Zagatta: Weil Edmund Stoiber mit Katharina Reiche eine unverheiratete Mutter in sein Kompetenzteam berufen hat, und dies auch noch für die Familienpolitik, ist es zu einem offenen Streit zwischen dem als besonders konservativ geltenden Kölner Kardinal Meisner und den Unionsparteien gekommen. Die Auseinandersetzung scheint sich sogar noch zu verschärfen, denn der Fuldaer Bischof Algermissen hat öffentlich gemacht, dass sich seine Organisation, die Deutsche Bischofskonferenz, bei Edmund Stoiber über die Nominierung Frau Reiches beschwert hat. Für uns ist das Anlass, heute morgen mit Frau Rita Waschbüsch zu reden, der früheren Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Guten Morgen, Frau Waschbüsch.
Waschbüsch: Guten Morgen.
Zagatta: Frau Waschbüsch, Kardinal Meisner gilt ja nun als besonders konservativ. Dass er sich über eine solche Personalentscheidung der Union aufregt, das verwundert ja nicht so sehr, aber dass offenbar die ganze Bischofskonferenz da mitzieht. Überrascht Sie das, oder haben Sie sich das vorstellen können?
Waschbüsch: Ich habe Zweifel, ob diese Meldung in der Form stimmt. Ich nehme einmal an, dass ganz generell natürlich, die Deutsche Bischofkonferenz, die im übrigen keine Tagung oder etwa so etwas hatte, natürlich sehr sorgfältig auf die gerade familienpolitischen und die Menschen sehr eng berührenden Fragen, die jetzt diskutiert werden, schaut. Aber ich zweifle an dieser Meldung.
Zagatta: Das werden wir sicher im Verlauf des Tages noch genauer hören. Gestern wollten andere Bischöfe, die wir natürlich sofort dazu befragt haben, dazu überhaupt nichts sagen. Wenn das nun aber zutrifft, dass sich die Deutsche Bischofskonferenz diese Kritik zu eigen macht und sich dementsprechend auch als Bischofskonferenz an Edmund Stoiber gewandt hat, wären Sie da sehr enttäuscht?
Waschbüsch: Ich kann mir das so nicht vorstellen. Sie haben die Kritik an Meisner zurückgewiesen und gesagt, er habe sich an Stoiber gewandt und nicht Frau Reiche persöhnlich in Frage gestellt. Aber es geht darum, denke ich, dass die Haltung zur Familie, die familienpolitischen Aussagen der CDU, in dieser Diskussion stehen. Darüber kann und soll man durchaus reden. Das was die Union in ihrem Wahlkampfpapier auch gesagt hat, geht durchaus in die richtige Richtung und ist akzeptabel. Ich glaube, dass Frau Reiche dahinter steht, und das ist so in Ordnung.
Zagatta: Nun haben Ehe und Familie in der katholischen Kirche einen ganz besonderen Stellenwert. Haben Sie auch Verständnis, dass es Vorbehalte gegen eine mögliche Familienministerin Katharina Reiche gibt?
Waschbüsch: Frau Reiche ist eine junge Frau, die, glaube ich, auch für eine Generation steht, die ja gerade jetzt in die Verantwortung muss, damit dieses Land Zukunft hat. Sie hat alle Aussagen, die ich bisher gehört habe, das Verfassungsbild, das die ehebegründete Familie als die Zielform vorgibt, ganz klar unterstrichen, was überhaupt nicht heißt, dass Menschen nicht auch Entscheidungen treffen können, die anders sind, aber dass einfach die feste Bindung von Mann und Frau, was auch am ehesten in der Lage ist, auch Kindern Sicherheit, Geborgenheit, usw. zu geben, als dasjenige bezeichnet wird. Das ist ja nicht eine Abwertung, wenn Menschen eine andere Entscheidung treffen, aber es ist schon das Leitbild, das allen politisch vorgegeben ist. Wenn man jetzt hingeht und die persönliche Lebenssituation - denken Sie mal, wir würden das in der Politik generell machen - nur zu Grunde legt und nicht erwartet, dass Parteien auch dem entsprechen, was sie in Programmen sagen, wo kämen wir dann denn hin? Würden Sie dann den Kanzler und den Außenminister an ihrer Ehehaltung messen und abhängig von der Zahl ihrer Ehen sagen - das ist das Vorbild für alle, oder wie wollen Sie das machen?
Zagatta: Nun hat aber Kardinal Meisner - das ist ja nicht irgendwer - diese Kritik geäußert, die übrigen Bischöfe schweigen oder sie distanzieren sich zumindest nicht. Ob sie hinter dieser Kritik stehen, das wird sich im Laufe des Tages zeigen. Für wie schwerwiegend halten Sie denn diese Differenzen zwischen CDU, CSU und den Bischöfen?
Waschbüsch: Ich weiß, dass die Kritik mit dem C - fast schon ein bisschen ein Lieblingsthema von Kardinal Meisner - immer mal wieder kommt. Ich halte die in der Form für nicht berechtigt. Ich bin froh darum, dass eine Partei das C als Leitbild hat und sich daran auch messen lassen will. Das ist eine Kritik, die, denke ich, auch ein bisschen das Lieblingsspielchen geworden ist. Man sollte das alles auch ein bisschen tiefer hängen. Wichtig und entscheidend ist, dass die Kirchen und Familienverbände - und dafür bin ihnen dankbar - bewusst gemacht haben, wie wesentlich es ist, dass endlich die Politik wieder stärker hinschaut und Familien unterstützt. Es gibt ja im Moment geradezu ein Wettlauf der Parteien mit familienpolitischen Aussagen. Darüber, was sie sagen, kann man diskutieren, aber dass sie begriffen haben, dass hier etwas passieren muss, das ist, glaube ich, richtig. Und wenn dann Frau Reiche, eine junge Frau, mit demnächst zwei Kindern, die dann auch in ihrer Situation spürt, was es heißt, Kinder groß zu ziehen, diese familienpolitischen Aussagen der Partei umsetzten sollte, dann ist das eine richtige und gute Sache. Ich glaube, dass junge Menschen die Vorzüge, auch von Ehe, von Verbindlichkeit, von Verlässlichkeit von selber erkennen und auch, dass das gut und wichtig sind, und, wenn Sie mal hinschauen, das ganz große Gros entscheidet sich auch für diese verlässliche Bindung, wie Frau Reiche das eigentlich auch vorhat. Also, da sollte man nicht allzu ängstlich sein.
Zagatta: Frau Waschbüsch, jetzt sind die Bischöfe ja schon aus der schwangeren Konfliktberatung ausgestiegen, jetzt gehen Sie auf Distanz zu unverheirateten Müttern. Läuft da die katholische Kirche nicht Gefahr, sich etwas sehr weit von der Gesellschaft zu entfernen, oder ist das ihr gutes Recht?
Waschbüsch: Ich glaube, das ist eine falsche Wertung. Die katholische Kirche geht nicht auf Distanz zu Alleinerziehenden. Wenn Sie mal schauen, was gerade die Kirchen da auch an Hilfestellungen und auch an Arbeit für dieses Personengruppe anbieten, dann wäre das ein falsche Deutung. Es ist eine andere Frage, was Meissner nun sozusagen als exemplarisch in Person dargestellt hier erwartet hat. Darüber kann man ja, denke ich, streiten, aber ich möchte schon auch sagen: Ich glaube nicht, dass diese Äußerungen gegen Katharina Reiche gerichtet waren. Dass er in der Politik sagt, Stoiber soll da unter Umständen etwas anderes machen, das ist eine andere Frage, dass er gewissermaßen andere Personen, die vielleicht erfahrene Familienpolitiker sind - das ist ja die Frage, die man auch mal stellen muss - einsetzten soll. Geht es vielleicht darum, dass manche Leute auch die Kritik geäußert haben, da müsste jemand hin, der in dem ganzen politischen Gerangel auch große Erfahrungen hat? Ist das nicht das Ziel, damit auch durchgesetzt wird, was gefordert ist? Ich glaube aber, dass das Ganze zu hoch gehängt wird und dass vor allen Dingen, wie Sie es jetzt auch gesagt haben, etwas hineininterpretiert wird, was überhaupt nicht ist. Katharina Reiche wird durchaus die Vorstellungen, die im Parteiprogramm der Union stehen, für Familie, für Kinder, aber auch für Ehe umsetzten. Ich bin da nicht bange.
Zagatta: Rita Waschbüsch war das, die frühere Präsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken. Frau Waschbüsch, herzlichen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio
Waschbüsch: Guten Morgen.
Zagatta: Frau Waschbüsch, Kardinal Meisner gilt ja nun als besonders konservativ. Dass er sich über eine solche Personalentscheidung der Union aufregt, das verwundert ja nicht so sehr, aber dass offenbar die ganze Bischofskonferenz da mitzieht. Überrascht Sie das, oder haben Sie sich das vorstellen können?
Waschbüsch: Ich habe Zweifel, ob diese Meldung in der Form stimmt. Ich nehme einmal an, dass ganz generell natürlich, die Deutsche Bischofkonferenz, die im übrigen keine Tagung oder etwa so etwas hatte, natürlich sehr sorgfältig auf die gerade familienpolitischen und die Menschen sehr eng berührenden Fragen, die jetzt diskutiert werden, schaut. Aber ich zweifle an dieser Meldung.
Zagatta: Das werden wir sicher im Verlauf des Tages noch genauer hören. Gestern wollten andere Bischöfe, die wir natürlich sofort dazu befragt haben, dazu überhaupt nichts sagen. Wenn das nun aber zutrifft, dass sich die Deutsche Bischofskonferenz diese Kritik zu eigen macht und sich dementsprechend auch als Bischofskonferenz an Edmund Stoiber gewandt hat, wären Sie da sehr enttäuscht?
Waschbüsch: Ich kann mir das so nicht vorstellen. Sie haben die Kritik an Meisner zurückgewiesen und gesagt, er habe sich an Stoiber gewandt und nicht Frau Reiche persöhnlich in Frage gestellt. Aber es geht darum, denke ich, dass die Haltung zur Familie, die familienpolitischen Aussagen der CDU, in dieser Diskussion stehen. Darüber kann und soll man durchaus reden. Das was die Union in ihrem Wahlkampfpapier auch gesagt hat, geht durchaus in die richtige Richtung und ist akzeptabel. Ich glaube, dass Frau Reiche dahinter steht, und das ist so in Ordnung.
Zagatta: Nun haben Ehe und Familie in der katholischen Kirche einen ganz besonderen Stellenwert. Haben Sie auch Verständnis, dass es Vorbehalte gegen eine mögliche Familienministerin Katharina Reiche gibt?
Waschbüsch: Frau Reiche ist eine junge Frau, die, glaube ich, auch für eine Generation steht, die ja gerade jetzt in die Verantwortung muss, damit dieses Land Zukunft hat. Sie hat alle Aussagen, die ich bisher gehört habe, das Verfassungsbild, das die ehebegründete Familie als die Zielform vorgibt, ganz klar unterstrichen, was überhaupt nicht heißt, dass Menschen nicht auch Entscheidungen treffen können, die anders sind, aber dass einfach die feste Bindung von Mann und Frau, was auch am ehesten in der Lage ist, auch Kindern Sicherheit, Geborgenheit, usw. zu geben, als dasjenige bezeichnet wird. Das ist ja nicht eine Abwertung, wenn Menschen eine andere Entscheidung treffen, aber es ist schon das Leitbild, das allen politisch vorgegeben ist. Wenn man jetzt hingeht und die persönliche Lebenssituation - denken Sie mal, wir würden das in der Politik generell machen - nur zu Grunde legt und nicht erwartet, dass Parteien auch dem entsprechen, was sie in Programmen sagen, wo kämen wir dann denn hin? Würden Sie dann den Kanzler und den Außenminister an ihrer Ehehaltung messen und abhängig von der Zahl ihrer Ehen sagen - das ist das Vorbild für alle, oder wie wollen Sie das machen?
Zagatta: Nun hat aber Kardinal Meisner - das ist ja nicht irgendwer - diese Kritik geäußert, die übrigen Bischöfe schweigen oder sie distanzieren sich zumindest nicht. Ob sie hinter dieser Kritik stehen, das wird sich im Laufe des Tages zeigen. Für wie schwerwiegend halten Sie denn diese Differenzen zwischen CDU, CSU und den Bischöfen?
Waschbüsch: Ich weiß, dass die Kritik mit dem C - fast schon ein bisschen ein Lieblingsthema von Kardinal Meisner - immer mal wieder kommt. Ich halte die in der Form für nicht berechtigt. Ich bin froh darum, dass eine Partei das C als Leitbild hat und sich daran auch messen lassen will. Das ist eine Kritik, die, denke ich, auch ein bisschen das Lieblingsspielchen geworden ist. Man sollte das alles auch ein bisschen tiefer hängen. Wichtig und entscheidend ist, dass die Kirchen und Familienverbände - und dafür bin ihnen dankbar - bewusst gemacht haben, wie wesentlich es ist, dass endlich die Politik wieder stärker hinschaut und Familien unterstützt. Es gibt ja im Moment geradezu ein Wettlauf der Parteien mit familienpolitischen Aussagen. Darüber, was sie sagen, kann man diskutieren, aber dass sie begriffen haben, dass hier etwas passieren muss, das ist, glaube ich, richtig. Und wenn dann Frau Reiche, eine junge Frau, mit demnächst zwei Kindern, die dann auch in ihrer Situation spürt, was es heißt, Kinder groß zu ziehen, diese familienpolitischen Aussagen der Partei umsetzten sollte, dann ist das eine richtige und gute Sache. Ich glaube, dass junge Menschen die Vorzüge, auch von Ehe, von Verbindlichkeit, von Verlässlichkeit von selber erkennen und auch, dass das gut und wichtig sind, und, wenn Sie mal hinschauen, das ganz große Gros entscheidet sich auch für diese verlässliche Bindung, wie Frau Reiche das eigentlich auch vorhat. Also, da sollte man nicht allzu ängstlich sein.
Zagatta: Frau Waschbüsch, jetzt sind die Bischöfe ja schon aus der schwangeren Konfliktberatung ausgestiegen, jetzt gehen Sie auf Distanz zu unverheirateten Müttern. Läuft da die katholische Kirche nicht Gefahr, sich etwas sehr weit von der Gesellschaft zu entfernen, oder ist das ihr gutes Recht?
Waschbüsch: Ich glaube, das ist eine falsche Wertung. Die katholische Kirche geht nicht auf Distanz zu Alleinerziehenden. Wenn Sie mal schauen, was gerade die Kirchen da auch an Hilfestellungen und auch an Arbeit für dieses Personengruppe anbieten, dann wäre das ein falsche Deutung. Es ist eine andere Frage, was Meissner nun sozusagen als exemplarisch in Person dargestellt hier erwartet hat. Darüber kann man ja, denke ich, streiten, aber ich möchte schon auch sagen: Ich glaube nicht, dass diese Äußerungen gegen Katharina Reiche gerichtet waren. Dass er in der Politik sagt, Stoiber soll da unter Umständen etwas anderes machen, das ist eine andere Frage, dass er gewissermaßen andere Personen, die vielleicht erfahrene Familienpolitiker sind - das ist ja die Frage, die man auch mal stellen muss - einsetzten soll. Geht es vielleicht darum, dass manche Leute auch die Kritik geäußert haben, da müsste jemand hin, der in dem ganzen politischen Gerangel auch große Erfahrungen hat? Ist das nicht das Ziel, damit auch durchgesetzt wird, was gefordert ist? Ich glaube aber, dass das Ganze zu hoch gehängt wird und dass vor allen Dingen, wie Sie es jetzt auch gesagt haben, etwas hineininterpretiert wird, was überhaupt nicht ist. Katharina Reiche wird durchaus die Vorstellungen, die im Parteiprogramm der Union stehen, für Familie, für Kinder, aber auch für Ehe umsetzten. Ich bin da nicht bange.
Zagatta: Rita Waschbüsch war das, die frühere Präsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken. Frau Waschbüsch, herzlichen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio