hat sich im Zusammenhang mit der Affäre um die Gefangenentransporte des CIA dafür ausgesprochen, dass die jetzige Regierung die Gelegenheit bekommt, "die Fakten auf den Tisch zu legen". Man müsse prüfen, ob die Bundesregierung angemessen reagiert habe, so Schockenhoff.
Dirk Müller: Condoleezza Rice in Brüssel, immerhin eine politische Geste, auch eine Geste an Berlin, denn die Bundesregierung, kaum im Amt, gerät zunehmend unter Druck. Die ominösen Gefangenentransporte des CIA rufen die Opposition auf den Plan. Die FDP will offenbar einen Untersuchungsausschuss. Was haben der deutsche Außenminister und der deutsche Innenminister über die Verschleppung des Deutschen El Masri gewusst? Hat die Regierung im Mai 2004 angemessen reagiert? Handeln muss jetzt die große Koalition, also auch die CDU/CSU, die wie auch immer, keinerlei Verantwortung für die Entwicklung im vergangenen Jahr trägt, nun aber heute mitverantwortlich ist. Am Telefon ist nun CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff, stellvertretender Fraktionschef der Union im Bundestag, guten Morgen.
Andreas Schockenhoff: Guten Morgen Herr Müller.
Müller: Herr Schockenhoff, sind Sie irgendwie da in der Zwickmühle?
Schockenhoff: Nein, wir sind nicht in der Zwickmühle. Nun ist zunächst die Regierung gefragt, den Bundestag zu informieren. Dazu müssen wir ihr Gelegenheit geben und es wird in der kommenden Woche erfolgen und zwar sowohl im parlamentarischen Kontrollgremium, das geheim tagt, aber auch in den zuständigen Ausschüssen, im Innenausschuss, im auswärtigen Ausschuss und es wird eine aktuelle Stunde geben, also auch eine öffentliche Debatte im Plenum. Und ich gehe davon aus, dass wenn die Regierung die Fakten vorgelegt hat, die Aufregung sich legen wird.
Müller: Ist die große Koalition, die Regierung in der Zwickmühle?
Schockenhoff: Die Regierung ist nicht in der Zwickmühle, sondern die Regierung muss ihrer Verantwortung gerecht werden. Wir brauchen im Kampf gegen den Terror auch geheimdienstliche Tätigkeit. Die muss, wie es der Name sagt, geheim sein. Aber sie muss auf einer rechtstaatlichen Grundlage stattfinden und die Regierung hat mit den Amerikanern darüber gesprochen, dass es über diese Rechtstaatlichkeit manchmal unterschiedliche Auffassungen gibt. Das ist, glaube ich, sehr verantwortungsvoll und die Regierung kommt ihrer Pflicht nach.
Müller: Gibt es zwischen Union und SPD da auch unterschiedliche Auffassungen?
Schockenhoff: Ich glaube nicht. Die Auftritte von Herrn Steinmeier, in seiner Funktion als Außenminister zu dieser Frage, sein Treffen mit Condoleezza Rice, reihen sich in die Vorgabe ein, die Frau Merkel in ihrer Begegnung mit der amerikanischen Außenministerin zu Beginn der Woche vorgegeben hat.
Müller: Hat die alte Bundesregierung im Frühjahr 2004 adäquat reagiert?
Schockenhoff: Jetzt muss die Bundesregierung gegenüber dem Bundestag zunächst einmal Gelegenheit haben, die Fakten auf den Tisch zu legen. Dann werden wir das beurteilen. Aber ich glaube, die alte Bundesregierung musste auch abwägen, welches Maß an öffentlicher Darstellung und welches Maß an Schutzbedürftigkeit und Geheimbedürftigkeit vorgelegen haben und wie beide gegeneinander abzuwägen waren.
Müller: Wie schwierig ist das denn jetzt für Sie persönlich in dieser neuen Rolle - die große Koalition, seit zweieinhalb Wochen existiert sie - als CDU-Mann gegen einen SPD-Mann zumindest inhaltlich vorzugehen, ihn zu überprüfen, was hat er gemacht?
Schockenhoff: Überprüft werden muss die Regierung, egal, ob sie der eigenen Partei oder einer anderen Partei angehört, das ist nicht das Problem. Wir müssen natürlich prüfen, ob die Bundesregierung angemessen reagiert hat, aber unser Vorwurf gegen die rot-grüne Koalition war nicht etwa, unangemessen mit geheimdienstlichen Informationen umzugehen. Unser Vorwurf war eher, dass sie Außenpolitik innenpolitisch taktisch instrumentalisiert hat. Und wir haben seit dem Koalitionsvertrag und vor allem auch seit den ersten Tagen des Regierungshandelns, der neuen Koalition den berechtigten Eindruck, dass die Außenpolitik jetzt wieder den ihr zugemessen Platz bekommt, nämlich deutsche Interessen in der Welt zu verteidigen und zu vertreten.
Müller: Nun war die amerikanische Außenministerin auch zu Gast in Berlin, zu Gast bei der Kanzlerin. Da hat es im Nachhinein Irritationen darüber gegeben, was Frau Rice gesagt haben soll, und war Frau Merkel verstanden haben soll. Wie haben Sie es verstanden?
Schockenhoff: Die Frau Merkel hat gesagt, es sei auch die Sprache gewesen, von dem Fall El Masri und in diesem Zusammenhang habe die amerikanische Außenministerin von Fehlern gesprochen. Dass die amerikanische Administration dies nun nicht bestätigen will, hat wohl eher damit zu tun, dass eine solche Aussage in einem inneramerikanischen Gerichtsverfahren verwertbar ist und deswegen wohl eher juristische Abwägungen eine Rolle spielen.
Müller: Das heißt, die Außenministerin hat es gesagt in Berlin, aber sie kann es jetzt nicht zugeben.
Schockenhoff: Ich war nicht dabei, aber die Bundeskanzlerin hat sehr deutlich auf das Gespräch Bezug genommen und die Außenministerin - sie hat nicht wörtlich El Masri genannt, sie hat das Konditional ausgedrückt - sie hat gesagt, wenn Fehler passieren, muss dem nachgegangen werden. Aber sie hat es eindeutig in diesem Kontext des Falles El Masri gesagt. Deswegen kann man sich sehr wohl zusammenreimen, was in diesem Gespräch besprochen wurde.
Müller: Sie gehören ja jetzt in Ihrer neuen Funktion zu den führenden Außenpolitikern in dieser neuen Regierung, in dieser neuen politischen Konstellation: ein schwieriger Start?
Schockenhoff: Es ist ein schwieriger Start, vor allem deshalb, weil er von den eigentlichen außenpolitischen Interessen ablenkt. Wir haben deutsche Interessen zu vertreten und diese sind mit europäischen Interessen, vor allem aber auch mit atlantischen Interessen kongruent. Wir sind die gleiche Wertegemeinschaft und wir stehen den gleichen Bedrohungen gegenüber, deswegen können die Vereinigten Staaten und Europa diese Herausforderung jeweils auf sich allein gestellt nicht meistern. Wir sind aufeinander angewiesen und dass wir darüber reden, wie wir diese Herausforderung meistern, bringt uns eher näher zusammen, als uns auseinander treibt. Aber unsere wahren Herausforderungen sind natürlich Energiesicherheit, sind das Aufstreben Asiens, sind die Einbindung Russlands in unsere Wertepartnerschaft. Wir haben viele gemeinsame Aufgaben und deswegen dürfen wir uns von solchen Schwierigkeiten, die auftreten und die auf den Tisch kommen müssen, nicht davon abbringen lassen, unsere gemeinsamen Interessen zu vertreten.
Müller: Es geht ja der Union auch darum, dieses Verhältnis - Sie haben das angesprochen - gegenüber Washington zu verbessern, im Gegensatz zur Politik der alten Bundesregierung. Nach den ersten Kontakten mit Washington - also Steinmeier in Washington, Rice in Berlin - ist es doch offenbar nicht so leicht, sich anzunähern.
Schockenhoff: Doch wir nehmen dieses deutsch-amerikanische Verhältnis in seinem Eigenwert wieder wahr. Es ist für uns nicht eine billige innenpolitische Münze, sondern wir werden sie strategisch und an außenpolitischen Interessen ausrichten und das ist der neue Stil. Es hat in der ersten Tagen einen sehr engen Kontakt gegeben. Der stellvertretende US-Außenminister war auch schon in Berlin. Steinmeier war in Washington, am 11. Januar geht Frau Merkel nach Washington. Gerade wenn man in Einzelfragen unterschiedlicher Auffassung ist, darf man nicht übereinander reden, sonder muss miteinander reden. Insofern war das ein sehr hoffnungsvoller Neubeginn.
Müller: Andreas Schockhoff war das, stellvertretender Fraktionschef der Union im Bundestag, vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Schockenhoff: Auf Wiederhören Herr Müller.
Dirk Müller: Condoleezza Rice in Brüssel, immerhin eine politische Geste, auch eine Geste an Berlin, denn die Bundesregierung, kaum im Amt, gerät zunehmend unter Druck. Die ominösen Gefangenentransporte des CIA rufen die Opposition auf den Plan. Die FDP will offenbar einen Untersuchungsausschuss. Was haben der deutsche Außenminister und der deutsche Innenminister über die Verschleppung des Deutschen El Masri gewusst? Hat die Regierung im Mai 2004 angemessen reagiert? Handeln muss jetzt die große Koalition, also auch die CDU/CSU, die wie auch immer, keinerlei Verantwortung für die Entwicklung im vergangenen Jahr trägt, nun aber heute mitverantwortlich ist. Am Telefon ist nun CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff, stellvertretender Fraktionschef der Union im Bundestag, guten Morgen.
Andreas Schockenhoff: Guten Morgen Herr Müller.
Müller: Herr Schockenhoff, sind Sie irgendwie da in der Zwickmühle?
Schockenhoff: Nein, wir sind nicht in der Zwickmühle. Nun ist zunächst die Regierung gefragt, den Bundestag zu informieren. Dazu müssen wir ihr Gelegenheit geben und es wird in der kommenden Woche erfolgen und zwar sowohl im parlamentarischen Kontrollgremium, das geheim tagt, aber auch in den zuständigen Ausschüssen, im Innenausschuss, im auswärtigen Ausschuss und es wird eine aktuelle Stunde geben, also auch eine öffentliche Debatte im Plenum. Und ich gehe davon aus, dass wenn die Regierung die Fakten vorgelegt hat, die Aufregung sich legen wird.
Müller: Ist die große Koalition, die Regierung in der Zwickmühle?
Schockenhoff: Die Regierung ist nicht in der Zwickmühle, sondern die Regierung muss ihrer Verantwortung gerecht werden. Wir brauchen im Kampf gegen den Terror auch geheimdienstliche Tätigkeit. Die muss, wie es der Name sagt, geheim sein. Aber sie muss auf einer rechtstaatlichen Grundlage stattfinden und die Regierung hat mit den Amerikanern darüber gesprochen, dass es über diese Rechtstaatlichkeit manchmal unterschiedliche Auffassungen gibt. Das ist, glaube ich, sehr verantwortungsvoll und die Regierung kommt ihrer Pflicht nach.
Müller: Gibt es zwischen Union und SPD da auch unterschiedliche Auffassungen?
Schockenhoff: Ich glaube nicht. Die Auftritte von Herrn Steinmeier, in seiner Funktion als Außenminister zu dieser Frage, sein Treffen mit Condoleezza Rice, reihen sich in die Vorgabe ein, die Frau Merkel in ihrer Begegnung mit der amerikanischen Außenministerin zu Beginn der Woche vorgegeben hat.
Müller: Hat die alte Bundesregierung im Frühjahr 2004 adäquat reagiert?
Schockenhoff: Jetzt muss die Bundesregierung gegenüber dem Bundestag zunächst einmal Gelegenheit haben, die Fakten auf den Tisch zu legen. Dann werden wir das beurteilen. Aber ich glaube, die alte Bundesregierung musste auch abwägen, welches Maß an öffentlicher Darstellung und welches Maß an Schutzbedürftigkeit und Geheimbedürftigkeit vorgelegen haben und wie beide gegeneinander abzuwägen waren.
Müller: Wie schwierig ist das denn jetzt für Sie persönlich in dieser neuen Rolle - die große Koalition, seit zweieinhalb Wochen existiert sie - als CDU-Mann gegen einen SPD-Mann zumindest inhaltlich vorzugehen, ihn zu überprüfen, was hat er gemacht?
Schockenhoff: Überprüft werden muss die Regierung, egal, ob sie der eigenen Partei oder einer anderen Partei angehört, das ist nicht das Problem. Wir müssen natürlich prüfen, ob die Bundesregierung angemessen reagiert hat, aber unser Vorwurf gegen die rot-grüne Koalition war nicht etwa, unangemessen mit geheimdienstlichen Informationen umzugehen. Unser Vorwurf war eher, dass sie Außenpolitik innenpolitisch taktisch instrumentalisiert hat. Und wir haben seit dem Koalitionsvertrag und vor allem auch seit den ersten Tagen des Regierungshandelns, der neuen Koalition den berechtigten Eindruck, dass die Außenpolitik jetzt wieder den ihr zugemessen Platz bekommt, nämlich deutsche Interessen in der Welt zu verteidigen und zu vertreten.
Müller: Nun war die amerikanische Außenministerin auch zu Gast in Berlin, zu Gast bei der Kanzlerin. Da hat es im Nachhinein Irritationen darüber gegeben, was Frau Rice gesagt haben soll, und war Frau Merkel verstanden haben soll. Wie haben Sie es verstanden?
Schockenhoff: Die Frau Merkel hat gesagt, es sei auch die Sprache gewesen, von dem Fall El Masri und in diesem Zusammenhang habe die amerikanische Außenministerin von Fehlern gesprochen. Dass die amerikanische Administration dies nun nicht bestätigen will, hat wohl eher damit zu tun, dass eine solche Aussage in einem inneramerikanischen Gerichtsverfahren verwertbar ist und deswegen wohl eher juristische Abwägungen eine Rolle spielen.
Müller: Das heißt, die Außenministerin hat es gesagt in Berlin, aber sie kann es jetzt nicht zugeben.
Schockenhoff: Ich war nicht dabei, aber die Bundeskanzlerin hat sehr deutlich auf das Gespräch Bezug genommen und die Außenministerin - sie hat nicht wörtlich El Masri genannt, sie hat das Konditional ausgedrückt - sie hat gesagt, wenn Fehler passieren, muss dem nachgegangen werden. Aber sie hat es eindeutig in diesem Kontext des Falles El Masri gesagt. Deswegen kann man sich sehr wohl zusammenreimen, was in diesem Gespräch besprochen wurde.
Müller: Sie gehören ja jetzt in Ihrer neuen Funktion zu den führenden Außenpolitikern in dieser neuen Regierung, in dieser neuen politischen Konstellation: ein schwieriger Start?
Schockenhoff: Es ist ein schwieriger Start, vor allem deshalb, weil er von den eigentlichen außenpolitischen Interessen ablenkt. Wir haben deutsche Interessen zu vertreten und diese sind mit europäischen Interessen, vor allem aber auch mit atlantischen Interessen kongruent. Wir sind die gleiche Wertegemeinschaft und wir stehen den gleichen Bedrohungen gegenüber, deswegen können die Vereinigten Staaten und Europa diese Herausforderung jeweils auf sich allein gestellt nicht meistern. Wir sind aufeinander angewiesen und dass wir darüber reden, wie wir diese Herausforderung meistern, bringt uns eher näher zusammen, als uns auseinander treibt. Aber unsere wahren Herausforderungen sind natürlich Energiesicherheit, sind das Aufstreben Asiens, sind die Einbindung Russlands in unsere Wertepartnerschaft. Wir haben viele gemeinsame Aufgaben und deswegen dürfen wir uns von solchen Schwierigkeiten, die auftreten und die auf den Tisch kommen müssen, nicht davon abbringen lassen, unsere gemeinsamen Interessen zu vertreten.
Müller: Es geht ja der Union auch darum, dieses Verhältnis - Sie haben das angesprochen - gegenüber Washington zu verbessern, im Gegensatz zur Politik der alten Bundesregierung. Nach den ersten Kontakten mit Washington - also Steinmeier in Washington, Rice in Berlin - ist es doch offenbar nicht so leicht, sich anzunähern.
Schockenhoff: Doch wir nehmen dieses deutsch-amerikanische Verhältnis in seinem Eigenwert wieder wahr. Es ist für uns nicht eine billige innenpolitische Münze, sondern wir werden sie strategisch und an außenpolitischen Interessen ausrichten und das ist der neue Stil. Es hat in der ersten Tagen einen sehr engen Kontakt gegeben. Der stellvertretende US-Außenminister war auch schon in Berlin. Steinmeier war in Washington, am 11. Januar geht Frau Merkel nach Washington. Gerade wenn man in Einzelfragen unterschiedlicher Auffassung ist, darf man nicht übereinander reden, sonder muss miteinander reden. Insofern war das ein sehr hoffnungsvoller Neubeginn.
Müller: Andreas Schockhoff war das, stellvertretender Fraktionschef der Union im Bundestag, vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Schockenhoff: Auf Wiederhören Herr Müller.