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EU-Kurs der SPD
Barley will ein sozialeres Europa

Eine europäische Arbeitslosenversicherung, die Forderung nach einer Digitalsteuer für große IT-Konzerne und mehr Geld als geplant für Europa bereitstellen: Justizministerin Katarina Barley, Spitzenkandidatin der SPD, hat die Eckpunkte ihrer Partei für die Europawahl im Mai festgelegt.

Von Frank Capellan | 11.01.2019
    Spitzenkandidatin Katarina Barley, SPD, hält eine Rede bei der Europa-Delegiertenkonferenz der SPD in Berlin
    Hoffnungsträgerin der SPD bei der Europawahl im Mai: Katarina Barley (imago / photothek)
    Es könnte um das Überleben der SPD gehen, 14 Prozent in den Umfragen, gleichauf mit der AfD, weit hinter den Grünen – der einstige Juniorpartner der Sozialdemokraten kommt im neusten ZDF-Politbarometer auf 21 Prozent. Die Europawahl soll die Trendwende bringen – auch die Zukunft der angeschlagenen Vorsitzenden könnte am Wahlausgang im Mai hängen und so hat Andrea Nahles die Europawahl heute erneut zur Richtungswahl erklärt:
    "Ich bin jetzt 48 Jahre alt, und zu meinen Lebzeiten war die Einheit der Europäischen Union noch nie so gefährdet. Deswegen hat es auch noch nie eine Europawahl gegeben, die für Europa und für Deutschland so wichtig gewesen ist, wie die, die wir in diesem Jahr haben. Wir brauchen sozialdemokratische Mehrheiten, proeuropäische Mehrheiten, damit das gesamte Gewicht Europas auch für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wirken kann."
    Überzeugte Europäerin mit britischen Wurzeln
    Mit Justizministerin Katarina Barley schicken die Sozialdemokraten eine Hoffnungsträgerin ins Rennen, eine überzeugte Europäerin mit britischen Wurzeln, die der Nationalstaaterei den Kampf ansagt und zugibt, dass die Europäische Union zu oft an den Interessen der Menschen vorbei gewirkt hat.
    "Wir sind uns auch einig, dass für die einzelnen Bürgerinnen und Bürger noch besser erkennbar sein muss, was eigentlich Europa für sie bedeutet. Das heißt für Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten natürlich mehr soziales Europa. Das heißt, dass wir uns für die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern noch stärker einsetzen in Deutschland, aber eben auch in Europa insgesamt."
    Dazu gehört nach dem Beschluss der Fraktion auch eine europäische Arbeitslosenversicherung, dazu gehört auch die Forderung nach einer Digitalsteuer, mit der Google, Facebook oder Amazon an die Kandarre genommen werden sollen. Bei vielen ist die Enttäuschung über Vizekanzler Olaf Scholz spürbar, von dem sich die Sozialdemokraten ein früheres Zugehen auf den französischen Präsidenten Macron erhofft hatten. Vom Finanzminister wird nun erwartet, die Sparpolitik der vergangenen Jahre zu beenden und noch mehr Geld als geplant für Europa bereit zu stellen.
    Nachlegen beim Thema Datenklau
    SPD-Europa-Spitzenkandidatin Barley spricht zudem ein Thema an, dass die Justizministerin gerade in Deutschland beschäftigt: Der Datenklau. Zwar habe die Europäische Datenschutzverordnung die Rechte der Verbraucher gestärkt, doch dabei müsse nachgelegt werden. Und Udo Bullmann, Chef der Sozialdemokraten im Europaparlament, verspricht, dafür sorgen zu wollen, dass die Europawahl nicht manipuliert werden kann. Zwar bestehe Europa nicht aus einer Mehrheit der Populisten, die das Bündnis zerstören wollten…
    "Trotzdem müssen wir uns klar sein darüber, wieviel Lügenmaschinen unterwegs sind. Sie haben das gesehen beim Wahlkampf in Spanien, beim Brexit, wir haben es in vielen Entscheidungen gesehen, dass Lügenmaschinen dabei sind, unsere Demokratie zu unterminieren. Das werden wir nicht zulassen. Wir werden darauf bestehen, dass die entsprechenden Frühwarnsysteme funktionieren, damit wir eine reelle, demokratische Europawahl haben, wo die Bürgerinnen und Bürger das Sagen haben und nicht die Algorithmen."
    Katarina Barley rechnet damit, dass der Brexit, wenn er denn Ende März erfolgt, die Europawahl mit Sicherheit prägen wird. "Da sind wir schon recht am Wahltermin", meint die Spitzenkandidatin. "Dann werden wir zeigen, dass und warum sich lohnt für Europa zu kämpfen!"