Samstag, 27. April 2024

20. März 2024
Die internationale Presseschau

Kommentiert werden die aktuelle Lage im Nahen Osten sowie der russische Krieg gegen die Ukraine.

20.03.2024
Rheinland-Pfalz, Ramstein-Miesenbach: Boris Pistorius (l-r, SPD), deutscher Verteidigungsminister, US-General Charles Q. Brown, Lloyd Austin, US-Verteidigungsminister, und Rustem Umjerow, Verteidigungsminister der Ukraine, sitzen bei den Beratungen der US-geführten Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein am Verhandlungstisch.
Ukraine-Kontaktgruppe berät in Ramstein. (Uwe Anspach/dpa)
Die österreichische Zeitung DER STANDARD blickt auf das gestrige Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein: "Geht es nach US-Verteidigungsminister Austin, so kann sich die von Russland angegriffene Ukraine der internationalen Unterstützung in ihrem Abwehrkampf weiterhin sicher sein. 'Unsere heutige Botschaft ist klar: Die freie Welt wird die Ukraine nicht scheitern lassen', erklärte Austin in Ramstein. Bisher haben vor allem die USA die Ukraine am Leben erhalten: In absoluten Zahlen hat das Land fast dreimal so viel Hilfe geschickt wie etwa Deutschland. Weil Ex-Präsident Trumps Lakaien im Kongress aber seit Monaten weitere Hilfen blockieren, gehen der Ukraine langsam, aber sicher die Waffen aus. Viel mehr als Durchhalteparolen hatte Austin beim Treffen der Unterstützer daher nicht im Gepäck. Der russische Präsident Putin lacht sich derweil ins Fäustchen. Trumps Getreue erweisen sich als seine wertvollste Geheimwaffe. Je länger sie blockieren, desto besser für Russland." So weit DER STANDARD aus Wien.
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA notiert: "Klar ist, dass die europäische Militärhilfe für die Ukraine immer entscheidender wird. Nicht nur, weil die EU sich des kritischen Augenblicks bewusst geworden ist, sondern auch, weil in den europäischen Hauptstädten die Sorge wächst, dass US-Präsident Biden im Kongress weiter die Hände gebunden sind. Und man weiß, dass ein Sieg von Donald Trump im kommenden November katastrophale Folgen haben könnte. Aber alle sind sich darüber im Klaren, dass die europäische Hilfe für Kiew ohne die Unterstützung der USA nicht ausreichen wird, um die russischen Truppen aufzuhalten. Ein paralleler Weg zur Bewaffnung der Ukraine könnte der Vorschlag sein, den der EU-Außenbeauftragte Borrell dem Europäischen Rat vorlegen wird. 90 Prozent der Erträge aus den in Europa eingefrorenen russischen Finanzanlagen - etwa drei Milliarden Euro - sollen demnach für den Kauf von Waffen und Munition für die Ukraine verwendet werden", erläutert LA VANGUARDIA aus Barcelona.
Die russische staatsnahe Zeitung KOMMERSANT führt aus: "Eine Koalition aus 50 Ländern trifft sich in regelmäßigen Abständen in Ramstein, um die militärische Hilfe für die Ukraine zu koordinieren. Bis vor Kurzem wurde jedes Treffen der Ramstein-Gruppe in Kiew mit Spannung erwartet, in Erwartung groß angelegter Initiativen und solider militärischer Hilfspakete, die das Blatt der Feindseligkeiten wenden könnten. Aktuell jedoch gibt es wenig Begeisterung. Treffen in diesem Format sind zu einer Routine geworden, bei der regelmäßig unterstützende Worte geäußert, aber keine grundlegenden Entscheidungen mehr getroffen werden. Das kann auch nicht geschehen, wenn man bedenkt, wie breit die Meinungsvielfalt innerhalb der westlichen Koalition mittlerweile ist. Und diese Koalition ist, wie das Leben zeigt, zu breit, zu amorph, jedes ihrer Mitglieder hat unterschiedliche Interessen und vor allem einen unterschiedlichen Grad der Ermüdung durch den Ukraine-Konflikt", beobachtet der KOMMERSANT aus Moskau.
"Der französische Präsident hat sich in der Ukraine-Frage von der Taube zum Falken gewandelt", heißt es in der chinesischen Zeitung JIEFANG RIBAO aus Schanghai: "Hatte er zu Beginn des Konflikts noch davor gewarnt, den russischen Präsidenten Putin zu demütigen, bekräftigte er nun unlängst zur besten Sendezeit im französischen Fernsehen seine Haltung, wonach der Einsatz von Bodentruppen des Westens in der Ukraine nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Somit ist Macron inzwischen an die Spitze der Hardliner unter den Unterstützern der Ukraine getreten."
Die finnische Zeitung HUFVUDSTADSBLADET aus Helsinki hält fest: "Frankreichs Präsident Macron hat es auf den Punkt gebracht: Putin muss den Krieg in der Ukraine verlieren, sonst verliert Europa seine Glaubwürdigkeit. In Berlin ist man jedoch zu einem entgegengesetzten Schluss gekommen. Kanzler Scholz will Putin nicht provozieren, weigert sich beharrlich, von einer notwendigen Niederlage Russlands zu sprechen. Zudem verwehrt er der Ukraine Taurus-Marschflugkörper. Putin hat es geschafft, Scholz seine eigenen roten Linien einzuimpfen. Deutschlands zaghafte Haltung lässt keinen anderen Schluss zu, als dass die Einschüchterungstaktik des Kreml funktioniert: Gewalt und Drohungen zahlen sich aus."
Die dänische Zeitung JYLLANDS-POSTEN ist folgender Meinung: "Tschechiens Präsident Pavel begnügt sich nicht damit, Orden zu verleihen und Bänder zu durchschneiden. Der frühere NATO-General krempelt vielmehr die Ärmel hoch und nutzt für seine Jagd nach Waffen für die Ukraine seine alten Kontakte. Pavel hat innerhalb kurzer Zeit mindestens 800.000 Granaten organisiert, die mit Finanzierung durch einige europäische Länder – darunter auch Dänemark – schon bald unterwegs nach Osten sein könnten. Diese Initiative ist eines von mehreren Beispielen, wie kleinere NATO-Länder die Unterstützung für die Ukraine vorantreiben. Bei den größeren und einflussreicheren Staaten scheint man eher um sein Selbstbild als um echte Hilfe bemüht", vermutet JYLLANDS-POSTEN aus Århus.
Nun in den Nahen Osten. THE IRISH TIMES aus Dublin thematisiert die zunehmende Kritik der Vereinigten Staaten am Vorgehen des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu im Gazastreifen: "Die USA scheinen anzuerkennen, dass Netanjahu und seine extremistische Regierung Teil des Problems und nicht die Lösung sind. Es bleibt abzuwarten, ob US-Präsident Biden seinen Einfluss geltend macht, um darauf hinzuarbeiten, dass weitere israelische Angriffe unterbleiben. Biden hat inzwischen einen schärferen Ton gegenüber Netanjahu angeschlagen und betont, dass humanitäre Hilfe angesichts der drohenden Hungersnot ein Gebot der Stunde ist. Die Botschaft der USA scheint inzwischen zu sein, dass die Unterstützung Israels und die Unterstützung Netanjahus nicht dasselbe sind", bemerkt THE IRISH TIMES.
Die türkische Zeitung KARAR meint: "Der Angriff der Hamas und anderer radikaler Gruppen auf Israel am 7. Oktober nutzte nur Netanjahu, verlängerte sein politisches Leben und half dem israelischen Ministerpräsidenten, seine Schwierigkeiten mit der Justiz zu mildern. Darüber hinaus hat die Hamas dazu beigetragen, die israelischen Expansionspläne zu verwirklichen. Wenn die Angriffe auf Rafah zunehmen, ist es sogar möglich, dass es in Gaza gar keine Palästinenser mehr geben wird. Realistischerweise gibt es niemanden, der Netanjahu aufhalten könnte. Es ist unwahrscheinlich, dass die Anklage Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof irgendeine Wirkung auf Israel haben wird. EU-Sanktionen gegen die Siedler oder ein Exportstopp werden angesichts ähnlicher Ereignisse in der Geschichte kaum Wirkung zeigen", ist sich KARAR aus Istanbul sicher.
Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER aus Stockholm wirft ein: "Die USA und Europa bejahen Israels Recht auf Selbstverteidigung einschließlich der Militäroperation in Gaza. Aber Israel ist ein demokratischer Staat, der sich an die Gesetze des Krieges halten muss. Dazu gehört der Schutz von Zivilisten und deren Versorgung mit Hilfsgütern. In dieser Hinischt hat die israelische Regierung konsequent zu wenig getan. Die Schutzzonen sind zu klein, die Warnungen an die Menschen kommen zu spät, und es wird zu wenig Hilfe durchgelassen."
Die palästinensische Zeitung AL AYYAM merkt an: "Die Differenzen zwischen US-Präsident Biden und Israels Premier Netanjahu werden inzwischen in einem nie gekannten Maß öffentlich ausgetragen. Denn die Fortsetzung des Krieges wie auch die zu erwartende Besetzung von Rafah verunsichern Washington und mindern die Chancen von Präsident Biden auf eine zweite Amtszeit. Netanjahus einzige rote Linie ist wiederum sein eigenes politisches Überleben, für das er bereit ist, die Beziehung zu Biden zu opfern." Das war AL AYYAM aus Ramallah im Westjordanland.