Vogel: Ich fürchte, er wird im wesentlichen Punkt ein weiteres Mal schweigen und wird, anders als es das Gesetz vorschreibt, diejenigen, die ihm Beträge zwischen zwei und drei Millionen Mark gespendet haben, nicht nennen. Das ist außerordentlich zu bedauern, aber ich fürchte, er wird an seiner Linie festhalten.
Gerner: Was hat denn der Ausschuss bisher gebracht, mangels Ermittlungskompetenz hatte man ja zuweilen den Eindruck eines parteipolitischen Ränkespiels, jetzt kommen wir fast in den Wahlkampf.
Vogel: Der Ausschuss war natürlich dadurch in einer schwierigen Lage, dass er immer wieder Personen vernommen hat, die selber in staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren oder in Strafverfahren verwickelt waren, und die deswegen ein Aussageverweigerungsrecht besaßen und auch in Anspruch genommen haben. Aber trotzdem ist doch über die schwarzen Konten und über die merkwürdigen Geldflüsse eine ganze Menge deutlich geworden.
Gerner: Als Schulnote eine 3+ sozusagen.
Vogel: Ich würde sogar eine 2- für möglich halten, wenn man bedenkt, dass Untersuchungsausschüsse in einem Parlament auch immer die unterschiedlichen parteipolitischen Konstellationen widerspiegeln, das ist bei einem Untersuchungsausschuss eines Parlaments ja auch nicht anders zu erwarten. Wenn man das bedenkt, dann hat doch das Parlament seiner Kontrollaufgabe im Rahmen des möglichen und des zu erwartenden genüge getan - und das Kohl schweigt, das hat nur er selbst zu verantworten
Gerner: Für die Zukunft gibt es nun Entwürfe. SPD und Grüne haben einen eingebracht, die CDU hat auch einen vorgelegt. Von SPD und Grünen heißt es drei Jahre Haft bei frisierten Rechenschaftsberichten. Sagen Sie "endlich" dazu, wie reagieren Sie?
Vogel: Ich glaube, dass war wirklich ein Mangel des Gesetzes aus dem Jahr 1994, dass es nur finanzielle Sanktionen gegen die Parteiein gab, aber keine persönliche Sanktion für die, die vorsätzlich falsche Rechenschaftsberichte vorgelegt haben. Jetzt ist hier die Situation die gleiche wie bei Aktiengesellschaften oder wie bei GmbHs, die gefälschte Bilanzen vorlegen, oder korrekter gesagt, Bilanzen, von denen der der sie unterschreibt weiß, dass sie nicht richtig sind. Das ist in Ordnung und das war auch an der Zeit.
Gerner: Nun gibt es aber auch dort ein Hintertürchen. Es heißt, wenn das Versäumnis verspätet bemerkt wird, dann kann es korrigiert werden und dann gibt es keine Sanktionen, und der Vorsatz muss ja auch erst mal nachgewiesen werden.
Vogel: Sicherlich. Das ist ja bei Aktiengesellschaften und bei GmbHs genauso. Und es ist im Strafrecht, außer da, wo auch die fahrlässige Tat strafbar ist, überall genauso. Und tätige Reue, ja gut. Sie kennen das vielleicht auch von Steuerdelikten. Wer sich selbst anzeigt, bevor Ermittlungen in Gang kommen, der muss zwar dann die Steuer bezahlen, aber er kann nicht mehr bestraft werden. Das ist also nichts völlig Außergewöhnliches und kein Parteienprivileg im eigentlichen Sinne.
Gerner: Im CDU-Entwurf steht nichts von einer Strafandrohung bei frisierten Rechenschaftsberichten. Mir fällt auch der jüngste Parteitag in Dresden ein, da hat das Thema keine sichtbare Rolle mehr gespielt. Das Kapitel sei mehr oder weniger abgeschlossen, war zu hören. Wo ist die Läuterung der CDU?
Vogel: Ich will hier nicht als Inquisitor auftreten und als Zuchtmeister, aber ein bisschen mehr Konsequenz hätte ich mir doch gewünscht. Zumal ja Frau Merkel zu Beginn, das muss man mit Respekt anmerken, auf diesem Gebiet mit großem Elan angetreten ist. Aber die Sache hat auch durch den Zeitablauf dann offenbar an Fahrt verloren. Ich glaube aber nicht, dass die CDU ernsthaft, wenn es denn zu Beratungen im Bundestag kommt oder auch dann im Bundesrat, dass sie diese Strafvorschrift für vorsätzlich falsche Angaben im Rechenschaftsbericht ablehnt, das kann ich mir nicht denken. Das wäre auch nicht gut für unser demokratisches Gemeinwesen.
Gerner: Zumindest eine Einigung scheint ja nicht so richtig in Reichweite, denn die Opposition weist auf die SPD-Beteiligungen an Tageszeitung hin, will sie verbieten mit dem Hinweis, eine Partei darf nicht auch privatwirtschaftlich aktiv sein.
Vogel: Das ist, glaube ich, nicht ganz fair, denn diese Zeitungs-Beteiligungen stammen ja noch aus dem 19. Jahrhundert, als die Arbeiterbewegung ja gesellschaftlich so ausgeschlossen war vom Medienbereich, dass sie ihre eigenen Zeitungen ins Leben rufen musste. Das ist mühsam mit den Beiträgen und Zahlungen der Arbeitnehmer geschaffen worden. Es wurde dann enteignet, zuerst von den Nazis, dann von der DDR ...
Gerner: Das ist Geschichte, aber Sie kennen das Gefühl gewisser Stammtische, die Parteien haben überall ihre Finger drin ...
Vogel: Das sind aber Stammtische, die offenbar die Entstehungsgeschichte offenbar gar nicht kennen. Es ist eigentlich nicht einzusehen, dass das, was die Sozialdemokratie aufgrund ihrer besonderen Lage - das Zentrum als Vorgänger der CDU hatte diese Probleme ja nicht - dass man das nun zum Gegenstand einer Enteignungsmaßnahme macht. Außerdem haben namhafte Verfassungsrechtler festgestellt, dass ein solches Betätigungsverbot mit dem Grundgesetz nicht im Einklang stände.
Gerner: Herr Vogel, lassen Sie mich zu einem Punkt noch etwas fragen. Stichwort anonyme Spenden. Die sollen laut SPD-Entwurf nur noch bis zu tausend Mark möglich sein. Wozu wird das in der Praxis führen, wird das Ganze in der Zerstückelung, die wir ja auch erlebt haben als taktisches Mittel zur Verschleierung, eine Bedeutung haben?
Vogel: Es ist schwer hier die richtige Grenze zu finden. In der Kommission ist das sorgfältig beraten worden. Und es war vor allem die Tatsache, dass es bei Parteiveranstaltungen immer wieder so genannte Tellersammlungen gibt, dass man also während der Veranstaltung zu Spenden auffordert, und jeder spendet wie er will, mal zwanzig, mal hundert, mal fünfhundert Mark, dass die Kommission gesagt hat, tausend Mark, das sei eine vernünftige und diskutable Grenze; und der Entwurf der Regierungsfraktion hat das übernommen. Was die Union dazu sagt, das weiß ich nicht.
Gerner: Wenn es zu keiner Einigung kommen sollte, nehmen wir das mal kurz an, wäre dann ein neuer Skandal im Keim enthalten aufgrund des alten Rechtes?
Vogel: Ich denke die Union müsste sich das wirklich gründlich überlegen, ob sie, die sie ja mit der ganzen Entwicklung der letzten zwei Jahre durch Helmut Kohl in besonderer Verbindung stand, ob sie dann auch noch Neuregelungen, die von einer unabhängigen Kommission empfohlen worden sind, von der Präsidentin des Bundesrechnungshofes immerhin, die ja früher sogar Staatssekretärin in einer CDU-Regierung war, ernsthaft ablehnen will. Also ich glaube, sie sollte das noch mal sorgfältig überlegen.
Link: Interview als RealAudio
Gerner: Was hat denn der Ausschuss bisher gebracht, mangels Ermittlungskompetenz hatte man ja zuweilen den Eindruck eines parteipolitischen Ränkespiels, jetzt kommen wir fast in den Wahlkampf.
Vogel: Der Ausschuss war natürlich dadurch in einer schwierigen Lage, dass er immer wieder Personen vernommen hat, die selber in staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren oder in Strafverfahren verwickelt waren, und die deswegen ein Aussageverweigerungsrecht besaßen und auch in Anspruch genommen haben. Aber trotzdem ist doch über die schwarzen Konten und über die merkwürdigen Geldflüsse eine ganze Menge deutlich geworden.
Gerner: Als Schulnote eine 3+ sozusagen.
Vogel: Ich würde sogar eine 2- für möglich halten, wenn man bedenkt, dass Untersuchungsausschüsse in einem Parlament auch immer die unterschiedlichen parteipolitischen Konstellationen widerspiegeln, das ist bei einem Untersuchungsausschuss eines Parlaments ja auch nicht anders zu erwarten. Wenn man das bedenkt, dann hat doch das Parlament seiner Kontrollaufgabe im Rahmen des möglichen und des zu erwartenden genüge getan - und das Kohl schweigt, das hat nur er selbst zu verantworten
Gerner: Für die Zukunft gibt es nun Entwürfe. SPD und Grüne haben einen eingebracht, die CDU hat auch einen vorgelegt. Von SPD und Grünen heißt es drei Jahre Haft bei frisierten Rechenschaftsberichten. Sagen Sie "endlich" dazu, wie reagieren Sie?
Vogel: Ich glaube, dass war wirklich ein Mangel des Gesetzes aus dem Jahr 1994, dass es nur finanzielle Sanktionen gegen die Parteiein gab, aber keine persönliche Sanktion für die, die vorsätzlich falsche Rechenschaftsberichte vorgelegt haben. Jetzt ist hier die Situation die gleiche wie bei Aktiengesellschaften oder wie bei GmbHs, die gefälschte Bilanzen vorlegen, oder korrekter gesagt, Bilanzen, von denen der der sie unterschreibt weiß, dass sie nicht richtig sind. Das ist in Ordnung und das war auch an der Zeit.
Gerner: Nun gibt es aber auch dort ein Hintertürchen. Es heißt, wenn das Versäumnis verspätet bemerkt wird, dann kann es korrigiert werden und dann gibt es keine Sanktionen, und der Vorsatz muss ja auch erst mal nachgewiesen werden.
Vogel: Sicherlich. Das ist ja bei Aktiengesellschaften und bei GmbHs genauso. Und es ist im Strafrecht, außer da, wo auch die fahrlässige Tat strafbar ist, überall genauso. Und tätige Reue, ja gut. Sie kennen das vielleicht auch von Steuerdelikten. Wer sich selbst anzeigt, bevor Ermittlungen in Gang kommen, der muss zwar dann die Steuer bezahlen, aber er kann nicht mehr bestraft werden. Das ist also nichts völlig Außergewöhnliches und kein Parteienprivileg im eigentlichen Sinne.
Gerner: Im CDU-Entwurf steht nichts von einer Strafandrohung bei frisierten Rechenschaftsberichten. Mir fällt auch der jüngste Parteitag in Dresden ein, da hat das Thema keine sichtbare Rolle mehr gespielt. Das Kapitel sei mehr oder weniger abgeschlossen, war zu hören. Wo ist die Läuterung der CDU?
Vogel: Ich will hier nicht als Inquisitor auftreten und als Zuchtmeister, aber ein bisschen mehr Konsequenz hätte ich mir doch gewünscht. Zumal ja Frau Merkel zu Beginn, das muss man mit Respekt anmerken, auf diesem Gebiet mit großem Elan angetreten ist. Aber die Sache hat auch durch den Zeitablauf dann offenbar an Fahrt verloren. Ich glaube aber nicht, dass die CDU ernsthaft, wenn es denn zu Beratungen im Bundestag kommt oder auch dann im Bundesrat, dass sie diese Strafvorschrift für vorsätzlich falsche Angaben im Rechenschaftsbericht ablehnt, das kann ich mir nicht denken. Das wäre auch nicht gut für unser demokratisches Gemeinwesen.
Gerner: Zumindest eine Einigung scheint ja nicht so richtig in Reichweite, denn die Opposition weist auf die SPD-Beteiligungen an Tageszeitung hin, will sie verbieten mit dem Hinweis, eine Partei darf nicht auch privatwirtschaftlich aktiv sein.
Vogel: Das ist, glaube ich, nicht ganz fair, denn diese Zeitungs-Beteiligungen stammen ja noch aus dem 19. Jahrhundert, als die Arbeiterbewegung ja gesellschaftlich so ausgeschlossen war vom Medienbereich, dass sie ihre eigenen Zeitungen ins Leben rufen musste. Das ist mühsam mit den Beiträgen und Zahlungen der Arbeitnehmer geschaffen worden. Es wurde dann enteignet, zuerst von den Nazis, dann von der DDR ...
Gerner: Das ist Geschichte, aber Sie kennen das Gefühl gewisser Stammtische, die Parteien haben überall ihre Finger drin ...
Vogel: Das sind aber Stammtische, die offenbar die Entstehungsgeschichte offenbar gar nicht kennen. Es ist eigentlich nicht einzusehen, dass das, was die Sozialdemokratie aufgrund ihrer besonderen Lage - das Zentrum als Vorgänger der CDU hatte diese Probleme ja nicht - dass man das nun zum Gegenstand einer Enteignungsmaßnahme macht. Außerdem haben namhafte Verfassungsrechtler festgestellt, dass ein solches Betätigungsverbot mit dem Grundgesetz nicht im Einklang stände.
Gerner: Herr Vogel, lassen Sie mich zu einem Punkt noch etwas fragen. Stichwort anonyme Spenden. Die sollen laut SPD-Entwurf nur noch bis zu tausend Mark möglich sein. Wozu wird das in der Praxis führen, wird das Ganze in der Zerstückelung, die wir ja auch erlebt haben als taktisches Mittel zur Verschleierung, eine Bedeutung haben?
Vogel: Es ist schwer hier die richtige Grenze zu finden. In der Kommission ist das sorgfältig beraten worden. Und es war vor allem die Tatsache, dass es bei Parteiveranstaltungen immer wieder so genannte Tellersammlungen gibt, dass man also während der Veranstaltung zu Spenden auffordert, und jeder spendet wie er will, mal zwanzig, mal hundert, mal fünfhundert Mark, dass die Kommission gesagt hat, tausend Mark, das sei eine vernünftige und diskutable Grenze; und der Entwurf der Regierungsfraktion hat das übernommen. Was die Union dazu sagt, das weiß ich nicht.
Gerner: Wenn es zu keiner Einigung kommen sollte, nehmen wir das mal kurz an, wäre dann ein neuer Skandal im Keim enthalten aufgrund des alten Rechtes?
Vogel: Ich denke die Union müsste sich das wirklich gründlich überlegen, ob sie, die sie ja mit der ganzen Entwicklung der letzten zwei Jahre durch Helmut Kohl in besonderer Verbindung stand, ob sie dann auch noch Neuregelungen, die von einer unabhängigen Kommission empfohlen worden sind, von der Präsidentin des Bundesrechnungshofes immerhin, die ja früher sogar Staatssekretärin in einer CDU-Regierung war, ernsthaft ablehnen will. Also ich glaube, sie sollte das noch mal sorgfältig überlegen.
Link: Interview als RealAudio