Nächtliche Satellitenbilder sind wunderschön. Überall strahlen Lichtpunkte, bilden Ketten entlang der Straßen, helle Seen über den Städten. Der Physiker Dr. Christopher Kyba vom Leibniz-Institut für Gewässerökologe und Binnenfischerei in Berlin wertet solche Satellitendaten aus und sieht, dass es in Europa immer heller wird.
"Die Probleme ist, dass die Satelliten und Flugzeuge, die gucken nach unten, die sehen, was die Bodenhelligkeit ist. Für viele Tiere, was wichtig ist, ist das Licht, das von oben kommt."
Um den Himmel aus dem Blickwinkel der Tiere zu vermessen, setzt Kyba auf den Menschen, auf Bürgerforscher. Mit der Smartphone-App "Verlust der Nacht" kann jeder überprüfen, welche Sterne im Licht der Lampen noch auszumachen sind. Die App gibt es seit Mai, bisher sind 700 brauchbare Messungen eingegangen. Ein vorläufiges Ergebnis:
"Deutschland benutzt viel weniger Licht pro Mensch, als in den meisten anderen Ländern. Das bedeutet, dass es sogar in ziemlich großen Städten immer noch möglich ist, die Milchstraße mindestens ein bisschen zu sehen."
Trotzdem reagiert die Tierwelt auch hierzulande auf den Verlust der Nacht. In den Städten zum Beispiel fangen die Amseln und Blaumeisen früher an zu singen. Um die Effekte des Lichts im Detail studieren zu können, hat Dr. Frank Hölker vom selben Institut Straßenlaternen ins eigentlich tiefdunkle brandenburgische Nirgendwo gestellt. Wenn er sie anschaltet, ändert sich das Verhalten der Insekten. Für Nachtfalter ist die helle Versuchsstraße ein echtes Wanderhindernis, warnt Hölker:
"Nachtfalter bestäuben auch Pflanzen und die werden dann eben von diesen Straßenlampen wie Staubsauger rausgezogen. Wir sehen aber auch, dass es auch Profiteure gibt, also es gibt hohe Dichten von Spinnen zum Beispiel, die die hohe dichte an desorientierten Insekten zu nutzen wissen wie an einem Buffet."
Wenn die Tiere entlang einer isolierten Straße so auf den Verlust der Nacht reagieren, dann sollten wohl auch die Menschen in den Städten den Einfluss der vielen Lampen spüren.
"Alles, was nach Sonnenuntergang stattfindet, künstliche Lichtquellen betrifft, hat einen negativen Einfluss auf unsere Gesundheit","
befürchtet der Chronobiologe Dr. Thomas Kantermann von der Universität Groningen. Nächtliches Licht erzeugt nicht nur über die Stäbchen und Zapfen der Netzhaut ein Bild. Gleichzeitig signalisiert es der inneren Uhr: Produziere noch kein Schlafhormon Melatonin, sei aktiv! Diese Botschaft vermittelt ein spezieller dritter Lichtsensor, der auf bläuliches Licht anspricht. Kantermann:
""Und dieser Typ springt auf eine Wellenlänge, die herkömmliche Lichtmessungen nicht umfassen. Wir messen Licht immer noch in Lux, und Lux ist definiert für visuelles Sehen und greift nicht den Bereich ab, den wir brauchen für die innere Uhr. Und da laufen gerade sehr spannende Dinge, wie wir das am besten ausrechnen können."
Hier arbeitet an vorderster Front Dr. Mariana Figueira vom Beleuchtungsforschungsinstitut in der Nähe von New York. In einem Computermodell hat sie die optischen Eingeschalten der verschiedenen Zellen in der Netzhaut und ihre Verschaltung bis hin zu den Melatoninzellen simuliert und kann nun aus Lichtmesswerten die wahrscheinliche Reaktion des Körpers berechnen.
"Das Modell zeigt, wo mögliche Gefahren für eine Drosselung der Melatoninproduktion liegen. Es hilft, die passende Beleuchtung für Straße oder Wohnzimmer zu finden."
Bisher stimmen Modell und Messdaten recht gut überein und sind eher beruhigend. Selbst das bläuliche Licht eines hellen iPads reicht nicht aus, um die Melatoninproduktion eine Stunde vor dem Schlafengehen effektiv zu unterdrücken. Auch in amerikanischen Schlafzimmern sorgen die Vorhänge für ausreichend Dunkelheit. Wie es aussieht, ist der Einfluss des Lichts auf das Schlafhormon derzeit geringer, als die eher psychologischen Effekte der strahlenden Großstadtlampen. Figueira:
"Auf dem Land ist weniger los. Wer am Times Square lebt, hat mehr Spaß und kann seine innere Uhr mit sozialen Aktivitäten aus dem Takt bringen. "
Dieser soziale Effekt des Lichts könnte in Zukunft aber durch den biologischen Effekt verstärkt werden. Zumindest in Europa sorgt die Ökodesignrichtlinie dafür, dass in vielen Städten energiesparende LED-Straßenlampen installiert werden. Hölker:
"Es fehlen noch gute Untersuchungen, inwieweit das Menschen beeinflusst, denn die effizientesten LEDs sind weiße LEDs und die haben einen hohen Anteil an kurzwelligem Licht, an blauem Licht."
Und das beleuchtet direkt die innere Uhr. Es gibt auch LEDs mit wärmerem Licht und mit genau begrenztem Beleuchtungsfeld. Noch ist der Einfluss der verschiedenen Varianten auf die biologische Uhr von Mensch und Tier nicht klar. Aber eines steht fest: Welche Lampen auch immer installiert werden, sie werden für die nächsten 20, 30 Jahre in die Nacht strahlen.
"Die Probleme ist, dass die Satelliten und Flugzeuge, die gucken nach unten, die sehen, was die Bodenhelligkeit ist. Für viele Tiere, was wichtig ist, ist das Licht, das von oben kommt."
Um den Himmel aus dem Blickwinkel der Tiere zu vermessen, setzt Kyba auf den Menschen, auf Bürgerforscher. Mit der Smartphone-App "Verlust der Nacht" kann jeder überprüfen, welche Sterne im Licht der Lampen noch auszumachen sind. Die App gibt es seit Mai, bisher sind 700 brauchbare Messungen eingegangen. Ein vorläufiges Ergebnis:
"Deutschland benutzt viel weniger Licht pro Mensch, als in den meisten anderen Ländern. Das bedeutet, dass es sogar in ziemlich großen Städten immer noch möglich ist, die Milchstraße mindestens ein bisschen zu sehen."
Trotzdem reagiert die Tierwelt auch hierzulande auf den Verlust der Nacht. In den Städten zum Beispiel fangen die Amseln und Blaumeisen früher an zu singen. Um die Effekte des Lichts im Detail studieren zu können, hat Dr. Frank Hölker vom selben Institut Straßenlaternen ins eigentlich tiefdunkle brandenburgische Nirgendwo gestellt. Wenn er sie anschaltet, ändert sich das Verhalten der Insekten. Für Nachtfalter ist die helle Versuchsstraße ein echtes Wanderhindernis, warnt Hölker:
"Nachtfalter bestäuben auch Pflanzen und die werden dann eben von diesen Straßenlampen wie Staubsauger rausgezogen. Wir sehen aber auch, dass es auch Profiteure gibt, also es gibt hohe Dichten von Spinnen zum Beispiel, die die hohe dichte an desorientierten Insekten zu nutzen wissen wie an einem Buffet."
Wenn die Tiere entlang einer isolierten Straße so auf den Verlust der Nacht reagieren, dann sollten wohl auch die Menschen in den Städten den Einfluss der vielen Lampen spüren.
"Alles, was nach Sonnenuntergang stattfindet, künstliche Lichtquellen betrifft, hat einen negativen Einfluss auf unsere Gesundheit","
befürchtet der Chronobiologe Dr. Thomas Kantermann von der Universität Groningen. Nächtliches Licht erzeugt nicht nur über die Stäbchen und Zapfen der Netzhaut ein Bild. Gleichzeitig signalisiert es der inneren Uhr: Produziere noch kein Schlafhormon Melatonin, sei aktiv! Diese Botschaft vermittelt ein spezieller dritter Lichtsensor, der auf bläuliches Licht anspricht. Kantermann:
""Und dieser Typ springt auf eine Wellenlänge, die herkömmliche Lichtmessungen nicht umfassen. Wir messen Licht immer noch in Lux, und Lux ist definiert für visuelles Sehen und greift nicht den Bereich ab, den wir brauchen für die innere Uhr. Und da laufen gerade sehr spannende Dinge, wie wir das am besten ausrechnen können."
Hier arbeitet an vorderster Front Dr. Mariana Figueira vom Beleuchtungsforschungsinstitut in der Nähe von New York. In einem Computermodell hat sie die optischen Eingeschalten der verschiedenen Zellen in der Netzhaut und ihre Verschaltung bis hin zu den Melatoninzellen simuliert und kann nun aus Lichtmesswerten die wahrscheinliche Reaktion des Körpers berechnen.
"Das Modell zeigt, wo mögliche Gefahren für eine Drosselung der Melatoninproduktion liegen. Es hilft, die passende Beleuchtung für Straße oder Wohnzimmer zu finden."
Bisher stimmen Modell und Messdaten recht gut überein und sind eher beruhigend. Selbst das bläuliche Licht eines hellen iPads reicht nicht aus, um die Melatoninproduktion eine Stunde vor dem Schlafengehen effektiv zu unterdrücken. Auch in amerikanischen Schlafzimmern sorgen die Vorhänge für ausreichend Dunkelheit. Wie es aussieht, ist der Einfluss des Lichts auf das Schlafhormon derzeit geringer, als die eher psychologischen Effekte der strahlenden Großstadtlampen. Figueira:
"Auf dem Land ist weniger los. Wer am Times Square lebt, hat mehr Spaß und kann seine innere Uhr mit sozialen Aktivitäten aus dem Takt bringen. "
Dieser soziale Effekt des Lichts könnte in Zukunft aber durch den biologischen Effekt verstärkt werden. Zumindest in Europa sorgt die Ökodesignrichtlinie dafür, dass in vielen Städten energiesparende LED-Straßenlampen installiert werden. Hölker:
"Es fehlen noch gute Untersuchungen, inwieweit das Menschen beeinflusst, denn die effizientesten LEDs sind weiße LEDs und die haben einen hohen Anteil an kurzwelligem Licht, an blauem Licht."
Und das beleuchtet direkt die innere Uhr. Es gibt auch LEDs mit wärmerem Licht und mit genau begrenztem Beleuchtungsfeld. Noch ist der Einfluss der verschiedenen Varianten auf die biologische Uhr von Mensch und Tier nicht klar. Aber eines steht fest: Welche Lampen auch immer installiert werden, sie werden für die nächsten 20, 30 Jahre in die Nacht strahlen.