist es erst mal ein Ergebnis mit einem Zuwachs, und das ist das Entscheidende.

    Müller: Jetzt einigen sich, Herr Beck, die Kontrahenten in Berlin auf Hartz IV, endlich, werden die meisten sagen. Warum sind die Grünen nicht mit dabei?

    Beck: Wir haben immer gesagt, wir sind bereit, auch einen Gesetzentwurf mitzutragen, der nicht eins zu eins unseren Vorstellungen entspricht, aber wir wollen einen Gesetzentwurf verabschieden, der auch dann in Karlsruhe hält. Das Bundesverfassungsgericht hat ja gesagt, die Regelsatzberechnung in der Vergangenheit war falsch, und daran hat aber die Frau von der Leyen nichts geändert, sondern sie hat an mehreren Punkten ausdrücklich gegen die Forderung des Bundesverfassungsgerichts verstoßen, insbesondere bei dem Thema Zirkelschlüsse, also dass man die Berechnung der Vergleichsgruppe so vornimmt, dass tatsächlich die Bedarfe von armen Menschen insgesamt abgebildet werden, dass Hartz IV-Empfänger auch zwischen verschiedenen Bedarfsposten changieren können. So viel Luft muss im Regelsatz sein. Frau von der Leyen hat alles so klein gerechnet und billig gerechnet, dass dieser Anforderung des Verfassungsgerichts am Ende nicht Rechnung getragen wurde, und wir wollten nicht die Hand reichen für einen verfassungswidrigen Regelsatz.

    Müller: Die SPD hat das getan, Sigmar Gabriel hat eben im Deutschlandfunk auch eingeräumt, na ja, das kann knapp werden in Karlsruhe. Wird das Ganze scheitern?

    Beck: Also man ist ja vor Gericht und auf hoher See immer in Gottes Hand, aber wenn die Anforderungen des Urteils zu Hartz IV des Bundesverfassungsgerichtes an dieses Gesetz angelegt werden, dann muss bei der Regelsatzberechnung gesagt werden, diesen Anforderungen genügt der Regelsatz nicht.

    Müller: Bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, und noch einmal danke, dass wir Sie per Telefon eben überfallen konnten.

    Beck: Bitte schön.