Doris Simon: Heute ist der private Tag des Papstbesuchs. Der Papst will sich mit seinem Bruder treffen. Gestern Abend hatte der Papst gemeinsam mit dem evangelischen Landesbischof Bayerns, Herrn Friedrich, eine ökumenische Vesper gefeiert. Schon vorab hatten viele Menschen Hoffnung auf einen vorsichtigen Kurswechsel der katholischen Kirche in Sachen Ökumene gehabt. Am Samstag hatte sich der Papst bereits zu dem Thema geäußert.
O-Ton Papst Benedikt XVI.: "Auch wenn man 500 Jahre nicht einfach bürokratisch oder durch gescheite Gespräche bei Seite schieben kann, wir werden uns mit Herz und Verstand darum mühen, dass wir zueinander kommen. "
Simon: Der Papst am Samstag vor Gläubigen. - Am Telefon ist nun Manfred Kock, der ehemalige Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und der frühere Vorsitzende auch des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Guten Morgen!
Manfred Kock: Einen schönen guten Morgen!
Simon: Herr Kock, diese Vesper gestern, hat die in der Sache etwas gebracht für die Ökumene?
Kock: Ein Kurswechsel, den manche bei so etwas immer erwarten, sicherlich nicht, aber er hat natürlich unterstrichen, wie Sie das, was der Papst eben gesagt hat, eingespielt haben, nämlich mit Herz und Verstand weiterzumachen. Das finde ich glaubwürdig. Der Papst ruft auf, das zu tun und zu verstärken was geht: das gemeinsame Gebet, eine Spiritualität, das Lesen der heiligen Schrift hat er gestern gesagt, auch das Pflegen der ökumenischen Freundschaft. Das ist unheimlich wichtig und da ist ja auch wahnsinnig viel erreicht. Auch in der Lehre hat er ja etwas gewürdigt, dass die Einigung in der Rechtfertigungslehre weitere Kreise gezogen hat bei den Christen und so weiter. Die strittigen Fragen sind aber nach wie vor im Raum und dann sagt er eben "mit Herz und mit Verstand". Darüber muss diskutiert werden und da ist das Papst-Amt selbst, das Petrus-Amt selbst ja das große Hindernis, weil dieses natürlich die katholische Kirche prägt, während wir den Papst nicht brauchen.
Simon: Papst Benedikt hat ja zugleich auch davor gewarnt, die Glaubensgrundsätze der katholischen Kirche zu relativieren. Lässt sich denn so eine Position mit irgendeinem Fortschritt in Sachen Ökumene vereinbaren?
Kock: Das weiß man nicht. Das deutet natürlich an. Es gibt ja auch noch Punkte, bei denen die Sache ein bisschen komplizierter ist. Wissen Sie dieser Papst, der ja vorher irgendwie für viele so als die schwarze Inquisitionsgestalt gegolten hat, als er noch nicht Papst war, der hat sich ja durch sein Charisma und durch die perfekte Inszenierung solcher Geschichten als eine Lichtgestalt jetzt in diesen Begegnungen dargestellt und wird von vielen wie ein Heilsbringer verehrt. Das ist natürlich eine Form von Kirche, die nach unserer Meinung eigentlich auch nicht die Kirche der Zukunft ist. Sie muss Jesus-Nachfolge machen und nicht sich sozusagen als eine triumphierende Machtgestalt gebärden. Das entspricht ja auch nicht der weltlichen Realität. Aber das wissen natürlich die Katholiken auf der anderen Seite auch und deshalb finde ich es wichtig, dass wir das auch in Anspruch nehmen. Vernunft und Glaube zusammen zu sehen hat der Papst gesagt und das ist eigentlich eine große Chance auf großem theologischem Niveau, auch den Diskurs weiterzuführen.
Simon: Auf einem großen theologischen Niveau sagen Sie, Herr Kock, aber wie groß ist denn das Interesse in der evangelischen Kirche an der Ökumene angesichts der, wie von Ihnen auch geschildert, seit Jahren inhaltlich unveränderten Haltung gegenüber der Ökumene?
Kock: Wir finden, dass es ein wichtiges Ziel der Ökumene wäre, wenn wir tatsächlich gemeinsam in die Möglichkeit einstimmen könnten, dass wir uns auch in unserer Unterschiedlichkeit akzeptieren, dass die Einheit der Kirche nicht darin besteht, dass wir uniform werden - das will der Papst ja wahrscheinlich auch nicht -, aber dass es eben bei der Vielfältigkeit, die im neuen Testament schon angelegt ist, eben ein gegenseitiges Anerkennen gibt. Das erwarten auch die Leute. Ich glaube das kann man im Blick auf das Verständnis der Eucharistie ja auch hoffen, denn da ist ja sehr viel schon an Übereinstimmung erreicht worden.
Simon: Wenn Sie sagen Unterschiedlichkeit akzeptieren und anerkennen heißt das zum Beispiel auch, dass Sie von der katholischen Kirche erwarten, dass sie die evangelische Kirche nun endlich auch als Kirche und nicht wie bisher nur als kirchliche Gemeinschaft anerkennt?
Kock: Ja zum Beispiel. Das gehört mit dazu. Da gibt es aber auch ganz erfreuliche Signale, wenn der Kardinal Kasper sagt, das ist nicht ein Verständnis, das katholische Verständnis ist nicht das, was wir auf die evangelische Kirche übertragen wollen, sondern es ist der Ausdruck des Selbstbewusstseins der Kirchen selbst und das stehen wir der evangelischen Kirche auch zu. Dann ist man ja doch, wenn man es wirklich so ernst meint, auf einer gewissen gleichen Augenhöhe. Dann muss die Kirche, die katholische Kirche jedenfalls, uns nicht als Kirche bezeichnen, wenn sie uns zugesteht, dass wir uns als Kirche bezeichnen. Das sind ja Dinge, die nahe beieinander sind, und ich hoffe, dass wir darin auch standhaft miteinander bleiben.
Simon: Das ist aber für viele ganz normale Menschen doch eine sehr abgehobene Diskussion, wenn sie dann, wenn zum Beispiel ein gemeinsames Abendmahl gefeiert werden soll, erfahren, dass das von der katholischen Kirche von oben mit aller Kraft abgelehnt wird?
Kock: Ja. Ich sagte ja, das hängt mit dem unterschiedlichen Kirchenverständnis zusammen, das auf der offiziellen Ebene gemacht wird, und ich glaube, dass das eigentliche Leiden ja bei denen auch ist, bei denen zum Beispiel durch die Ehe eine Verbindung der beiden Konfessionen entstanden ist und die dürfen dann eben nicht daran teilnehmen. Das weiß auch der Papst, dass dieses eigentlich zu einer Lösung geführt werden muss, und ich bin guter Hoffnung, dass das irgendwann auch geschieht.
O-Ton Papst Benedikt XVI.: "Auch wenn man 500 Jahre nicht einfach bürokratisch oder durch gescheite Gespräche bei Seite schieben kann, wir werden uns mit Herz und Verstand darum mühen, dass wir zueinander kommen. "
Simon: Der Papst am Samstag vor Gläubigen. - Am Telefon ist nun Manfred Kock, der ehemalige Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und der frühere Vorsitzende auch des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Guten Morgen!
Manfred Kock: Einen schönen guten Morgen!
Simon: Herr Kock, diese Vesper gestern, hat die in der Sache etwas gebracht für die Ökumene?
Kock: Ein Kurswechsel, den manche bei so etwas immer erwarten, sicherlich nicht, aber er hat natürlich unterstrichen, wie Sie das, was der Papst eben gesagt hat, eingespielt haben, nämlich mit Herz und Verstand weiterzumachen. Das finde ich glaubwürdig. Der Papst ruft auf, das zu tun und zu verstärken was geht: das gemeinsame Gebet, eine Spiritualität, das Lesen der heiligen Schrift hat er gestern gesagt, auch das Pflegen der ökumenischen Freundschaft. Das ist unheimlich wichtig und da ist ja auch wahnsinnig viel erreicht. Auch in der Lehre hat er ja etwas gewürdigt, dass die Einigung in der Rechtfertigungslehre weitere Kreise gezogen hat bei den Christen und so weiter. Die strittigen Fragen sind aber nach wie vor im Raum und dann sagt er eben "mit Herz und mit Verstand". Darüber muss diskutiert werden und da ist das Papst-Amt selbst, das Petrus-Amt selbst ja das große Hindernis, weil dieses natürlich die katholische Kirche prägt, während wir den Papst nicht brauchen.
Simon: Papst Benedikt hat ja zugleich auch davor gewarnt, die Glaubensgrundsätze der katholischen Kirche zu relativieren. Lässt sich denn so eine Position mit irgendeinem Fortschritt in Sachen Ökumene vereinbaren?
Kock: Das weiß man nicht. Das deutet natürlich an. Es gibt ja auch noch Punkte, bei denen die Sache ein bisschen komplizierter ist. Wissen Sie dieser Papst, der ja vorher irgendwie für viele so als die schwarze Inquisitionsgestalt gegolten hat, als er noch nicht Papst war, der hat sich ja durch sein Charisma und durch die perfekte Inszenierung solcher Geschichten als eine Lichtgestalt jetzt in diesen Begegnungen dargestellt und wird von vielen wie ein Heilsbringer verehrt. Das ist natürlich eine Form von Kirche, die nach unserer Meinung eigentlich auch nicht die Kirche der Zukunft ist. Sie muss Jesus-Nachfolge machen und nicht sich sozusagen als eine triumphierende Machtgestalt gebärden. Das entspricht ja auch nicht der weltlichen Realität. Aber das wissen natürlich die Katholiken auf der anderen Seite auch und deshalb finde ich es wichtig, dass wir das auch in Anspruch nehmen. Vernunft und Glaube zusammen zu sehen hat der Papst gesagt und das ist eigentlich eine große Chance auf großem theologischem Niveau, auch den Diskurs weiterzuführen.
Simon: Auf einem großen theologischen Niveau sagen Sie, Herr Kock, aber wie groß ist denn das Interesse in der evangelischen Kirche an der Ökumene angesichts der, wie von Ihnen auch geschildert, seit Jahren inhaltlich unveränderten Haltung gegenüber der Ökumene?
Kock: Wir finden, dass es ein wichtiges Ziel der Ökumene wäre, wenn wir tatsächlich gemeinsam in die Möglichkeit einstimmen könnten, dass wir uns auch in unserer Unterschiedlichkeit akzeptieren, dass die Einheit der Kirche nicht darin besteht, dass wir uniform werden - das will der Papst ja wahrscheinlich auch nicht -, aber dass es eben bei der Vielfältigkeit, die im neuen Testament schon angelegt ist, eben ein gegenseitiges Anerkennen gibt. Das erwarten auch die Leute. Ich glaube das kann man im Blick auf das Verständnis der Eucharistie ja auch hoffen, denn da ist ja sehr viel schon an Übereinstimmung erreicht worden.
Simon: Wenn Sie sagen Unterschiedlichkeit akzeptieren und anerkennen heißt das zum Beispiel auch, dass Sie von der katholischen Kirche erwarten, dass sie die evangelische Kirche nun endlich auch als Kirche und nicht wie bisher nur als kirchliche Gemeinschaft anerkennt?
Kock: Ja zum Beispiel. Das gehört mit dazu. Da gibt es aber auch ganz erfreuliche Signale, wenn der Kardinal Kasper sagt, das ist nicht ein Verständnis, das katholische Verständnis ist nicht das, was wir auf die evangelische Kirche übertragen wollen, sondern es ist der Ausdruck des Selbstbewusstseins der Kirchen selbst und das stehen wir der evangelischen Kirche auch zu. Dann ist man ja doch, wenn man es wirklich so ernst meint, auf einer gewissen gleichen Augenhöhe. Dann muss die Kirche, die katholische Kirche jedenfalls, uns nicht als Kirche bezeichnen, wenn sie uns zugesteht, dass wir uns als Kirche bezeichnen. Das sind ja Dinge, die nahe beieinander sind, und ich hoffe, dass wir darin auch standhaft miteinander bleiben.
Simon: Das ist aber für viele ganz normale Menschen doch eine sehr abgehobene Diskussion, wenn sie dann, wenn zum Beispiel ein gemeinsames Abendmahl gefeiert werden soll, erfahren, dass das von der katholischen Kirche von oben mit aller Kraft abgelehnt wird?
Kock: Ja. Ich sagte ja, das hängt mit dem unterschiedlichen Kirchenverständnis zusammen, das auf der offiziellen Ebene gemacht wird, und ich glaube, dass das eigentliche Leiden ja bei denen auch ist, bei denen zum Beispiel durch die Ehe eine Verbindung der beiden Konfessionen entstanden ist und die dürfen dann eben nicht daran teilnehmen. Das weiß auch der Papst, dass dieses eigentlich zu einer Lösung geführt werden muss, und ich bin guter Hoffnung, dass das irgendwann auch geschieht.