Bettina Klein: Die freigelassenen 15 Marineangehörigen sind also zumindest nach Agenturberichten auf dem Weg von Teheran nach London. Sie sind heute Morgen dort mit einer Maschine der British Airways gestartet. Großzügig und großmütig zeigte sich der iranische Präsident Ahmadinedschad gestern der Weltöffentlichkeit, als er die Freilassung der 15 Briten bekannt gab, mit Worten, die man an die Adresse des Westens so wohl noch nie von ihm gehört hatte. Er wolle dem britischen Volk ein Geschenk machen, sagte er. Wie es scheint haben sich die moderaten Kräfte im Land durchgesetzt?
Am Telefon begrüße ich Ruprecht Polenz, CDU-Außenpolitiker, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag. Guten Morgen Herr Polenz!
Ruprecht Polenz: Guten Morgen Frau Klein!
Klein: Eine meisterhafte Inszenierung nennen Beobachter die Bilder gestern. Wie hat der Auftritt Ahmadinedschads auf Sie gewirkt?
Polenz: Ich hatte auch den Eindruck, dass Ahmadinedschad gute Miene macht zu einem Spiel, was für ihn alles andere als gut gelaufen ist, für ihn und die anderen Hardliner, denn man kann ja sich nicht vorstellen, dass die Festnahme der 15 britischen Marinesoldaten exakt mit dem Ziel dieser Fernsehinszenierung erfolgt sei. Nein, die Hardliner haben eine Niederlage erlitten bei der Frage wer hat die Gunst des geistigen Führers Khamenei. Khamenei hat anders entschieden und deshalb musste Ahmadinedschad einen Weg finden, sein Gesicht einigermaßen zu wahren und die Soldaten freilassen.
Klein: Die moderaten Kräfte heißt das haben sich im Land durchgesetzt. Wie weit würden Sie dabei gehen? Bedeutet das eine grundsätzlichere Schwächung Ahmadinedschads?
Polenz: Eine Schwächung sicherlich. Ob die nun dauerhaft sein wird, das wird die nächste Zeit zeigen. Die Hardliner sind aber geschwächt und da sind dann auch die Orden für die Offiziere der Revolutionsgarden, die diese Festnahme durchgeführt haben, wahrscheinlich nur ein schwacher Trost, um sozusagen auch noch mal nach außen den Schein zu wahren. Ich glaube es liegt jetzt durchaus auch im Bereich des Möglichen, dass in der Nuklearfrage man Fortschritte erreichen kann, aber das werden schon die nächsten Tage und Wochen zeigen.
Klein: Das heißt Sie würden nicht zustimmen, dass Ahmadinedschad selbst international Punkte sammeln wollte, sondern er hat wirklich innenpolitisch dem Druck nachgegeben?
Polenz: Ja. Er wird selber dann gesehen haben, wie er das Beste aus der Sache macht. Wenn man heute das gespaltene Kommentarecho der Weltpresse anschaut, ist ihm das ja bis zu einem gewissen Grade auch gelungen. Das liegt aber daran, dass eben viele die internen Machtrelationen dabei außer Acht lassen. Wenn man Präsident wird, denkt man normalerweise, man hätte es mit einem der mächtigsten Männer im Lande zu tun, aber das trifft eben auf den Iran nicht zu. Da hat der geistige Führer die wichtigen Fäden alle selbst in der Hand und er hat diesmal eben an einem gezogen und Ahmadinedschad musste nachgeben.
Klein: Ein iranischer Journalist hat das gestern so kommentiert: Es ist dem Präsidenten schon gelungen, sein Image aufzupolieren, den Iran als gutmütig darzustellen. Das sei ein sehr kluger Schachzug gewesen. Die Frage ist natürlich, inwieweit kann oder sollte sich die Weltöffentlichkeit davon jetzt beeindrucken lassen?
Polenz: Man darf ja nicht vergessen was voranging. Die Iraner haben 15 britische Soldaten festgenommen, haben nach der Frage wo ist das denn passiert den Briten Koordinaten gemeldet, die eindeutig im irakischen Hoheitsgewässer waren, also außerhalb ihrer eigenen Hoheitsgebiete. Dann haben die Briten sie darauf aufmerksam gemacht. Dann haben sie die Koordinaten umgemeldet, damit es dann wirklich angeblich im iranischen Hoheitsgewässer passiert ist. Dann hat man über Tage widerrechtlich konsularischen Zugang verweigert und jetzt hat man die Angelegenheit auf diese Weise beendet. Also eine selbst geschaffene Krise hat man nun selber beendet. Das verdient nicht allzu viele Kreditpunkte.
Klein: Aber die Frage ist natürlich das, was Sie gerade angesprochen haben. Was heißt das jetzt mit Blick auf die Verhandlungen in Sachen Atomprogramm? Ist es überhaupt realistisch zu denken, dass die Briten, dass andere westliche Staaten von ihren Forderungen abweichen, nämlich Einstellung der Urananreicherung als Bedingung für weitere Verhandlungen?
Polenz: Nein, das denke ich nicht, denn diese Bedingung hat der Weltsicherheitsrat in drei Resolutionen formuliert. Er hat sie immer wieder wiederholt und er hat die Resolutionen mit immer weitergehenden, wenn auch sehr moderat und genau gezielten Sanktionen belegt. Das ist die Position der Weltgemeinschaft. Die wird deshalb nicht verändert werden.
Die Frage wird sein, ob der Iran sich jetzt stärker auf diese Forderung hin zubewegt, so dass man zu Verhandlungen kommen kann. Das ist die eigentliche Frage, die hier steht, ob sich also die Gemäßigten, was man immer auch in Anführungszeichen sprechen muss, wenn man von Teheran spricht, jetzt insoweit durchsetzen, dass sie sagen, die weitere Konfrontation bringt uns nur in Schwierigkeiten, isoliert uns weltweit, wir müssen unsere Politik korrigieren, also das was Leute um Rafsandjani und andere seit langem fordern, ob die sich nun auch in der Atomfrage durchsetzen. Das wird man sehr rasch spüren.
Klein: Und was ist Ihre Vermutung? Werden sie sich durchsetzen?
Polenz: Ich habe zumindest die Hoffnung, dass sie es tun, denn natürlich bleibt die Nuklearkrise eine besonders gefährliche, nicht zuletzt deshalb, weil sie schon im jetzigen Zustand ein atomares Wettrüsten in der Region auslösen kann, denn solange man nicht definitiv weiß, auch in der Region definitiv weiß, dass das iranische Nuklearprogramm in jedem Falle friedlich bleibt, solange besteht die Gefahr, dass dann andere sagen, wir können nicht so lange warten, bis Teheran uns mit einem Atombombentest überrascht.
Klein: Und Sie schließen aus, dass der Atomstreit in irgendeiner Weise im Hintergrund bei der Lösung der Geiselgeschichte eine Rolle gespielt hat?
Polenz: Nein. Ich glaube das kann man nicht ausschließen. Ich denke, dass diejenigen, die jetzt durch die Rückgabe der Geiseln den Ausweg im Geiselstreit angeordnet haben, sehr wohl die gesamte Lage Teherans in der internationalen Situation im Auge hatten, die zunehmende Isolierung, und gesagt haben wenn wir das jetzt durch eine weitere Krise noch mehr forcieren, dann schadet das unserem Land. Die Leute haben ja Recht mit ihrer Analyse und nun kann man nur hoffen, dass sie mit dieser richtigen Analyse auch die Selbstisolierung Irans beim Nuklearprogramm Schritt für Schritt beenden.
Klein: Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz war das. Danke für das Gespräch, Herr Polenz.
Polenz: Bitte schön Frau Klein!
Am Telefon begrüße ich Ruprecht Polenz, CDU-Außenpolitiker, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag. Guten Morgen Herr Polenz!
Ruprecht Polenz: Guten Morgen Frau Klein!
Klein: Eine meisterhafte Inszenierung nennen Beobachter die Bilder gestern. Wie hat der Auftritt Ahmadinedschads auf Sie gewirkt?
Polenz: Ich hatte auch den Eindruck, dass Ahmadinedschad gute Miene macht zu einem Spiel, was für ihn alles andere als gut gelaufen ist, für ihn und die anderen Hardliner, denn man kann ja sich nicht vorstellen, dass die Festnahme der 15 britischen Marinesoldaten exakt mit dem Ziel dieser Fernsehinszenierung erfolgt sei. Nein, die Hardliner haben eine Niederlage erlitten bei der Frage wer hat die Gunst des geistigen Führers Khamenei. Khamenei hat anders entschieden und deshalb musste Ahmadinedschad einen Weg finden, sein Gesicht einigermaßen zu wahren und die Soldaten freilassen.
Klein: Die moderaten Kräfte heißt das haben sich im Land durchgesetzt. Wie weit würden Sie dabei gehen? Bedeutet das eine grundsätzlichere Schwächung Ahmadinedschads?
Polenz: Eine Schwächung sicherlich. Ob die nun dauerhaft sein wird, das wird die nächste Zeit zeigen. Die Hardliner sind aber geschwächt und da sind dann auch die Orden für die Offiziere der Revolutionsgarden, die diese Festnahme durchgeführt haben, wahrscheinlich nur ein schwacher Trost, um sozusagen auch noch mal nach außen den Schein zu wahren. Ich glaube es liegt jetzt durchaus auch im Bereich des Möglichen, dass in der Nuklearfrage man Fortschritte erreichen kann, aber das werden schon die nächsten Tage und Wochen zeigen.
Klein: Das heißt Sie würden nicht zustimmen, dass Ahmadinedschad selbst international Punkte sammeln wollte, sondern er hat wirklich innenpolitisch dem Druck nachgegeben?
Polenz: Ja. Er wird selber dann gesehen haben, wie er das Beste aus der Sache macht. Wenn man heute das gespaltene Kommentarecho der Weltpresse anschaut, ist ihm das ja bis zu einem gewissen Grade auch gelungen. Das liegt aber daran, dass eben viele die internen Machtrelationen dabei außer Acht lassen. Wenn man Präsident wird, denkt man normalerweise, man hätte es mit einem der mächtigsten Männer im Lande zu tun, aber das trifft eben auf den Iran nicht zu. Da hat der geistige Führer die wichtigen Fäden alle selbst in der Hand und er hat diesmal eben an einem gezogen und Ahmadinedschad musste nachgeben.
Klein: Ein iranischer Journalist hat das gestern so kommentiert: Es ist dem Präsidenten schon gelungen, sein Image aufzupolieren, den Iran als gutmütig darzustellen. Das sei ein sehr kluger Schachzug gewesen. Die Frage ist natürlich, inwieweit kann oder sollte sich die Weltöffentlichkeit davon jetzt beeindrucken lassen?
Polenz: Man darf ja nicht vergessen was voranging. Die Iraner haben 15 britische Soldaten festgenommen, haben nach der Frage wo ist das denn passiert den Briten Koordinaten gemeldet, die eindeutig im irakischen Hoheitsgewässer waren, also außerhalb ihrer eigenen Hoheitsgebiete. Dann haben die Briten sie darauf aufmerksam gemacht. Dann haben sie die Koordinaten umgemeldet, damit es dann wirklich angeblich im iranischen Hoheitsgewässer passiert ist. Dann hat man über Tage widerrechtlich konsularischen Zugang verweigert und jetzt hat man die Angelegenheit auf diese Weise beendet. Also eine selbst geschaffene Krise hat man nun selber beendet. Das verdient nicht allzu viele Kreditpunkte.
Klein: Aber die Frage ist natürlich das, was Sie gerade angesprochen haben. Was heißt das jetzt mit Blick auf die Verhandlungen in Sachen Atomprogramm? Ist es überhaupt realistisch zu denken, dass die Briten, dass andere westliche Staaten von ihren Forderungen abweichen, nämlich Einstellung der Urananreicherung als Bedingung für weitere Verhandlungen?
Polenz: Nein, das denke ich nicht, denn diese Bedingung hat der Weltsicherheitsrat in drei Resolutionen formuliert. Er hat sie immer wieder wiederholt und er hat die Resolutionen mit immer weitergehenden, wenn auch sehr moderat und genau gezielten Sanktionen belegt. Das ist die Position der Weltgemeinschaft. Die wird deshalb nicht verändert werden.
Die Frage wird sein, ob der Iran sich jetzt stärker auf diese Forderung hin zubewegt, so dass man zu Verhandlungen kommen kann. Das ist die eigentliche Frage, die hier steht, ob sich also die Gemäßigten, was man immer auch in Anführungszeichen sprechen muss, wenn man von Teheran spricht, jetzt insoweit durchsetzen, dass sie sagen, die weitere Konfrontation bringt uns nur in Schwierigkeiten, isoliert uns weltweit, wir müssen unsere Politik korrigieren, also das was Leute um Rafsandjani und andere seit langem fordern, ob die sich nun auch in der Atomfrage durchsetzen. Das wird man sehr rasch spüren.
Klein: Und was ist Ihre Vermutung? Werden sie sich durchsetzen?
Polenz: Ich habe zumindest die Hoffnung, dass sie es tun, denn natürlich bleibt die Nuklearkrise eine besonders gefährliche, nicht zuletzt deshalb, weil sie schon im jetzigen Zustand ein atomares Wettrüsten in der Region auslösen kann, denn solange man nicht definitiv weiß, auch in der Region definitiv weiß, dass das iranische Nuklearprogramm in jedem Falle friedlich bleibt, solange besteht die Gefahr, dass dann andere sagen, wir können nicht so lange warten, bis Teheran uns mit einem Atombombentest überrascht.
Klein: Und Sie schließen aus, dass der Atomstreit in irgendeiner Weise im Hintergrund bei der Lösung der Geiselgeschichte eine Rolle gespielt hat?
Polenz: Nein. Ich glaube das kann man nicht ausschließen. Ich denke, dass diejenigen, die jetzt durch die Rückgabe der Geiseln den Ausweg im Geiselstreit angeordnet haben, sehr wohl die gesamte Lage Teherans in der internationalen Situation im Auge hatten, die zunehmende Isolierung, und gesagt haben wenn wir das jetzt durch eine weitere Krise noch mehr forcieren, dann schadet das unserem Land. Die Leute haben ja Recht mit ihrer Analyse und nun kann man nur hoffen, dass sie mit dieser richtigen Analyse auch die Selbstisolierung Irans beim Nuklearprogramm Schritt für Schritt beenden.
Klein: Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz war das. Danke für das Gespräch, Herr Polenz.
Polenz: Bitte schön Frau Klein!