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Die Sprache der Verfassung
"Das Grundgesetz ist von Fremdworten weitgehend frei"

Zum siebzigsten Geburtstag des Grundgesetzes widmete sich eine Veranstaltung in Frankfurt der Sprache der Verfassung. "Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben einen traditionell hohen Ton gewählt", sagte der Jurist Michael Stolleis im Dlf.

Michael Stolleis im Gespräch mit Maja Ellmenreich |
Das Bild zeigt das Grundgesetz im großen Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichtes.
Gefragte Lektüre im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichtes: das Grundgesetz (imago images / Carmele / tmc-fotografie.de)
Gut siebzig Jahre ist sie alt – die deutsche Verfassung. Formuliert unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft, sollte sie 1949 das Selbstverständnis der Bundesrepublik auf den Punkt bringen: die Rechte und Pflichten der Bürger, die institutionellen Eckpunkte der jungen Demokratie.
Feierliche Sprache und Appell an Werte
Sieben Jahrzehnte später ist das Gros der deutschen Bürgerinnen und Bürger zufrieden mit dem Grundgesetz. In einer repräsentativen Studie, für die das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap Wahlberechtigte befragt hat, sagten 88%, das Grundgesetz habe sich in den vergangenen Jahren sehr gut oder gut bewährt. Trotz der großen inhaltlichen Zustimmung – wie verständlich, wie zeitgemäß sind die Worte, die unser Grundgesetz bilden?
Bei einer Veranstaltung in Frankfurt wurde nun von Juristinnen und Juristen sowie Politkerinnen, Sprachwissenschaftlern und Schrifstellern die Sprache der Verfassung unter die Lupe genommen - veranstaltet von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.
"Es gibt ein Alltagsverständnis und es gibt das Verständnis der Fachleute", so der Rechtswissenschaftler Michael Stolleis im Dlf. Die Mütter und Väter der Verfassung hätten durchweg "eine feierliche, hohe Sprache gewählt" und appellierten an bestimmte Werte. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts, sagte Stolleis, sei die Verfassung als unmittelbar geltender Rechtstext zu sehen.
Reaktion auf Nationalsozialismus
Während Brandenburg und Thüringen den Begriff "Rasse" aus ihren Landesverfassungen entfernt haben, steht er nach wie vor in Artikel 3 des Grundgesetzes. Ob er gestrichen werden solle, müsse die Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag entscheiden, meinte Stolleis.
"In der Tat ist das Wort "Rasse" nur zu erklären aus der Entstehungsgeschichte von 1949 mit Rückblick auf die Rassegesetzgebung des Nationalsozialismus. Insofern kann man den Begriff relativ leicht erklären. Das hat nichts Diskriminierendes, sondern ist eine Reaktion, wie überhaupt das Grundgesetz in seinen feierlichen Erklärungen im Wesentlichen geprägt ist von den Reaktionen auf den Nationalsozialismus", so Stolleis.
Der Begriff der Menschenwürde sei ein moralischer Appell gewesen und gehörte nicht zu den Grundrechten, ergänzte Stolleis. "Heute wird die Menschenwürde immer wieder verwendet, um alle möglichen Probleme zu lösen." Das Wort werde immer wieder in Rechtszusammenhängen verwendet, sagte Stolleis. Als ein deutsches Spezifikum sieht er die starke Verrechtlichung aller Konflikte. "Es ist ein deutsches Laster, aus jedem Konflikt einen Rechtskonflikt zu machen."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.