Franz-Josef Jung: Aber ich denke, wir sind es auch gerade unseren gefallenen Soldaten schuldig, dass wir unseren Auftrag weiter erfüllen, den Terroristen im Interesse der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger in Deutschland wirkungsvoll entgegenzutreten.
Dirk Müller: So weit Verteidigungsminister Franz-Josef Jung. – Soldaten fallen nicht, sie verrecken und krepieren. So jedenfalls will es der Arbeitskreis kritischer Soldaten, organisiert im Darmstädter Signal interpretiert wissen. Gemeint sind die Äußerungen des Verteidigungsministers nach dem Tot der drei Bundeswehrsoldaten nahe Kundus. Es geht einerseits um die richtigen Worte, um die Frage, ist in Afghanistan Krieg oder nicht. Sind es Kampfhandlungen, wie Franz-Josef Jung sagt? Es geht aber auch immer um Symbole, um Anerkennung, um eine Würdigung derjenigen, die bei Auslandseinsätzen ihr Leben riskieren. Bei der Bundesregierung ist das zumindest inzwischen angekommen. Heute verleiht die Kanzlerin vier deutschen Afghanistan-Soldaten erstmals eine Tapferkeitsmedaille. Ein Ehrenkreuz für diejenigen, die über das normale Maß der Pflichterfüllung hinausgegangen sind, wie es offiziell heißt. Bei vielen werden da ungute Erinnerungen wach. – Darüber sprechen wollen wir nun mit dem Münchener Militärhistoriker Professor Michael Wolffsohn. Guten Morgen.
Michael Wolffsohn: Guten Morgen!
Müller: Herr Wolfssohn, sind das ungute Erinnerungen?
Wolffsohn: Ich wüsste nicht weshalb. Auszeichnungen für ausgezeichnete Leistungen sind doch eine menschliche Selbstverständlichkeit, oder nicht?
Müller: Das frage ich Sie!
Wolffsohn: Ich sage ja. Das war eine rhetorische Frage. Selbstverständlich: Ausgezeichnete Leistungen müssen ausgezeichnet werden. Es ist die minimale Form eines Dankes, welchen der Staat denen entgegenbringen kann, die sich für diesen Staat einsetzen. Über die Staatsziele hat die Politik, die demokratisch legitimierte, die legitime, die gerechtfertigte politische Gewalt zu entscheiden.
Müller: Die Deutschen haben ja verständlicherweise, Herr Wolfssohn, immer wieder Berührungsängste, wenn es um Soldaten, wenn es um Krieg, wenn es um Auslandseinsätze, wenn es auch um militärische Gewalt geht. Passt das denn zusammen mit einer Tapferkeitsmedaille?
Wolffsohn: Aber selbstverständlich. Die Tapferkeit ist die eine Seite und die politische, ebenso wie die historische Dimension die andere. Es hat sich ja seit 1945 gottlob in Deutschland etwas geändert. Es ist nicht mehr ein Adolf Hitler, der die Politik bestimmt, sondern wir haben eine funktionierende Demokratie seit 1949, die wir in diesem Jahr gefeiert haben, und auch in der Demokratie ist es eine menschliche Selbstverständlichkeit, eine Selbstverständlichkeit des Anstandes, denen zu danken, die sich für diesen demokratischen Staat einsetzen. Über die Ziele, über die Form des Einsatzes (Beispiel Afghanistan), kann man, muss man in einer Demokratie unterschiedlicher Meinung sein. Das ist eben genau der entscheidende Unterschied zwischen der nationalsozialistischen Periode und der demokratischen Bundesrepublik Deutschland.
Müller: Viele Kritiker, Herr Wolfssohn, haben ja dennoch jetzt diese Erinnerung: eisernes Kreuz, Ritterkreuz, also das, was im Nationalsozialismus zum Teil millionenfach verliehen worden ist. Warum geht man jetzt einen ähnlichen Weg mit einer Verleihung der Medaille?
Wolffsohn: Weil das eiserne Kreuz und diese Symbolik deutlich älter ist als das Dritte Reich. Das Dritte Reich hat diese sehr gute, aufgeklärte vordemokratische Tradition übernommen und verfälscht und wenn wir diese Grundannahmen, die in Ihrer Frage stecken, übernähmen, dürften wir auch nicht miteinander Deutsch sprechen. So weit ich mich erinnere, haben die Nationalsozialisten Deutsch gesprochen – nicht fehlerfrei, sie meinten, die Verkörperung des Deutschtums zu sein, aber jedenfalls dann gilt auch dies.
Müller: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Tapferkeitsmedaille an Bundeswehrsoldaten ist längst überfällig?
Wolffsohn: Aber selbstverständlich! Der Staat hat nur minimale Formen, um danke zu sagen, und das ist eine solche und daher ist es höchste Zeit, denjenigen, die sich im Kampfeinsatz ausgezeichnet haben für diesen demokratischen Staat Bundesrepublik Deutschland, diesen Männern oder, wenn es Frauen sind, Frauen Dankeschön zu sagen.
Müller: Der Münchener Militärhistoriker Professor Michael Wolffsohn bei uns im Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Gespräch.
Dirk Müller: So weit Verteidigungsminister Franz-Josef Jung. – Soldaten fallen nicht, sie verrecken und krepieren. So jedenfalls will es der Arbeitskreis kritischer Soldaten, organisiert im Darmstädter Signal interpretiert wissen. Gemeint sind die Äußerungen des Verteidigungsministers nach dem Tot der drei Bundeswehrsoldaten nahe Kundus. Es geht einerseits um die richtigen Worte, um die Frage, ist in Afghanistan Krieg oder nicht. Sind es Kampfhandlungen, wie Franz-Josef Jung sagt? Es geht aber auch immer um Symbole, um Anerkennung, um eine Würdigung derjenigen, die bei Auslandseinsätzen ihr Leben riskieren. Bei der Bundesregierung ist das zumindest inzwischen angekommen. Heute verleiht die Kanzlerin vier deutschen Afghanistan-Soldaten erstmals eine Tapferkeitsmedaille. Ein Ehrenkreuz für diejenigen, die über das normale Maß der Pflichterfüllung hinausgegangen sind, wie es offiziell heißt. Bei vielen werden da ungute Erinnerungen wach. – Darüber sprechen wollen wir nun mit dem Münchener Militärhistoriker Professor Michael Wolffsohn. Guten Morgen.
Michael Wolffsohn: Guten Morgen!
Müller: Herr Wolfssohn, sind das ungute Erinnerungen?
Wolffsohn: Ich wüsste nicht weshalb. Auszeichnungen für ausgezeichnete Leistungen sind doch eine menschliche Selbstverständlichkeit, oder nicht?
Müller: Das frage ich Sie!
Wolffsohn: Ich sage ja. Das war eine rhetorische Frage. Selbstverständlich: Ausgezeichnete Leistungen müssen ausgezeichnet werden. Es ist die minimale Form eines Dankes, welchen der Staat denen entgegenbringen kann, die sich für diesen Staat einsetzen. Über die Staatsziele hat die Politik, die demokratisch legitimierte, die legitime, die gerechtfertigte politische Gewalt zu entscheiden.
Müller: Die Deutschen haben ja verständlicherweise, Herr Wolfssohn, immer wieder Berührungsängste, wenn es um Soldaten, wenn es um Krieg, wenn es um Auslandseinsätze, wenn es auch um militärische Gewalt geht. Passt das denn zusammen mit einer Tapferkeitsmedaille?
Wolffsohn: Aber selbstverständlich. Die Tapferkeit ist die eine Seite und die politische, ebenso wie die historische Dimension die andere. Es hat sich ja seit 1945 gottlob in Deutschland etwas geändert. Es ist nicht mehr ein Adolf Hitler, der die Politik bestimmt, sondern wir haben eine funktionierende Demokratie seit 1949, die wir in diesem Jahr gefeiert haben, und auch in der Demokratie ist es eine menschliche Selbstverständlichkeit, eine Selbstverständlichkeit des Anstandes, denen zu danken, die sich für diesen demokratischen Staat einsetzen. Über die Ziele, über die Form des Einsatzes (Beispiel Afghanistan), kann man, muss man in einer Demokratie unterschiedlicher Meinung sein. Das ist eben genau der entscheidende Unterschied zwischen der nationalsozialistischen Periode und der demokratischen Bundesrepublik Deutschland.
Müller: Viele Kritiker, Herr Wolfssohn, haben ja dennoch jetzt diese Erinnerung: eisernes Kreuz, Ritterkreuz, also das, was im Nationalsozialismus zum Teil millionenfach verliehen worden ist. Warum geht man jetzt einen ähnlichen Weg mit einer Verleihung der Medaille?
Wolffsohn: Weil das eiserne Kreuz und diese Symbolik deutlich älter ist als das Dritte Reich. Das Dritte Reich hat diese sehr gute, aufgeklärte vordemokratische Tradition übernommen und verfälscht und wenn wir diese Grundannahmen, die in Ihrer Frage stecken, übernähmen, dürften wir auch nicht miteinander Deutsch sprechen. So weit ich mich erinnere, haben die Nationalsozialisten Deutsch gesprochen – nicht fehlerfrei, sie meinten, die Verkörperung des Deutschtums zu sein, aber jedenfalls dann gilt auch dies.
Müller: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Tapferkeitsmedaille an Bundeswehrsoldaten ist längst überfällig?
Wolffsohn: Aber selbstverständlich! Der Staat hat nur minimale Formen, um danke zu sagen, und das ist eine solche und daher ist es höchste Zeit, denjenigen, die sich im Kampfeinsatz ausgezeichnet haben für diesen demokratischen Staat Bundesrepublik Deutschland, diesen Männern oder, wenn es Frauen sind, Frauen Dankeschön zu sagen.
Müller: Der Münchener Militärhistoriker Professor Michael Wolffsohn bei uns im Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Gespräch.