Ferdos Forudastan: Herr Pachl, wie sieht das Leben der ungefähr 20.000 Migranten ohne Papiere in Deutschland genau aus?
Heinrich Pachl: Es ist ja sehr unterschiedlich, weil das teilweise ja auch unterschiedliche Gründe sind. Was Sie jetzt angesprochen haben, sind ja teilweise die, die aus einem anderen Kontinent kommen, also meinetwegen Afrika. Es gibt aber auch Illegale oder Geduldete, die dann als Illegale bezeichnet werden, die nur vorübergehend hier sind, aus Polen beispielsweise. Das Leben sieht sehr unterschiedlich aus. Das hängt auch davon ab, welche Art der Duldung, die bereits bekommen haben, wie lange sie hier sind. Ob sie hier bereits Familie haben und Kinder in der Schule sind, also im Grunde sehr gut Deutsch sprechen, gar kein anderes Land mehr erlebt haben und trotzdem illegal sind. Oder ob das jetzt einzelne Personen sind, die flexibler sind, untertauchen können. Und dann kommt noch hinzu, welche Kontakte die einzelnen Personen gefunden haben. Es gibt hier in Köln Möglichkeiten, bestimmte Probleme zu lösen. Also zum Beispiel im Hildegardiskrankenhaus ist eine Anlaufstation, wenn man jetzt versorgt werden muss.
Forudastan: Lassen Sie uns von diesen Problemen noch mal sprechen. Also Menschen, die in der absoluten Illegalität leben, die eigentlich, wenn es nach den deutschen Behörden ginge und nach dem Recht, auch gar nicht hier sein dürften. Die leben ja in so einer Art Schattenwelt. Wie sieht die aus?
Pachl: Also die Schattenwelt sieht wie unsere Welt aus. Man kriegt ja nicht genau raus, wo sie genau wohnen. Es sei denn, sie geben sich zu erkennen. Aber man weiß ja nicht, wenn einer Fenster putzt, man geht vorbei, ist es dann illegal, oder nicht. Wenn er zur Untermiete irgendwo untergekommen ist, ist es illegal, oder nicht?
Forudastan: Aber da fangen die Schwierigkeiten ja schon an. So ein Mensch kann ja nicht einfach in die Zeitung kucken und sagen, die Wohnung hätte ich gerne, und geht zu einem Vermieter. Der braucht ja eine Bestätigung, dass er auch hier sein darf. Der braucht eine Arbeitserlaubnis. Das heißt, er arbeitet auf jeden Fall schwarz und er lebt auch schwarz?
Pachl: Er lebt schwarz und er arbeitet schwarz. Und er braucht Freunde, die das in gewisser Weise decken, oder dadurch decken, dass sie ihn ausbeuten. Auf der Arbeit, oder auch im Mietverhältnis, hauptsächlich da. Und da Leute, die ihn decken, obwohl sie dadurch ins Zwielicht geraten. Beispielsweise Lehrer der Schule, an der die Kinder sind, die dann im Grunde in dem Zwiespalt sind, müssen sie das anmelden oder nicht.
Forudastan: Also der Schulbesuch ist schwierig, der Kinder, aber auch wenn jemand krank wird kann es sehr kompliziert werden.
Pachl: Da gibt es aber mittlerweile in bestimmten Städten, Köln gehört gottseidank auch schon mittlerweile dazu, Regelungen. Das heißt, dass eben Anlaufstellen da sind, bei einzelnen Praxen, oder eben auch beim Krankenhaus, Hildegardis in Köln, wo eine Abmachung ist, mit den Kreisen, die sich um diese Illegalen, in Anführungszeichen, kümmern. Dass da keine Observation ist, also dass da nicht die Polizei, die Ausländerbehörde, rumsteht und die Leute dann wieder abkassiert.
Forudastan: Das sind Abmachungen, die mit den Behörden getroffen worden sind?
Pachl: Ja. Die sind mit den Behörden deswegen getroffen, weil man ja sich sagt, es ist ganz wichtig, dass da ein gesundheitlicher Standard gewahrt bleibt. Also das geht weniger darum, dass die Verwaltung da humanitär denkt. Sondern sie denkt eigentlich mehr im Sinne eines Schutzes der eigenen Bevölkerung. Kostenersparnis und so weiter.
Forudastan: Sie haben vorhin ganz kurz angesprochen, diese Menschen, diese sogenannten Illegalen, also Menschen ohne Papiere, die sind auch Ausbeutung ausgesetzt, oder von Ausbeutung gefährdet. Können Sie uns das noch genauer schildern?
Pachl: Die rechtliche Lage ist für die selber unklar. Und die rechtliche Lage ist auch oft für die unklar, die sie betreuen. Eigentlich sind sie weniger ausgebeutet, oder geringer eine Ausbeutung ausgesetzt, als man es vermutet. Also beispielsweise können sie vor dem Arbeitsgericht klagen. Verwunderlich ist, positiv verwunderlich ist, dass das Arbeitsgericht sich meistens gar nicht um die - man gibt die Personalien an und so weiter, aber es wird nicht überprüft, ob man einen Personalausweis hat oder nicht. Das Gericht selber interessiert das eigentlich wenig.
Forudastan: Auch nicht, ob man überhaupt hier bleiben darf?
Pachl: Das ist gar nicht Gegenstand der Debatte vor so einem Arbeitsgericht, hat mir ein Rechtsanwalt, der sich da sehr einsetzt, erzählt. Und da sind also Spielräume da, die zum Teil unentdeckt sind, die also jetzt nicht das Schicksal sehr stark mindern, aber da gibt es Möglichkeiten.
Forudastan: Aber das werden doch viele Flüchtlinge, obwohl es diese Möglichkeiten in dem einen oder anderen Fall geben mag, nicht machen, weil sie im Grunde in der ständigen Angst davor leben, entdeckt zu werden und auch abgeschoben, also aus Deutschland rausgeschmissen.
Pachl: Weil sie sich ja auch nicht darauf verlassen können und der subjektive Druck so groß ist, dass sie das gar nicht riskieren.
Forudastan: Was müsste denn über diese einzelnen Anlaufstellen hinaus, die es gibt, geschehen, damit sich die Situation dieser Menschen, die in einer permanenten Unsicherheit - und die kann nicht nur über Jahre, die kann ja sogar über Jahrzehnte gehen und die kann nicht nur die Migranten selber, sondern auch ihre Kinder oder Kindeskinder betreffen - was muss da geschehen, um deren Situation zu verbessern?
Pachl: Also man muss das vielleicht am konkreten Fall deutlich machen. Nehmen wir einmal so eine Stadt wie Köln: Da gibt es zwei unterschiedliche Ebenen. Das eine ist die Verwaltung, und die ist auch wieder gespalten in das Ausländeramt - das ist relativ rigoros - und das Sozialamt - das ist relativ kooperativ. Und dann ist es die Stadtspitze, da sind jetzt auch wieder noch bestimmte Fraktionen - nehmen wir mal die CDU - und die vertreten von oben herab eine Abschreckungstheorie, im Unterschied beispielsweise zu Städten wie Münster oder Freiburg oder München. Das heißt, man versucht denen, die hier ohne Papiere sind, oder nur geduldet, dann haben sie eine bestimmte Form des Papierseins, man versucht ihnen hier das Leben schwer zu machen. Und vergisst - Sie haben das ja in Ihrer Einleitung gesagt - dass man ihnen das Leben nie so schwer machen kann, wie sie es in ihrem Heimatland haben. Nehmen wir einmal Flüchtlinge aus Bosnien oder dem Kosovo. Auch einer CDU, und das würde ich ihr auch nie unterstellen, wird es nicht gelingen, denen die Häuser abzufackeln. Aber selbst unter den miesesten Bedingungen hier, geht es ihnen dann immer noch besser, als da, wo sie Pogromen ausgesetzt waren, oder Hungersnöten. Deswegen funktioniert diese Abschreckung nicht und fördert im Grunde nur Kosten und auch, und das ist das eigentlich Traurige, Spaltung innerhalb der Bevölkerung.
Forudastan: Herr Pachl, diese Menschen sind nun hier, sie leben seit Jahren, oder vielleicht seit Jahrzehnten in Deutschland, in dieser sogenannten Schattenwelt, in der Illegalität, mit all den Nachteilen, die das hat. Was ist die politische Forderung von Initiativen, wie der in der Sie mitarbeiten? Was soll mit diesen Menschen geschehen?
Pachl: Also da gibt es zwei Aspekte. Der erste ist der allgemeine, dass man sie überhaupt akzeptiert. Das heißt, dass eine Kommune, Beispiel Köln noch einmal, akzeptiert, dass es so eine Migrationbewegung gibt und dass es nicht die Aufgabe abzuschrecken, sondern mit den Menschen human umzugehen. Und das Konkrete betrifft dann einzelne Felder des Alltagslebens. Das ist die gesundheitliche Versorgung, das ist die Möglichkeit, als Mensch zu leben, das heißt, nicht dauernd unter Abschiebedrohung zu sein. Und das ist im Wesentlichen eben auch der Besuch, falls Kinder da sind, die zur Schule gehen, dass die zur Schule gehen, ohne dass sie unter traumatischen Druck stehen. Und das Zweite ist, dass die Organisationen, die sich darum kümmern - das ist AGISRA oder Kein Mensch ist illegal oder Rechtsanwälte, Ärzte auch - dass die von der Verwaltung nicht als Gegner gesehen werden, sondern als Partner um mit diesen Menschen ins Einvernehmen zu kommen.
Forudastan: Ein grundlegendes Dilemma das bleibt aber bestehen. Nämlich dass Deutschland, so großzügig es auch sein mag, nicht alle Menschen aufnehmen kann, die hierher fliehen, auf der Suche nach einem besseren Leben. Was bedeutet denn diese Forderung, die Sie für die jetzt schon hier lebenden Illegalen haben, für die Zukunft? Denn es werden ja immer wieder Menschen kommen, die kein Asyl bekommen, die keine Duldung bekommen, die nicht hier bleiben dürfen.
Pachl: Also damit, mit dieser Frage, bringen Sie mich in eine große Bredouille. Ich bin ja jetzt, sagen wir mal, Kölner Bürger. Und ich sehe jetzt, wie diese Leute fies, vereinfacht gesagt, behandelt werden. Wenn man an den Poller Holzweg geht, dann ist das beschämend. Der ist mittlerweile aufgelöst, da liefen Ratten rum, alles so was. Jetzt frage ich mich natürlich auch, es können nicht alle kommen. Diese Frage stelle ich mir auch. Und dann reduziere ich diese Frage wieder auf den Horizont, in dem ich was machen kann, das ist die Kölner Kommune. Wenn ich die Frage so allgemein, oder global stelle und da ist sie auch wichtig, dann sage ich mir gut, dann muss ich aber aus dem kommunalen Rahmen, wo ich selber kleine Möglichkeiten habe, einzuwirken, mitzuwirken, raus. Und dann meinetwegen eine Argumentation aufnehmen, wie sie von Jean Ziegler vertreten wird, das heißt dass die Bundesregierung, also die deutsche Bundesregierung, möglichst die Ursachen, nicht weiter verschärft, die meinetwegen in Afrika, dazu führen, dass so ein Migrationsdruck entsteht. Also, ob das jetzt steigende Entwicklungshilfe ist, ob das der Wegfall von Subventionen für Agrarprodukte ist, so dass da im Grunde eine Wirtschaft, die über Jahrtausende entstanden ist, in wenigen Jahrzehnten zusammenbricht, alles dieses. Das sind dann im Grunde, in Anführungszeichen, globale Forderungen, von denen man dann weiß, die sind halt schwierig durchzusetzen, weil die erst einmal appellativ sind. Aber da ist man dann selbst wieder erstaunt über die, in Anführungszeichen, Dummheit der Politiker, die auf der einen Seite das beklagen, dann Auffanglager, wie der frühere Innenminister im nördlichen Afrika propagieren, und gleichzeitig am Kabinettstisch sitzen mit anderen, wo sie wieder akzeptieren, dass diese Subventionen gemacht werden. Also im Grunde etwas irrsinnig oder schizophren.
Heinrich Pachl: Es ist ja sehr unterschiedlich, weil das teilweise ja auch unterschiedliche Gründe sind. Was Sie jetzt angesprochen haben, sind ja teilweise die, die aus einem anderen Kontinent kommen, also meinetwegen Afrika. Es gibt aber auch Illegale oder Geduldete, die dann als Illegale bezeichnet werden, die nur vorübergehend hier sind, aus Polen beispielsweise. Das Leben sieht sehr unterschiedlich aus. Das hängt auch davon ab, welche Art der Duldung, die bereits bekommen haben, wie lange sie hier sind. Ob sie hier bereits Familie haben und Kinder in der Schule sind, also im Grunde sehr gut Deutsch sprechen, gar kein anderes Land mehr erlebt haben und trotzdem illegal sind. Oder ob das jetzt einzelne Personen sind, die flexibler sind, untertauchen können. Und dann kommt noch hinzu, welche Kontakte die einzelnen Personen gefunden haben. Es gibt hier in Köln Möglichkeiten, bestimmte Probleme zu lösen. Also zum Beispiel im Hildegardiskrankenhaus ist eine Anlaufstation, wenn man jetzt versorgt werden muss.
Forudastan: Lassen Sie uns von diesen Problemen noch mal sprechen. Also Menschen, die in der absoluten Illegalität leben, die eigentlich, wenn es nach den deutschen Behörden ginge und nach dem Recht, auch gar nicht hier sein dürften. Die leben ja in so einer Art Schattenwelt. Wie sieht die aus?
Pachl: Also die Schattenwelt sieht wie unsere Welt aus. Man kriegt ja nicht genau raus, wo sie genau wohnen. Es sei denn, sie geben sich zu erkennen. Aber man weiß ja nicht, wenn einer Fenster putzt, man geht vorbei, ist es dann illegal, oder nicht. Wenn er zur Untermiete irgendwo untergekommen ist, ist es illegal, oder nicht?
Forudastan: Aber da fangen die Schwierigkeiten ja schon an. So ein Mensch kann ja nicht einfach in die Zeitung kucken und sagen, die Wohnung hätte ich gerne, und geht zu einem Vermieter. Der braucht ja eine Bestätigung, dass er auch hier sein darf. Der braucht eine Arbeitserlaubnis. Das heißt, er arbeitet auf jeden Fall schwarz und er lebt auch schwarz?
Pachl: Er lebt schwarz und er arbeitet schwarz. Und er braucht Freunde, die das in gewisser Weise decken, oder dadurch decken, dass sie ihn ausbeuten. Auf der Arbeit, oder auch im Mietverhältnis, hauptsächlich da. Und da Leute, die ihn decken, obwohl sie dadurch ins Zwielicht geraten. Beispielsweise Lehrer der Schule, an der die Kinder sind, die dann im Grunde in dem Zwiespalt sind, müssen sie das anmelden oder nicht.
Forudastan: Also der Schulbesuch ist schwierig, der Kinder, aber auch wenn jemand krank wird kann es sehr kompliziert werden.
Pachl: Da gibt es aber mittlerweile in bestimmten Städten, Köln gehört gottseidank auch schon mittlerweile dazu, Regelungen. Das heißt, dass eben Anlaufstellen da sind, bei einzelnen Praxen, oder eben auch beim Krankenhaus, Hildegardis in Köln, wo eine Abmachung ist, mit den Kreisen, die sich um diese Illegalen, in Anführungszeichen, kümmern. Dass da keine Observation ist, also dass da nicht die Polizei, die Ausländerbehörde, rumsteht und die Leute dann wieder abkassiert.
Forudastan: Das sind Abmachungen, die mit den Behörden getroffen worden sind?
Pachl: Ja. Die sind mit den Behörden deswegen getroffen, weil man ja sich sagt, es ist ganz wichtig, dass da ein gesundheitlicher Standard gewahrt bleibt. Also das geht weniger darum, dass die Verwaltung da humanitär denkt. Sondern sie denkt eigentlich mehr im Sinne eines Schutzes der eigenen Bevölkerung. Kostenersparnis und so weiter.
Forudastan: Sie haben vorhin ganz kurz angesprochen, diese Menschen, diese sogenannten Illegalen, also Menschen ohne Papiere, die sind auch Ausbeutung ausgesetzt, oder von Ausbeutung gefährdet. Können Sie uns das noch genauer schildern?
Pachl: Die rechtliche Lage ist für die selber unklar. Und die rechtliche Lage ist auch oft für die unklar, die sie betreuen. Eigentlich sind sie weniger ausgebeutet, oder geringer eine Ausbeutung ausgesetzt, als man es vermutet. Also beispielsweise können sie vor dem Arbeitsgericht klagen. Verwunderlich ist, positiv verwunderlich ist, dass das Arbeitsgericht sich meistens gar nicht um die - man gibt die Personalien an und so weiter, aber es wird nicht überprüft, ob man einen Personalausweis hat oder nicht. Das Gericht selber interessiert das eigentlich wenig.
Forudastan: Auch nicht, ob man überhaupt hier bleiben darf?
Pachl: Das ist gar nicht Gegenstand der Debatte vor so einem Arbeitsgericht, hat mir ein Rechtsanwalt, der sich da sehr einsetzt, erzählt. Und da sind also Spielräume da, die zum Teil unentdeckt sind, die also jetzt nicht das Schicksal sehr stark mindern, aber da gibt es Möglichkeiten.
Forudastan: Aber das werden doch viele Flüchtlinge, obwohl es diese Möglichkeiten in dem einen oder anderen Fall geben mag, nicht machen, weil sie im Grunde in der ständigen Angst davor leben, entdeckt zu werden und auch abgeschoben, also aus Deutschland rausgeschmissen.
Pachl: Weil sie sich ja auch nicht darauf verlassen können und der subjektive Druck so groß ist, dass sie das gar nicht riskieren.
Forudastan: Was müsste denn über diese einzelnen Anlaufstellen hinaus, die es gibt, geschehen, damit sich die Situation dieser Menschen, die in einer permanenten Unsicherheit - und die kann nicht nur über Jahre, die kann ja sogar über Jahrzehnte gehen und die kann nicht nur die Migranten selber, sondern auch ihre Kinder oder Kindeskinder betreffen - was muss da geschehen, um deren Situation zu verbessern?
Pachl: Also man muss das vielleicht am konkreten Fall deutlich machen. Nehmen wir einmal so eine Stadt wie Köln: Da gibt es zwei unterschiedliche Ebenen. Das eine ist die Verwaltung, und die ist auch wieder gespalten in das Ausländeramt - das ist relativ rigoros - und das Sozialamt - das ist relativ kooperativ. Und dann ist es die Stadtspitze, da sind jetzt auch wieder noch bestimmte Fraktionen - nehmen wir mal die CDU - und die vertreten von oben herab eine Abschreckungstheorie, im Unterschied beispielsweise zu Städten wie Münster oder Freiburg oder München. Das heißt, man versucht denen, die hier ohne Papiere sind, oder nur geduldet, dann haben sie eine bestimmte Form des Papierseins, man versucht ihnen hier das Leben schwer zu machen. Und vergisst - Sie haben das ja in Ihrer Einleitung gesagt - dass man ihnen das Leben nie so schwer machen kann, wie sie es in ihrem Heimatland haben. Nehmen wir einmal Flüchtlinge aus Bosnien oder dem Kosovo. Auch einer CDU, und das würde ich ihr auch nie unterstellen, wird es nicht gelingen, denen die Häuser abzufackeln. Aber selbst unter den miesesten Bedingungen hier, geht es ihnen dann immer noch besser, als da, wo sie Pogromen ausgesetzt waren, oder Hungersnöten. Deswegen funktioniert diese Abschreckung nicht und fördert im Grunde nur Kosten und auch, und das ist das eigentlich Traurige, Spaltung innerhalb der Bevölkerung.
Forudastan: Herr Pachl, diese Menschen sind nun hier, sie leben seit Jahren, oder vielleicht seit Jahrzehnten in Deutschland, in dieser sogenannten Schattenwelt, in der Illegalität, mit all den Nachteilen, die das hat. Was ist die politische Forderung von Initiativen, wie der in der Sie mitarbeiten? Was soll mit diesen Menschen geschehen?
Pachl: Also da gibt es zwei Aspekte. Der erste ist der allgemeine, dass man sie überhaupt akzeptiert. Das heißt, dass eine Kommune, Beispiel Köln noch einmal, akzeptiert, dass es so eine Migrationbewegung gibt und dass es nicht die Aufgabe abzuschrecken, sondern mit den Menschen human umzugehen. Und das Konkrete betrifft dann einzelne Felder des Alltagslebens. Das ist die gesundheitliche Versorgung, das ist die Möglichkeit, als Mensch zu leben, das heißt, nicht dauernd unter Abschiebedrohung zu sein. Und das ist im Wesentlichen eben auch der Besuch, falls Kinder da sind, die zur Schule gehen, dass die zur Schule gehen, ohne dass sie unter traumatischen Druck stehen. Und das Zweite ist, dass die Organisationen, die sich darum kümmern - das ist AGISRA oder Kein Mensch ist illegal oder Rechtsanwälte, Ärzte auch - dass die von der Verwaltung nicht als Gegner gesehen werden, sondern als Partner um mit diesen Menschen ins Einvernehmen zu kommen.
Forudastan: Ein grundlegendes Dilemma das bleibt aber bestehen. Nämlich dass Deutschland, so großzügig es auch sein mag, nicht alle Menschen aufnehmen kann, die hierher fliehen, auf der Suche nach einem besseren Leben. Was bedeutet denn diese Forderung, die Sie für die jetzt schon hier lebenden Illegalen haben, für die Zukunft? Denn es werden ja immer wieder Menschen kommen, die kein Asyl bekommen, die keine Duldung bekommen, die nicht hier bleiben dürfen.
Pachl: Also damit, mit dieser Frage, bringen Sie mich in eine große Bredouille. Ich bin ja jetzt, sagen wir mal, Kölner Bürger. Und ich sehe jetzt, wie diese Leute fies, vereinfacht gesagt, behandelt werden. Wenn man an den Poller Holzweg geht, dann ist das beschämend. Der ist mittlerweile aufgelöst, da liefen Ratten rum, alles so was. Jetzt frage ich mich natürlich auch, es können nicht alle kommen. Diese Frage stelle ich mir auch. Und dann reduziere ich diese Frage wieder auf den Horizont, in dem ich was machen kann, das ist die Kölner Kommune. Wenn ich die Frage so allgemein, oder global stelle und da ist sie auch wichtig, dann sage ich mir gut, dann muss ich aber aus dem kommunalen Rahmen, wo ich selber kleine Möglichkeiten habe, einzuwirken, mitzuwirken, raus. Und dann meinetwegen eine Argumentation aufnehmen, wie sie von Jean Ziegler vertreten wird, das heißt dass die Bundesregierung, also die deutsche Bundesregierung, möglichst die Ursachen, nicht weiter verschärft, die meinetwegen in Afrika, dazu führen, dass so ein Migrationsdruck entsteht. Also, ob das jetzt steigende Entwicklungshilfe ist, ob das der Wegfall von Subventionen für Agrarprodukte ist, so dass da im Grunde eine Wirtschaft, die über Jahrtausende entstanden ist, in wenigen Jahrzehnten zusammenbricht, alles dieses. Das sind dann im Grunde, in Anführungszeichen, globale Forderungen, von denen man dann weiß, die sind halt schwierig durchzusetzen, weil die erst einmal appellativ sind. Aber da ist man dann selbst wieder erstaunt über die, in Anführungszeichen, Dummheit der Politiker, die auf der einen Seite das beklagen, dann Auffanglager, wie der frühere Innenminister im nördlichen Afrika propagieren, und gleichzeitig am Kabinettstisch sitzen mit anderen, wo sie wieder akzeptieren, dass diese Subventionen gemacht werden. Also im Grunde etwas irrsinnig oder schizophren.