Eine Große Koalition, wenn sie denn kommt, verteile gerade einmal ein paar Pflästerchen für die Wunden, die sie im Sozialen selbst geschlagen habe, sagt der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger.
"Es ist nichts zur Regulierung des Arbeitsmarkts, nichts gegen prekäre Beschäftigung, nichts zur Leiharbeit, viel zu wenig Investitionen in Bildung, Erziehung und Gesundheit."
Die Linke habe wirklich ein Rentenkonzept, ein Steuerkonzept
Riexinger hat viel an den sondierten Eckpunkten einer weiteren Großen Koalition zu kritisieren. Liegt darin die Chance für die Linke, politisch zuzulegen?
"Ich glaube, dort hat die Linke eine Aufgabe. Und das müssten wir jetzt tun, konkret zu sagen: Hier hat die Linke ein Programm, ein Gegenprogramm, klare Alternativen. Sie ist nicht nur dagegen, sondern sie hat wirklich ein Rentenkonzept, sie hat ein Steuerkonzept, wo wir sagen können: Die Verkäuferin kriegt eben 200 Euro mehr raus. Mit dem könnten wir jetzt punkten. Wir müssten sagen, das ist unser Angebot, unsere Alternative zur Großen Koalition. Und unzufriedene Sozialdemokraten könnten sagen: Okay, hier hat uns die Linke was anzubieten."
"Die SPD schafft sich ab. Wenn sie jetzt wirklich in diese Große Koalition noch einmal geht, zu so schlechten Bedingungen, dann entsteht da eine riesige Leerstelle. Und ich möchte nicht, dass diese Leerstelle von rechts ausgefüllt wird".
Sagt die Fraktionsvorsitzende, Sahra Wagenknecht. Die Linke hat von den Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl kaum Wähler gewinnen können. Aus einer ähnlichen Analyse zieht sie jedoch andere Schlüsse als Parteichef Bernd Riexinger. Sie denkt über die Partei Die Linke hinaus. Vermögenssteuer, Mindestlohnerhöhung, stärkerer Sozialstaat – für all das gebe es gesellschaftliche Mehrheiten.
"Aber wir haben zur Zeit keine Chance auf politische Mehrheiten, die so etwas politisch durchsetzen."
Auf der Suche nach neuen Konzepten
Per "Spiegel"-Interview lässt Wagenknecht vor einer Woche wissen, dass sie eine neue politische Initiative in Betracht ziehe. Eine Sammlungsbewegung, größer als die Linke. Eine, die Mehrheiten herbeiführen soll. Mit Prominenten, die vielleicht heute auch gar nicht mit der Linken zusammenarbeiten würden. Eine neue Volkspartei, vielleicht. Sie warte jetzt das Echo auf ihre Initiative ab. Und die Linke?
"Ich will nicht aufs Spiel setzen, dass es links von der SPD eine relevante Partei gibt, was wir ja sind. Sondern ich will mehr erreichen als das."
Debatten, von denen der Parteivorsitzende Bernd Riexinger gar nichts hält. Der Linkenvorsitzende will auch weiterhin mit Katja Kipping, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch arbeiten – gegen die GroKo, davon geht Riexinger aus.
"Wir müssen uns nur alle vier dieser Aufgabe zuwenden. Personaldiskussionen und Konstellationsdiskussionen und Neugründungsdiskussionen über Parteien sind eher hinderlich."
Dass Teile der Basis angesichts ihres Vorstoßes Sorgen und Fragen hätten, das verstehe sie, sagt Sahra Wagenknecht.
"Ein bisschen anders ist es bei gewissen Debatten in den Führungsebenen. Der Begriff Sammlungsbewegung, vor einiger Zeit, ich glaube im November oder Dezember war es, hat Katja Kipping gesagt 'Wir brauchen eine linke Sammlungsbewegung', da hat sich irgendwie keiner aufgeregt. Wenn ich das sage, ist das irgendwie der ganz große, parteifeindliche Vorstoß. Also es gibt natürlich auch bei einigen, habe ich das Gefühl, egal was ich sage, immer ein Erregungsecho um das in Grund und Boden zu stampfen. So sollte man Diskussionen nicht führen. Das genau trägt dazu bei, dass wir als Linke ein schlechtes Image haben."
Ihr Fraktionsvorsitzkollege Dietmar Bartsch witzelte diese Woche beim 70. Geburtstag von Gregor Gysi, dass – in Anwesenheit aller vier – die Geburtstagsparty eine der größten Sammlungsbewegungen sei, die die Linke in letzter Zeit hatte. Auch Bartsch hält offenkundig nichts von Wagenknechts Vorstoß.
Ob die SPD derzeit Angst vor dieser Linken haben muss? Ob diese wirklich attraktiv für jene sein wird, die sich nach Zugeständnissen erst der Grünen, dann der SPD in den Sondierungen mit der Union neuorientieren? Sahra Wagenknecht sondiert jedenfalls weiter die Chancen für ihre Sammlungsbewegung – aus der Rolle, die sie derzeit hat.
"Ich bin Fraktionsvorsitzende und ich mache das sehr gern."