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Die Reduzierung der Auslandsschulden des Irak

Birke: Jetzt sind wir in den Informationen am Mittag im Deutschlandfunk verbunden mit Gernot Erler, er ist der außenpolitischer Sprecher der SPD Bundestagsfraktion. Schönen guten Tag.

    Erler: Guten Tag, Herr Birke.

    Birke: Herr Erler, James Baker soll es richten, der 73 jährige, frühere US-Außenminister soll, bildlich gesprochen, das alte Europa, soll Frankreich und Deutschland also mit ins Boot bei der Lösung der Schuldenprobleme des Irak holen. Kann Baker es richten, Herr Erler?

    Erler: Ich denke, dass bei dieser Mission zwei Themen eine Rolle spielen müssen. Das Eine ist sicherlich die Frage, wie mit den Schulden des Irak verfahren wird und das hat deswegen eine Bedeutung, wenn diese Frage nicht geklärt wird, sind praktisch der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds die Hände gebunden, um auch Kredite an den Irak zu geben. Das ist der eigentlich wichtige Hintergrund dabei und natürlich wird das auch eine Gelegenheit sein, und das ist ja auch so vorgesehen, dass um diese diskriminierende Ausschließung von einigen europäischen Ländern aus der Auftragsvergabe im Irak geredet werden muss.

    Birke: Sie erwarten also, dass James Baker eine Entgegenkommen des amerikanischen Präsidenten wohlmöglich mitbringt im Gepäck?

    Erler: Das hofft man in Deutschland, denn ausdrücklich hat ja auch in dem Telefongespräch zwischen dem Bundeskanzler und dem amerikanischen Präsidenten letzterer eine Andeutung gemacht, dass Baker genau diese Aufgabe hat, auch über diese Punkte in Deutschland zu reden.

    Birke: Ist dieser Punkt der Beteiligung an der Auftragsvergabe wirklich der entscheidende. Sollte dies eine Hürde sein, ohne die man nicht einwilligt in eine Um- oder Entschuldung?

    Erler: Es gibt da natürlich kein offizielles Junktim, aber ich glaube, dass eins natürlich schwierig ist, dass, wenn ein solcher Unterhändler aus Amerika kommt und diese Frage gestellt bekommt, warum denn ausgerechnet noch mit der Begründung, es gäbe Sicherheitsbedenken, keine Aufträge erteilt werden sollen an Deutschland, an Frankreich, an Russland und an andere. Das ist doch klar, dass sich das auch atmosphärisch auf diese andere Frage, wo ja die Amerikaner ein Entgegenkommen der Gläubigerländer erwarten, sich auswirken wird.

    Birke: Herr Erler, wir haben es ja gerade gehört, die Franzosen haben ja massiv auch Rüstungsgüter in den Irak geliefert, dafür sind auch immer noch Kredite zu tilgen, ist es da nicht politisch opportun oder geboten, jetzt hier einfach auch solche Schulden zu erlassen? Oder kann man wirklich auch aus haushaltspolitischer Sicht, jetzt mal mit Blick auf die Bundesregierung, eigentlich nur auf eine Umschuldung gehen?

    Erler: Ich kann hier nur meine persönliche Meinung dazu sagen. Meine persönliche Meinung ist, der Irak ist potentiell ein sehr, sehr reiches Land mit den zweitgrößten Erdölvorkommen der Welt und auch aus amerikanischer Sicht haben wir ja häufig die Auffassung gehört, dass der Irak von seinem Reichtum her durchaus in der Lage ist, seine Probleme selber zu lösen. Insofern finde ich, dass die Richtung eher eine Umschuldung sein müsste, das ist ja wichtig, damit die Altschulden geklärt sind, eben um auch die Weltbank und den IWF handlungsfähig in Bezug auf den Irak zu machen. Aber ich finde es schwierig, einen Schuldenerlass, egal in welcher Höhe er erfolgen sollte, weil, das müsste man auch den Bürgern hier in Deutschland erklären, den in vielen Punkten im Augenblick, wegen der Haushaltslage und wegen der Anspannung in den Kassen der Versicherungen doch Zumutungen aufgebürdet werden, warum dann in Milliardenhöhe ein Schuldenerlass an ein potentiell so reiches Land passiert.

    Birke: 5,4 Milliarden Dollar schuldet der Irak der Bundesrepublik, sollte hier wirklich kein Pfennig, kein Cent dieser Summe erlassen werden, Herr Erler, ist das kategorisch von Ihrer Position her?

    Erler: Meine persönliche Meinung ist, dass das Ziel eine Umschuldung sein sollte. Das gibt Rechtssicherheit und das ermöglicht dann auch dem Irak, natürlich jetzt nicht sofort, Rückzahlungsverpflichtungen zu übernehmen. In Frankreich sieht es so aus, dass die französische Regierung in sehr verklausulierter Form gesagt hat, ein Teilerlass der Schulden ist denkbar, allerdings offensichtlich nur dann, wenn andere Gläubiger mitmachen und wenn das eine Mehrheit im Pariser Club findet, das könnte dann ein Vermittlungsergebnis sein. Aber ich bleibe bei meiner Meinung, dass das Ziel aus deutscher Sicht eher eine Umschuldung sein sollte.

    Birke: Das war Gernot Erler, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD Bundestagsfraktion und außenpolitische Sprecher. Vielen Dank.

    Erler: Bitte schön.