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Die Nachfolge von Bundespräsident Rau

Müller: Es war ein demonstratives Lob für den CDU Politiker Klaus Töpfer von Gerhard Schröder während seines Besuches in Kenia. Der Kanzler hält Klaus Töpfer für jedes denkbare Amt qualifiziert, national und international. Gemeint war Klaus Töpfer als möglicher Unionskandidat für das Amt des Bundespräsidenten. Dann legte der SPD Chef allerdings noch eins drauf, er warf der Union vor, durch zögerliche Kandidatendiskussion Menschen politisch zu verheizen. Das Zünglein an der Waage in der Bundesversammlung kommenden Mai dürfte jedoch wieder einmal die FDP sein, denn ohne die Zustimmung der Liberalen für einen Kandidaten läuft nichts. Nun mehren sich die Stimmen innerhalb der Partei nicht nur einen eigenen Aspiranten ins Rennen zu schicken, sondern diesen auch tatsächlich durchzusetzen und zur Not gemeinsam mit der SPD. Am Telefon verbunden sind wir nun mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Mitglied im FDP Präsidium, guten Morgen.

    Leutheusser-Schnarrenberger: Guten Morgen.

    Müller: Frau Leutheusser-Schnarrenberger Sie würden uns weiterhelfen, wenn Sie uns Ihren Favoriten verraten.

    Leutheusser-Schnarrenberger: Ich glaube nicht, dass das weiterhilft, wenn jetzt jeder, der gefragt wird aus Führungsgremien der FDP oder vielleicht auch aus CDU/CSU immer wieder einen eigenen Favoriten für das Bundespräsidentenamt nennen. Das ist nicht sonderlich hilfreich, ich denke, ganz entscheidend ist, Sie haben es ja eben auch richtig in Ihrer Anmoderation gesagt, auf die FDP Stimmen kommt es an und deshalb muss deutlich werden, dass die FDP nicht in einem Automatismus ist, jeden Kandidaten der CDU/CSU auch wählen zu müssen.

    Müller: Aber dafür wäre es ja nicht schädlich, wenn die FDP wüsste, wen sie will?

    Leutheusser-Schnarrenberger: Die FDP hat ja, und das haben andere gemacht, mehrere Kandidaten schon ins Gespräch gebracht. Aber es ist überhaupt keine Zeitnot, sich jetzt auf einen Kandidaten zu verständigen, das möchte gerne Herr Schröder aus Afrika heraus erzeugen, aber da gibt es gar keine Zeitnot, das warten wir in Ruhe ab, da ist im März noch ausreichend Gelegenheit, das zu tun.

    Müller: Guido Westerwelle wird das entscheiden für die Partei?

    Leutheusser-Schnarrenberger: Das wird letztendlich dann nachher natürlich gemeinsam in den Führungsgremien entschieden, denn es geht ja darum, dass dann auch in der Bundesversammlung ein geschlossenes Abstimmungsverhalten der FDP da ist und das werden wir dann in Ruhe gemeinsam tun, da bin ich auch vollkommen unbesorgt, da wird uns nichts aufoktroyiert.

    Müller: Die Medien berichten ja in diesen Tagen, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, unterschiedlich über das Verhalten der FDP. Also für Sie ist ganz klar, dass die FDP mit einem eigenen Kandidaten kommen wird?

    Leutheusser-Schnarrenberger: Ich denke, die FDP hat richtig deutlich gemacht, wir haben die Option eines eigenen Kandidaten und natürlich würden wir uns sehr wünschen, wenn es nach vielen Jahren wieder einen Bundespräsidenten gäbe, der letztendlich der FDP zugerechnet würde, der ein Liberaler wäre. Diese Option haben wir jetzt deutlich formuliert und das weiß auch die CDU/CSU, dass allein die Tatsache, dass sie die stärkste in der Bundesversammlung ist, nicht dazu führt, dass sie meint, jetzt allein entscheiden zu können, wer es wird und dann andere abnicken.

    Müller: Das bedeutet, es ist ein Kandidat, der über die symbolische Wirkung hinaus wirken soll?

    Leutheusser-Schnarrenberger: Natürlich muss es ein Kandidat sein, der Kraft seiner Persönlichkeit dieses Amt auch gut ausfüllen kann, denn da kommt es ja doch gerade auch immer auf wichtige Bewertung zu politischen Entwicklungen an, neben natürlich auch ganz schwierigen Fragen in Gesetzgebungsverfahren. Deshalb kommt es natürlich gerade auch auf die Persönlichkeit an, es geht hier, auch wenn immer wieder natürlich taktische Überlegungen im Raum sind, gerade auch darum, wirklich eine überzeugende Persönlichkeit zu haben und damit dieses Amt auch nicht herabzuwürdigen.

    Müller: Sind Sie denn auch bereit dafür zu kämpfen, dass dieser Kandidat der FDP dann tatsächlich auch Bundespräsident, Bundespräsidentin wird, zur Not auch mit der SPD?

    Leutheusser-Schnarrenberger: Wenn die FDP sich auf einen eigenen Kandidaten verständigen sollte und dazu natürlich, das ist doch selbstverständlich, intern Gespräche auch gerade mit der CDU/CSU stattfinden, weil man muss doch sehen, kann man gemeinsam einen Kandidaten einbringen, der dann die Mehrheit in der Bundesversammlung hat, dann bin ich auf alle Fälle dafür, dass wir sehen, dann den eigenen Kandidaten durchzubringen, aber auch wenn es möglicherweise dazu kommen sollte, dass man hier sich nicht auf einen gemeinsamen verständigt. Ich denke, da halten wir uns als Liberale wirklich beide Möglichkeiten offen und haben uns auch intern noch nicht auf eine Linie entschieden, da ist noch nichts abgeschlossen.

    Müller: Warum ist das denn für Sie selbstverständlich, dass man zunächst mit der Union redet?

    Leutheusser-Schnarrenberger: Die CDU/CSU und FDP hätten zusammen in der Bundesversammlung eine Mehrheit, von daher glaube ich, liegt es schon auch nahe zu sehen, ob man da gemeinsam einen Bundespräsidenten, wenn es denn ein überzeugende Persönlichkeit für beide Seiten ist, auch wählen kann. Aber ich schließe die andere Option nicht generell aus, aber für mich hat das schon eine gewisse Priorität, das erst mal wirklich abschließend zu sondieren.

    Müller: Wäre das auch eine politische Richtungsentscheidung? Je nach dem, welchen Kandidaten von welcher Partei man unterstützt.

    Leutheusser-Schnarrenberger: Ich wehre mich ein bisschen dagegen, jetzt von der Bundespräsidentenwahl ausgehend schon abschließende Schlüsse auch auf 2006 zu ziehen, dann kann noch so viel passieren. Sie sehen ja, wie auch Meinungsbildung in der Politik sich stündlich ändert, nur mal Steuerreformposition der CDU/CSU in den letzten Wochen, das ist ein Durcheinander, ein Zickzack. Wir wissen nicht, wie sich das Wachstum entwickelt, wie sich die Stimmung in der Bevölkerung entwickelt. Ich glaube, zu sehr alles überzuinterpretieren ist nicht gut.

    Müller: Wenn das nicht funktionieren würde mit dem eigenen Kandidaten, den zumindest dann nicht in der Bundesversammlung konkret durchzubringen, wer wäre Ihnen dann lieber: Wolfgang Schäuble oder beispielsweise Klaus Töpfer?

    Leutheusser-Schnarrenberger: Auch da gebe ich keine Bewertung ab, das sind zwei herausragende Persönlichkeiten, die haben alle ihre Stärken. Es bringt nichts jetzt, wenn einzelne Persönlichkeiten aus der FDP, wie ich oder andere, diskutierte Kandidaten der CDU/CSU hier bewerten. Ich denke, das ist die Angelegenheit der CDU/CSU auch intern ihre Meinungsbildung erst mal weiter zu bringen, da gibt es immer wieder so viele Namen, die ins Gespräch gebracht werden, das jetzt überhaupt kein Anlass zu einer Beurteilung ist.

    Müller: Frau Leutheusser-Schnarrenberger, es gab in den vergangenen Tagen unterschiedliche Berichte darüber, ob sich beispielsweise die Fraktionschefs in den Landesparlamenten darauf geeinigt haben, tatsächlich, also zur Not, mit der SPD zu gehen und auf jeden Fall darauf bestehen, einen eigenen Kandidaten ins Rennen zu bringen. Können Sie das bestätigen?

    Leutheusser-Schnarrenberger: Ich kann das nicht bestätigen, ich bin aber auch nicht Mitglied der Fraktionsvorsitzendenkonferenz der FDP, wo die Landesfraktionsvorsitzenden ihre politische Arbeit koordinieren. Aber das da auch darüber gesprochen wird, ist ja selbstverständlich, die stellen ja schließlich gerade auch eben Mitglieder in der Bundesversammlung, die zur FDP gehören. Aber das ist nicht bisher offizielle Debatte in der FDP in den Führungsgremien.

    Müller: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger war das, Mitglied im FDP Präsidium. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.

    Leutheusser-Schnarrenberger: Bitte schön.