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"Die Republikaner würden lieber gegen Hillary Clinton Wahlkampf führen"

Hans-Ulrich Klose, Vizechef des Auswärtigen Bundestagsausschusses und Vorsitzender der Parlamentariergruppe USA, hält den Wahlsieg eines demokratischen Kandidaten bei den US-Präsidentenwahlen für wahrscheinlich. In der Außenpolitik würden wahrscheinlich sowohl Hillary Clinton als auch Barack Obama für mehr Partnerschaft stehen. Am Ende halte er einen Präsidenten Obama für wahrscheinlicher, da Clinton die Wählerschaft deutlich polarisiere, sagte Klose.

Moderation: Jochen Spengler | 09.01.2008
    Jochen Spengler: Vorwahlen in den USA. Nach Iowa in der vergangenen Woche haben gestern die republikanischen und die demokratischen Wähler im US-Bundesstaat New Hampshire für ihre jeweiligen Präsidentschaftskandidaten abgestimmt. Und wenn uns die Abstimmungen von New Hampshire eines lehren, dann einmal mehr, dass Umfragen mit Vorsicht zu genießen sind, denn die signalisierten dem Demokraten Barack Obama mehr als zehn Prozentpunkte Vorsprung vor seiner innerparlamentarischen Konkurrentin Hillary Clinton. New Hampshire sei im Obama-Rausch. Es sei der Obamania verfallen hieß es in Zeitungen. Die Sieger heißen bei den Republikanern nun John McCain und bei den Demokraten Hillary Clinton. Es kam gestern anders.
    Am Telefon begrüße ich nun den Sozialdemokraten Hans-Ulrich Klose, Vizechef des Auswärtigen Bundestagsausschusses und Vorsitzender der Parlamentariergruppe USA. Guten Tag Herr Klose.

    Hans-Ulrich Klose: Guten Tag!

    Spengler: Herr Klose, als Sie heute Morgen hörten, dass Hillary Clinton vor Barack Obama gelandet ist, waren Sie da erleichtert oder enttäuscht?

    Klose: Eigentlich weder noch, weil ich habe keine persönlichen Aktien, wer nun der Kandidat der Demokraten wird.

    Spengler: Ist Ihnen jemand sympathischer von den beiden?

    Klose: Ja. Spontan würde ich sagen, es ist Obama, weil er einfach ein neues Gesicht ist. Aber Obama hat ganz erkennbar leichte programmatische Schwächen.

    Spengler: Welche sind das?

    Klose: Er ist in seinen Aussagen sehr allgemein, wobei er klug genug ist, einen guten Nenner zu finden. Er spricht an die Gespaltenheit der amerikanischen Politik und predigt die Überwindung dieser Spaltung. Also nicht mehr die nicht Vereinigten Staaten, sondern die Vereinigten Staaten ist das Ziel. Und er verspricht einen Politikwechsel. Das kommt als Tenor gut an, aber das was darüber hinausgeht, Aussagen zur Bildungspolitik, zur Überwindung der Immobilienkrise, zur Gesundheitsreform, auch zur Außenpolitik, das ist relativ vage.

    Spengler: Herr Klose, Sie haben ja in der Vergangenheit als einer der wenigen Sozialdemokraten versucht, in Deutschland um Verständnis für die USA auch unter George Bush zu werben. Befremdet es Sie eigentlich, dass die Amerikaner jetzt so sehr einen Wandel, einen Neuanfang, eine Art besseres Amerika wollen?

    Klose: Ich habe immer versucht, die deutsch-amerikanischen Beziehungen offen und gut zu halten, weil ich glaube, dass Europa insgesamt, aber insbesondere auch wir Deutschen auf ein starkes und führungsfähiges Amerika angewiesen sind. Ich war immer sehr unglücklich darüber, dass die Bush-Administration viel an internationalem Kredit verspielt hat: nicht nur durch den Irak-Krieg, sondern durch die Art und Weise des Auftretens und durch die Betonung militärischer Macht als Hauptgestaltungsmittel der amerikanischen Politik. Ich hoffe in der Tat, dass sich dies ändert und dass es wieder so etwas gibt wie eine Außenpolitik Amerikas, die von beiden großen Parteien getragen wird.

    Spengler: Mit welchem Präsidenten käme Europa, käme Deutschland denn besser zurecht, mit Clinton oder mit Obama?

    Klose: Ich vermute, dass eine Zusammenarbeit mit Hillary Clinton jedenfalls am Anfang einfacher wäre, weil man sich kennt und weil man füreinander berechenbar ist und in der Außenpolitik ist Berechenbarkeit bekanntlich eine Tugend. Das muss aber nicht heißen, dass es nicht mit Obama nach einiger Zeit auch gut ginge. Beide stehen für eine Politik der Partnerschaft und die unterscheidet sich deutlich von der Außenpolitik der Republikaner.

    Spengler: Sie haben ja eben an Barack Obama kritisiert, dass man nicht so ganz genau wisse, wofür er stehe. Wofür steht denn Hillary Clinton innenpolitisch?

    Klose: Na ja, sie hat sich einen Namen gemacht mit ihrem vorerst gescheiterten Versuch, so etwas wie eine Gesundheitsreform zu Stande zu bringen. Nicht nur wir Deutschen, sondern auch die Amerikaner haben damit ein Problem, wobei das amerikanische größer ist, denn dort gibt es rund 50 Millionen Menschen, die überhaupt keine Versicherung haben. Das ist ein - milde formuliert - unhaltbarer Zustand. Da hat sie sich engagiert. Das hat sie betont werde auch in Zukunft eines ihrer Anliegen sein und ich denke sie wird darüber hinaus sich darum kümmern, dass ein paar von den Problemen, die bei den Republikanern weggeschoben worden sind, mindestens gemildert werden. Das deutliche Auseinanderfallen von sehr reich und sehr arm ist ein großes Problem in Amerika.

    Spengler: Es sieht ja jetzt so aus, als gäbe es mindestens bis zum "Super Tuesday" noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Hillary Clinton und Barack Obama. Was glauben Sie, wer sich am Ende durchsetzen wird?

    Klose: Ich bin mir nicht sicher, aber ich vermute beinahe, es könnte am Ende doch Obama sein, weil ich glaube, dass die demokratischen Wähler abwägen werden, mit wem sie größere Chancen haben, auch die Präsidentschaft zu gewinnen. Da muss man halt sehen: Hillary Clinton ist eine Person, die in Amerika polarisiert. Man kann über den Daumen gepeilt sagen: 30 Prozent der Amerikaner lieben sie, 40 Prozent der Amerikaner hassen sie und 30 Prozent sind offen. - Die Republikaner glaube ich würden lieber gegen Hillary Clinton Wahlkampf führen, weil das polarisiert und die republikanischen Wähler in stärkerem Umfang an die Wahlurnen bringt.

    Spengler: Nun ist es ja am Ende immer so, dass es ein Duo gibt, was antritt gegen ein anderes Duo, also der Präsidentschafts- und der Vizepräsidentschaftskandidat. Halten Sie ein Duo Clinton/Obama für denkbar?

    Klose: Da bin ich etwas zögerlich. Ich vermute mal, dass jeder, der am Ende um die Präsidentschaft kämpft, einen Vizepräsidenten suchen wird, der ihm bestimmte Wählergruppen zuführt. Man muss immerhin im Kopf behalten, dass die größte Minderheit in den Vereinigten Staaten inzwischen die lateinamerikanische, die Latino-Gemeinschaft ist. Deshalb könnte ich mir auch vorstellen, dass am Ende es auf einen Vizepräsidenten Richardson hinausläuft.

    Spengler: Das ist das demokratische Duo. - Wir müssen noch mal zu den Republikanern kommen. Darüber haben wir noch gar nicht geredet. dass wir so wenig darüber reden, liegt das daran, dass die Kandidaten nicht so schillernd, so aufregend sind, oder weil sie einfach keine Chance haben in der Wahl gegen einen Demokraten?

    Klose: Beides spielt wohl eine Rolle. Die Chancen der Republikaner, die Präsidentschaft zu verteidigen, werden im Augenblick nicht gut beurteilt.

    Spengler: Das liegt an Bush?

    Klose: Das liegt auch in einem großen Umfang an der Performance der Bush-Administration insbesondere in den letzten drei Jahren. Außerdem ist es halt so, dass keiner der Kandidaten so recht dem Mainstream der republikanischen Überzeugung entspricht. Das gilt sicherlich für Giuliani, dessen persönliche Lebensführung so gar nicht republikanisch ist. Das gilt nicht für einen Mann wie Mike Huckabee, aber Huckabee ist einer, der sehr beschränkt ist auf eine ganz bestimmte exklusive Wählerklientel, also die strengen Evangelikalen. Wahrscheinlich der Überzeugendste vom moralisch-republikanischen Punkt ist vermutlich McCain. Die größten Chancen hätte wahrscheinlich Romney.

    Spengler: Aber eben nicht gegen einen Demokraten Ihrer Ansicht nach?

    Klose: Am Ende kann man auch das nicht sagen. Es hängt sehr von der Konstellation ab. Ein Wahlkampf - jetzt spekuliere ich mal - Romney gegen Clinton scheint mir offener zu sein als ein Wahlkampf mit - wie soll ich sagen - Huckabee gegen Obama.

    Spengler: Das schöne ist: Die Spannung bleibt uns erhalten. Wir müssen einfach abwarten. - Hans-Ulrich Klose, Vizechef des Auswärtigen Bundestagsausschusses. Herzlichen Dank für das Gespräch.

    Klose: Nichts zu danken. Auf Wiederhören!